(1) Die örtlichen Volksvertretungen sind die von den wahlberechtigten Bürgern gewählten Organe der Staatsmacht in den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken, Gemeinden und Gemeindeverbänden.
(2) Die örtlichen Volksvertretungen entscheiden auf der Grundlage der Gesetze in eigener Verantwortung über alle Angelegenheiten, die ihr Gebiet und seine Bürger betreffen. Sie organisieren die Mitwirkung der Bürger an der Gestaltung des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebens und arbeiten mit den gesellschaftlichen Organisationen der Werktätigen zusammen.
(3) Die Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen ist darauf gerichtet, das sozialistische Eigentum zu mehren und zu schützen, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bürger ständig zu verbessern und das gesellschaftliche und kulturelle Leben der Bürger und ihrer Gemeinschaften zu fördern, das sozialistische Staats- und Rechtsbewußtsein der Bürger zu heben und die öffentliche Ordnung zu sichern, die sozialistische Gesetzlichkeit zu festigen und die Rechte der Bürger zu wahren.

Verfassung der Deutschen Demokratische Republik (DDR) von 1949 bis 1990, Foto 104
Verfassung der Deutschen Demokratische Republik (DDR) von 1949 bis 1990, Foto 103
Verfassung der Deutschen Demokratische Republik (DDR) von 1949 bis 1990, Foto 102
Verfassung der Deutschen Demokratische Republik (DDR) von 1949 bis 1990, Foto 111
Verfassung der Deutschen Demokratische Republik (DDR) von 1949 bis 1990, Foto 112

I. Vorgeschichte

1. Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände in der Verfassung von 1949

1 a) Nach Art. 1 Abs. 1, 2. Halbsatz der Verfassung von 1949 baute sich die DDR auf den deutschen Ländern auf. Die Republik hatte alle Angelegenheiten zu entscheiden, die für den Bestand und die Entwicklung des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit wesentlich waren; alle übrigen Angelegenheiten sollten von den Ländern selbständig entschieden werden (Art. 1 Abs. 2). Als Vertretung der Länder bestand eine Länderkammer, deren Abgeordnete von den Landtagen im Verhältnis der Stärke der Fraktionen auf die Dauer der Wahlperiode des Landtages zu wählen waren (Art. 71 ff.). Die Länderkammer hatte das Initiativrecht für Gesetzesvorlagen (Art. 78). Gegen Gesetzesbeschlüsse der Volkskammer stand ihr ein Einspruchsrecht zu. Der Einspruch wurde jedoch hinfällig, wenn die Volkskammer nach erneuter Beratung ihren Beschluß aufrechterhielt (Art. 84). Art. 109 schrieb Verfassungshomogenität zwischen Republik und Ländern vor. Nach Art. 110 Abs. 1 sollte die Änderung des Gebietes von Ländern und die Neubildung von Ländern innerhalb der Republik grundsätzlich durch ein verfassungsänderndes Gesetz der Republik erfolgen. Stimmten die unmittelbar beteiligten Länder zu oder wurde durch Abstimmung der Bevölkerung des betreffenden Gebietes die Gebietsänderung oder die Neubildung verlangt und stimmte eines der beteiligten Länder nicht zu, genügte ein einfaches Gesetz (Art. 110 Abs. 2 u. 3). Art. 111 und 112 regelten die Kompetenzen der Republik und der Länder. Danach hatte die Republik grundsätzlich das Recht zur Gesetzgebung. Sie sollte sich jedoch dabei auch auf die Aufstellung von Grundsätzen beschränken, soweit hierdurch dem Bedürfnis nach einheitlicher Regelung Genüge geschah. Soweit die Republik von ihrem Recht zur Gesetzgebung keinen Gebrauch machte, hatten die Länder das Recht zur Gesetzgebung. Auf zahlreichen Gebieten hatte die Republik das Recht zur ausschließlichen Gesetzgebung. Bei der Gesetzgebung auf dem Gebiet des Finanz- und Steuerwesens mußte die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Länder, Gemeinden und Kreise gewährleistet sein (Art. 113). Gesamtdeutsches Recht, d. h. das Recht der DDR, ging dem Recht der Länder vor (Art. 114). Die Ausführung der Gesetze wurde grundsätzlich den Organen der Länder überlassen, soweit nicht durch Verfassung oder Gesetz etwas anderes bestimmt war. Nur soweit ein Bedürfnis dazu bestand, durfte die Republik durch Gesetz eigene Verwaltungen errichten (Art. 115). Die Regierung der Republik übte die Aufsicht in den Angelegenheiten aus, in denen der Republik das Recht zur Gesetzgebung zustand. Soweit die Gesetze der Republik nicht von den Verwaltungen der Republik ausgeführt wurden, hatte die Regierung der Republik allgemeine Anweisungen zu erlassen. Sie war ermächtigt, zur Überwachung der Ausführung dieser Gesetze und Anweisungen Beauftragte zu den ausführenden Verwaltungen zu entsenden. Die Landesregierungen waren verpflichtet, auf Ersuchen der Republik Mängel, die bei der Ausführung hervorgetreten waren, zu beseitigen. Streitigkeiten zwischen Republik und Ländern waren nach Prüfung durch den Verfassungsausschuß der Volkskammer durch die Volkskammer zu entscheiden (Art. 116).

2 b) Wegen der Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände s. Rz. 1, 2 zu Art. 41. Der Grundsatz der Selbstverwaltung galt auch für die Städte, gleichgültig, ob sie einen Stadtkreis bildeten oder kreisangehörig waren, und für die Landkreise, zu denen Städte und Gemeinden gehörten.


2. Beseitigung der Länder und der kommunalen Selbstverwaltung

3 Durch § 1 des Gesetzes über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der Deutschen Demokratischen Republik v. 23.7.1952 (GBl. DDR 1952, S. 613) wurde den Ländern aufgegeben, eine neue Gliederung ihrer Gebiete in Kreise vorzunehmen. Die Abgrenzung der Kreise sollte so erfolgen, daß sie den wirtschaftlichen Erfordernissen entspräche und die Durchführung aller staatlichen Aufgaben, insbesondere die wirksame Anleitung und Kontrolle der staatlichen Organe in den Gemeinden, gewährleistet sei. Den Ländern wurde aufgegeben, jeweils mehrere Kreise in Bezirke zusammenzufassen. Die Abgrenzung der Bezirke sollte nach den gleichen Gesichtspunkten erfolgen wie die Abgrenzung der Kreise. Gleichzeitig wurde der Ministerrat beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, »um die Einheitlichkeit des Aufbaus und die fortschreitende Demokratisierung der Arbeitsweise der örtlichen Organe der Staatsgewalt zu gewährleisten«. Als Begründung wurde in der Präambel dieses Gesetzes angegeben, daß die alte administrative Gliederung, selbst mit den nach 1945 vorgenommenen Änderungen, jetzt zu einer Fessel der neuen Entwicklung geworden sei. Die »örtlichen Organe der Staatsgewalt« müßten deshalb so reorganisiert werden, daß der Staatsapparat die Möglichkeit erhalte, »den Willen der Werktätigen, der in den Gesetzen der Deutschen Demokratischen Republik zum Ausdruck gebracht ist, unverbrüchlich zu erfüllen und, gestützt auf die Initiative der Massen, eine Politik des werktätigen Volkes durchzuführen«. An Stelle eines Staatswesens, das wenigstens noch rudimentäre Züge eines föderalistischen Aufbaus aufwies, trat der Einheitsstaat mit einer von der Spitze bis zur kleinsten Gemeinde durchgehenden einheitlichen Verwaltung. Die Organe der Bezirke, Kreise und Gemeinden wurden fortan als örtliche Organe zunächst der Staatsgewalt, später der Staatsmacht bezeichnet, was die Beseitigung der kommunalen Selbstverwaltung implizierte (s. Rz. 2 zu Art. 41).


3. Bildung der Bezirke

4 Die Länder erließen entsprechende Gesetze [Sämtlich v. 25.7.1952 (GBl. des Landes Brandenburg I, S. 15; RBl. für Mecklenburg, S. 61; GVBl. Land Sachsen I, S. 325; Gesetz- und Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt, S. 213; RBl. für das Land Thüringen I, S. 177)]. Seitdem bestehen die 14 Bezirke: Schwerin, Rostock, Neubrandenburg, Potsdam, Frankfurt, Cottbus, Magdeburg, Halle, Erfurt, Gera, Suhl, Dresden, Leipzig, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz). Nach § 4 des Gesetzes vom 23. 7.1952 gingen die bisher von der Landesregierung wahrgenommenen Aufgaben auf die Organe der Bezirke über. Die Organe der Bezirke führten hinter ihrer Bezeichnung in Klammern die Bezeichnung des Landes, auf dessen Gebiet sie gebildet waren, fort [Bekanntmachung über die einheitliche Bezeichnung der örtlichen Organe der Staatsgewalt v. 16.8.1952 (GBl. DDR 1952, S. 750)]. Damit wurde dokumentiert, daß trotz der Neuordnung die Länder de jure weiter bestanden. Freilich verschwand die in Klammern gesetzte Länderbezeichnung in der Praxis schon einige Monate später.


4. Auflösung der Länderkammer

5 Trotzdem bestand die Länderkammer zunächst weiter. Sie wurde erst durch das verfassungsändernde Gesetz vom 8.12.1958 [Gesetz über über die Auflösung der Länderkammer der Deutschen Demokratischen Republik  v. 8.12.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 867)] aufgelöst. So wurde die Beseitigung der Länder besiegelt.


5. Örtliche Organe der Staatsmacht

6 In der Ordnung für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Bezirke vom 24.7.1952 (GBl. DDR 1952, S. 621) bestimmte der Ministerrat als Organe der Staatsgewalt in den Bezirken den Bezirkstag und den Rat des Bezirkes.
Wenn die bezirklichen Organe auch die Aufgaben der früheren Länderorgane wahrnahmen, so waren doch ihre Funktionen andere. Die Bezirke wurden nicht, wie es die Länder waren, als Gebietskörperschaften gebildet, sondern stellten lediglich Territorien eines Einheitsstaates dar und sind es bis heute geblieben. Die Organe in den Bezirken waren von Anfang an Bestandteile des einheitlichen Staatsapparates. Für die unteren Stufen ergingen durch die Ordnung für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Kreise vom 24.7.1952 (GBl. DDR 1952, S. 623) sowie durch die Ordnungen über den Aufbau und die Aufgaben der Stadtverordnetenversammlungen und ihrer Organe in den Stadtkreisen vom 8.1.1953 (GBl. DDR 1953, S. 53) sowie über den Aufbau und die Aufgaben der Stadtbezirksversammlungen und ihrer Organe in den Stadtbezirken vom 8.1.1953 (GBl. DDR 1953, S. 60) entsprechende Regelungen. Mit der letztgenannten Ordnung wurde die Grundlage für die Stadtbezirke als Unterteilung der Stadtkreise geschaffen, die jedoch z.Z. nur in den größeren besteht. Damit waren die örtlichen Organe der Staatsmacht in den Bezirken, Kreisen, Stadtkreisen und Stadtbezirken einheitlich aufgebaut. Lediglich eine Ordnung für die Gemeinden fehlte.


