Unrecht als System 1954-1958, Seite 138

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 138 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 138); DOKUMENT 190 Urteil des Obersten Gerichts vom 27. Januar 1956 1 Zst (I) 1/56 4. Der Angeklagte Sachße stand seit dem Jahre 1948 mit dem kaufmännischen Leiter der Geschäftsstelle Dresden der Internationalen Büromaschinen-Gesell-schaft (IBM), Au., in Verbindung. Er hatte ihn bei einem Qualifizierungslehrgang kennengelernt und wandte sich auch in der Folge in fachlichen Fragen öfter an ihn. Im Jahre 1952 wurde Au. republikflüchtig. Der Angeklagte Sachße schrieb ihm, um die Verbindung nicht abreißen zu lassen. Im Laufe der Korrespondenz gab der Angeklagte dem Wunsch Ausdruck, ebenfalls nach Westdeutschland überzusiedeln. Eine Bewerbung bei der Zentrale der IBM in Hannover schlug zunächst fehl. Daraufhin schrieb der Angeklagte einige Zeit später an Au., der inzwischen Geschäftsstellenleiter der IBM in Augsburg geworden war, und erklärte ihm erneut seine Bereitschaft, in Westdeutschland zu arbeiten. Au. begrüßte sein Angebot. Im April 1955 teilte er ihm mit, daß er eine Stellung für ihn habe. Der Angeklagte entschloß sich jedoch aus inzwischen eingetretenen persönlichen Gründen, das Angebot nicht anzunehmen. Um aber Au.’s Angebot auszunutzen, wandte er sich an verschiedene Kollegen, um sie zur Übersiedelung nach Westdeutschland zu überreden. Eine Kollegin lehnte seinen Vorschlag rundweg ab. Daraufhin forderte der Angeklagte seinen Kollegen Ha. auf, die „Chance“ auszunutzen und nach Westdeutschland zu gehen. Er wußte, daß Ha. politischen Schwankungen unterworfen war. Ha. lehnte zunächst das Angebot ab, entschloß sich später aber doch, nach Augsburg zu fahren. Der Angeklagte war auch maßgeblich daran beteiligt, daß sein Kollege E. den Verlockungen Au.’s erlag und illegal nach Augsburg übersiedelte. Unter einer fingierten Absenderangabe teilte er Ha. mit, daß E. die Deutsche Demokratische Republik ebenfalls verlassen habe Der Angeklagte Sachße hat zwar keine Spionage betrieben, aber die Gefährlichkeit seiner Verbrechen ist trotzdem nicht gering. Er entschloß sich aus eigenem Antrieb, weil er aus persönlichen Gründen die Deutsche Demokratische Republik zunächst nicht verlassen wollte, den deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staat durch die Abwerbung anderer Hollerithspezialisten zu schädigen. Durch sein Verhalten wurde die reibungslose Durchführung der Arbeiten eines wichtigen Produktionsbetriebes in Frage gestellt. Eine Strafe von acht Jahren Zuchthaus ist angemessen. Quelle: „Neue Justiz“ 1956, S. 99. DOKUMENT 191 Auszug aus: „Sie handelte im Dienste unserer Todfeinde“ (aus dem Urteil des Ersten Strafsenats des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt gegen die Saboteurin Theis) Wer sich abwerben läßt, dient den Todfeinden unseres Volkes! Er bekennt sich zum Bruderkrieg an der Seite Kesselrings und seiner Komplicen! Er muß durch zahlreiche Spionagezentralen und wird zum Werkzeug der Imperialisten gemacht. Wer aber dabei mitwirkt und Bürger der Republik abwirbt, begeht eines der schwersten Verbrechen, deren ein Deutscher überhaupt schuldig werden kann, gleich, ob er es in direktem Aufträge von Agentenzentralen tat oder ob er sich aus Feindschaft in anderer Weise von ihnen dazu inspirieren ließ. Zwischen beiden besteht kein qualitativer Unterschied. Das hat die Hauptverhandlung gegen die Angeklagte Theis erneut bestätigt. Die Theis brachte ihre Opfer selbst ins Lager Der 15jährige Sohn der Angeklagten war republikflüchtig geworden. Kurze Zeit später erhielt sie einen Brief, als dessen Absender ein Herr Will angegeben war, und der sie nach Berlin-Grunewald bestellte, weU der Sohn sich dort in einem Jugendheim befände. Sie fuhr dorthin und stellte fest, daß der Briefschreiber der Lagerleiter war, der in Wirklichkeit Rogge hieß. Sie sollte ihr Einverständnis geben, daß ihr Sohn nach Westdeutschland ausgeflogen wird. Das hat sie aber nicht getan, weil sie befürchtete, dadurch das Unterhaltsgeld für ihren Sohn einzubüßen und auch dessen Verdienst im Haushalt fehlte. Sie nahm ihren Sohn wieder mit zurück. Auf der Rückreise führte der Sohn mehrere westdeutsche Illustrierte, ein Hetzblatt und die berüchtigte Hetzzeitschrift „Tarantel“ bei sich, die sich fortan in der Wohnung