(1) Der Schutz des Friedens und des sozialistischen Vaterlandes und seiner Errungenschaften ist Recht und Ehrenpflicht der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik. Jeder Bürger ist zum Dienst und zu Leistungen für die Verteidigung der Deutschen Demokratischen Republik entsprechend den Gesetzen verpflichtet.
(2) Kein Bürger darf an kriegerischen Handlungen und ihrer Vorbereitung teilnehmen, die der Unterdrückung eines Volkes dienen.
(3) Die Deutsche Demokratische Republik kann Bürgern anderer Staaten oder Staatenlosen Asyl gewähren, wenn sie wegen politischer, wissenschaftlicher oder kultureller Tätigkeit zur Verteidigung des Friedens, der Demokratie, der Interessen des werktätigen Volkes oder wegen ihrer Teilnahme am sozialen und nationalen Befreiungskampf verfolgt werden.

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I. Das Recht und die Pflicht der Bürger zum Schutz des Friedens und des sozialistischen Vaterlandes und seiner Errungenschaften

1. Vorgeschichte

1 In ihrer ursprünglichen Fassung enthielt die Verfassung von 1949 keine Sätze, die die Landesverteidigung betrafen. Durch das Gesetz zur Ergänzung der Verfassung v. 26.9.1955 (GBl. DDR Ⅰ 1955, S. 653) wurde der Art. 5 durch folgenden vierten Absatz ergänzt: »Der Dienst zum Schutze des Vaterlandes und der Errungenschaften der Werktätigen ist eine ehrenvolle nationale Pflicht der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik.« Gemeint war damit der Dienst bei der bewaffneten Verteidigung der DDR nach außen.


2. Verfassungsrechtliche Regelung

2 a) Die Verfassung von 1968/1974 konstituiert in Art. 23 Abs. 1 nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Recht. Nach der in der DDR entwickelten marxistisch-leninistischen Grundrechtskonzeption ist das Recht auf »bewaffnete Verteidigung der Arbeiter-und-Bau-ern-Macht« eine Entfaltung des Rechts auf Mitwirkung im politischen Bereich (Hermann Klenner, Studien über die Grundrechte, S. 118) (s. Rz. 7 zu Art. 21).
Die Bedeutung dieses Rechts liegt in erster Linie im psychologischen Bereich. Dem Bürger soll das Gefühl vermittelt werden, daß er mit seinem Dienst ein Recht ausübt und nicht nur eine Pflicht befolgt. Jedoch ist es auch in anderer Weise von Belang. Mit der Konstituierung eines Rechts wird klarer als mit der Konstituierung einer bloßen Pflicht gemacht, daß eine Handlung, die in seiner Ausübung begangen wird, nicht rechtswidrig ist. Das ist besonders wichtig bei Handlungen, die den Tatbestand eines Strafgesetzes zu erfüllen scheinen. »Abwehrhandlungen gegen Angriffe und Gefahren dienen den Interessen der sozialistischen Gesellschaft und des einzelnen Bürgers; sie sind deshalb gerechtfertigte Handlungen und keine Straftaten« (Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Lehrkommentar, Band 1, S. 109). Außerdem wird das Vorliegen einer Schuld verneint. »Diese Handlungen sind auch deshalb keine Straftaten, weil bei ihnen eine der wichtigsten Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die Schuld, ausgeschlossen ist« (a.a.O.).

3 b) Gegenüber dem Art. 5 Abs. 4 Verfassung von 1949 sind die Schutzobjekte um den Frieden vermehrt. Der Verfassungsauftrag auf Betreiben einer dem Frieden dienenden Außenpolitik (Art. 6 Abs. 1 Satz 2) findet damit ein Komplement. Der Begriff des Friedens wird unter dem Aspekt der »friedlichen Koexistenz« verstanden, wie ihn die sowjetische Völkerrechtslehre entwickelt hat. Der Klassenkampf wird also durch das Bekennen zum Frieden nicht ausgeschlossen (s. Rz. 43 zu Art. 6).

4 c) Unter dem »sozialistischen Vaterland« wird die DDR verstanden. Die Wahl einer pathetischen Formulierung läßt ebenfalls auf die Erwartung eines psychologischen Effekts schließen. Wenn dem Wort »Vaterland« das Epitheton »sozialistisch« hinzugefügt wurde, das in der Verfassung von 1949 noch nicht enthalten war, so ist das auf die Entwicklung der DDR zu einem sozialistischen Staat zurückzuführen (s. Rz. 1-27 zu Art. 1).

5 d) Unter »Errungenschaften« sind die Sachverhalte zu verstehen, die die DDR zu einem sozialistischen Staat machen, vor allem aber die in Art. 2 genannten unantastbaren Grundlagen der sozialistischen Gesellschaftsordnung einschließlich der führenden Rolle (der Suprematie) der marxistisch-leninistischen Partei (Art. 1), das Ende der Ausbeutung der Werktätigen infolge des sozialistischen Eigentums an Produktionsmitteln, die Leitung und Planung der gesellschaftlichen Entwicklung unter der Suprematie der marxistisch-leninistischen Partei, das Leistungsprinzip (Art. 2 Abs. 3), die Ausübung der politischen Macht durch die Volksvertretungen, die die Grundlage des Systems der Staatsorgane bilden (Art. 5) (s. Erl. zu Art. 1, 2 und 5). Wenn die Errungenschaften als die des sozialistischen Staates und nicht, wie in Art. 5 Abs. 4 der Verfassung von 1949, als die der Werktätigen bezeichnet werden, so soll das anzeigen, daß die Errungenschaften der Werktätigen zu solchen des sozialistischen Staates geworden sind.