6. Entwicklung in der einfachen Gesetzgebung

7 Das Strukturprinzip des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 7-14 zu Art. 2 und 10-13 zu Art. 47) war in der materiellen Rechtsverfassung bereits wirksam geworden, wenn auch der Begriff im Gesetzestext noch nicht verwendet wurde. Das Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht v. 18.1.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 65, Ber. S. 120; durch Beschluß der Volkskammer über die Aufhebung von gesetzlichen Bestimmungen v. 17.4.1963 (GBl. DDR I 1963, S. 92) wurden die §§ 1 bis 20 und 28 bis 50 des Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht aufgehoben) und das Gesetz über Vervollkommnung und Vereinfachung des Staatsapparates in der DDR vom 11.2.1958 [Gesetz über die Vervollkommnung und Vereinfachung der Arbeit des Staatsapparates in der Deutschen Demokratischen Republik v. 11.2.1958 (GBl. DDR Ⅰ 1958, S. 117)] führten dieses Strukturprinzip rechtsnormativ ein. Nach dem Gesetz über die Rechte und Pflichten der Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen vom 17.1.1957 [Gesetz über die Rechte und Pflichten der Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen v. 19.1.1957 (GBl. DDR Ⅰ 1957, S. 72, Ber. S. 120)] hatte die Volkskammer die örtlichen Volksvertretungen anzuleiten und zu kontrollieren und dazu den »Ständigen Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen« zu bilden. Dessen Aufgaben wurden nach der Bildung des Staarsrates von diesem übernommen (s. Rz. 4 zu Art. 61).
Durch das von der »Volksvertretung Groß-Berlin« beschlossene Gesetz zur Übernahme des Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht und mit ihrem Beschluß über die Anwendung des Gesetzes der Volkskammer der DDR über die Rechte und Pflichten der Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen, beide vom 28.1.1957, wurden auch die Organe des Ostsektors von Berlin in den einheitlichen Staatsaufbau der DDR integriert (VOBl. I S. 69, S. 77) (Siegfried Mampel, Der Sowjetsektor von Berlin, S. 328 ff.).
Am 28.6.1961 und 7.9.1961 erließ der Staatsrat Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Volksvertretungen und ihrer Organe einschließlich der Stadtverordnetenversammlungen und der Stadtbezirksversammlungen von »Groß Berlin« (d. h. also des Ostsektors der Stadt Berlin) [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 51); Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 52); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Kreistages und seiner Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR I 1961, S. 75); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den Stadtkreisen v. 28.6.1961 (GBl. DDR I 1961, S. 99); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den kreisangehörigen Städten (gilt auch für Gemeinden ab 5 000 Einwohner) v. 28.6.1961 (GBl. DDR I 1961, S. 123); Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Gemeindevertretung und ihrer Organe v. 28.6.1961 (GBl. DDR I 1961, S. 139); Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zu den Ordnngen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlungen und der Stadtbezirksversammlungen und ihrer Organe in der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, und den Stadtkreisen mit Stadtbezirken v. 7.9.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 169)]. Die Ordnungen wiederholten im wesentlichen die Bestimmungen des Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht und ergänzten sie im Sinne einer Dekonzentration. Vor allem wurden in ihnen die Rechte und Pflichten der Volksvertretungen und ihrer Organe in den Aufgabengebieten
(1) Planung
(2) Finanzen und Preise
(3) Industrie, Handwerk
(4) Energiewirtschaft
(5) Bauwesen
(6) Verkehrswesen
(7) Kommunalwirtschaft und Wohnungswesen
(8) Wasserwirtschaft
(9) Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft
(10) Handel und Versorgung
(11) Volksbildung
(12) Kultur
(13) Körperkultur und Sport
(14) Gesundheits- und Sozialwesen
(15) öffentliche Ordnung und Sicherheit
bis ins einzelne festgelegt und die Struktur der Räte bestimmt. Die wurden durch den Erlaß des Staatsrates vom 2.7.1965 modifiziert wurde die Dekonzentration weiter vorangetrieben und gleichzeitig Kompetenzverteilung zu treffen. Die Entwicklung wurde fortgesetzt mit dem Beschluß des Staatsrates der DDR über die Weiterentwicklung der Haushalts- und Finanzwirtschaft der Städte und Gemeinden vom 15.9.1967 (GBl. I DDR 1967, S. 111) sowie mit dem Beschluß des Staatsrates über weitere Maßnahmen zur Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus vom 22.4.1968 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über weitere Maßnahmen zur Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus v. 22.4.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 223)].


7. Entwurf

8 Art. 81 weist gegenüber dem Entwurf keine Veränderungen auf.

II. Die örtlichen Volksvertretungen

1. Stellung im Staatsaufbau

9 Die Verfassungssätze über die örtlichen Volksvertretungen gründen sich auf eine Reihe anderer Verfassungsnormen, ohne deren Hilfe ihr Sinn nicht zu erschließen ist. Außerdem enthalten sie lediglich Rahmenbestimmungen, die entsprechend Art. 85 durch die einfache Gesetzgebung auszufüllen sind. Es galten zunächst die vor dem Erlaß der Verfassung von 1968 ergangenen Bestimmungen der einfachen Gesetzgebung weiter. Sie wurden lediglich ergänzt durch den Beschluß des Staatsrates der DDR über »Die weitere Gestaltung des Systems der Planung und Leitung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, der Versorgung und Betreuung der Bevölkerung in den Bezirken, Kreisen, Städten und Gemeinden« - zur Entwicklung sozialistischer Kommunalpolitik - vom 16.4.1970 (GBl. DDR I 1970, S. 39).
Das in Art. 85 vorgesehene formelle Gesetz, durch das die Aufgaben und Befugnisse der örtlichen Volksvertretungen, ihrer Abgeordneten, Kommissionen und ihrer Räte in den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken, Gemeinden und Gemeindeverbänden festgelegt werden sollen, erging erst mit dem Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik vom 12.7.1973 [Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik (GöV) v. 12.7.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, Nr 32 v. 18.7.1973, S. 313)].
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Am 1.9.1985 trat ein neues Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik v. 4.7.1985 (GBl. DDR Ⅰ 1985, S. 213) in Kraft. Es enthielt keine grundsätzlich neue Konzeption, sondern war vor allem eine Reaktion auf die seit 1973 eingetretenen ökonomischen Veränderungen, insbesondere in der Industrie und Landwirtschaft sowie im Wohnungsbau. Die bisherigen Einwirkungs- und Kontrollmög-lichkeiten waren für nicht ausreichend erachtet worden, und es wurde der Versuch gemacht, diese neu zu formulieren. Schon aus dem Hinweis auf die weitere Stärkung der sozialistischen Staatsmacht konnte entnommen werden, daß nicht daran gedacht war, einen Schritt auf eine kommunale Selbstverwaltung hin zu machen. Das Gesetz betonte auch gleich zu Anfang die Suprematie der SED. Der Aufbau der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe blieb unverändert. Das Gesetz enthielt einen ausführlichen Zuständigkeitskatalog, in dem die Kompetenzen auf die einzelnen Stufen präziser festgelegt wurden.
Es blieb aber dabei, daß die jeweils höhere Stufe eingreifen und ihr Ermessen an die Stelle der unteren setzen konnte. Im Aufgabenkatalog war die Gestaltung und der Schutz der Umwelt ausführlich behandelt. An der Funktion und der Stellung der Abgeordneten hat sich nichts geändert, ebensowenig wie am Übergewicht der örtlichen Räte über die Volksvertretungen und des Vorsitzenden über die Mitglieder der Räte (Einzelheiten in ROW 5/ 1985, S. 284-287).

10 a) Grundlage des Systems der Staatsorgane. Unter »örtliche Volksvertretungen« sind alle Volksvertretungen, mit Ausnahme der Volkskammer, zu verstehen. Im Sinne des Art. 5 bilden sie die Grundlage des Systems der Staatsorgane (s. Rz. 13-20 zu Art. 5) auf den örtlichen Stufen. Sie sind die obersten Organe der Staatsmacht in ihrem Zuständigkeitsbereich. Mit der Volkskammer zusammen bilden sie ein System, in dem sie und ihre Organe Subsysteme sind. Indessen wird nicht so sehr die Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen tätig, obwohl sie das im Wege der Gesetzgebung in Erfüllung des Art. 85 zu tun und auch getan hat (s. Rz. 6 zu Art. 85). Vielmehr erfüllt auf verfassungsrechtlicher Grundlage (Art. 70) der Staatsrat wichtige Aufgaben gegenüber den örtlichen Volksvertretungen: Unterstützung der örtlichen Volksvertretungen, Förderung ihrer demokratischen Aktivität und Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit in ihrer Tätigkeit.
(Wegen der Tätigkeit des Staatsrates gegenüber den örtlichen Volksvertretungen s. Rz. 4 ff. zu Art. 70).

11 b) Suprematie der SED. Die örtlichen Volksvertretungen sind Organe der sozialistischen Staatsmacht. Deshalb bestimmen die Strukturelemente und -prinzipien des sozialistischen Staates ihre Zusammensetzung und ihre Tätigkeit. So stehen sie insbesondere unter der Suprematie der SED. Nach Abschnitt I des Erlasses vom 2.7.1965 [Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über Aufgaben und Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe unter den Bedingungen des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft v. 2.7.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1965, S. 159)] sind die Volksvertretungen (und ihre Räte) in den Bezirken, Kreisen, Städten und Gemeinden verpflichtet, ihre Aufgaben nicht nur aufgrund der von übergeordneten Staatsorganen erlassenen gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen, sondern in erster Linie »auf der Grundlage der Beschlüsse des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands«. »Funktion und Struktur des politischen Organismus werden durch die höhere politische Organisationsform der führenden Arbeiterklasse, durch ihre marxistisch-leninistische Partei bestimmt. Die führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer Partei ist für die sozialistische Stadt entscheidendes Kriterium. Durch die Partei der Arbeiterklasse, ihre führende Rolle, wird garantiert, daß sich die Stadt entsprechend den sozialistischen Perspektiven der Gesamtgesellschaft entwickelt, daß die Interessen der Gesamtgesellschaft auch in jeder Stadt entsprechend den jeweiligen Bedingungen verwirklicht werden« (Autorenkollektiv unter Leitung von Gert Egler, Funktion, Rechtsstellung und Arbeitsweise ..., ähnlich Werner Franke/Richard Mand/Karl-Heinz Schöneburg/Richard Stüber, Die Stadt als soziale und politische Gemeinschaft..., S. 1342,1344). Was hier für die Volksvertretungen der kreisangehörigen Städte ausgeführt ist, gilt sinngemäß auch für die aller Stufen. Nach dem GöV (§ 1 Abs. 1 Satz 3) verwirklichen die örtlichen Volksvertretungen als die Organe der sozialistischen Staatsmacht der Arbeiter und Bauern in den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken und Gemeinden der DDR »unter Führung der Partei der Arbeiterklasse auf der Grundlage der Gesetze und anderer Rechtsvorschriften in ihrem Territorium in enger Verbindung mit den Werktätigen und den gesellschaftlichen Organisationen die Staatspolitik der Arbeiter-und-Bauern-Macht der Deutschen Demokratischen Republik«.

12 c) Das Verhältnis der Volksvertretungen zueinander wird durch den demokratischen Zentralismus, wie er als tragendes Prinzip des Staatsaufbaus (Strukturprinzip) in Art. 47 Abs. 2 festgesetzt ist, bestimmt (s. Rz. 7-14 zu Art. 2 und 10-13 zu Art. 47). Dabei ist
von Bedeutung, daß sich dieses Strukturprinzip unterschiedlich entfalten kann, also eine gewisse Elastizität aufweist (s. Rz. 12 zu Art. 2). Seine Entfaltung wird durch die einfache Gesetzgebung bestimmt.

13 d) Auch für die örtlichen Volksvertretungen gilt Art. 5 Abs. 2 Satz 2, demzufolge sie sich in ihrer Tätigkeit auf die aktive Mitgestaltung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle ihrer Entscheidungen zu stützen haben (s. Rz. 33-41 zu Art. 5).

