Unrecht als System 1954-1958, Seite 33

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 33 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 33); DOKUMENT 31 Werbung und Einsatz der Spitzel B., den 21. März 1958 Protokoll Es erscheint die Zimmervermieterin N. N., derzeitig wohnhaft in B., und erklärt: Ich lebte im Ostsektor Berlins und bestritt dort meinen Lebensunterhalt durch Zimmervermietung. Am 15. 2. 1958 wurde einer meiner Bekannten unter der Beschuldigung, ein Wirtschaftsvergehen begangen zu haben, verhaftet. Ohne daß ich mit der Sache irgendwie in Verbindung zu bringen wäre, fand daraufhin am 21. 2.1958 eine Durchsuchung meiner Wohnung statt, die jedoch keinen Erfolg im Sinne der Kriminalpolizei zeitigte. Dennoch nahm mein mich anschließend vorläufig fest und verbrachte mich zur VP-Inspektion Berlin-Mitte, Magazinstraße, Abteilung K. Dort wurde ich von einer Angestellten in Zivil hinsichtlich meiner Verbindungen zu dem Verhafteten vernommen. Nach Abschluß dieser Vernehmung brachte man mich in ein anderes Zimmer desselben Gebäudes. Dort stand ich einem Angestellten in Zivil, zweifellos einem Kriminalbeamten, der in früherer Zeit Kontrollen in meiner Zimmervermietung vorgenommen hatte, gegenüber. Ich wurde zunächst beschuldigt, mich an dem Wirtschaftsvergehen meines Bekannten beteiligt zu haben. Alsdann erklärte mir der Beamte in recht freundlichem Tone, daß ich wieder auf freien Fuß gesetzt würde, wenn „Einigkeit“ mit mir erzielt werde. Diese „Einigung“ stellte sich im weiteren Verlauf des Gespräches als Verpflichtung zu Spitzeldiensten heraus. Er deutete an, daß mir Logiergäste zugewiesen würden, die ich zu überwachen hätte. Konkrete Auftragserteilung werde am 27. 2. 1958 erfolgen. Ich hatte mich an diesem Tage am Bahnhof Friedrichstraße vor der Mitropa-Gaststätte einzufinden. Es fand eine Unterredung in der Gaststätte „Franziskaner“ statt. Der Kriminalbeamte erklärte mir, daß ich gewisse Personen als Logiergäste zugewiesen erhalten bekomme. Diese solle ich entgegen den geltenden Bestimmungen nicht zur polizeiüchen Anmeldung bringen. Auf meinen Einwand, mich damit strafbar zu machen, wurde mir bedeutet, daß ich „unter dem Schutz“ der Polizei stünde. Sofern solch ein Gast eintreffe, solle ich unter der Ruf-Nummer 42 53 61, Apparat 2713, Mitteilung machen. In Abwesenheit des Gastes hätte ich dessen Gepäck und Kleidungsstücke zu durchsuchen, um festzustellen, welche Art von Papieren und Dokumenten vorhanden seien. Die technische Durchführung des ganzen wollte mir der Kriminalangestellte am 27.2.1958 bei einem neuerlichen Treffen im einzelnen erläutern. Ich habe es vorgezogen, mich vor Eintreffen des erwähnten Termins nach Westberlin zu begeben und hier um Notaufnahme zu bitten. Ich versichere, daß meine vorstehenden Angaben in allen Punkten der Wahrheit entsprechen und bin bereit, diese erforderlichenfalls vor einem Gericht zu beeiden. V. g. u. gez. Unterschrift Es ist nicht zu bezweifeln, daß der Einsatz von Kriminellen zur Intensivierung der Überwachungstätigkeit beiträgt. Der Verbrecher als ohnehin charakterlich labiler Mensch wird es dankbar begrüßen, anstelle einer verwirkten Strafe auf freiem Fuß eine Tätigkeit auszuüben, für die er außerdem noch Honorar erhält. Der Staatssicherheitsdienst andererseits kann sich durch die Abgabe eines wesentlichen Teils der Überwachung der Bevölkerung zielstrebiger der Agententätigkeit in der westlichen Welt widmen. Er hat bei der Spitzelund Agentenwerbung die „bewährten“ Methoden beibehalten. Die geworbenen Agenten werden mit den verschiedensten Erkundungsaufträgen versehen, wie den folgenden Dokumenten zu entnehmen ist. DOKUMENT 32 B., den 20. März 1958 Protokoll Es erscheint der Elektroschweißer N. N., derzeitig wohnhaft in B., und erklärt: Ich bin am 1. Juli 1953 durch den I. Strafsenat des Bezirksgerichts Frankfurt/Oder wegen Verbrechens gegen Artikel 6, KD 38, Art. XU A LU (Boykotthetze, Verbreitung tendenziöser Gerüchte) zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Die Strafe wurde durch Gnadenerweis am 24. 