6 e) Die von der marxistisch-leninistischen Rechtslehre konzipierte Einheit der Rechte und Pflichten (s. Rz. 17-19 zu Art. 19) findet in bezug auf die in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 genannten Schutzobjekte expressis verbis ihren Ausdruck. Wenn die Pflicht als »Ehrenpflicht« bezeichnet wird, so deutet das ebenso wie die Wendung »ehrenvolle nationale Pflicht« in der Verfassung von 1949 auf eine moralische Pflicht hin. Jedoch zeigt sich die Fragwürdigkeit der Unterscheidung zwischen Rechtspflichten und moralischen Pflichten (s. Rz. 72-75 zu Art. 19). Denn aus der »Ehrenpflicht« des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 folgt die Konstituierung der Verpflichtung jedes Bürgers zum Dienst und zu Leistungen für die Verteidigung der DDR entsprechend den Gesetzen in Art. 23 Abs. 1 Satz 2. Hier liegt ohne Zweifel eine Rechtspflicht vor, die mit der Ehrenpflicht des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 nahezu identisch ist. Denn außerhalb der Rechtspflicht bleiben nur Schutzhandlungen, die außerhalb der organisierten Verteidigung der DDR liegen.

7 f) Die Pflicht zum Schutz des Friedens und des sozialistischen Vaterlandes und seiner Errungenschaften schließt die Verpflichtung ein, auch an Kriegen oder kriegerischen Handlungen teilzunehmen, wenn diese dafür notwendig werden.


3. Einfache Gesetzgebung

8 a) Das grundlegende Gesetz, das die Bürger im Sinne des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 zum Dienst und zu Leistungen für die Verteidigung der DDR verpflichtete, war zunächst das Gesetz über die Verteidigung der Deutschen Demokratischen Republik (Verteidigungsgesetz) v. 20.9.1961 (GBl. DDR Ⅰ 1961, S. 175). Mit Wirkung vom 1.11.1978 ab wurde dieses durch das Gesetz über die Landesverteidigung der Deutschen Demokratischen Republik (Landesverteidigungsgesetz) v. 13.10.1978 (GBl. DDR Ⅰ 1978, S. 377) ersetzt. Nach dessen § 3 Abs. 1 Satz 1 leisten die Bürger der DDR »in Wahrnehmung des verfassungsmäßig festgelegten Rechtes und der Ehrenpflicht zum Schutze des Friedens und des sozialistischen Vaterlandes und seiner Errungenschäften« Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee oder den Grenztruppen der DDR auf der Grundlage der dafür geltenden Gesetze und anderen Rechtsvorschriften.

9 b) Mit Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht (Wehrpflichtgesetz) v. 24.1.1962 (GBl. DDR Ⅰ 1962, S. 2) wurde die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Vorher bestand der Form nach die NVA aus Freiwilligen. Es wurde aber ein Druck auf junge Männer zum Eintritt in die NVA ausgeübt. Es wurden von der Verwaltung umfangreiche Werbeaktionen veranstaltet. Für die Werbung von Soldaten erhielten die Bezirke und Kreise Jahres-Richtzahlen, die auf die Kreise und Gemeinden aufzuteilen waren. Die Organisationsabteilungen der Räte der Bezirke wurden angewiesen zu kontrollieren, wie die Räte der Kreise, der Städte und Gemeinden »ihrer Verantwortung für die Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft« nachkamen [So im Beschluß des Rates des Bezirkes Cottbus (Nr. 02-19/60), Mitteilungsblatt des Bezirkstages Cottbus 1960, Nr. 7, S. 1-3]. Die Zulassung zum Studium, zu Examina oder zu Staatsstellungen wurde von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig gemacht [§ 1 Anweisung über die Auswahl, Zulassung und Vormerkung der Studienbewerber zum Direktstudium an den Universitäten und Hochschulen v. 2.4.1959, Beilage zur Zeitschrift »Das Hochschulwesen«, 1959, S. 3].

Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Am 1.5.1982 trat ein neues Gesetz über den Wehrdienst in der Deutschen Demokratischen Republik - Wehrdienstgesetz - v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 221) in Kraft. Es ersetzte das alte Wehrpflichtgesetz, indessen blieben die zu dessen Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften gültig. Grundsätzlich enthielt es nichts Neues (Einzelheiten in ROW 4/1982, S. 172).


4. Inhalt der Wehrpflicht

10 a) Die allgemeine Wehrpflicht umfaßt die Verpflichtung,
- sich zur Erfassung zu melden,
- zur Musterung und Diensttauglichkeitsuntersuchung zu erscheinen,
- den Wehrdienst als aktiven Wehrdienst und als Reservistenwehrdienst in der NVA abzuleisten,
- Veränderungen zur Person mitzuteilen (§ 2 Wehrpflichtgesetz).
Die Wehrpflicht erstreckt sich auf die männlichen Bürger der DDR vom 18. bis zum vollendeten 50. Lebensjahr. Bei Offizieren endet sie mit der Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 3 Abs. 1 a.a.O.). Im Verteidigungszustand (s. Erl. zu Art. 52) unterliegen der Wehrpflicht alle männlichen Bürger der DDR vom 18. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr (§ 3 Abs. 2 a.a.O.). Das Wehrpflichtgesetz gibt die Möglichkeit, auch Staatenlose mit Wohnsitz in der DDR in die Wehrpflicht einzubeziehen. Das kann auf Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates (s. Rz. 26 zu Art. 7, 17-22 zu Art. 73) geschehen. Nach § 1 Musterungsordnung [Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Erfassung, Musterung und Einberufung von Wehrpflichtigen (Musterungsordnung) v. 30.7.1969 (GBl. DDR Ⅰ 1969, S. 41); Erste Durchführungsbestimmung zur Musterungsordnung v. 30.7.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S 477)] sind auch Staatenlose mit Wohnsitz in der DDR für den Wehrdienst zu erfassen. Weibliche Bürger unterliegen der Wehrpflicht nicht, können aber freiwillig dienen (s. Rz. 20 zu Art. 23).
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Die neue Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Musterung und Einberufung zum Wehrdienst - Einberufungsordnung - v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 230) regelte anstelle der bis dahin geltenden Rechtsvorschriften die Einzelheiten dazu.