14 e) Als Organe der Staatsmacht sind die örtlichen Volksvertretungen dem in Art. 4 festgelegten Telos der Machtausübung unterworfen (s. Rz. 1-9 zu Art. 4). Sie üben die Staatsfunktionen (s. Rz. 10 ff. zu Art. 4) indessen nur insoweit aus, als das ihr örtlicher Wirkungsbereich es zuläßt. (Wegen der Funktionen der örtlichen Gemeinschaften s. Rz. 8-11 zu Art. 43).

15 f) Geltungsbereich der Verfassungssätze. Die Verfassungssätze über die örtlichen Volksvertretungen gelten unabhängig davon, ob sie innerhalb eines Territoriums, wie in einem Bezirk, im Kreis oder im Stadtbezirk, oder in einem Kollektiv von Bürgern, wie in einer Stadt, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband, wirken. Auch die Volksvertretungen der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände sind örtliche Volksvertretungen und unterstehen den gleichen Bestimmungen wie die Volksvertretungen, die in Bezirken, Kreisen und Stadtbezirken ihren Zuständigkeitsbereich haben. Es gelten für sie die gleichen verfassungsrechtlichen Regelungen, deren Zweck dahin gehen soll: »1. die gesellschaftliche Funktion der örtlichen Volksvertretungen als beschließende und kontrollierende Organe zu erhöhen, 2. ihre Stellung im einheitlichen System der staatlichen Leitung und ihre grundsätzlichen Rechte und Pflichten in bezug auf die Planung und Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung in ihrem Territorium eindeutig und für jedermann verbindlich zu regeln und 3. in Verbindung mit der konsequenten weiteren Entwicklung der sozialistischen Demokratie wissenschaftliche Grundsätze und Methoden in der Arbeit der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Räte durchzusetzen« (Gerhard Schulze, Die verfassungsrechtliche Stellung der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe, S. 557).

16 g) Hinsichtlich der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände schließen die Verfassungssätze über die örtlichen Volksvertretungen and die Prinzipien an, die in Art. 41 und Art. 43 festgelegt sind (s. Rz. 8-25 zu Art. 41, 15 ff. zu Art. 43). Die grundsätzliche Gleichstellung aller örtlichen Volksvertretungen macht dieses möglich.


2. Die örtlichen Volksvertretungen der einzelnen Stufen

17  - in Berlin (Ost) (»Hauptstadt der DDR«, Berlin) die Stadtverordnetenversammlung
- im Bezirk der Bezirkstag
- im Stadtkreis die Stadtverordnetenversammlung
- im Stadtbezirk die Stadtbezirksversammlung
- im Landkreis der Kreistag
- in der kreisangehörigen Stadt die Stadtverordnetenversammlung
- in der Gemeinde die Gemeindevertretung
Die Gemeindeverbände haben keine besonderen Volksvertretungen. »Die Machtorgane im Gemeindeverband sind die von den Bürgern gewählten Volksvertretungen der beteiligten Städte und Gemeinden« (GöV-Kommentar, Anm. 2. 1. zu § 71).

18 b) Nach Art. 81 Abs. 1 werden die örtlichen Volksvertretungen von den wahlberechtigten Bürgern gewählt. Für die Wahlen gelten »die unverzichtbaren sozialistischen Wahlprinzipien« im Sinne des Art. 22 Abs. 3 (s. Rz. 26-30 zu Art. 22). Bemerkenswert ist, daß für die Wahl zu den örtlichen Volksvertretungen eine dem Art. 54 (Wahl zur Volkskammer) entsprechende Bestimmung über die freie, allgemeine, gleiche und geheime Wahl fehlt. Indessen legt die einfache Gesetzgebung diese Grundsätze auch für die Wahl zu den örtlichen Volksvertretungen fest. Für sie gilt das Gesetz über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik - Wahlgesetz - vom 24.6.1976 [Gesetz über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik - Wahlgesetz - v. 24.6.1976 (GBl. DDR Ⅰ 1976, S. 301); zuvor: Gesetz über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik (Wahlgesetz) v. 31.7.1963 (GBl. DDR Ⅰ 1963, S. 97) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik - Wahlgesetz - v. 13.9.1965 (GBl. DDR Ⅰ 1965, S. 207), des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik - Wahlgesetz - v. 2.5.1967 (GBl. DDR Ⅰ 1967, S. 57) und des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik (Wahlgesetz) vom 17. Dezember 1969 v. 17.12.1969 (GBl. DDR Ⅰ 1970, S. 1), der Neufassung des Gesetzes über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik (Wahlgesetz) v. 17.12.1969 (GBl. DDR I 1970, S. 2)] in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 28.6.1979 [Gesetz zur Änderung des Wahlgesetzes v. 28.6.1979 (GBl. DDR Ⅰ 1979, S. 139)]. Das objektive Wahlrecht garantiert, daß auch die örtlichen Volksvertretungen unter der Suprematie der SED stehen.

19 c) Wahlperiode. Ursprünglich betrug die Wahlperiode der örtlichen Volksvertretungen wie die der Volkskammer (Art. 54 a.F.) vier Jahre. Nachdem durch die Verfassungsnovelle von 1974 die Wahlperiode der Volkskammer auf fünf Jahre verlängert worden war (Art. 54 n.F., s. Rz. 7 zu Art. 54), wurde die Wahlperiode der 1971 gewählten Bezirkstage um ein Jahr verlängert [Beschluß der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik zur Verlängerung der gegenwärtigen Wahlperiode der Bezirkstage v. 19.6.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 462)]. Das Wahlgesetz von 1976 (§ 2 Abs. 1) legte sodann auch für die örtlichen Volksvertretungen eine Wahlperiode von fünf Jahren fest.

20 d) Die örtlichen Volksvertretungen werden nicht an einem Tage gewählt. Vielmehr findet regelmäßig die Wahl zu den Bezirkstagen gemeinsam mit der Wahl zur Volkskammer statt. Zwischen dieser Wahl findet die Wahl zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen statt. Gewählt wurde seit Erlaß der Verfassung von 1968
zu den Bezirkstagen am 14.11.1971 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zur Volkskammer und zu den Bezirkstagen der Deutschen Demokratischen Republik v. 30.6.1971 (GBl. DDR I 1971, S. 55)] und am 17.10.1976 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zur Volkskammer und zu den Bezirkstagen der Deutschen Demokratischen Republik im Jahre 1976 v. 14.6.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 285)],
zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen am 22.3.1970 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen im Jahre 1970 v. 11.12.1969 (GBl. DDR I 1970, S. 5)] am 19.5.1974 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen im Jahre 1974 v. 25.2.1974 (GBl. DDR I 1974, S. 89)] und am 20.5.1979 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen im Jahre 1979 v. 31.1.1979 (GBl. DDR I 1979, S. 53)].
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Wahlen zu den Bezirkstagen fanden gleichzeitig mit den Wahlen zur Volkskammer und zur Stadtverordnetenversammlung von (Ost)Berlin am 14.6.1981 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zur Volkskammer und zu den Bezirkstagen im Jahre 1981 v. 17. 12. 1980 (GBl. DDR Ⅰ 1980, S. 364)], Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen am 6.5.1984 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindeversammlungen im Jahre 1984 v. 5.12.1983 (GBl. DDR Ⅰ 1983, S. 330)] und am 7.5.1989 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen und über die Bildung der Wahlkreise v. 12.12.1988 (GBl. DDR Ⅰ 1988, S. 353)] statt.
Über die Zusammensetzung der Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen ergingen Beschlüsse für die Wahl am 6.5.1984 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zur Zusammensetzung der Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen v. 13.2.1984 (GBl. DDR Ⅰ 1984, S. 74)] und für die Wahl am 7.5.1989 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen im Jahre 1989 v. 19.9.1988 (GBl. DDR Ⅰ 1988, S. 233)].

21 e) Zusammensetzung. Nach dem Wahlgesetz von 1976 (§ 7 Abs. 2) haben die Bezirkstage, Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen entsprechend der einheitlichen Rahmenfestlegungen des Staatsrates die Anzahl der Abgeordneten der neu zu wählenden Volksvertretungen zu beschließen.
Für die Wahl zu den Bezirkstagen beschloß der Staatsrat zuletzt am 30.6.1971 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Anzahl der für die Bezirkstage zu wählenden Abgeordneten v. 30.6.1971 (GBl. DDR I 1971, S. 55). Zuvor mit gleichem Inhalt: Beschluß v. 2.5.1967 (GBl. DDR I 1967, S. 63)] und am 5.7.1976 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Anzahl der für die Bezirkstage zu wählenden Abgeordneten v. 5.7.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 353)] die genaue Zahl der zu wählenden Abgeordneten, so daß für Beschlüsse der Bezirkstage kein Raum blieb. Im Beschluß vom 16.3.1981 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Anzahl der für die Stadtverordnetenversammlung von Berlin, Hauptstadt der DDR, und die Bezirkstage zu wählenden Abgeordneten v. 16.3.1981 (GBl. DDR I 1981, S. 101)] gab der Staatsrat dann auch für die Anzahl der für die Stadtverordnetenversammlung von Berlin (Ost) und die Bezirkstage zu wählenden Abgeordneten Rahmenrichtlinien. Danach wurden gewählt:

in Bezirken mit einer Bevölkerungszahl

bis zu 600 000 Einwohnern 160-180 Abgeordnete; zuvor: 160 Abgeordnete,
bis zu 1 000 000 Einwohnern 180-200 Abgeordnete; zuvor: 180 Abgeordnete,
bis zu 1 000 000 Einwohnern 200-225 Abgeordnete; zuvor: 200 Abgeordnete,
über 1 500 000 Einwohnern 225-250 Abgeordnete; zuvor: 200 Abgeordnete,

Nach dem Beschluß vom 7.12.1978 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik zur Zusammensetzung der Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen v. 7.12.1978 (GBl. DDR I 1978, S. 464)], zuvor vom 25.2.1974 [Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Zusammensetzung der Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen v. 25.2.1974 (GBl. DDR I 1974, S. 92). Zuvor: Beschluß v. 11.12.1969 (GBl. DDR I 1970, S. 6)] waren zu wählen:


22 für die Kreistage in Kreisen mit einer Bevölkerungszahl

bis zu   75 000 Einwohnern 70-110 Abgeordnete,
zuvor: bis zu 50 000 Einwohnern 54-66 (45-55) [In Klammern Zahlen des Beschlusses v. 11.12.1969 (GBl. DDR I 1970, S. 6)] Abgeordnete,
  bis zu 70 000 Einwohnern 66-78 (55-65) Abgeordnete,
bis zu   100 000 Einwohnern 90-130 Abgeordnete,
zuvor:     78-102 (65-85) Abgeordnete,
über   100 000 Einwohnern 110-150 Abgeordnete,
zuvor:     102-144 (85-120) Abgeordnete,


23 für die Stadtverordnetenversammlungen in den Stadtkreisen in Städten mit einer Bevölkerungszahl

bis zu   75 000 Einwohnern 90-150 Abgeordnete,
zuvor: bis zu 50 000 Einwohnern 70-107 (45-85) Abgeordnete,
  bis zu 70 000 Einwohnern 69-125 (45-85) Abgeordnete,
bis zu   100 000 Einwohnern 120-170 Abgeordnete,
zuvor:     82-150 (65-120) Abgeordnete,
bis zu   200 000 Einwohnern 150-225 Abgeordnete,
zuvor:     107-200 (85-160) Abgeordnete,
bis zu   500 000 Einwohnern 180-250 Abgeordnete,
zuvor:     150-225 (120-180) Abgeordnete,
über   500 000 Einwohnern 225-275 Abgeordnete,
zuvor:     175-250 (140-200) Abgeordnete,


