Zwie-Gespräch 27 1995, Seite 6

Zwie-Gespräch, Beiträge zum Umgang mit der Staatssicherheits-Vergangenheit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Ausgabe Nr. 27, Berlin 1995, Seite 6 (Zwie-Gespr. Ausg. 27 1995, S. 6); ZWIE-GESPRÄCH Nr. 27 wohlwollendere Akzeptanz durch den Staat erlangt hätten? Hatte man dort nicht ähnliche Bedenken? Mich heute zu entschuldigen für ein konkretes Tun auf diesem Gebiet würde bedeuten zu sagen: es war rechtens, um des eigenen Vorteils Willen dieses Land zu verlassen und ihm neue Probleme damit zu bereiten. Ich sah darin stets ein Handeln im Sinne des westdeutschen Staates, der dieses Vorgehen nach besten Kräften unterstützt hat, weil er sich bewußt war, die ungeliebten Brüder und Schwestern im Osten weiter in Bedrängnis und irgendwann zum Kapitulieren zu bringen. Und es war auch gelungen. Und war es nicht die Philosophie der Beziehungen beider Gesellschaftssysteme zueinander: was dem einen schadet, nutzt dem anderen? Verständnis habe ich für jene Menschen, denen aus der Teilung Deutschlands familiäre Probleme erwachsen waren. Zweifellos noch größere Probleme hatten jene Menschen, die Partnerbeziehungen eingegangen waren; die entweder an den Gegebenheiten zerbrachen oder deren Verstehen unserer Politik zerbrach, weil man sie nur bei uns zueinander ließ, nicht aber den DDR-Partner in den Westen. Oder wenn, dann nur um den Preis des Bruchs mit der DDR und allem, was ihn hier einmal gebunden hatte. Einem solchen Schicksal begegnete ich in der Gesprächsrunde in der Bekenntnis-Kirche in Berlin-Treptow. Die Position zu beziehen, revolutionäre Vorgänge erfordern ihre Opfer, mag den Revolutionär vorerst beruhigen, nicht aber das Opfer. Und letztlich bleibt an dem Revolutionär haften, inhu- man zu sein. Ich glaube, derartige Praxis unserer Gesellschaft und des Mittuns durch mich kann man nicht rechtfertigen, erklären schon. Weiß jemand einen Ratschlag, was ich hätte 1970 oder 1980 entscheiden sollen, wenn ich es zu entscheiden gehabt hätte? Ist bei aller Tragik des einzelnen (oder der beiden Partner und der mit ihnen verbundenen Familien und Freunde) nicht trotzdem die Frage zu stellen, wie anders? Was diejenigen betrifft, die gewaltsam die Staatsgrenze durchbrochen haben, sehe ich die Motivlage fast ähnlich den Antragstellern, aber der Weg war eindeutig kriminelles Handeln: sie erfüllten mit ihrem Tun Tatbestandsmerkmale des Strafgesetzbuchs der DDR und waren somit Straftäter. Soziologische Erkenntnisse zu diesen Tätern - sofern solche existieren (sozialer Stand, Bildung, Vorstrafen, soziale Auffälligkeiten, Motive ) - sind mir nicht bekannt; ich war auch nicht mit Untersuchungsergebnissen zu Getöteten oder Verletzten befaßt, habe insofern geringe Kenntnisse. Jedes Opfer an der Grenze hat uns berührt, wegen der menschlichen Tragik und wegen der Tatsache des politischen Schadens für unsere Gesellschaft. Für mich muß ich sagen: es war aber auch nicht mehr. Jeder war tatsächlich ein Straftäter, und ich ging davon aus, daß er sich mit diesem Handeln mit erheblicher krimineller Energie über die Gesetze der DDR hinwegsetzt und vermutete deshalb auch kaum ein wesentlich anderes Motiv als beispielsweise bei S-Bahn-Surfern - nur diese stellt kaum jemand als Opfer eines Systems dar. Ein jeder Täter war sich auch voll des Risikos 6;
Zwie-Gespräch, Beiträge zum Umgang mit der Staatssicherheits-Vergangenheit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Ausgabe Nr. 27, Berlin 1995, Seite 6 (Zwie-Gespr. Ausg. 27 1995, S. 6) Zwie-Gespräch, Beiträge zum Umgang mit der Staatssicherheits-Vergangenheit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Ausgabe Nr. 27, Berlin 1995, Seite 6 (Zwie-Gespr. Ausg. 27 1995, S. 6)

Dokumentation: Zwie-Gespräch, Beiträge zum Umgang mit der Staatssicherheits-Vergangenheit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Ausgabe Nr. 27, Redaktionsschluß 8.5.1995, herausgegeben von Dieter Mechtel und Ulrich Schröter, Berlin 1995 (Zwie-Gespr. Ausg. 27 1995, S. 1-32).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung informiert seinerseits die beteiligten Organe über alle für das gerichtliche Verfahren bedeutsamen Vorkommnisse, Vahrnehmungen und Umstände im Zusammenhang mit den vorzuführenden Inhaftierten. Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung jeglicher feindlich-negativer Tätigkeit, die unter Ausnutzung und Mißbrauch des grenzüberschreitenden Verkehrs organisiert und durchgeführt wird, der Unterstützung vielfältiger politisch-operativer. Auf gaben der operativen Linien und Diensteinheiten -müssen sich intensiv darum bemühen, diese Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Voraussetzungen und Bedingungen zu schaffen, um diese Möglichkeiten sowohl für die Abwehrarbeit. Im Innern als auch für die Jugendkriminalitat der Anteil der Vorbestraften deutlich steigend. Diese nur kurz zusammengefaßten Hinweise zur Lage sind eine wichtige Grundlage für die Bestimmung der Haupt riehtunecn der weiteren Qualifizierung der Untersuchung gosell-schaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher von bis unter Jahren Eingeordnet in die Gesamtaufgaben Staatssicherheit zur vorbeugenden Vorhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feinetätigkeit und zur Gewährleistuna des zuverlässigen Schutzes der Staat-liehen Sicherheit unter allen Lagebedingungen. In Einordnung in die Hauptaufgabe Staatssicherheit ist der Vollzug der Untersuchungshaft im Staatssicherheit ein spezifischer und wesentlicher Beitrag zur Realisierung der grundlegenden Sicherheitserfordernisse der sozialistischen Gesellschaft. Dazu ist unter anderem die kameradschaftliche Zusammenarbeit der Leiter der Diensteinheiten der Linien und. Durch die zuständigen Leiter beider Linien ist eine abgestimmte und koordinierte, schwerpunktmaßige und aufgabenbezogene Zusammenarbeit zu organisieren.

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