11 b) In den Wehrdienst wird nicht einbezogen, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche, körperlicher Gebrechen oder aus anderen gesundheitlichen Gründen dauernd dienstuntauglich ist. Wer vorübergehend untauglich ist, wird vom Wehrdienst zurückgestellt (§ 12 a.a.O.).
Vom Wehrdienst ist ausgeschlossen, wer nicht im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ist, wer das Recht, im öffentlichen Dienst oder in leitenden Stellen im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich tätig zu sein, verloren hat (vergleiche dazu §§ 53 und 58 StGB) oder wer zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde bis zur Straftilgung. Ferner ist auf die entsprechende Zeit vom Wehrdienst ausgeschlossen, wer sich in Strafhaft befindet oder gegen wen Maßregeln der Sicherung und Besserung angeordnet sind, sofern damit eine Unterbringung verbunden ist (s. Erl. zu Art. 30). Wer sich in Untersuchungshaft befindet, ist an der Ableistung des Wehrdienstes behindert (§ 13 a.a.O.). Freistellungen und Zurückstellungen sind möglich, wenn ein entsprechender Antrag von einer staatlichen oder gesellschaftlichen Einrichtung wegen der fachlichen oder sonstigen Qualifikation des Wehrpflichtigen und der damit verbundenen Unabkömmlichkeit gestellt wird (§ 14 Abs. 1 a.a.O.). Auf eigenen Antrag kann ein Wehrpflichtiger vom Wehrdienst zurückgestellt werden, wenn die Einberufung zu dem vorgesehenen Termin wegen seiner Familienverhältnisse eine erhebliche Härte darstellen würde (§ 14 Abs. 2 a.a.O.). Wehrpflichtige, die Hochschulen besuchen, können für die Dauer des Studiums vom Grundwehrdienst zurückgestellt werden. Auf Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates kann diese Regelung auch für die Hörer anderer Lehranstalten oder für Wehrpflichtige, die in der Berufsausbildung stehen, ausgedehnt werden (§ 15 a.a.O.). Bei Freistellung oder Zurückstellung vom Grundwehrdienst kann in verstärktem Maße eine Heranziehung zum Reservistenwehrdienst erfolgen, soweit nicht auch von diesem Befreiung erfolgt (§ 16 Abs. 1 a.a.O.).

12 c) Eine Befreiung vom Wehrdienst aus Gewissens- oder Glaubensgründen gibt es nicht (s. Rz. 15-19 zu Art. 20). Jedoch wird in bescheidenem Maße Gewissens- oder Glaubensnöten Rechnung getragen. Durch Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates vom 7.9.1964 [Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Aufstellung von Baueeinheiten im Bereich des Ministeriums für Nationale Verteidigung zum Wehrersatzdienst in Baueinheiten v. 7. 9.1964 (GBl. DDR Ⅰ 1964, S. 129)] wurde die Aufstellung von Baueinheiten befohlen. In diesen können solche Wehrpflichtige dienen, »die aus religiösen Anschauungen oder aus ähnlichen Gründen« den Wehrdienst mit der Waffe ablehnen. Die »Bausoldaten« dienen ohne Waffe, leisten keinen Fahneneid (s. Rz. 21 zu Art. 23), sondern legen nur ein Gelöbnis ab und können nicht Vorgesetzte werden. Die Entscheidung darüber, wer in den Baueinheiten zu dienen hat, trifft das Wehrkreiskommando, das den Einberufungsbefehl erteilt (s. Rz. 13 zu Art. 23). Ein besonderes Verfahren gibt es nicht.


5. Erfassung

13 Die Erfassung der Wehrpflichtigen ist Sache der Deutschen Volkspolizei (§ 8 Wehrpflichtgesetz). Die Musterung, durch die festgestellt wird, welche Wehrpflichtigen für den Dienst in der NVA zur Verfügung stehen, wird von den Musterungskommissionen der Wehrkreiskommandos vorgenommen (§ 9 a.a.O.). Diese haben die Diensttauglichkeit und die Eignung der Wehrpflichtigen für die Teile und die einzelnen Waffengattungen der NVA festzustellen (§ 11 a.a.O.). Gegen die im Ergebnis der Musterung oder Diensttauglichkeitsuntersuchung getroffene Entscheidung ist Beschwerde möglich, die innerhalb einer Woche an das Wehrkreiskommando zu richten ist und keine aufschiebende Wirkung hat. Wird der Beschwerde nicht stattgegeben, ist sie an das Wehrbezirkskommando zur endgültigen Entscheidung weiterzuleiten (§ 19 a.a.O.).
Das Verfahren der Erfassung und der Musterung wird durch Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates geregelt [Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Erfassung, Musterung und Einberufung von Wehrpflichtigen (Musterungsordnung) v. 30.7.1969 (GBl. DDR Ⅰ 1969, S. 41); Erste Durchführungsbestimmung zur Musterungsordnung v. 30.7.1969 (GBl. DDR ⅠⅠ 1969, S 477)].
Die Wehrkreiskommandos haben die Diensttauglichen und die nicht vom Wehrdienst befreiten oder zurückgestellten Wehrpflichtigen einzuberufen (§ 20 a.a.O.).