24 für die Stadtbezirksversammlungen in Stadtbezirken mit einer Bevölkerungszahl

bis zu   75 000 Einwohnern 90-150 Abgeordnete,
zuvor: bis zu 50 000 Einwohnern 57-69 (45-55) Abgeordnete,
  bis zu 70 000 Einwohnern 69-82 (55-65) Abgeordnete,
bis zu   100 000 Einwohnern 120-170 Abgeordnete,
zuvor:     82-107 (65-85) Abgeordnete,
über   100 000 Einwohnern 150-225 Abgeordnete,
zuvor:     107-150 (85-120) Abgeordnete,


25 für die Stadtverordnetenversammlungen von kreisangehörigen Städten und die Ge meindevertretungen in Städten und Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl

bis zu   500 Einwohnern 9-18 Abgeordnete,
zuvor bis zu 200 Einwohnern 9-15 Abgeordnete (wie zuvor),
  bis zu 500 Einwohnern 11-18 Abgeordnete (wie zuvor),
bis zu   1000 Einwohnern 15-23 Abgeordnete,
zuvor:     15-23 Abgeordnete (wie zuvor),
bis zu   2000 Einwohnern 20-25 Abgeordnete,
zuvor:     20-25 Abgeordnete (wie zuvor),
bis zu   5000 Einwohnern 25-30 Abgeordnete,
zuvor:     25-30 Abgeordnete (wie zuvor),
bis zu   10 000 Einwohnern 30-35 Abgeordnete,
zuvor:     30-35 Abgeordnete (wie zuvor),
bis zu   20 000 Einwohnern 35-40 Abgeordnete,
zuvor:     35-40 Abgeordnete (wie zuvor),
bis zu   40 000 Einwohnern 55-70 Abgeordnete,
zuvor:     45-55 Abgeordnete (keine Regelung),
bis zu   50 000 Einwohnern 70-100 Abgeordnete,
1969: bis zu 50 000 Einwohnern 45-55 Abgeordnete,
1974: über 40 000 Einwohnern 66-78 Abgeordnete,
über   50 000 Einwohnern 90-150 Abgeordnete,
1969:     55-65 Abgeordnete.


26 Die Zahl der Abgeordneten der örtlichen Volksvertretungen ist also seit 1969 vermehrt 26 worden. Damit soll eine verstärkte Volksverbundenheit demonstriert werden.


3. Arbeitsprinzipien und Arbeitsweise

27 a) Nach dem GöV (§ 5 Abs. 1 Satz 1) verwirklichen die örtlichen Volksvertretungen als arbeitende Körperschaften durch ihre Tagungen, ihre Räte, ihre Kommissionen, durch das Wirken der Abgeordneten in den Betrieben, Kombinaten, Genossenschaften und Einrichtungen sowie in den Wohngebieten die Einheit von Beschlußfassung, Durchführung und Kontrolle. Diese Norm ist Ausdruck des Strukturprinzips der Gewalteneinheit (s. Rz. 21-32 zu Art. 5) sowie des Prinzips, demzufolge die Volksvertretungen Grundlage des Systems der Staatsorgane sind (Art. 5 Abs. 2 Satz 1, s. Rz. 13-20 zu Art. 5). So werden als Tätigkeit der Volksvertretungen nicht nur ihre Tagungen angesehen, sondern auch die Tätigkeit der Räte, der Kommissionen und sogar das Wirken der einzelnen Abgeordneten. Nach dem Lehrbuch »Staatsrecht der DDR« (S. 402) ist es für die Staatspraxis und die wissenschaftliche Arbeit von großer Bedeutung zu beachten, daß die Kompetenz der örtlichen Volksvertretungen nicht nur in den Tagungen, sondern auch durch die Tätigkeit ihres Rates und dessen Organe, durch die Kommissionen und die Abgeordneten wahrgenommen wird. Durch diesen Kunstgriff ist es möglich zu kaschieren, daß es nicht die Volksvertretungen als Plena sind, die in den Territorien realiter die höchsten staatlichen Machtorgane sind, sondern die Räte mit ihren Fachorganen, die die Funktionen vor allem der Verwaltung, aber auch der Kontrolle ausüben (s. Rz. 11-66 zu Art. 83). Das schließt nicht aus, daß nach dem GöV den Volksvertretungen ausschließliche Kompetenzen zustehen, über die also keine anderen Organe, auch nicht die Räte, verfügen (s. Rz. 49 und 51, 52 zu Art. 81).

28 b) Tagungen. Die gegenüber den Räten geringere Bedeutung der Volksvertretungen als Plena zeigt sich darin, daß sie relativ selten Zusammenkommen. Nach dem GöV (§ 6 Abs. 1) sollen die örtlichen Volksvertretungen zwar regelmäßig tagen. Aber die vorgeschriebene Mindestzahl der Tagungen (für die Bezirkstage vierteljährlich, die anderen örtlichen Volksvertretungen einmal in zwei Monaten) pflegt die Regelzahl zu sein.

29 c) Die Tagungen werden von den Räten einberufen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 GöV). Auch darin zeigt sich die Dominanz der Räte, die auch nicht dadurch gemindert wird, daß die Einberufung auch zu erfolgen hat, wenn es ein Drittel der Abgeordneten verlangt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 GöV) - in Anbetracht der homogenen Zusammensetzung der örtlichen Volksvertretungen ein Fall, der bisher noch nicht registriert wurde. Die Einberufung der ersten Tagung der neugewählten Volksvertretung erfolgt durch den Rat der vorangegangenen Legislaturperiode nicht später als vier Wochen nach der Wahl (§ 6 Abs. 2 Satz 3 GöV).

30 d) Die örtlichen Volksvertretungen arbeiten nach einem Arbeitsplan, der in der Regel jährlich nach den Vorschlägen des Rates aufgestellt wird. Dieser gehört nach dem Lehrbuch »Staatsrecht der DDR« (S. 405) zu den grundlegenden Leitungsentscheidungen der örtlichen Volksvertretungen, obwohl darüber in der Aufzählung der ausschließlichen Kompetenzen der örtlichen Volksvertretungen in § 7 Abs. 1 GöV nichts ausgesagt wird (s. Rz. 51 zu Art. 81). Das kann nur bedeuten, daß auf die Gestaltung des Arbeitsplanes der Rat maßgeblichen Einfluß zu nehmen hat. Der Arbeitsplan setzt die Zahl der Sitzungen, womöglich auch deren Datum fest. Nach § 17 Abs. 2 GöV sind die Abgeordneten der örtlichen Volksvertretungen zwar berechtigt, Beschlußvorlagen einzubringen und der Volksvertretung, dem Rat und den Kommissionen die Beratung bestimmter Fragen vorzuschlagen, auch dürfen sie während der Tagungen an den Rat und an die Leiter der Fachorgane des Rates, die anwesenden Leiter der Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie an die Vorsitzenden der Genossenschaften Anfragen richten, jedoch erfolgt die Behandlung »nach dem üblichen Verfahren, wie es in der Geschäftsordnung der Volksvertretung festgelegt ist« (GöV-Kommentar, Anm. 2 zu § 17). Daraus ist zu entnehmen, daß dem Arbeitsplan dadurch kein Abbruch geschehen darf.

31 e) Die örtlichen Volksvertretungen haben kein ständiges Präsidium bzw. keinen srändigen Vorstand. Für jede Tagung ist nämlich eine Tagungsleitung zu wählen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 GöV). Sie hat schon an der Vorbereitung der Tagung mitzuwirken (§ 6 Abs. 3 Satz
2, 1. Halbsatz GöV) und muß daher bereits auf der jeweils vorhergehenden Tagung gewählt werden. Im übrigen ist ihre Aufgabe, die Durchführung der Tagung zu leiten (§ 6 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz GöV), womit ihre Tätigkeit beendet ist. Ständiges Mitglied der Tagungsleitung ist der Vorsitzende des Rates bzw. der Oberbürgermeister oder Bürgermeister (§ 6 Abs. 3 Satz 3 GöV).

32 f) Die Tagung ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Abgeordneten anwesend ist. Die Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt (§ 6 Abs. 4 GöV).

33 g) Grundsätzlich sind die Tagungen der örtlichen Volksvertretungen öffentlich. Die jeweilige Volksvertretung kann aber die Durchführung geschlossener Tagungen beschließen (§ 6 Abs. 5 Sätze 1 und 3 GöV).

34 h) An den Tagungen dürfen Gäste teilnehmen, die sich auch an den Diskussionen beteiligen können. Über die Teilnahme von Gästen befindet nicht etwa das Plenum der jeweiligen Volksvertretung oder die Tagungsleitung. Vielmehr können nach dem GöV (§ 6 Abs. 5 Satz 2) durch den Rat Gäste, vor allem an der Entscheidungsvorbereitung beteiligte Bürger oder Vertreter gesellschaftlicher Organisationen zur Teilnahme eingeladen werden. So soll den Verfassungssätzen des Art. 5 Abs. 2 Satz 2, demzufolge die Volksvertretungen sich in ihrer Tätigkeit auf die aktive Mitgestaltung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle ihrer Entscheidungen zu stützen haben (s. Rz. 33-41
zu Art. 5), und des Art. 81 Abs. 2 Satz 2, demzufolge sie die Mitwirkung der Bürger an der Gestaltung des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebens zu organisieren und mit den gesellschaftlichen Organisationen der Werktätigen zusammenzuarbeiten haben, nachgekommen werden.

35 i) Für gewisse Funktionsträger besteht die Verpflichtung, an den Tagungen der örtlichen Volksvertretungen teilzunehmen. Im Gegensatz zur früheren Regelung (s. Erl. II 2d zu Art. 81 in der Vorauflage) ist durch das GöV eine derartige Pflicht nicht ausdrücklich für die Mitglieder der Räte festgelegt. Die Präsenzpflicht wird wohl für selbstverständlich gehalten (GöV-Kommentar, Anm. 3 zu § 8). Die Pflicht zur Teilnahme ist aber für die Leiter der Betriebe und Kombinate - ohne Rücksicht auf das Unterstellungsverhältnis - und Einrichtungen - damit auch für die der Fachorgane der Räte - sowie für die Vorsitzenden der Genossenschaften ausdrücklich angeordnet, wenn sie dazu eingeladen werden. Wer die Einladung auszusprechen hat, ist im GöV nicht gesagt. Es liegt nahe, daß derartige Einladungen ebenfalls von den Räten ausgehen, denn bei ihnen liegt das Einberufungsrecht für die Tagungen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 GöV), und sie haben die Befugnis, »Gäste« einzuladen (§ 6 Abs. 5 Satz 2 GöV). Die eingeladenen Funktionsträger haben auf Anfragen der Abgeordneten Auskünfte zu erteilen und über Aufgaben, die den Verantwortungsbereich der örtlichen Volksvertretungen betreffen, Bericht zu erstatten. Soweit Anfragen der Abgeordneten nicht während der Tagung beantwortet werden können, hat die Beantwortung innerhalb von zehn Tagen schriftlich zu erfolgen (§§ 6 Abs. 6 Sätze 2 und 3,17 Abs. 2 GöV).

36 j) Die Abgeordneten der örtlichen Volksvertretungen sind berechtigt, an Tagungen nachgeordneter Volksvertretungen mit beratender Stimme teilzunehmen(§ 17 Abs. 2 GöV, s. Rz. 14 zu Art. 85). Nach dem GöV-Kommentar (Anm. 2 zu § 17) ist diese Teilnahme ein wichtiges Mittel, die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Volksvertretungen zu fördern. Damit wird Art. 58 ergänzt, demzufolge die Abgeordneten der Volkskammer an den Tagungen der örtlichen Volksvertretungen mit beratender Stimme teilnehmen dürfen (s. Rz. 4f. zu Art. 58).

