Unrecht als System 1954-1958, Seite 103

Unrecht als System, Dokumente ueber planmaessige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil III 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium fuer gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 103 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 103); ?Aus der Aussage eines Zeugen, der gemeinsam mit dem ehemaligen Minister fuer Handel und Versorgung, Dr. Karl Hamann, verurteilt worden war, ergeben sich aufschlussreiche Einzelheiten ueber diesen auf Betreiben des ZK der SED durchgefuehrten Strafprozess. Da die SED nicht zugeben konnte, dass ihre Wirtschaftspolitik einmal mehr erfolglos geblieben war, wurden der der LDP angehoerende Minister und einige hoehere Verwaltungsangestellte aus dem Ministerium als Suendenboecke hingestellt und verurteilt. In diesem Verfahren konnte es von Anfang an keine echte Verteidigungsmoeglichkeit geben. In welch erschreckendem Masse aber rechtsstaatliche Grundsaetze verletzt wurden, geht aus nachstehender Aussage hervor. DOKUMENT 147 durchgefuehrt. Meine Anklageschrift hatte ich etwa eine Woche vor dem Termin erhalten. Sie umfasste ca. 40 Seiten. Durch einen Trick des Staatssicherheitsdienstes wurde ich veranlasst, auf einen Offizialverteidiger zu verzichten. Man erklaerte mir wahrheitswidrig, dass alle uebrigen Angeklagten auf einen Verteidiger verzichtet haetten und fragte, ob ausgerechnet ich darauf bestehen wuerde. In der Hauptverhandlung waren staendig anwesend der Justizminister, Frau Dr. Hilde Benjamin, und der Generalstaatsanwalt Melsheimer. Wir wurden am 24. Mai 1954 antragsgemaess zu folgenden Freiheitsstrafen verurteilt: Hamann Baender Dr. Last Schaumburg lebenslaenglich Zuchthaus 12 Jahre Zuchthaus 8 Jahre Zuchthaus 8 Jahre Zuchthaus Berlin, den 10. April 1956 Es erscheint Herr N. N. aus Berlin-K., zur Zeit West-Berlin, und erklaert: Ich war bis zu meiner Verhaftung am 11. Februar 1953 Hauptreferent im Ministerium fuer Handel und Versorgung, Abt. Planung der Versorgung mit Nahrungsguetern. Meine Verhaftung stand im Zusammenhang mit der bereits Ende 1952 erfolgten Inhaftierung des Ministers Dr. Karl Hamann und des Staatssekretaers Paul Baender. Ausserdem waren aus dem Ministerium verhaftet worden der stellv. Hauptabteilungsleiter Harald Schaumburg und der Abteilungsleiter Dr. Gerhard Last. Uns wurde zum Vorwurf gemacht, die Versorgung der Bevoelkerung der Sowjetzone mit Nahrungsmitteln sabotiert zu haben. Hamann machte man ausserdem den Vorwurf der Spionage. Wir waren alle beim Staatssicherheitsdienst in Hohenschoenhausen untergebracht. Dort wurden auch die Vernehmungen durchgefuehrt. Ich bin etwa i/4 Jahr lang fast taeglich nur mit kurzen Unterbrechungen vernommen worden. In der ersten Zeit erfolgten die Vernehmungen in der Nacht. Ich durfte in dieser Zeit tagsueber nicht schlafen, so dass ich in den ersten Wochen kaum zum Schlafen kam. Auf diese Weise hatte ich ungefaehr nach 5 Wochen Haft 32 Pfund abgenommen, wie ich bei einer aerztlichen Untersuchung feststellen konnte. Mit Drohungen und Beschimpfungen suchte man mich staendig zu einem falschen Gestaendnis zu bewegen, insbesondere sollte ich den Minister Hamann belasten. Man erklaerte mir z. B. wahrheitswidrig, dass auch meine Frau in Haft sei, die kurz vorher operiert worden war. Durch ein Gestaendnis koennte ich die sofortige Freilassung meiner Frau erreichen. Meine Frau hat von meiner im Ministerium erfolgten Inhaftierung erst nach ueber einem Jahr erfahren. Alle ihre vorangegangenen Bemuehungen, u. a. beim Staatspraesidenten Pieck, bei dem Volkskammerpraesidenten Dieckmann, beim Justizministerium, Obersten Gericht usw. etwas ueber mein Schicksal zu erfahren, waren voellig ergebnislos geblieben. Bei einer Rueckfrage bei meiner Dienststelle wurde ihr erklaert, dass ich vielleicht nach dem Westen gefluechtet sei. Meine Frau erhielt lediglich ein Kuendigungsschreiben des Ministeriums fuer Handel und Versorgung. Meine fristlose Kuendigung wurde in diesem Schreiben damit begruendet, dass ich seit dem 12. Februar 1953 aus nicht bekannten Gruenden der Arbeit ferngeblieben sei. Die Hauptverhandlung gegen uns wurde vom 21. Mai bis 24. Mai vor dem 1. Strafsenat des Obersten Gerichts unter dem Vorsitz des Vizepraesidenten Ziegler Ich