der Angeklagten befanden. In dieser Wohnung verkehrten eine Reihe Jugendlicher, u. a. auch die Zeugen Beyer und Nötzold. Die Angeklagte forderte sie auf, die Hetzzeitschriften zu lesen. Sie hat im Gegenteil durch ihren Einfluß dabei mitgewirkt, daß die Jugendlichen den Entschluß faßten, die Deutsche Demokratische Republik zu verlassen und sich über West-Berlin nach Westdeutschland zu begeben. Tatsächlich sind auch von den acht Jugendlichen, die in ihrer Wohnung vor allem mit ihrem Sohn verkehrten, einschließlich ihres Sohnes fünf republikflüchtig geworden. In den Gesprächen in ihrer Wohnung stellte die Angeklagte Vergleiche zwischen beiden deutschen Staaten zugunsten Westdeutschlands an und behauptete, wenn die Jugendlichen in Westdeutschland arbeiteten, kämen sie besser vorwärts. Sie gab ihnen auch Westzigaretten und Westschokolade, wobei sie nicht vergaß, darauf hinzuweisen, was es in Westdeutschland alles für gute Sachen gäbe. Als der Entschluß der Jugendlichen, flüchtig zu werden, reale Formen annahm, erklärte sie ihnen den Weg zum Flüchtlingslager und gab ihnen den Rat, um ganz sicher zu gehen, sich bei ihrem Eintreffen noch von der Bahnhofsmission am Bahnhof Zoo in West-Berlin beraten zu lassen. Durch die Beeinflussung der Angeklagten, die vor allem darin liegt, daß sie dem Vorhaben der Jugendlichen, insbesondere den Argumenten ihres Sohnes, nicht widersprach, sondern diese unterstützte, gingen der Jugendliche Bratzsch und zu einem anderen Zeitpunkt die Zeugen Nötzold und Beyer nach West-Berlin. Sie hielten sich genau an den von der Angeklagten beschriebenen Weg. Als die beiden Letztgenannten am 19. März 1955 auf der Bahnhofsmission ankamen, wartete dort die Angeklagte bereits auf sie und äußerte, sie hätte nicht gedacht, daß sie doch gekommen wären. Beyer und Nötzold hatten von der Bahnhofsmission bereits die Adresse vom Flüchtlingslager Marienfelde erhalten. Die Angeklagte setzte aber durch, daß sie mit ihr gemeinsam in das Lager nach Grünewald fuhren. Dort angekommen, begab sie sich allein in das Zimmer des Rogge, traf diesen jedoch nicht persönlich an. Sie erklärte, es seien zwei Jugendliche aus Sachsen angekommen, die republikflüchtig geworden seien und in ein Lager eingewiesen werden müßten. Bonn will DDR-Büger in die NATO-Armee pressen Die Handlung der Angeklagten richtet sich unmittelbar gegen die Grundlagen des Staates und ist nach Art. 6 der Verfassung strafbar. Die Beeinflussung der Jugendlichen zur Republikflucht ist Boykotthetze im Sinne des Artikels 6 der Verfassung. Sie ist aber auch Kriegshetze im Sinne der gleichen Bestimmung. Besonders die Jugendlichen, die nach Westdeutschland kommen, werden für einen Revanchekrieg der dort herrschen- 138;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 138 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 138) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 138 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 138)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung informiert seinerseits die beteiligten Organe über alle für das gerichtliche Verfahren bedeutsamen Vorkommnisse, Vahrnehmungen und Umstände im Zusammenhang mit den vorzuführenden Inhaftierten. Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der hier zu untersuchenden Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Verhaltensweisen Ougendlicher werden Jedoch Prüfungshandlungen sowie Befragungen auf verfassungsrechtlicher auf Grundlage des Gesetzes relativ häufig durchgeführt. Alle diesbezüglichen Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie Untersuchung anspruchsvolle Aufgaben zu lösen sowie Verantwortungen wahrzunchnen. Die in Bearbeitung genommenen Ermittlungsverfahren sowie die Klärung von Vorkommnissen ind in enger Zusammenarbeit mit der und den die führenden Diens teinheiten. Gewährleis tung der Sofortmeldepflicht an die sowie eines ständigen Informationsflusses zur Übermittlung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse über Angriff srichtungen, Mittel und Methoden des IfS zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze des Verkehrswesens der Transitwege großer Produktionsbereiche einschließlich stör- und havariegefährdeter Bereiche und von Kleinbetrieben und sowie zur Außensicherung itärischer. bjekte.

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