Unrecht als System 1954-1958, Seite 100

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 100 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 100); ein. über dieses Rechtsmittel mußte an sich wieder der la-Strafsenat des Obersten Gerichts entscheiden. Weil ich von der eigentlichen Vorsitzenden dieses Senats, Frau Eisermann, bereits einmal in der anderen Sache freigesprochen worden war, übernahm der Oberrichter Möbius den Vorsitz. Verhandelt wurde am 10. und 11. Januar 1956. Weil ich möglicherweise bei einer Aufrechterhaltung des Vorwurfs eines Vergehens gegen § 187 StGB den Wahrheitsbeweis für die mir zur Last gelegten Behauptungen hätte antreten können, stützte man die Anklage jetzt plötzlich auf § 131 StGB Staatsverleumdung. Meine in der Haft angeblich geäußerten kritischen Bemerkungen über einige Richter des Bezirksgerichts Potsdam und über das gegen mich durchgeführte Kesseltreiben führten nunmehr zu einer Verurteilung von 2 Jahren Gefängnis. Ich blieb noch bis zum 29. Januar 1956 in der Haftanstalt des SSD Potsdam. Ich befand mich also vom 1. September 1954 bis 29. Januar 1956 ununterbrochen in SSD-Haft. Am 29. Januar 1956 wurde ich in die Strafanstalt Brandenburg verlegt, wo ich dann ärztliche Betreuung erhielt. Am 2. August 1956 wurde ich vor voller Verbüßung der gegen mich erkannten Strafen aus der Haft entlassen und durfte nach Hause zurückkehren. v. g. u. gez. Unterschrift DOKUMENT 144 Urteil des Obersten Gerichts vom 11. Januar 1956 la Ust 282/55 Auf den Protest wird das Urteil des Bezirksgerichts Potsdam vom 5. Dezember 1955 abgeändert. Der Angeklagte wird wegen Staatsverleumdung Vergehen gegen § 131 StGB zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Untersuchungshaft wird dem Angeklagten in vollem Umfang angerechnet. Der Angeklagte hat die Kosten des gesamten Strafverfahrens zu tragen. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat den Angeklagten freigesprochen. Es hat es nicht für erwiesen angesehen, daß sich der Angeklagte im Sinne der Anklage schuldig gemacht hat. Die Aussagen des Zeugen Paeslack seien nicht glaubhaft. Paeslack habe selbst als Untersuchungs-, später als Strafgefangener eingesessen, habe in seiner Strafsache falsche, sich widersprechende Aussagen gemacht und sei von dem Psychiater Dr. Anton als schwatzhaft und sprachlich enthemmt beurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat der Staatsanwalt des Bezirks Potsdam Protest eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, das Bezirksgericht habe zu Unrecht die Bekundungen des Zeugen Paeslack als unglaubhaft beurteilt. Es habe dabei die Aussage des Zeugen Schneider und auch die des Angeklagten völlig unberücksichtigt gelassen. Wenn auch der Zeuge Schneider die Aussage des Paeslack nicht wörtlich bestätigt habe, so habe er doch sinngemäß das Gleiche bekundet. Paeslack habe vor der Inhaftierung keinen Richter oder Staatsanwalt gekannt. Er müßte also von einem Mithäftling informiert worden sein. Schließlich habe der Angeklagte selbst ausgesagt, daß er von einem „Sonderrichter“ gesprochen habe. Daß der Angeklagte darin eine Auszeichnung des Oberrichters Wohlgethan er- blickt und in diesem Sinne auch mit Paeslack diskutiert habe, sei unglaubhaft. Dazu komme noch, daß Oberrichter Wohlgethan nie in Waldheim gewesen sei. Der Protest hatte Erfolg. Das Oberste Gericht hat in der nach § 289 Abs. 4 StPO durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, daß der Freispruch des Angeklagten nicht gerechtfertigt ist. Die zur Person des Angeklagten getroffenen Feststellungen des Bezirksgerichts sind zutreffend und bedürfen daher keiner weiteren Erörterung. Zur Sache selbst ist festgestellt worden, daß der Angeklagte während der Untersuchungshaft in einer Strafsache vom 23. Dezember 1954 bis 21. Februar 1955 gegenüber Mithäftlingen demokratische Justizorgane, insbesondere das Bezirksgericht und die Staatsanwaltschaft in Potsdam und ihre Mitarbeiter in verschiedener Art und Weise verächtlich gemacht hat. So hat er sich in Verbindung mit einer ausführlichen Schilderung der Struktur und der personellen Besetzung des Bezirksgerichts Potsdam und der Staatsanwaltschaft geäußert, daß die heutigen Richter auf Grund ihrer kurzen nichtakademischen Ausbildung Fehler in der Rechtsprechung machen, die prozessualen Vorschriften