selbst erhielt 4 Jahre Zuchthaus. Ausserdem wurde noch der ehemalige Oberreferent Walter Werner zu einer Zuchthausstrafe von 3 Jahren verurteilt. Im Anschluss an die Urteils Verkuendigung wurde uns erklaert, dass das Urteil rechtskraeftig sei und dass es kein Rechtsmittel hiergegen gebe. Am Tage nach der Urteilsverkuendung wurden wir von Hohenschoenhausen zur Strafvollzugsanstalt Brandenburg gebracht. In Brandenburg befanden sich zur Zeit meiner Entlassung am 12. Februar 1956 meine Mitangeklagten mit Ausnahme von Werner, der eine Woche vor mir entlassen worden war. Etwa am 20. Juni 1954 wurden wir einzeln mit Ausnahme von Werner zum Kommandoleiter des Hauses I geholt. Dort wurde uns das schriftliche Urteil desselben Strafsenats vom 17. Juni 1954 vorgelegt. In diesem Urteil waren die Strafen, die am 24. Mai 1954 ausgesprochen worden waren, erheblich herabgesetzt worden. Nach diesem Urteil war Hamann zu 10 Jahren, Baender zu 6 Jahren, Schaumburg und Dr. Last zu je 4 Jahren und ich selbst zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Wie es zu diesem zweiten Urteil gekommen ist, weiss ich nicht. Ich kann mich auch nicht besinnen, ob in dem Urteil etwas ueber eine Kassation des ersten Urteils gestanden hat. Eine erneute Hauptverhandlung in unserer Gegenwart hat nicht stattgefunden. Das Urteil war ausdruecklich als Abwesenheitsurteil gekennzeichnet. Die Herabsetzung der Strafen war auf ein Gutachten des Abteilungsleiters Mitterer von der Staatlichen Plankommission, Abt. Planung der Versorgung mit Nahrungsguetern gestuetzt. In diesem Gutachten war zum Ausdruck gebracht worden, dass im Jahre 1952 auf Grund der nicht in Planhoehe mengen- und zeitgemaess aufkommenden Lebensmittel eine Versorgung der Bevoelkerung gefaehrdet war und wir daher zu den von uns ergriffenen Massnahmen gezwungen waren. Nachtraeglich fiel mir auf, dass mir bereits vor der Verkuendung des ersten Urteils Baender, der Mitglied des Politbueros der SED war, erklaert hatte, er wuerde zu einer Zuchthausstrafe von 6 Jahren bestraft werden. Ich habe meine Strafe voll verbuesst. Alle Bemuehungen meiner Frau, meine vorzeitige Haftentlassung zu erwirken, waren ergebnislos Laut diktiert, genehmigt, unterschrieben: gez. Unterschrift * Den Verurteilten werden Urteilsabschriften auch dann verweigert, wenn diese zur Einlegung von Rechtsmitteln oder anderen Antraegen unbedingt benoetigt werden. 103;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 103 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 103) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 103 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 103)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit , hat der verantwortliche Vorführoffizier den Vorsitzenden des Gerichts in korrekter Form darauf aufmerksam zu machen. Im Weiteren ist so zu handeln, daß die Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit hat der verantwortliche Vorführoffizier der. Vorsitzender, des Gerichts in korrekter Form darauf aufmerksam zu machen und so zu handeln, daß die dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie innerdienstlichen Regelungen, die Einheitlichkeit der Gestaltung des Untersuchunqshaft-Vollzuges unbedingt auf hohem Niveau gewährleistet wird. Dies auch unter Berücksichtigung bestimmter Faktoren, die diese Zielstellung objektiv erschweren, wie zum Beispiel die Beschwerde, Benachrichtigung von Angehörigen, rsorgemaßnahmen mit dem Unte rsuchung so gan zu klären hat. Wendet sich der Verhaftete dennoch mit solchen Fragen an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit und die dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit schließt ilire Durchsetzung unbedingt ein; Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist nur auf der Grundlage der Gesetze möglich. Mielke, Verantrwortungsbevrußt für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit gegen die vom Feind vorgetragenen Angriffe auf die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtet ist. Die Bekämpfung umfaßt die Gesamtheit des Vorgehens des sozialistischen Staates und der Sicherheit der Rechte Verhafteter macht es sich erforderlich, eine für alle Diensteinheiten der Linie einheitlich geltende Effektenordnunq zu erlassen.

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