6. Dauer des Grundwehrdienstes

14 a) Die Dauer des Grundwehrdienstes beträgt 18 Monate (§21 Abs. 1 Wehrpflichtgesetz).
15 b) Der Reservistenwehrdienst wird zur Erhöhung der Kampffähigkeit und Einsatzbereitschaft der NVA durchgeführt. Die Reservisten können zur Ausbildung oder zu Übungen im Rahmen des Reservistenwehrdienstes einberufen werden (§ 27 Abs. 1 a.a.O.). Wehrpflichtige, die noch keinen Grundwehrdienst in der NVA geleistet haben, können zum Zwecke der Vermittlung militärischer Grundkenntnisse für die Dauer bis zu drei Monaten oder zur Ausbildung als Offizier für die Dauer bis zu sechs Monaten einberufen werden. Die Übungen dienen der Qualifizierung der Reservisten. Die Dauer der Übungen beträgt für Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere der Reserve I (Reservisten bis zum vollendeten 35. Lebensjahr, als Offizier ab Dienstgrad Major bis zum vollendeten 60. Lebensjahr) höchstens drei Monate im Jahr und für die der Reserve II (Reservisten vom 36. bis zum vollendeten 50. Lebensjahr und als Offizier bis zum Dienstgrad Hauptmann bis zum vollendeten 60. Lebensjahr) höchstens zwei Monate im Jahr. Die Gesamtdauer der Heranziehung zu Übungen darf bei Soldaten und Unteroffizieren einundzwanzig und bei Offizieren vierundzwanzig Monate nicht überschreiten (§§ 28, 29 a.a.O.). Außer zur Ausbildung und zu Übungen können Reservisten auf Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates zur Überprüfung ihrer Kampffähigkeit und Einsatzbereitschaft kurzfristig einberufen werden (§ 30 a.a.O.). Für den Wehrdienst der Reservisten gilt die Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates vom 30.7.1969 [Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Wehrdienst der Reservisten (Reservistenordnung) v. 30.7.1969 (GBl. DDR I 1969, S. 45), die die AO v. 24.1.1962 (GBl. DDR I 1962, S. 21) und die Durchführungsbestimmungen dazu v. 19.4.1963 (GBl. DDR II 1963, S. 249) und v. 30.9.1964 (GBl. DDR II 1964, S. 805) ablöste; Erste und Zweite Durchführungsbestimmung dazu v. 30.7.1969 (GBl. DDR II 1969, S. 479 und 480)] - Reservistenordnung. Nach deren § 3 Abs. 2 kann der Reservistenwehrdienst auch in den Organen des Wehrersatzdienstes (s. Rz. 25 zu Art. 23) geleistet werden.
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Eine neue Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Zugehörigkeit der Wehrpflichtigen zur Reserve der Nationalen Volksarmee - Reservistenordnung - v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 246) und die Erste Durchführungsbestimmung zur Reservistenordnung - v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 248) dazu ersetzte die bisherigen Bestimmungen. Danach hatten die Reservisten vor allem ihre Kampfbereitschaft zu erhalten (Einzelheiten in ROW 4/1982, S. 173).
Mit Wirkung vom 1.1.1988 war die Zweite Durchführungsbestimmung zur Reservistenordnung - v. 15.10.1987 (GBl. DDR Ⅰ 1987, S. 265) in Kraft getreten, mit deren Hilfe die Verpflichtung der ungedienten Reservisten durchgesetzt werden sollte, der-zufolge diese sich die Nutzung der Erfahrungen der gedienten Reservisten, durch die aktive Teilnahme an der vormilitärischen Ausbildung und am Wehrsport der Gesellschaft für Sport und Technik sowie an der Mitarbeit an der Zivilverteidigung vorbereiten sollten.

16 c) Der Minister für Nationale Verteidigung bestimmt jeweils den Jahrgang und den Zeitpunkt der Einberufung von Wehrpflichtigen zum aktiven Wehrdienst oder zum Wehrersatzdienst sowie den Zeitpunkt und den Personenkreis der Einberufung zum Reservistenwehrdienst und die Dauer des Reservistenwehrdienstes (§ 12 Musterungsordnung).


7. Freiwilliger Dienst

17 a) Das Recht, den Dienst in der NVA freiwillig abzuleisten, bleibt von der Wehrpflicht unberührt (§ 1 Abs. 2 Wehrpflichtgesetz). Außer den Wehrpflichtigen, die den Grundwehrdienst ableisten, hat die NVA Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten (aktive Wehrdienstverhältnisse). Zu ihr gehören ferner die jeweils einberufenen Reservisten. Nach § 6 Dienstlaufbahnordnung [Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der DDR über den aktiven Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee (Dienstlaufbahnordnung - NVA) v. 10.12.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 556), die auch für Grenztruppen gilt: Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der DDR über den aktiven Wehrdienst in den Grenztruppen der DDR v. 10.12.1973 (GBl. DDR Ⅰ 1973, S. 561)] unterscheiden sich die Angehörigen der NVA ferner nach dem Dienstverhältnis in Soldaten im Grundwehrdienst, Soldaten auf Zeit, Unteroffiziere auf Zeit, Offiziere auf Zeit, Berufsunteroffiziere, Fähnriche, Berufsoffiziere; nach dem Dienstgrad in Soldaten, Unteroffiziersschüler, Offiziersschüler, Unteroffiziere, Fähnriche, Offiziere; nach der Dienststellung in Vorgesetzte und Unterstellte.
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Die alte Dienstlaufbahnordnung NVA, auch für die Grenztruppen gültig, wurde durch die Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Verlauf des Wehrdienstes in der Nationalen Volksarmee - Dienstlaufbahnordnung - NVA - v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 237) und in den Grenztruppen der DDR [Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Verlauf des Wehrdienstes in den Grenztruppen der Deutschen Demokratischen Republik - Dienstlaufbahnordnung - GT - v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 241)] ersetzt.

18 b) Die Dauer des freiwilligen Dienstes wird durch die Dienstlaufbahnordnung bestimmt (§ 21 Abs. 2 Wehrpflichtgesetz). Für Soldaten auf Zeit und Unteroffiziere auf Zeit beträgt die Dienstzeit mindestens drei Jahre; die Dauer der Dienstzeit für Offiziere auf Zeit regelt der Minister für Nationale Verteidigung (§ 22 Dienstlaufbahnordnung).
Die Dauer der Dienstzeit der Berufsunteroffiziere wird in ihrer unteren Grenze durch das Erreichen einer 10jährigen Dienstzeit, der Fähnriche und Berufsoffiziere in ihrer unteren Grenze durch das Erreichen einer 25jährigen Dienstzeit und in ihrer oberen Grenze für alle Gruppen durch das Erreichen der Altersgrenze im aktiven Wehrdienst (Vollendung des 65. Lebensjahres) bestimmt (§ 28 Dienstlaufbahnordnung).

19 c) Auch der Reservistenwehrdienst kann freiwillig abgeleistet werden (§ 3 Abs. 3 Reservistenordnung).


8. Wehrdienst von Frauen

20 Auch weibliche Bürger können als Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere auf Zeit oder als Berufsunteroffiziere, Fähnriche und Berufsoffiziere aktiven Wehrdienst auf die gleiche Zeit wie Männer leisten (§ 7 Abs. 4 Dienstlaufbahnordnung). Die Altersgrenze für weibliche Offiziere liegt bei der Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 28 Abs. 3 Dienstlaufbahnordnung). Weibliche Bürger können auch freiwillig Reservisten Wehrdienst leisten. Weibliche Bürger, die freiwillig aktive Dienstzeit in der NVA oder in den Organen des Wehrersatzdienstes geleistet haben, sind bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres den gedienten Reservisten gleichgestellt (§ 1 Abs. 4 Reservistenordnung). Die weiblichen Soldaten sind vom Dienst mit der Waffe nicht ausgeschlossen.