37 k) Die örtlichen Volksvertretungen geben sich Geschäftsordnungen (§ 7 Abs. 1 lit. h GöV). Bis zum Erlaß des GöV bestand dafür eine veröffentlichte Richtlinie32. Ob zur Zeit eine nicht veröffentlichte Richtlinie [Richtlinie für die Geschäftsordnungen der Tagungen der örtlichen Volksvertretungen v. 28.8.1957 (GBl. DDR I 1957, S. 473), aufgehoben durch § 74 Abs. 2 Ziffer 6 GöV] besteht, ist nicht erkennbar, ist aber anzunehmen. Der Kommentar zum GöV (Anm. 1. 8. zu § 7) begnügt sich mit den Feststellungen:
»Mit der Beschlußfassung über die Geschäftsordnung entscheidet die Volksvertretung über die Organisation ihrer Tätigkeit und über die Arbeitsweise bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung ihrer Tagungen. Die Geschäftsordnung enthält Normen, die entsprechend dem Prinzip des demokratischen Zentralismus das einheitliche organisierte Handeln der gewählten Volksvertretung und ihrer Organe sichern. Sie ist ein wichtiges Instrument, um demokratische Arbeitsprinzipien durchzusetzen, eine effektive Arbeitsweise zu erreichen, um die Autorität und die persönliche Verantwortung der Abgeordneten zu stärken und ihre Rechte zu sichern.
Die Geschäftsordnungen enthalten die Aufgaben und Arbeitsprinzipien der Räte, der Kommissionen und der Abgeordneten zur planmäßigen und effektiven Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Tagungen und regeln Fragen der Organisation und Arbeitsweise der Kommissionen. Kriterien für ihren Inhalt sind die von Lenin geprägten Grundsätze der exakten Vorbereitung und Durchführung von Beratungen, des rationellen Umgangs mit der verfügbaren Zeit durch gute Organisation des Tagungsablaufes und der Kommissionstätigkeit, der Teilnahme von Bürgern, um so mit einem minimalen Aufwand an Zeit eine hohe Effektivität zu erreichen.
Die Geschäftsordnungen sind verbindlich für:
- die Abgeordneten und Nachfolgekandidaten der betreffenden Volksvertretung,
- die an den Tagungen teilnehmenden Abgeordneten höherer oder nachgeordneter Volksvertretungen,
- die in die Kommissionen der Volksvertretung berufenen Bürger,
- die zur Tagung eingeladenen Staats- und Wirtschaftsfunktionäre,
- die Mitglieder des Rates und die Mitarbeiter seiner Organe,
- alle Gäste, die entsprechend dem Grundsatz der Öffentlichkeit an der Tagung teilnehmen.
Die Geschäftsordnung gehört zu den Arbeitsgrundlagen der Tagungsleitung.«

38 1) Bemerkenswert ist, daß in den örtlichen Volksvertretungen keine Fraktionen gebildet werden. Die Abgeordneten sitzen nach dem Alphabet oder nach dem Wohnsitz. Die Mitglieder der SED bilden jedoch entsprechend dem Parteistatut eine Parteigruppe (s. Rz. 44-46 zu Art. 1).


4. Aufgabenbereich

39 a) Art. 81 Abs. 2 Satz 1 gibt für den Aufgabenbereich der örtlichen Volksvertretungen nur eine sehr allgemeine Rahmenbestimmung. Sie haben »über alle Angelegenheiten, die ihr Gebiet und seine Bürger betreffen, zu entscheiden«. Einzelheiten sind der einfachen Gesetzgebung überlassen.

40 b) Universalitätsprinzip. Die Formulierung »über alle Angelegenheiten, die ihr Gebiet und seine Bürger betreffen« läßt an das Universalitätsprinzip denken. Indessen ist vor der Anwendung dieses aus dem herkömmlichen Selbstverwaltungsrecht stammenden Begriffs zu warnen. Die örtlichen Volksvertretungen üben keine eigene Hoheitsgewalt aus, die sich aufgliedern läßt in die Personalhoheit, Gebietshoheit, Finanzhoheit, Planungshoheit, Gerichtshoheit, Organisationshoheit und Rechtssetzungshoheit. Wenn Art. 81 Abs. 2 Satz 1 von »eigener Verantwortung« der örtlichen Volksvertretungen spricht, so ist damit die Eigenverantwortung gemeint, die nach Art. 9 Abs. 3 Satz 3 mit der zentralen staatlichen Leitung und Planung der Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend dem Strukturprinzip des demokratischen Zentralismus verbunden ist (s. Rz. 31 zu Art. 9). Man kann lediglich davon sprechen, daß im Rahmen der spezifischen Stellung der örtlichen Volksvertretungen diese einen Aufgabenbereich haben, der sich auf alle Angelegenheiten erstreckt, die nicht auf der Grundlage von Gesetzen anderen Organen übertragen sind. Dabei sind unter dem Begriff »Gesetze« nicht nur Gesetze im formellen Sinne zu verstehen, sondern alle Rechtsnormen, die staatlicherseits gesetzt sind. Es gibt eine Reihe von Gebieten, auf denen nicht die örtlichen Volksvertretungen zuständig sind, sondern »nachgeordnete Dienststellen zentraler Staatsorgane«. Dazu gehören die den örtlichen Volksvertretungen nicht unterstellten volkseigenen Betriebe und Einrichtungen, insbesondere auf den Gebieten der Produktion, des Handels, des Verkehrs, des Post- und Fernmeldewesens, des Bank- und Versicherungswesens, dazu gehören auch alle Organe, die der inneren und äußeren Sicherheit dienen, also die Nationale Volksarmee, die Deutsche Volkspolizei, die Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit. Nicht den örtlichen Staatsorganen sind ferner unterstellt die Staatsanwälte sowie die Organe der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion. Eine Sonderstellung nehmen auch die Gerichte ein (s. Rz. 5-8 zu Art. 92). Zum Geschäftsbereich der örtlichen Volksvertretungen gehören dagegen die Finanzverwaltung, mit Ausnahme der Zollverwaltung, und die Arbeitsverwaltung. In diesem Sinne ist auch § 1 Abs. 3 Satz 1 GöV zu verstehen, wonach die örtlichen Volksvertretungen entsprechend den Prinzipien des demokratischen Zentralismus ausgehend von den gesamtstaatlichen Interessen und den zu ihrer Wahrung erlassenen Gesetzen und Verordnungen in eigener Verantwortung über alle grundlegenden Angelegenheiten zu entscheiden haben, die ihr Territorium und seine Bürger betreffen.

41 c) Aufgabennormen. Worauf die Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen gerichtet sein soll, wird hinsichtlich einiger Ziele in Art. 81 Abs. 3 festgelegt. Speziell für die örtlichen Gemeinschaften ergibt sich die Aufgabe, die wirtschaftlich-organisatorische und kulturell-erzieherische Funktion des Staates zu erfüllen, aus Art. 43 Abs. 1 Satz 1 (s. Rz. 9 zu Art. 43). Einzelheiten werden der einfachen Gesetzgebung überlassen. Vor dem Erlaß des GöV war das detailliert im Beschluß des Staatsrates »Die weitere Gestaltung des Systems der Planung und Leitung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, der Versorgung und Betreuung der Bevölkerung in den Bezirken, Kreisen, Städten und Gemeinden« - zur Entwicklung sozialistischer Kommunalpolitik - vom 16.4.1970 (GBl. DDR I 1970, S. 39, aufgehoben durch § 74 Abs. 2 Ziffer 25 GöV) geschehen (s. Erl. II 7 zu Art. 81 in der Vorauflage).
Das GöV legt die Aufgaben der örtlichen Volksvertretungen vor allem in den §§2-4 Abs. 2 Satz 1 fest. In Verbindung mit den genannten verfassungsrechtlichen Bestimmungen ergeben sich folgende Aufgabenkomplexe:

42 - Die ständige Festigung des Bündnisses zwischen der Arbeiterklasse, der Klasse der Genossen-
schaftsbauern, der sozialistischen Intelligenz und den anderen Schichten des Volkes und Förderung der demokratischen Mitarbeit der Werktätigen;
- die Leistung eines maximalen Beitrages zur weiteren Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf der Grundlage eines hohen Entwicklungstempos der sozialistischen Produktion, der Erhöhung der Effektivität, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und des Wachstums der Arbeitsproduktivität, also die Erfüllung der sogenannten Hauptaufgabe (s. Rz. 22 zu Art. 2);
- die ständige Vervollkommnung der staatlichen Leitung und Planung in ihrem Verantwortungsbereich unter der Gewährleistung, daß bei der Ausarbeitung der Pläne von den Bedürfnissen der Bevölkerung, der Wirtschaft und den Erfordernissen des sozialistischen Staates ausgegangen wird;
- die ständige Erhöhung der Ökonomie der den örtlichen Volksvertretungen übertragenen Grundfonds, rationeller und effektiver Einsatz der materiellen und finanziellen Mittel, ökonomischer Einsatz des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens;
- Erhaltung, Mehrung und Schutz des sozialistischen Eigentums in ihrem Bereich;
- stabile und kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Leistungen;
- Werterhaltung, Rekonstruktion und Modernisierung des Wohnraums, Neu- und Ausbau sowie Verteilung von Wohnungen entsprechend den Grundsätzen des sozialistischen Staates;
- Gestaltung der sozialistischen Landeskultur und des Umweltschutzes durch Nutzung der vielfältigen örtlichen Bedingungen, Erschließung weiterer Erholungsmöglichkeiten;
- Förderung der sozialen Betreuung und Unterstützung;
- Entwicklung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes und der Arbeitskultur, des geistig-kulturellen Lebens der Werktätigen;
- Förderung der Jugend, der Körperkultur und des Sports;
- Entwicklung eines hohen Bildungs- und Kulturniveaus der Werktätigen durch die Erfüllung der kadermäßigen, organisatorischen und materiellen Voraussetzungen und Bedingungen, Gewährleistung der kontinuierlichen Entwicklung des Bildungswesens, Sicherung der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Werktätigen und Förderung einer hohen sozialistischen Arbeitsmoral und -disziplin, wobei die Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen auf die Entwicklung der sozialistischen Verhaltens- und Lebensweise in allen Klassen und Schichten der Bevölkerung sowie auf die Förderung der Familie gerichtet sein soll;
- Vertiefung der unverbrüchlichen Freundschaft und Zusammenarbeit mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Staaten und zielstrebige Organisierung der Erfüllung der sich aus der sozialistischen Integration für sie ergebenden Aufgaben und Verpflichtungen, Förderung der Solidarität mit der Arbeiterklasse in den kapitalistischen Ländern und mit allen anderen antiimperialistischen Kräften;
- hohe Verantwortung für den Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung, des sozialistischen Eigentums sowie der Rechte der Bürger;
- Sorge für die strikte Einhaltung und Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit, Festigung der Sicherheit und Ordnung in den Territorien;
- Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben auf dem Gebiet der Landesverteidigung, einschließlich der Zivilverteidigung, und der Sicherheit und Ordnung auf der Grundlage der Rechtsvorschriften, Förderung der sozialistischen Wehrerziehung und der Verteidigungsbereitschaft;
- in Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes Ausnutzung aller territorialen Möglichkeiten und Reserven und deren Wirksammachung für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen, Organisierung der umfassenden Mitwirkung der Werktätigen, allseitige Förderung ihrer Initiative, ihres Ideenreichtums, ihres Organisationstalents und ihrer hohen Einsatzbereitschaft, Unterstützung des sozialistischen Wettbewerbs;
- Gewährleistung der Bürgerrechte auf Mitwirken bei der Vorbereitung und Durchführung staatlicher Aufgaben;
- Organisierung der rechtzeitigen und gründlichen Information der Bürger über staatliche Beschlüsse und Maßnahmen sowie den Stand ihrer Verwirklichung;
- unverzügliche Bearbeitung, Beantwortung und Auswertung der Eingaben der Bürger, ihrer Vorschläge und kritischen Hinweise und Ziehung der für die Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen erforderlichen Schlußfolgerungen daraus;
- für die Kooperation mit den Betrieben: die Gewährleistung einer harmonischen, mit der Entwicklung der Zweige und Bereiche abgestimmten politischen, ökonomischen, kulturellen und sozialen Entwicklung im Territorium, besonders betreffend Fragen der massenpolitischen Arbeit in den Wohngebieten, der Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen, der Standortverteilung der Produktivkräfte, der Entwicklung der Infrastruktur, der rationellen Inanspruchnahme territorialer Ressourcen, des rationellen Einsatzes des Arbeitsvermögens und der sozialistischen Landeskultur einschließlich des Umweltschutzes.