nicht beachten und vor allem zu hohe Strafen aussprechen. In diesem Zusammenhang erzählte er, ein Richter eines Potsdamer Gerichts sei wegen Unfähigkeit entlassen worden und habe ein „Versorgungspöst-chen“ als Staatsanwalt bei der KVP erhalten. Er setzte nicht nur die fachlichen, sondern auch die moralischen Qualitäten der Justizfunktionäre in Mißkredit, indem er Umstände, die ihm aus einem Scheidungsverfahren einer Richterin bekannt geworden waren, in breitester Form seinen Mithäftlingen offenbarte. Hinsichtlich der Staatsanwaltschaft des Bezirks Potsdam erzählte er den Mithäftlingen, daß es dort drunter und drüber gehe und keine Übersicht bestehe, wo sich die Häftlinge befänden. Man hätte sich deshalb auch hilfesuchend an ihn gewendet. Das Ministerium für Staatssicherheit hätte einen Staatsanwalt besonders dafür eingesetzt, um die Mißstände zu beseitigen. Im Zusammenhang mit seiner Inhaftierung erklärte der Angeklagte, das Strafverfahren gegen ihn sei nur deshalb eingeleitet worden, weil er nicht dem Anwaltskollegium habe beitreten wollen. Auf diese Art und Weise habe man ihm seine Anwaltspraxis nehmen wollen. Diese Feststellungen beruhen auf den in der Hauptverhandlung vor dem Obersten Gericht gemachten Bekundungen der Zeugen Schneider und Paeslack in Verbindung mit der Aussage des Angeklagten. Die klaren, unwidersprüchlichen und nicht aus dem Zusammenhang herausgerissenen Aussagen des Zeugen Schneider sind in keiner Weise anzuzweifeln und sind auch vom Angeklagten nicht ernsthaft bestritten worden. Der Zeuge Paeslack hat im wesentlichen die gleichen Aussagen gemacht wie in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht. Wenn auch der Verteidigung und dem Bezirksgericht darin zuzustimmen ist, daß dieser Zeuge in seiner Strafsache falsche und sich widersprechende Angaben gemacht hat und vom Sachverständigen als sprachlich enthemmt beurteilt worden ist, so können jedoch seine Bekundungen vor dem Obersten Gericht in dieser Strafsache nicht seine Unglaubwürdigkeit begründen. Widersprüche, die den Äußerungen des Angeklagten einen anderen Charakter hätten geben können als den, wie er aus dem Sachverhalt hervorgeht, haben sich nicht ergeben. Es ist auch nicht festgestellt worden, daß der Zeuge den Angeklagten wahrheitswidrig belastet hätte. Er hat im Gegenteil neben den den Angeklagten belastenden Umständen auch solche geschildert, die für den Angeklagten sprechen, wie z. B. die vom Angeklagten zum Ausdruck gebrachte Verachtung gegenüber Saboteuren und Spionen. Vor allem aber stehen die Aussagen des Zeugen Paeslack in voller Übereinstimmung mit den Bekundungen des 100;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 100 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 100) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 100 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 100)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie die vom politischen System und der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise ausgehenden spontan-anarchischen Wirkungen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach den sozialen Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für die Durchsetzung des Primats der Vorbeugung im Staatssicherheit durch die Zurückdrängung, Einschränkung, Neutralisation bzvj. Beseit igung von Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen. Die Erzeugung Honecker, Bericht an den Parteitag der Partei Dietz Verlag Berlin Auflage Direktive des Parteitages der Partei zum. Fünfjahrplan für die Entwicklung der Volkswirtschaft der Dokumente des Parteitages der Partei , Manuskript Mielke Sozialismus und Frieden - Sinn unseres Kampfes Ausgewählte Reden und Aufsätze Dietz Verlag Berlin Richtlinien, Dienstanweisungen, Befehle und andere Dokumente Staatssicherheit Richtlinie zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit über das politisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der und den anderen Organen des und die dazu erforderlichen grundlegenden Voraussetzungen, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - der Untersuchungsführer nicht von unüberprüften Einschätzungen einer Unschuld Beschuldigter ausgeht und dadurch erforderliche Aktivitäten bei der Feststellung der Wahrheit unterläßt.

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