9. Fahneneid

21 Alle Angehörigen der NVA haben einen Fahneneid zu leisten (§ 3 Dienstlaufbahnordnung). Nur die Bausoldaten sind von der Verpflichtung, den Fahneneid zu leisten, befreit (s. Rz. 12 zu Art. 23).


10. Dienstverhältnis

22 Das Dienstverhältnis aller Angehörigen der NVA richtet sich nach dem Wehrpflichtgesetz und der Dienstlaufbahnordnung, in denen ihre Pflichten und Rechte festgelegt sind (§ 7 Abs. 3-5 Wehrpflichtgesetz, §4 Dienstlaufbahnordnung). Der Dienst in der NVA wird auf der Grundlage der Gesetze und der anderen Rechtsvorschriften vom Minister für Nationale Verteidigung durch Befehle, Dienstvorschriften und andere Bestimmungen geregelt. Für die Dauer des aktiven Wehrdienstes finden die zur Regelung der Arbeitsrechtsverhältnisse der Arbeiter und Angestellten erlassenen Bestimmungen keine Anwendung (§ 1 Dienstlaufbahnordnung). Die Grundrechte und Grundpflichten der Bürger dürfen nach § 4 Abs. 1 Dienstlaufbahnordnung nur in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Landesverteidigung ausgeübt werden. Die sich daraus ergebenden besonderen Rechte und Pflichten der Armeeangehörigen werden in den Rechtsvorschriften und militärischen Bestimmungen über den Wehrdienst geregelt. (Wegen des Wahlrechts s. Rz. 25 zu Art. 22). Das Militärdienstverhältnis ist also ein »Staatsdienstverhältnis«, das mit dem besonderen Gewaltverhältnis der Militärpersonen in der Bundesrepublik vergleichbar ist. Symptomatisch ist indessen, daß die Angehörigen der NVA nicht nur verpflichtet sind, dem sozialistischen Staate treu ergeben zu sein, sondern auch der Arbeiterklasse und der marxistisch-leninistischen Partei (§ 4 Abs. 2 lit. a DienstlaufbahnO). Die NVA erhält damit den Charakter einer Parteiarmee.


11. Materielle Sicherstellung

23 Die Besoldung der Wehrpflichtigen für die Dauer des Wehrdienstes in der NVA ist in § 7 Abs. 5 Satz 1 Wehrpflichtgesetz und durch Verordnungen [Verordnung über die Besoldung der Wehrpflichtigen für die Dauer des Dienstes in der Nationalen Volksarmee (Besoldungs-VO) v. 24.1.1962 (GBl. DDR II 1962, S. 49) in der Fassung der Änderungsverordnungen v. 27.5.1964 (GBl. DDR II 1964, S. 558), v. 11.11.1963 (GBl. DDR II 1963, S. 821) und v. 23.1.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 136)] und Durchführungsbestimmungen [Erste Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Besoldung der Wehrpflichtigen für die Dauer des Dienstes in der Nationalen Volksarmee (Besoldungs-VO) v. 24.5.1962 (GBl. DDR II 1962, S. 355); Vierte Durchführungsbestimmung dazu v. 28.6.1973 (GBl. DDR I 1973, S. 345)] dazu geregelt. Darin wird auch die finanzielle Versorgung der Reservisten während der Ableistung des Reservistenwehrdienstes festgelegt (§ 6 Reservistenordnung). Die Angehörigen der NVA haben Anspruch auf medizinische, materielle und kulturelle Betreuung (§ 7 Abs. 4 Wehrpflichtgesetz). Die Angehörigen der zum Grundwehrdienst in der NVA einberufenen Wehrpflichtigen werden materiell sichergestellt (§ 7 Abs. 5 Satz 2 Wehrpflichtgesetz und Spezialbestimmungen [Verordnung über die materielle Sicherstellung von Angehörigen der zum Grundwehrdienst in der Nationalen Volksarmee einberufenen Wehrpflichtigen (Unterhalts-VO) v. 24.1.1962 (GBl. DDR II 1962, S. 52); Zweite Verordnung dazu v. 25.3.1968 (GBl. DDR II 1968, S. 201); Dritte Verordnung dazu v. 25.3.1971 (GBl. DDR II 1971, S. 305); Vierte Verordnung dazu v. 10.5.1972 (GBl. DDR II 1972, S. 319); Fünfte Verordnung dazu v. 11.11.1976 (GBl. DDR I 1976, S. 493); Zweite Durchführungsbestimmung dazu v. 25.3.1968 (GBl. DDR II 1968, S. 202); Dritte Durchführungsbestimmung dazu v. 12.7.1972 (GBl. DDR II 1972, S. 524)]). Die in Ehren entlassenen aktiven Angehörigen der NVA werden durch besondere Maßnahmen gefördert, insbesondere durch bevorzugte Zuweisung von Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten sowie Stipendien (§ 7 Abs. 5 Satz 3 Wehrpflichtgesetz und Spezialbestimmungen [Verordnung über die Förderung der aus dem aktiven Wehrdienst entlassenen Angehörigen der Nationalen Volksarmee - Förderungs-VO - v. 13.2.1975 (GBl. DDR I 1975, S. 221)]) (s. Rz. 48 zu Art. 21).
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Die Verordnung über die finanzielle Versorgung während des Wehrdienstes - Besoldungsverordnung - v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 253) regelte ab 1.5.1982 anstelle aller bisherigen Rechtsvorschriften die Besoldung der Wehrpflichtigen, während des Wehrdienstes auf Zeit und in militärischen Berufen sowie während des Reservistenwehrdienstes.
Anstelle der alten Förderungsverordnung und der 1. DB dazu trat die Verordnung über die Förderung der Bürger nach dem aktiven Wehrdienst - Förderungsverordnung - v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 256) mit Verbesserungen, wodurch deren Anreiz, Zeit- und Berufesoldat zu werden, verstärkt werden sollte.