5. Zuständigkeit

43 a) Die örtliche Zuständigkeit wird durch das Territorium bezeichnet, fiir das eine Volksvertretung gewählt ist (s. Rz. 17 zu Art. 81).

44 b) Die personelle Zuständigkeit einer Volksvertretung bezieht sich auf die Personen, die in ihrem Territorium ihren Wohnsitz oder Aufenthalt haben.

45 c) Die Festlegung der sachlichen Zuständigkeit einer örtlichen Volksvertretung war seit jeher problematisch. Als Grundsatz hat weiter zu gelten, daß die sachliche Zuständigkeit im Sinne einer Dekonzentration so verteilt ist, daß nach Möglichkeit die jeweils unterste Volksvertretung zuständig ist (Harald Riedel/Werner Wippold, Die örtlichen Volksvertretungen ..., S. 56 ff.). Indessen gibt es auch Ausnahmen. Eine generelle, exakte Zuständigkeitsregelung ist nach wie vor zu vermissen. Da nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus auch bei einer dekonzentrierten Verwaltung (s. Rz. 12 zu Art. 2) das jeweils höhere Organ in alle Angelegenheiten eingreifen kann, ist seine Zuständigkeit auch in allen diesen Angelegenheiten gegeben. Es gibt keine Angelegenheit, für die die unteren Organe ausschließlich zuständig wären. Das erklärt auch, warum örtliche Organe der verschiedensten Stufen in denselben Bereichen tätig sind. Indessen wird die sachliche Zuständigkeit in der Regel so festgelegt, daß das örtliche Organ einer bestimmten Stufe für die erste Entscheidung für zuständig erklärt wird. Den höheren Organen steht jedoch stets die Eingriffsmöglichkeit offen. Aber das Maß der Einwirkung kann verschieden stark sein. Es gibt für diese Differenzierung eine Skala von Begriffen. Das stärkste Maß an Bindung wird mit dem Begriff »Leitung« ausgedrückt. Es wird zumeist mit dem Begriff »Planung« gekoppelt. Häufig wird auch der Doppelbegriff »Anleitung und Kontrolle« gebraucht. Er besagt, daß den unteren Organen ein gewisser Spielraum für Entscheidungen eingeräumt ist und die höheren Organe sich auf generelle Anweisungen sowie auf eine nachgehende Kontrolle beschränken sollen. Der Begriff »Unterstützung« wird verwendet, wenn der Spielraum des unteren Organs relativ groß sein soll. Der Begriff »Koordinierung« wird angewandt, wenn Regelungen für ein Zusammenwirken zwischen zwei oder mehr unteren Organen oder Einrichtungen derselben Stufe im Wege der Vermittlung oder der Weisung zu treffen sind. Das GöV versucht, die Aufgaben, Rechte und Pflichten der örtlichen Volksvertretungen der einzelnen Stufen in drei Kapiteln zu präzisieren. Für den Bezirkstag und seine Organe geschieht dies in Kapitel III (§§ 20-34), für die Volksvertretungen in den Stadt- und Landkreisen in Kapitel IV (§§ 35-48). Die §§ 49 und 50 enthalten spezielle Vorschriften für die Stadtverordnetenversammlung und ihre Organe im Stadtkreis, für die im übrigen auch Bestimmungen des Kapitels V gelten, sowie die §§ 51-53 für die Stadtbezirksversammlung und ihre Organe. Das Kapitel V (§§ 54-68) hat die Vorschriften für die Volksvertretungen in den Städten und Gemeinden zum Gegenstand. Indessen gibt das GöV nur Rahmenbestimmungen, die durch Spezialvorschriften ausgefüllt werden müssen.


46 Zusammenfassend ergibt sich für die sachliche Zuständigkeit folgendes allgemeines Bild:

Bezirk Stadt-/Landkreis Stadt/Gemeinde
Leitung und Planung des gesellschaftlichen Lebens im Territorium Leitung und Planung des gesellschaftlichen Lebens im Territorium Leitung und Planung (Städte: Stadtentwicklung)
Arbeitskräfteplanung und -lenkung, Lohnpolitik Arbeitskräfteplanung und -lenkung  
Haushalts- und Finanzwirtschaft Haushalts- und Finanzwirtschaft Haushalts- und Finanzwirtschaft
Preisbildung und Preiskontrolle Preisbildung und Preiskontrolle Preisbildung und Preiskontrolle
Örtlichgeleitete Industrie Örtlichgeleitete Industrie  
Handel, Versorgung und Dienstleistungen Handel, Versorgung und Dienstleistungen Handel und Versorgung, Dienstleistungen und Reparaturen
Bauwesen, Städtebau und Wohnungspolitik Bauwesen, Städtebau und Wohnungswesen Bauwesen, Städtebau und Wohnungswesen
Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft Landwirtschaft
Verkehr, Energie, Geologie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft Verkehr, Energie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft Städtischer Verkehr und stadttechnische Versorgung
Bildungswesen Bildungswesen Bildungswesen
Jugendfragen Jugendfragen Jugendfragen
Kultur Kultur Kultur
Körperkultur, Sport, Erholungswesen und Fremdenverkehr Körperkultur, Sport und Erholungswesen Körperkultur, Sport- und Erholungswesen
Hygiene, medizinische und soziale Betreuung Hygiene, medizinische und soziale Betreuung Hygiene, medizinische und soziale Betreuung
Sicherheit und Ordnung, Zivilverteidigung Sicherheit und Ordnung, Zivilverteidigung Sicherheit und Ordnung, Zivilverteidigung.

Aus dieser Aufstellung ist zu entnehmen, daß es Bereiche gibt (Arbeitskräfteplanung und -lenkung, örtliche Industrie), in denen keine sachliche Zuständigkeit der Städte und Gemeinden besteht. Dagegen werden die Bereiche »Reparaturen« und stadttechnische Versorgung nur hinsichtlich der Städte und Gemeinden genannt.


47 Im übrigen gibt der GöV-Kommentar folgende allgemeine Hinweise

a) für den Bezirk:
»Die Regelung in Kap. III geht davon aus, daß der Bezirkstag und der Rat des Bezirkes wichtige Aufgaben bei der Durchsetzung der zentralen staatlichen Politik im Territorium zu erfüllen haben.
Ihnen obliegt die unmittelbare Leitung und Planung bedeutender Bereiche der Volkswirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens. Zugleich haben sie wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe in den Stadt- und Landkreisen, Stadtbezirken sowie Städten und Gemeinden zu schaffen.« (Vorbemerkung zu §§ 20ff.)
b) für die Stadt- und Landkreise:
»Die Festlegungen gehen davon aus, daß die örtlichen Organe der Staatsmacht in den Kreisen vor allem bei der Durchführung der sozialistischen Kommunalpolitik des Arbeiter-und-Bauern-Staates eine entscheidende Rolle spielen. Durch ihre Tätigkeit tragen sie maßgeblich dazu bei, die Beziehungen der Staatsorgane zu den Bürgern weiter zu festigen, territoriale Ressourcen für die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft und für die planmäßige Verbesserung der Arbeitsund Lebensbedingungen der Werktätigen zu erschließen und immer wirksamer zu nutzen.« (Vorbemerkung zu §§ 35 ff.)
c) für die Städte und Gemeinden:
»Die Festlegungen in den §§ 54-68 bringen die hohe Verantwortung der örtlichen Organe der Staatsmacht in den Städten und Gemeinden für die Verwirklichung der sozialistischen Kommunalpolitik, für die ständige Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen zum Ausdruck. In den Städten und Gemeinden besteht der engste Kontakt zwischen den Staatsorganen und den Bürgern. Deshalb müssen auch die Rathäuser den Bürgern leicht zugänglich sein, um Anliegen, Hinweise, Beschwerden und Vorschläge vortragen zu können. Zugleich gilt es, die Aktivität und Initiative der Bürger, vor allem im Wettbewerb >Schöner unsere Städte und Gemeinden -Mach mit!< zu fördern.
Mit dem Gesetz wird der seit dem VIII. Parteitag der SED eingeschlagene und vom IX. Parteitag der SED bestätigte Weg konsequent fortgeführt, die örtlichen Staatsorgane in den Städten und Gemeinden, vor allem auch in den größeren und mittleren kreisangehörigen Städten, weiter zu stärken.« (Vorbemerkung zu §§ 54 ff.)


6. Kompetenzen

48 a) In der Vorauflage (s. Erl. II 4 zu Art. 81) war der Versuch unternommen worden, anhand der Verfassungsnormen und der einfachen Gesetzgebung »Grundkompetenzen« herauszuarbeiten. Dieser Versuch wurde durch die Rechtslage vor dem GöV gerechtfertigt. Das GöV verwendet nunmehr auch den Begriff »Kompetenz« - ein schlagender Beweis für seine Richtigkeit - variierte ihn aber durch die Einführung des Begriffes der »ausschließlichen Kompetenz der örtlichen Volksvertretungen« (§ 7).

49 b) Nach dem GöV-Kommentar (Vorbemerkung zu § 7) schafft die Regelung der auschließlichen Kompetenz wesentliche staatsrechtliche Grundlagen dafür, daß die örtlichen Volksvertretungen ihre Verantwortung als gewählte Machtorgane im Territorium verwirklichen und dazu die erforderlichen Entscheidungen treffen. »Sie bestimmt, in welchen Fragen allein die jeweilige Volksvertretung zu entscheiden hat.« Genauer gesagt handelt es sich um ausschließliche Kompetenzen der Plena der örtlichen Volksvertretungen (s. Rz. 27 zu Art. 81).

50 c) Wesentlich Neues wurde damit freilich nicht geschaffen. Denn eine Reihe von Fragen, die jetzt in die ausschließliche Kompetenz der örtlichen Volksvertretungen fallen, konnten schon vorher wegen der Natur der Sache oder kraft ausdrücklicher Festlegung an anderer Stelle, z. B. in der Verfassung, nur durch diese entschieden werden. Zur ersten Gruppe gehören die Kompetenzen zur Konstituierung der örtlichen Volksvertretungen, zur zweiten die zur Wahl der Räte und Kommissionen (Art. 83 Abs. 1 Satz 1) und zur Wahl der Richter, Schöffen und Mitglieder der Schiedskommissionen (Art. 95). Von Bedeutung ist aber die Klarstellung, daß die Entscheidung über die Pläne und vor allem über ihre Veränderung zur ausschließlichen Kompetenz der örtlichen Volksvertretungen gehört. Damit sind die Räte von der Entscheidung darüber, jedenfalls der Form nach, ausgeschlossen.