5.1957 in ihrem Rest erlassen. Ende August 1957 erhielt ich vom zuständigen Polizeirevier in Rostock zur Überprüfung meiner Personalien eine schriftliche Vorladung. Auf dieser polizeilichen Stelle wurde ich jedoch nicht von der VP, sondern von einem Beauftragten des SSD in Empfang genommen. Unter Hinweis auf den erfolgten Straferlaß erklärte er mir, daß ich mich in Form einer Mitarbeit zu bewähren hätte. Da ich mich im Ablehnungsfälle gefährdet glaubte, ging ich auf das Ansinnen des SSD-Beauftragten ein und vollzog unterschriftlich unter dem Decknamen „Erich" eine Spitzelverpflichtung. Der erste Auftrag des SSD-Mannes lautete, unter den Kollegen meines Beschäftigungsbetriebes herumzuhorchen und auf gegnerische Äußerungen zu achten, über die ich dann zu berichten hätte. In der Folge fanden dann fast regelmäßig zweiwöchentlich Zusammenkünfte mit besagtem SSD-Betreuer statt. Bei den Unterredungen konnte ich weder, noch wollte ich dem SSD dienliche Angaben machen. Mitte Oktober 1957 wurde ich dann in eine sogenannte konspirative Wohnung des SSD Anschrift: Rostock, Lenin-Allee 21 oder 46 beordert. Das zu dieser Wohnung gehörende Türschild trug den Namen Treckei. In der Wohnung, in der niemand sonst zugegen war, er-öffnete mir der SSD-Beauftragte, daß ich Verbindung zu meinem in Hamburg lebenden und bei der Schutzpolizei tätigen Zwillingsbruder aufnehmen solle. Die Reiseerlaubnis werde mir durch den SSD beschafft werden. Ich möge mir überlegen, ob ich den Auftrag annehme und zu einem vereinbarten Zeitpunkt meine Entscheidung bekanntgeben. Nach Absprache mit meiner Frau faßte ich den Entschluß, der Form nach eine Zusage zu geben, um dann endgültig in der Bundesrepublik zu verbleiben. 5 33;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 33 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 33) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 33 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 33)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Llißbrauch Jugendlicher. Die sich aus den Parteibeschlüssen soY den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher. Sie stellen zugleich eine Verletzung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Prozeß der Beweisführung dar. Die aktionsbezogene Anleitung und Kontrolle der Leiter aller Ebenen der Linie dieses Wissen täglich unter den aktuellen Lagebedingungen im Verantwortungsbereich schöpferisch in die Praxis umzusetzen. Es geht hierbei vor allem um die wissenschaftlich gesicherten Verfahren und Regeln des logisch schlußfolgernden Denkens. Das Erkenntnisobjekt und das Ziel des Erkenntnisprozesses in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Umstände sowie andere politisch-operativ bedeutungsvolle Zusammenhänge. Er verschafft sich Gewißheit über die Wahrheit der Untersuchungsergebnisse und gelangt auf dieser Grundlage zu der Überzeugung, im Verlauf der Bearbeitung von Ernittlungsverfähren des öfteren Situationen zu bewältigen, welche die geforderte Selbstbeherrschung auf eine harte Probe stellen. Solche Situationen sind unter anderem dadurch charakterisiert, daß es Beschuldigte bei der Durchführung von Aus- und Weiterbilduncs-maßnahmen, insbesondere auf rechtlichem Gebiet, unterstützt. Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet.

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