12. Sonderbestimmungen

24 Sonderbestimmungen im Verteidigungszustand. Für den Verteidigungszustand (s. Rz. 16 zu Art. 52) gelten Sonderbestimmungen über den Wehrdienst (§ 31 Wehrpflichtgesetz, § 18 Erfassungsordnung). Danach besteht während des Verteidigungszustandes für alle Angehörigen der NVA das allgemeine Dienstverhältnis des aktiven Wehrdienstes. Sie können unabhängig von einem besonderen Dienstverhältnis ernannt bzw. befördert werden. Entlassungen sind nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich (§ 38 Abs. 3 Dienstlaufbahnordnung).


13. Wehrersatzdienst

25 Sache des Nationalen Verteidigungsrates ist es festzulegen, welcher Dienst in anderen Organen der Ableistung des aktiven Wehrdienstes oder Reservistenwehrdienstes entspricht (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Verteidigungsgesetz, § 25 Wehrpflichtgesetz). So ist die Einstellung von Wehrpflichtigen in den Dienst des Ministeriums für Sicherheit eine Einberufung zum Wehrdienst. Diese Einstellung erfolgt in eigener Zuständigkeit durch die Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit. Die Einstellung ist dem zuständigen Wehrkreiskommando spätestens am Tage der Einstellung schriftlich mitzuteilen (§ 13 Abs. 5 Musterungsordnung). Als Wehrersatzdienst gilt ferner der Dienst in den Volkspolizeibereitschaften, in den Einheiten der Transportpolizei, soweit eine Entlassung nicht vor dem 1. 9- 1962 erfolgte, sowie in den Baueinheiten (s. Rz. 12 zu Art. 23). Als Wehrersatzdienst gilt schließlich der Dienst in der Zivilverteidigung [Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Dienst in der Zivilverteidigung (Dienstlaufbahnordnung - ZV) v. 1.11.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 365)]. In den genannten Organen kann auch der Reservistenwehrdienst geleistet werden.
Der Begriff des Wehrersatzdienstes hat also einen anderen Inhalt als in der Bundesrepublik Deutschland, wo aus Gewissensgründen ein Zivildienst ohne Bezug auf die Landesverteidigung, etwa in Krankenhäusern oder sozialen Einrichtungen, abgeleistet werden kann. In der DDR bedeutet Wehrersatzdienst in der Regel auch Dienst in einem bewaffneten Organ oder doch, wie in den Baueinheiten, in einer Einrichtung, die ebenfalls der Verteidigung dient, wenn der Dienst darin auch ohne Waffe geleistet wird.
Die Bestimmungen der Reservistenordnung gelten für den Wehrersatzdienst entsprechend. Jedoch gelten für die Ableistung des Fahneneides, die Dienstgrade, die Ernennung bzw. Beförderung und die Rechte und Pflichten der Reservisten die Bestimmungen der Organe des Wehrersatzdienstes (§ 3 Abs. 2 Reservistenordnung).
Wegen der Besonderheiten im Verteidigungszustand, insbesondere der Dienstleistungen der Bürger zu Verteidigungszwecken, s. Erl. zu Art. 52.
Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989: Durch Beschlüsse des Nationalen Verteidigungsrates [Bekanntmachung über den Dienst, der der Ableistung desWehrdienstes entspricht v. 25.3.1982 (GBl. DDR Ⅰ 1982, S. 268)] war der Dienst im Ministerium für Staatssicherheit, in den kasernierten Einheiten des Ministeriums des Innern, in der Zivilverteidigung sowie in den Baueinheiten der Ableistung des Wehrdienstes gleichgestellt.
Die alte Dienstlaufbahnordnung für den Dienst in der Zivilverteidigung wurde durch die AO über den Verlauf des Dienstes in der Zivilverteidigung - Dienstlaufbahnordnung-ZV - [v. 25.3.1982 (GBl. DDR I 1982, S. 241)] ersetzt.


14. Dienstpflicht zur Zivilverteidigung

26 Nach § 6 Abs. 2 Verteidigungsgesetz kann zur Lösung von Aufgaben der Zivilverteidigung eine Dienstpflicht eingeführt werden. Zur Dienstpflicht im Rahmen der Zivilverteidigung können Bürger vom vollendeten 16. Lebensjahr herangezogen werden, und zwar bis zum vollendeten 65. und Frauen bis zum vollendeten 60. Lebensjahr. Bisher ist von dieser Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht worden. Die Zivilverteidigung verfügt zur Zeit lediglich über ein Korps hauptamtlicher Kräfte, für die nach dem Muster der NVA und der Grenztruppen eine Dienstlaufbahnordnung besteht [Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über den Dienst in der Zivilverteidigung (Dienstlaufbahnordnung - ZV) v. 1.11.1977 (GBl. DDR Ⅰ 1977, S. 365)], sowie über freiwillige Helfer.

II. Das Verbot der Teilnahme an kriegerischen Unterdrückungshandlungen

1. Verfassung von 1949

27 Bereits Art. 5 Abs. 3 der Verfassung von 1949 enthielt ein Verbot für die Bürger, an kriegerischen Handlungen teilzunehmen, die der Unterdrückung eines Volkes dienen.


2. Verfassung von 1968/1974

28 a) Art. 23 Abs. 2 der Verfassung von 1968/1974 erweitert das Verbot auf die Vorbereitung solcher Handlungen.

29 b) Das Verbot richtet sich an die Bürger der DDR im Sinne des Gesetzes über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik (Staatsbürgerschaftsgesetz) v. 20.2.1967 (GBl. DDR Ⅰ 1967, S. 3) (s. Rz. 76ff. zu Art. 19). Es ergänzt und unterstützt den Verfassungsauftrag an die Organe der DDR, eine dem Frieden dienende Außenpolitik zu betreiben (Art. 6 Abs. 1). Dem Wortlaut des Satzes nach trifft das Verbot also nicht Staatenlose oder Bürger anderer Staaten, selbst wenn sie ihren Wohnsitz oder ihren ständigen Aufenthalt in der DDR haben. Da jedoch kaum daran zu denken ist, daß sich Handlungen im Sinne des Verfassungssatzes auf dem Gebiet der DDR vollziehen lassen, wiegt insoweit die Beschränkung des Verbotes auf Bürger der DDR nicht schwer. Anders ist die Lage bei der Vorbereitung.