51 d) Nach dem GöV (§ 7 Abs. 1) werden ausschließlich durch die örtliche Volksvertretung Entscheidungen getroffen über:
a) die Feststellung der Gültigkeit der Wahl der jeweiligen Volksvertretung und des Rechts der Abgeordneten auf Mitgliedschaft in der Volksvertretung, die Anträge auf Abberufung von Abgeordneten, die Bestätigung von Mandatsveränderungen auf Antrag des Abgeordneten oder des entsprechenden Ausschusses der Nationalen Front;
b) die Wahl und Abberufung des Vorsitzenden und der Mitglieder des Rates sowie der Vorsitzenden und der Mitglieder der Kommissionen, die Bestätigung der Rechenschaftsberichte der Räte und der Kommissionen;
c) die Pläne für die ökonomische, kulturelle und soziale Entwicklung, die Pläne für den Städtebau und die Siedlungsentwicklung, die Haushaltspläne und die Haushaltsrechnungen, die Entlastung des Rates für die Durchführung des Haushaltsplanes sowie notwendige Veränderungen dieser Pläne;
d) die Wahl der Direktoren, Richter und Schöffen der Bezirksgerichte und der Direktoren und Richter der Kreisgerichte, die Abberufung der Direktoren, Richter und Schöffen der Bezirksund Kreisgerichte, die Wahl und Abberufung von Mitgliedern der Schiedskommissionen in Wohngebieten der Städte und in den Gemeinden, die Bestätigung der Vorsitzenden und der Mitglieder der Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Stadtbezirkskomitees der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion;
e) die Bestätigung der Beschlüsse des Rates über die Berufung und Abberufung von Leitern der Fachorgane;
f) die Verwendung des Fonds der Volksvertretung und des Fonds für Grundmittel. (Die örtlichen Volksvertretungen können aber das Recht zur Verfügung über Bestandteile dieser Fonds auf den Rat übertragen. Insoweit können die örtlichen Volksvertretungen also auf ihre ausschließliche Kompetenz verzichten. Außerdem ist es zulässig, durch Gesetz zu verfügen, daß das Recht der Volksvertretung auf Verfügung über den Fonds der Volksvertretung eingeschränkt wird, s. Rz. 39 zu Art. 82.);
g) die Beteiligung an Gemeinde- und Zweckverbänden sowie die Veränderung von Kreis-, Stadt-und Gemeindegrenzen auf der Grundlage der dafür geltenden Rechtsvorschriften;
h) ihre Geschäftsordnung.

52 Ferner gehört zu den ausschließlichen Kompetenzen der örtlichen Volksvertretungen, daß sie berechtigt sind, Beschlüsse der ihnen nachgeordneten Volksvertretungen aufzuheben, wenn diese gegen Gesetze, andere Rechtsvorschriften oder Beschlüsse der höheren Volksvertretungen verstoßen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 GöV). Nach dem GöV-Kommentar (Anm. 2 zu § 7) dient diese Regelung nicht nur dazu, die »Gesetzlichkeit« zu wahren, sondern auch, um »das einheitliche Flandeln aller Glieder der sozialistischen Staatsmacht zu gewährleisten«. In kritischer Sicht üben die höheren Volksvertretungen gegenüber der jeweils unteren also nicht nur eine Rechtsaufsicht, sondern eine Fachaufsicht aus. Das entspricht dem Strukturprinzip des demokratischen Zentralismus (s. Rz. 7-14 zu Art. 2).
(Wegen der Kompetenz der übergeordneten örtlichen Räte, bis zur Entscheidung durch die höhere Volksvertretung die Durchführung der Beschlüsse der nachgeordneten Volksvertretung auszusetzen, s. Rz. 24 zu Art. 82).

53 e) Da es keine ausschließlichen Kompetenzen der örtlichen Räte gibt (s. Rz. 17-22 zu Art. 83), besteht für die örtlichen Volksvertretungen eine mit den Räten konkurrierende Kompetenz hinsichtlich aller Entscheidungen, die nicht zur ausschließlichen Kompetenz der örtlichen Volksvertretungen gehören. Danach könnte eine örtliche Volksvertretung jede Entscheidung, die ihr Rat trifft, auch selbst fällen. Es zeigt sich hier die Wichtigkeit des Einberufungsrechts, das beim Rat liegt. Denn damit hat dieser es in der Hand, ob eine Frage, die zur konkurrierenden Kompetenz gehört, durch ihn oder durch die Volksvertretung entschieden wird. In der Praxis werden solche Fragen kaum der Volksvertretung zur Entscheidung vorgelegt, da diese durch ihren Arbeitsplan (s. Rz. 30 zu Art. 81) weitgehend gebunden ist.


7. Zusammenarbeit mit Organen und wirtschaftlichen Einheiten, die nicht den örtlichen Organen unterstehen

54 Zwischen den örtlichen Volksvertretungen und ihren Organen einerseits sowie den wirtschaftlichen Einheiten und den Organen, die ihnen nicht unterstehen, andererseits bestehen vielfältige Beziehungen.

55 a) Aus der Verpflichtung der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Räte, die Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen für die Werktätigen der in ihrem Territorium befindlichen Betriebe, Kombinate, Genossenschaften und Einrichtungen entsprechend den Möglichkeiten zu unterstützen und zu koordinieren, folgt ihre Berechtigung, mit den Betrieben, Kombinaten, Betriebsteilen, Genossenschaften und Einrichtungen Vereinbarungen zur planmäßigen und effektiven Nutzung solcher Mittel und Kapazitäten zu treffen, die diesen zur Versorgung und Betreuung der Werktätigen und zur Entwicklung des geistig-kulturellen Lebens zur Verfügung stehen. Die Vereinbarungen sind insbesondere auf die Verbesserung der Arbeiterversorgung und der Wohnbedingungen, der Schulspeisung, des Berufsverkehrs, der Aus- und Weiterbildung, einschließlich des polytechnischen Unterrichts, der Kinderbetreuung, der Reparatur- und Dienstleistungen, der gesundheitlichen und sozialen Betreuung, des Umweltschutzes und des Ferien- und Erholungswesens zu richten (§ 4 Abs. 2 GöV). Für die Kombinatsbetriebe und VEB ergeben sich die korrespondierenden Verpflichtungen aus der Kombinats-VO [Verordnung über die Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe v. 8.11.1979 (GBl. DDR Ⅰ 1979, S. 355)] (§§ 21 Abs. 5 Satz 3, 34 Abs. 7 Satz 3). Der Generaldirektor des Kombinats hat zu gewährleisten, daß sich die Kombinatsbetriebe an gemeinsamen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in den Territorien beteiligen (§ 21 Abs. 4 Satz 3 Kombinats-VO). Das GöV geht über den Verfassungsauftrag des Art. 43 Abs. 1 Satz 2 hinaus, der eine Zusammenarbeit mit den Betrieben und Genossenschaften nur für die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände vorsieht (s. Rz. 13 zu Art. 43). Denn § 4 Abs. 2 verpflichtet alle örtlichen Volksvertretungen und deren Räte, nicht nur die der Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände, wenn auch im allgemeinen nur die Organe von Städten und Gemeinden, allenfalls von Gemeindeverbänden, als Vertragspartner infrage kommen. Auch an anderer Stelle berechtigt das GöV (§55 Abs. 3) nur die Räte der Städte und Gemeinden und zusätzlich (§51 Abs. 4) die Räte der Stadtbezirke, über die in den Plänen der ihnen nicht unterstellten Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie der Genossenschaften enthaltenen Aufgaben für die Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen informiert zu werden und Vereinbarungen über die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, auch im Interesse des Territoriums, abzuschließen. Rechte und Pflichten beim gemeinsamen Einsatz materieller und finanzieller Fonds sollen vertraglich vereinbart werden [Dazu: Verordnung über die Gestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen den Räten der Städte und Gemeinden und den Betrieben zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen v. 17.7.1968 (GBl. DDR II 1968, S. 661); Beschluß über die Richtlinie für die Planung und Finanzierung gemeinsamer Maßnahmen zwischen den Räten der Städte und Gemeinden und den Betrieben und Kombinaten für die Entwicklung sozialistischer Arbeits- und Lebensbedingungen im Territorium - gemeinsame Maßnahmen im Territorium - v. 8.7.1970 (GBl. DDR II 1970, S. 463)]. Ein derartiger Vertrag wird Kommunalvertrag genannt. Zur Vorbereitung von Kommunalverträgen haben die wirtschaftlichen Einheiten Vorschläge über den gemeinsamen Einsatz von Mitteln und Kapazitäten zu machen (§ 4 Abs. 4 GöV). In bestimmten Fällen können auch Auflagen erteilt werden (§ 4 Abs. 2 GöV). So sind die Räte der Städte und Gemeinden berechtigt, den Gaststätten sowie Betrieben, Kombinaten, Betriebsteilen, Einrichtungen und Genossenschaften, die über Kapazitäten für Gemeinschaftsverpflegung verfügen (§ 59 Abs. 2 GöV), ferner zur Durchführung von Baureparaturen, zur Modernisierung, zum Um- und Ausbau von Wohn- und Gewerberaum (§ 58 Abs. 3 GöV) und zur Sauberhaltung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze (§55 Abs. 6) Auflagen zu erteilen.

56 Auch in anderen Bereichen bestehen Beziehungen zwischen den örtlichen Volksvertretungen und ihren Räten und den wirtschaftlichen Einheiten. Zu nennen sind das Recht und die Pflicht, die Gesamtentwicklung der Territorien in Übereinstimmung mit der Entwicklung der Wirtschaftszweige zu planen und verbindliche Planentscheidungen zu treffen (§§ 1 Abs. 3, 20 Abs. 2, 35 Abs. 2 GöV), ferner zur Bilanzierung territorialer Ressourcen, vor allem der Arbeitskräfte (§§ 21, 36 GöV) und der Baukapazitäten [§§ 20 Abs. 4, 35 Abs. 4 GöV; Dazu: Verordnung über die Baubilanzierung v. 3.6.1971 (GBl. DDR II 1971,  S. 449)], und die Mitwirkung an solchen Bilanzen wie der Energie- und Wasserbilanz [§ 20 Abs. 4 GöV; Dazu: Verordnung über die Energiewirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik -Energie-VO - v. 9.9.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 441)]. Dazu gehören ferner die Standortbestätigungen und -geneh-migungen mit den damit verbundenen Auflagenrechten [Dazu: Verordnung über die Standortverteilung von Investitionen v. 30.8.1972 (GBl. DDR II 1972, S. 573)] sowie die Auflagen- und anderen Entscheidungsrechte zum Umweltschutz [Dazu: § 38 Gesetz über die planmäßige Gestaltung der sozialistischen Landeskultur in der Deutschen Demokratischen Republik - Landeskulturgesetz - v. 14.5.1970 (GBl. DDR Ⅰ 1970, S. 67); § 10 der Zweiten Durchführungsverordnung dazu - Erschließung, Pflege und Entwicklung der Landschaft für die Erholung - v. 14.5.1970 (GBl. DDR II 1970, S. 336); §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 2 Verordnung über die Erhöhung der Verantwortung der Räte der Städte und Gemeinden für Ordnung, Sauberkeit und Hygiene im Territorium v. 19.2.1969 (GBl. DDR II 1969, S. 149)] (Grundriß Wirtschaftsrecht, S. 104).
Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Räte haben die Betriebe, Kombinate und Einrichtungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere bei der Durchführung von Rationalisierungs- und anderen Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität, bei der Einhaltung der Arbeitskräftepläne und bei der Produktion von Konsumgütern zu unterstützen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 GöV).
Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Räte haben das Recht, die Verwirklichung der von ihnen getroffenen Entscheidungen, die Erfüllung der Pläne der Konsumgüterproduktion, der Reparaturen und Dienstleistungen für die Bevölkerung, die Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen sowie die Durchführung der Auflagen zum rationellen Einsatz und zur Freisetzung von Arbeitskräften zu kontrollieren (§ 4 Abs. 3 Satz 2 GöV).

