Unrecht als System 1954-1958, Seite 198

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 198 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 198); Das Kreisgericht H. hat mit Urteil vom 28. September 1956 die Ehe der Parteien geschieden. Das Sorgerecht über die Tochter hat es dem Verklagten übertragen mit der Begründung, daß der Rat des Kreises H. sich dahin geäußert habe, daß der Verklagte charakterlich wie moralisch eine bessere Gewähr für die ordentliche, einwandfreie Erziehung des Kindes gebe als die Klägerin, die ehewidrige Beziehungen zu L. unterhalten habe. Gegen dieses Urteil, soweit es die Übertragung des Sorgerechts betrifft, hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie die Übertragung des Sorgerechts auf sich selbst erstrebte Der Verklagte hat erwidert, daß er seine Stellung als Kraftfahrer gekündigt habe, um mehr freie Zeit zu haben. Daß er das Kind, als es krank war, vernachlässigt habe, bestreitet er. Er wolle es bei sich behalten, weil es seine Zuneigung zu ihm als seinem Vater bekundet habe. Geäußert habe er nur, daß, wenn er das Kind nicht bekäme, er für zwei Jahre fortgehen würde. Auf Beschluß des Bezirksgerichts hat sich der Rat des Kreises H. im wesentlichen im gleichen Sinn geäußert wie bereits im ersten Rechtszug. Nachdem die Klägerin nach E. zu ihrer Mutter übergesiedelt war, hat der Rat dieses Kreises auf Grund eines Hausbesuchs bei der Klägerin erklärt, daß er auf jeden Fall die Übertragung des Sorgerechts auf die Klägerin befürworte. Beigefügt war dem ein Bericht, der eine in jeder Hinsicht günstige Beurteilung der charakterlichen Eigenschaften und erzieherischen Fähigkeiten der Klägerin enthält und auch bestätigt, daß sie sich eines tadellosen Rufs erfreue. Das Bezirksgericht hat jedoch die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 25. Januar 1957 zurückgewiesen. Es begründete diese Entscheidung damit, daß die Klägerin sich wie anhand ihrer Beziehungen zum Verklagten und zu L. näher ausgeführt wird leichtfertig und unmoralisch verhalten und von ihrer eigenen Familie abgewendet habe. Persönliche Haltung und erzieherische Fähigkeiten ließen sich nicht voneinander trennen. Die schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe der Erziehung eines Kindes könne nur von einem in jeder Beziehung vorbildlichen und einwandfreien Menschen bewältigt werden, wobei dem Alter und dem Geschlecht des Kindes keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden könne. Diese Faktoren könnten vielmehr nur eine untergeordnete Rolle spielen. Der Verklagte biete nach den Sachvorträgen der Parteien und den Beweiserhebungen diese Gewähr. Die Stellungnahme des Rates des Kreises E. lasse die „sachliche Objektivität“ vermissen. Offenbar habe diese Stelle keine Kenntnis von den Einzelheiten des Verfahrens, insbesondere auch nicht davon gehabt, daß im Verfahren und im Urteil gerade das leichtfertige und zu mißbilligende Verhalten der Klägerin mit aller Deutlichkeit hervorgehoben werde. Gegen dieses Urteil richtet sich der vom Generalstaatsanwalt gestellte Kassationsantrag. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Der Generalstaatsanwalt beanstandet mit Recht, daß das Urteil die Entscheidung über das Sorgerecht in erster Linie auf eine Würdigung derjenigen Tatsachen gründet, die zum Zerfall der Ehe der Parteien geführt haben. Diese Grundeinstellung die im vorliegenden Fall auch auf das Kreisgericht zutrifft hat das Oberste Gericht als fehlerhaft beanstandet. Es ist selbstverständlich, daß das Gericht bei seiner Entscheidung über das Sorgerecht nicht an einer Erörterung dieser Tatsachen vorübergehen darf, sondern stets prü- fen muß, ob und inwieweit gegebenenfalls die Umstände, die zur Scheidung der Ehe geführt haben, auch für die Entscheidung über das Sorgerecht von Bedeutung sind. Das Gericht darf sich aber andererseits der auf der Lebenserfahrung beruhenden Erkenntnis nicht verschließen, daß nicht selten selbst der Ehepartner, der durch sein Verhalten wesentliche Gründe für die Scheidung der Ehe gesetzt hat, durchaus geeignet sein kann, unter Umständen sogar besser als der andere, nach Scheidung der Ehe die Erziehung und Pflege des oder der aus der Ehe hervorgegangenen Kinder zu übernehmen. Maßgeblich für die Entscheidung über das Sorgerecht ist nach § 9 Abs. 2 EheVO ausschließlich das Wohl des Kindes. Das zur Entscheidung berufene Gericht hat also, zwar unter Zuziehung und Anhörung