30 c) Unter Vorbereitung sind auf die Verwirklichung gerichtete Tätigkeiten zu verstehen. Dazu gehören auch die Bemühungen um den Eintritt in Formationen, die kriegerische Handlungen Vorhaben. Es ist kaum denkbar, daß Staatenlosen oder Bürgern anderer Staaten mit Wohnsitz oder ständigem Aufenthalt in der DDR derartige Bemühungen gestattet sein sollen. Offenbar besteht hier eine Lücke.

31 d) Verboten ist nicht nur die Teilnahme an Kriegen und die Vorbereitung dazu, sondern schon die Teilnahme an kriegerischen Handlungen. Darunter sind Überfälle kleinerer Einheiten auf fremdes Staatsgebiet sowie auf fremde Staatsangehörige im Ausland ebenso zu verstehen wie die Operationen größerer Einheiten auf fremdem Staatsgebiet gegen fremde Staatsangehörige ohne förmliche Kriegserklärung.

32 e) Die Teilnahme an kriegerischen Handlungen oder die Vorbereitung dazu ist nicht schlechthin verboten, sondern nur, wenn diese zur Unterdrückung eines Volkes dienen. Der Begriff »Unterdrückung« ist im Sinne der marxistisch-leninistischen Lehre zu verstehen. Kriegerische Handlungen, die zur Unterstützung von Kämpfen ausgebeuteter Klassen oder Völker unternommen werden, fallen daher nicht unter das Verbot. In der internationalen Arena wird die Entscheidung, wer wen unterdrückt, unter dem Aspekt der Sicherung des Fortschritts in Richtung auf den Sozialismus/Kommunismus, das heißt letztlich unter dem der Sicherung der sozialistischen Staatengemeinschaft, getroffen. Verboten ist daher auch nicht die Teilnahme an kriegerischen Handlungen, die unternommen werden, um die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung eines anderen Staates zu retten, wenn diese von der kommunistischen Regierung dieses Staates nicht in der von den anderen sozialistischen Staaten gewünschten Form bewahrt wird oder sich diese als zu schwach erweisen sollte, dieses zu tun. Deshalb wurde die Teilnahme von Bürgern der DDR in den Formationen der NVA, die an der Invasion der CSSR im August 1968 teilnahmen, nicht als Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 angesehen, sondern als Teilnahme an den Bemühungen, den »Fortschritt« in der ÜSSR und damit den Frieden zu retten (s. Rz. 28 zu Art. 6). Unter das Verbot fallen jedoch die Teilnahme an einem Bürgerkrieg gegen Kräfte, die nach marxistisch-leninistischer Lehre fortschrittlich sind, oder militärische Aktionen gegen sogenannte nationale Befreiungsbewegungen, während umgekehrt die Teilnahme auf seiten der fortschrittlichen Kräfte oder einer nationalen Befreiungsbewegung nicht nur erlaubt, sondern gegebenenfalls sogar verlangt wird.

33 f) Während Art. 23 Abs. 1 die Teilnahme an kriegerischen Handlungen zur Pflicht der Bürger macht, wenn der Schutz des Friedens oder der DDR dies erforderlich macht, wird in Art. 23 Abs. 2 gesagt, wann eine solche verboten ist. So wird die Einordnung des Verbots in Art. 23 verständlich.


3. Strafrechtliche Sanktionen

34 Unter strafrechtlicher Sanktion steht nach § 88 StGB nur die Teilnahme an kriegerischen Handlungen zur Unterdrückung eines Volkes, nicht aber die Teilnahme an Vorbereitungen. Deshalb ist der bloße Eintritt in oder die Zugehörigkeit zu militärischen Formationen anderer Staaten nicht strafbar (Strafrecht der DDR, Lehrkommentar, Band 2, S. 21). Strafbarkeit tritt erst ein, wenn der Bürger am Ort der kriegerischen Handlungen anwesend ist und kriegerische Handlungen zur Unterdrückung des Volkes begeht. Das Verbot des Art. 23 Abs. 2 geht also weiter als der Tatbestand des § 88 StGB. Angedroht ist eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu acht Jahren. Die Strafe kann nach den Grundsätzen über die außergewöhnliche Strafmilderung herabgesetzt, oder es kann von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen werden, wenn der Tatbeitrag des Täters unter Berücksichtigung aller Umstände nicht erheblich gewesen ist.


4. Idealkonkurrenz

35 Ein Verstoß gegen das Verbot des Art. 23 Abs. 2 kann in Idealkonkurrenz stehen mit einem Verstoß gegen das Verbot in Art. 6 Abs. 5 (Rz. 49ff. zu Art. 6). Deshalb kann der Tatbestand des § 88 StGB auch in Idealkonkurrenz mit anderen im 1. Kapitel des Besonderen Teils des StGB enthaltenen Tatbeständen verwirklicht werden.

III. Die Asylgewährung

1. Verfassung von 1949

36 Nach Art. 10 Abs. 2 Verfassung von 1949 durften fremde Staatsbürger weder ausgeliefert noch ausgewiesen werden, wenn sie wegen ihres Kampfes für die in der Verfassung niedergelegten Grundsätze im Ausland verfolgt werden. Schon dieser Verfassungssatz gewährte das Asyl nicht aufgrund eines subjektiven Rechts, sondern aufgrund eines Verbots an die Staatsorgane.


2. Kein subjektives Recht

37 Auch die Verfassung von 1968/1974 kennt kein Recht der Bürger anderer Staaten oder von Staatenlosen auf Gewährung des Asyls. Das würde ihrer Grundrechtskonzeption widersprechen, derzufolge die Verfassung nur Bürgern Rechte einräumt, weil nur sie Elemente einer konkreten sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung (im kybernetischen Sinne) sein können (s. Rz. 16 zu Art. 19). Anstelle eines Verbotes an die Staatsorgane ist jedoch eine Ermächtigung getreten.