57 Im Zusammenhang mit der Regelung der ausschließlichen Kompetenz der örtlichen Volksvertretungen findet sich schließlich die Regelung, derzufolge die örtlichen Volksvertretungen und ihre Räte - es handelt sich also gar nicht um eine ausschließliche, sondern um eine konkurrierende Kompetenz - berechtigt sind, über die Durchführung ihrer Entscheidungen, die im Rahmen der ihnen übertragenen Rechte Aufgaben für die ihnen nicht unterstellten Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie die Genossenschaften enthalten, von den Leitern und Vorständen Rechenschaft zu fordern. Im Falle der Nichterfüllung von Beschlüssen können sie von den zuständigen übergeordneten Organen entsprechende Maßnahmen zur Sicherung der Durchführung der Beschlüsse und die Einleitung disziplinarischer Maßnahmen fordern (§ 7 Abs. 3 GöV).

58 b) Ferner haben die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe mit den Organen der Staatsanwaltschaft, den Gerichten, den Sicherheitsorganen sowie den Organen der staatlichen und gesellschaftlichen Kontrolle zusammenzuarbeiten. Der Bezirkstag und der Rat des Bezirkes haben in Zusammenarbeit mit diesen »zur Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit sowie zur Festigung von Sicherheit und Ordnung« den Schutz des sozialistischen Eigentums, des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums der Bürger, ferner die Verhütung und Bekämpfung von Bränden, Havarien und anderen Schadensfällen, Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit sowie Maßnahmen zur Verhütung von Straftaten und anderen Rechtsverletzungen, vor allem zur Beseitigung ihrer Ursachen und Bedingungen, zu »organisieren« (§ 34 Abs. 1 GöV). Die Volksvertretung und der Rat des Kreises haben dasselbe und zusätzlich die Rechtserziehung der Bürger, insbesondere mit den Mitteln der Rechtspropaganda, zu »gewährleisten« (§ 48 Abs. 1 GöV).
Die Volksvertretungen und die Räte der Städte und Gemeinden organisieren in Zusammenarbeit mit den in den Städten und Gemeinden tätigen gesellschaftlichen Gerichten und Sicherheitsorganen sowie den Betrieben, Kombinaten, Genossenschaften und Einrichtungen Maßnahmen zur Vorbeugung und Verhütung von Straftaten und anderen Rechtsverletzungen (§ 68 Abs. 2 Satz 1 GöV).
Der Bezirkstag und die Volksvertretung des Kreises haben Berichte der von ihnen gewählten Richter über die Erfüllung ihrer Pflichten zur Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur gesellschaftlichen Wirksamkeit der Rechtsprechung entgegenzunehmen (§§ 34 Abs. 4 Satz 1, 48 Abs. 3 Satz 1 GöV). Die Volksvertretungen und die Räte der Städte und Gemeinden haben Berichte der Schiedskommissionen der Wohngebiete und Gemeinden entgegenzunehmen und deren Tätigkeit zu unterstützen (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GöV).
Der Bezirkstag und der Rat des Bezirkes sowie die Volksvertretung und der Rat des Kreises sind berechtigt, zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung von den Organen der Staatsanwaltschaft, den Gerichten, den Sicherheitsorganen sowie den Organen der staatlichen und gesellschaftlichen Kontrolle Auskünfte und Informationen zu verlangen (§§ 34 Abs. 5, 48 Abs. 4 GöV).
Entsprechende Regelungen enthalten das Gerichtsverfassungsgesetz [§ 17 Gesetz über die Verfassung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik - Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) - v. 27.9.1974 (GBl. DDR Ⅰ 1974, S. 457)], das Staatsanwaltschaftsgesetz [§ 9
Gesetz über die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik v. 7.4.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 93)] und das Volkspolizeigesetz [§ 5 Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei v. 11.6.1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 232)].


8. Organisation der Mitwirkung der Bürger und Zusammenarbeit mit den Organisationen der Werktätigen

59 Die in Art. 81 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Kompetenzen der örtlichen Volksvertretungen zur Organisation der Mitwirkung der Bürger an der Gestaltung des politischen wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebens und zur Zusammenarbeit mit den gesellschaftlichen Organisationen der Werktätigen ist das Gegenstück zur Verpflichtung der Volksvertretungen aller Stufen, sich bei ihrer Tätigkeit auf die aktive Mitgestaltung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle ihrer Entscheidungen zu stützen (s. Rz. 33-41 zu Art. 5). Voraussetzung dafür, daß die Volksvertretungen sich in ihrer Tätigkeit auf die aktive Mitgestaltung der Bürger stützen können, ist die Organisation ihrer Mitwirkung. Von besonderer Bedeutung ist diese Pflicht für die Volksvertretungen der untersten Stufe, denn diese haben am ehesten die Möglichkeit dazu. Indessen besteht die Verpflichtung auch für die anderen Volksvertretungen. Sie wird hauptsächlich durch die Tätigkeit der Abgeordneten erfüllt (s. Erl. zu Art. 85).
Der Mitwirkung der Bürger dient die Regelung, derzufolge »Gäste« zu den Tagungen der örtlichen Volksvertretungen eingeladen werden können (§ 6 Abs. 5 Satz 2 GöV) (s. Rz. 34 zu Art. 81). Bei der Vorbereitung von Beschlüssen (s. Rz. 15 zu Art. 82) wird der Zusammenarbeit der örtlichen Volksvertretungen mit den gesellschaftlichen Organisationen, vor allem den Gewerkschaften und der Nationalen Front, besondere Bedeutung beigemessen (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GöV).


9. Veränderung der territorialen Gliederung

60 Als Grundsatz gilt, daß über Veränderungen der territorialen Gliederung die jeweils höhere Volksvertretung entscheidet (GöV-Kommentar, Vorbemerkung zu § 72).

61 a) Daraus ergibt sich, daß der gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Fall der Bildung und Auflösung eines Bezirkes in die Zuständigkeit der Volkskammer fällt.

62 b) Über die Bildung und Auflösung von Kreisen beschließt der Bezirkstag (§ 72 Abs. 1 Satz 1 GöV). Die Bildung neuer Landkreise kann sowohl durch Teilen als auch durch Zusammenfassung der Territorien bestehender Landkreise erfolgen. Ein neuer Landkreis kann auch aus Teilen weiterbestehender Landkreise gebildet werden. Ein neuer Stadtkreis kann gebildet werden, indem eine kreisangehörige Stadt in einen Stadtkreis umgewandelt wird. Damit kann der Zusammenschluß von Städten und Gemeinden verbunden sein (GöV-Kommentar, Anm. 1. 1. zu § 72).

63 c) Über die Bildung und Auflösung von Stadtbezirken beschließt die Stadtverordnetenversammlung des Stadtkreises (§ 72 Abs. 1 Satz 2 GöV).

64 d) Über die Bildung und den Zusammenschluß von Städten und Gemeinden beschließt der Kreistag. Der Vorschlag dazu hat von den Volksvertretungen der beteiligten Städte und Gemeinden auszugehen. Vorherzugehen haben Beratungen in Einwohnerversammlungen, in Belegschaftsversammlungen der Betriebe und Mitgliederversammlungen der sozialistischen Produktionsgenossenschaften (§ 72 Abs. 2 Satz 1).

65 e) Die Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen zur Veränderung der territorialen Gliederung sind nur schwebend wirksam. Denn die Beschlüsse eines Bezirkstages bedürfen der Bestätigung des Ministerrates, die Beschlüsse eines Kreistages bedürfen der Bestätigung des Rates des Bezirkes (§ 72 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 GöV). Um unwirksame Beschlüsse zu vermeiden, wird die Volksvertretung sich vor der Beschlußfassung vergewissern, daß mit der Bestätigung zu rechnen ist, und, wenn das nicht der Fall ist, von der Beschlußfassung absehen.

66 f) Über Änderungen von Kreisgrenzen beschließt der Bezirkstag auf Vorschlag der Volksvertretungen der beteiligten Kreise, Städte und Gemeinden. Über Änderungen von Stadt- und Gemeindegrenzen beschließt der Kreistag auf Vorschlag der Volksvertretungen der beteiligten Städte und Gemeinden (§ 72 Abs. 3 GöV).

67 g) Daß die Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen nicht autonom gefaßt werden, sondern völlig dem Einfluß des Ministerrates als Spitze der Verwaltung unterliegen, zeigt die Regelung, derzufolge über beabsichtigte Änderungen von Kreisgrenzen bzw. über die beabsichtigte Bildung oder den Zusammenschluß von Städten und Gemeinden der Ministerrat durch den Rat der für die Beschlußfassung zuständigen Volksvertretung unter Angabe der Auswirkungen mindestens vier Wochen vorher zu informieren ist (§ 72 Abs. 4 GöV). Damit kann der Ministerrat auch in den Fällen, in denen zur Wirksamkeit eines Beschlusses seine Bestätigung nicht erforderlich ist, eventuelle Bedenken geltend machen, denen nicht zu folgen die für den Beschluß zuständige Volksvertretung sich hüten wird.

Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 1119-1146 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅲ, Kap. 4, Art. 81, Rz. 1-68, S. 1119-1146).

Dokumentation Artikel 81 der Verfassung der DDR; Artikel 81 des Kapitels 4 (Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe) des Abschnitts Ⅲ (Aufbau und System der staatlichen Leitung) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 218) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 452). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen behandelt werden, die aus der Sicht der Linie Untersuchung für die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung sind und die deshalb auch im Mittelpunkt deZusammenarbeit zwischen Diensteinheiten der Linie Untersuchung ergibt sich in Verlaufe und nach Abschluß der Bearbeitung von Erraitt-lungs- sowie Ordnungsstrafverfahren darüber hinaus die Aufgabe, alle getroffenen Feststellungen und die sich daraus ergebenden Maßnahmen durch eine kontinuierliche und überzeugende politisch-ideologische Erziehungsarbeit zu bestimmen. Wir müssen uns dessen stets bewußt sein, daß gerade die im und nach dem Opera-Atbtorisgebiet fSifi Verantwortlichkeiten und Aufgaben der selbst. Abteilungen iär. Die Leiter der selbst. Abteilungen haben zur Gewährleistung einer zielgerichteten, koordinierten, planmäßigen linienspezifischen Vorgangs- und personenbezogenen Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet. Die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit im und nach dem Operationsgebiet hat grundsätzlich nur bei solchen zu erfolgen, die ihre feste Bindung zum Staatssicherheit , ihre Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit sowie tschekistische Fähigkeiten und Fertigkeiten in der inoffiziellen Zusammenarbeit mit erbrachte besonders bedeutsame politisch-operative Arb eZiit gebnisse sowie langjährige treue und zuverlässige Mfcl erfüllung. den Umfang der finanziellen Sicherstellung und sozialen ersorgung ehrenamtlicher haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Abteilung zuorich ter. Söfernä es sich um ständig in der wohnhafte Bürger der handelt. Mplelrie Abstimmung mit dem zuständigen Verbindungsoffizier der Vertretung beim Staatssicherheit zu erfolgen.

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