der Eltern und unter Entgegennahme und Würdigung ihrer Vorschläge, im übrigen aber aus eigenem pflichtmäßigen Ermessen, auf Grund einer den Bestimmungen des § 11 EheVerfO gerecht werdenden gründlichen Aufklärung des Sachverhalts zu untersuchen, welcher Elternteil am besten geeignet ist, die Erziehung der Kinder zu geistig und körperlich tüchtigen Menschen im Geiste des Vorspruchs der EheVO. vom 24. November 1955 und des Art. 41 der Verfassung zu übernehmen. Das Bezirksgericht hat völlig übersehen, daß sich für beide Zeiträume bereits wichtige und für die Klägerin durchaus günstige Beurteilungen maßgeblicher Stellen bei den Gerichtsakten befinden, so z. B. die für ihre geistige, fachliche und politische Qualifikation aufschlußreiche Äußerung der Kaderabteilung des Rates des Kreises H. und die Stellungnahme des Abteilungsleiters der Klägerin, der ebenfalls über wesentliche Erfahrungen, sogar mit beiden Elternteilen, in bezug auf ihre Charaktereigenschaften und ihr Verhalten zu dem Kind berichtet, über die Pflege des Kindes durch die Mutter hat sich auch die Leiterin des Städtischen Kindergartens in H. lobend geäußert Quelle: „Neue Justiz“ Nr. 1 vom 5. Januar 1958; S. 34 f. * Von dem Gedanken ausgehend, daß die fortschrittliche, „sozialistische“ Erziehung eines Kindes nur im Gebiet der Sowjetzone selbst verwirklicht werden kann, übertragen die sowjetzonalen Gerichte und Verwaltungsbehörden in den Fällen, in denen sich ein Elternteil im Osten und einer im Westen Deutschlands aufhält, das Sorgerecht grundsätzlich auf denjenigen Elternteil, der sich in der Sowjet-z o ne oder in Ost-Berlin befindet, ungeachtet dessen, ob eine solche Regelung im Einzelfälle tatsächlich dem Wohle des Kindes entspricht. Begibt sich ein Elternteil, nachdem ihm das Sorgerecht zuerkannt worden war, unter vorläufiger Zurücklassung des Kindes in der Sowjetzone in die Bundesrepublik oder nach West-Berlin, so wird er von dort aus vergeblich um die Herausgabe des Kindes nachsuchen. Die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs wird vielmehr von den sowjetzonalen Behörden in der Regel zum Anlaß genommen, die ergangene Sorgerechtsentscheidung zu überprüfen und zugunsten des in der Sowjetzone oder in Ost-Berlin zurückgebliebenen Elternteils abzuändern. Gestützt werden diese Anordnungen auf § 10 der „Verordnung über Eheschließung und Eheauflösung“ vom ZJf. November 1955 (Gesetzblatt I, S. 850), in dem es heißt, daß Änderungen der Entscheidung über die elterliche Sorge getroffen werden können, „wenn sich die Umstände, die für die Entscheidung über das Sorgerecht maßgebend waren, so grundlegend ge- 198;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 198 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 198) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 198 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 198)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Untersuchungs-sowie auch anderen operativen Ergebnissen vielfältige, teilweise sehr aufwendige Maßnahmen durchgeführt, die dazu beitrugen, gegnerische Versuche der Verletzung völkerrechtlicher Abkommen sowie der Einmischung in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der können in der akkreditierte Vertreter anderer Staaten beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der können in der akkreditierte Vertreter anderer Staaten beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten - auch unter bewußter Verfälschung von Tatsachen und von Sachverhalten - den Untersuchungshaft Vollzug Staatssicherheit zu kritisieren, diskreditieren zu ver leumden. Zur Sicherung dieser Zielstellung ist die Ständige Vertretung der an die Erlangung aktueller Informationen über den Un-tersuchungshaftvollzug Staatssicherheit interessiert. Sie unterzieht die Verhafteten der bzw, Westberlins einer zielstrebigen Befragung nach Details ihrer Verwahrung und Betreuung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit die Aufgabenstellung, die politisch-operativen Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen vorwiegend auf das vorbeugende Peststellen und Verhindern von Provokationen Inhaftierter zu richten, welche sowohl die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungahaftanstalt stören oder beeinträchtigen würden, Daraus folgt: Die Kategorie Beweismittel wird er Arbeit weiter gefaßt als in der Strafprozeßordnung.

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