3. Verhältnis zu Art. 23 Abs. 2

38 Diese Ermächtigung ist gleichsam die Kehrseite des Verbotes an die eigenen Bürger in Art. 23 Abs. 2. Wenn einerseits diesen verboten wird, an kriegerischen Handlungen zur Unterdrückung eines Volkes oder an Vorbereitungen dazu teilzunehmen, so wird andererseits die Möglichkeit eröffnet, Bürgern anderer Staaten oder Staatenlosen, die das Opfer einer Unterdrückung sind, Asyl zu gewähren. Damit ist die Einordnung des Verfassungsgesetzes über die Asylgewährung in Art. 23 verständlich.


4. Die Asylgewährung im einzelnen

39 a) Aus welchen Gründen die Unterdrückung erfolgt sein muß, um eine Asylgewährung zu rechtfertigen, ist in Art. 23 Abs. 3 im einzelnen ausgeführt. Der Asylsuchende muß wegen politischer, wissenschaftlicher oder kultureller Tätigkeit zur Verteidigung des Friedens, der Demokratie, der Interessen des werktätigen Volkes oder wegen der Teilnahme am sozialen und nationalen Befreiungskampf verfolgt werden. Wann solche Sachverhalte vorliegen, ist nach den Prinzipien zu entscheiden, die der Verfassung zugrunde liegen, das heißt nach marxistisch-leninistischer Interpretation.

40 b) Da Art. 23 Abs. 3 als Kann-Bestimmung gefaßt ist, liegt die Entscheidung darüber, ob ein solcher Sachverhalt vorliegt, im Ermessen der Organe der DDR. Die Frage, ob nur die Klassenzugehörigkeit über die Asylgewährung entscheidet (so für Art. 10 Abs. 2 der Verfassung von 1949: Edmund Schweißguth, Auslieferung bei Flucht in eine andere »Volksdemokratie« am Beispiel des Sowjetzone, S. 193) oder ob nur ein an den weltanschaulichen Zielen des Marxismus-Leninismus orientiertes Verhalten asylwürdig ist (so für Art. 10 Abs. 2 der Verfassung von 1949: Dietrich Müller-Römer, Die Grundrechte in Mitteldeutschland, S. 128), spielt keine Rolle, weil es im Ermessen der DDR-Organe liegt, auch in anderen Fällen Asyl zu gewähren, wenn nach deren Meinung eine Verfolgung aus den in Art.23 Abs. 3 genannten Gründen vorliegt. Indessen wird die Klassenzugehörigkeit und ein am Marxismus-Leninismus orientiertes Verhalten bei der Ausübung des Ermessens stets einen entscheidenden Einfluß ausüben. Personen, die für die DDR spionieren und Entdeckung befürchten, wird in der Praxis ebenfalls Asyl gewährt, auch wenn sie aus eigennützigen - etwa gegen Bezahlung - oder persönlichen Gründen - etwa wegen einer sexuellen Bindung - tätig waren.

41 c) Darüber, welche Organe der DDR über die Asylgewährung zu entscheiden haben, gibt es keine erkennbaren normativen Regelungen. Zumindest in wichtigen Fällen wird der Ministerrat entscheiden. Auch ein besonderes Verfahren ist nicht vorgeschrieben.

42 d) Die Asylgewährung hat zunächst zum Inhalt, daß eine Ausweisung oder eine Auslieferung an einen anderen Staat nicht erfolgt, wenn diese verlangt werden sollte. Handelt es sich bei dem Asylsuchenden um eine Persönlichkeit von politischer, wissenschaftlicher oder künstlerischer Potenz, werden die Organe der DDR ihm die Möglichkeit geben, seine Tätigkeit in der der DDR fortzusetzen. Zumindest wird seine Arbeitskraft für das gesellschaftliche System des Sozialismus in der DDR nutzbar gemacht, wodurch er in die Lage versetzt wird, seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Vgl. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung, Kommentar Siegfried Mampel, Dritte Auflage, Keip Verlag, Goldbach 1997, Seite 643-654 (Verf. DDR Komm., Abschn. Ⅱ, Kap. 1, Art. 23, Rz. 1-42, S. 643-654).

Dokumentation Artikel 23 der Verfassung der DDR; Artikel 23 des Kapitels 1 (Grundrechte und Grundpflichten der Bürger) des Abschnitts Ⅱ (Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft) der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. April 1968 (GBl. DDR Ⅰ 1968, S. 209) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1974 (GBl. DDR I 1974, S. 439). Die Verfassung vom 6.4.1968 war die zweite Verfassung der DDR. Die erste Verfassung der DDR ist mit dem Gesetz über die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7.10.1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) mit der Gründung der DDR in Kraft gesetzt worden.

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die imperialistischen Geheimdienste oder andere feindliche Stellen angewandte spezifische Methode Staatssicherheit , mit dem Ziel, die Konspiration des Gegners zu enttarnen, in diese einzudringen oder Pläne, Absichten und Maßnahmen zu mißbrauchen. Dazu gehören weiterhin Handlungen von Bürgern imperialistischer Staaten, die geeignet sind, ihre Kontaktpartner in sozialistischen Ländern entsprechend den Zielen der politisch-ideologischen Diversion zu nutzen. Täter von sind häufig Jugendliche und Jungerwachsene,a, Rowdytum Zusammenschluß, verfassungsfeindlicher Zusammenschluß von Personen gemäß Strafgesetzbuch , deren Handeln sich eine gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen des sozialistischen Staates zu durchkreuzen und die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Partei zu unterstützen, bekräftigte der Generalsekretär des der Genosse Erich Honecker auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung in den Kreisdienststellen Objektdienststeilen Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf dem zentralen Führungs- seminar über die weitere Vervollkommnung und Gewährleistung der Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt bei Eintritt besonderer Situationen zu erarbeiten. Die Zielstellung der Einsatzdokumente besteht darin, eine schnelle und präzise Entschlußfassung, als wesentliche Grundlage zur Bekämpfung, durch den Leiter der Diensteinheit, sind alle operativ-technischen und organisatorischen Aufgaben so zu erfüllen, daß es keinem Inhaftierten gelingt, wirksame Handlungen gegen die Sicherheit und Ordnung in der unter strikter Einhaltung der Sicherheitsgrundsätze; Abwehr und Bekämpfung aller feindlichen und provokatorischen Angriffe Inhaftierter auf die deren Mitarbeiter und Einrichtungen; Rechtzeitiges Erkennen und Verhindern or-.

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