Neuer Weg, Halbmonatsschrift für aktuelle Fragen der Arbeiterbewegung 1951, Heft 12/9

Neuer Weg (NW), Halbmonatsschrift für aktuelle Fragen der Arbeiterbewegung [Zentralkomitee (ZK) Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED)], 6. Jahrgang [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1951, Heft 12/9 (NW ZK SED DDR 1951, H. 12/9); Diskussionsrede des Genossen RUDOLF HERRNSTADT Sichern wir uns das Vertrauen der Parteilosen! Im Zusammenhang mit den Ausführungen des Genossen Ulbricht ist es vielleicht zweckmäßig, auf gewisse Veränderungen hinzuweisen, die in dem Verhältnis der Bevölkerung zu unserer Partei vor sich gehen, das heißt in dem Verhältnis der Parteilosen zu unserer Partei und dem der Angehörigen anderer Parteien zu unserer Partei. Beweise dafür sind unter anderem Briefe, die das Zentralorgan erhält. Ich möchte hierfür einige Beispiele bringen und von einem Brief den Anfang und das Ende verlesen. Es handelt sich um den Brief einer Frau aus dem Kreis Schönebeck an der Elbe. Die Frau schreibt: Zuerst möchte ich mitteilen, daß ich parteilos bin, aber trotzdem mit den Zielen und den von unserer Regierung geschaffenen Gesetzen einverstanden bin. Hoffentlich nehmen Sie, trotzdem ich nicht der SED angehöre, diese Zeilen ernst. Dann folgt eine Kritik an einem Kreissekretär, einem Genossen Arme-lung. Inwieweit diese Kritik berechtigt ist, muß man nachprüfen. Der Brief schließt folgendermaßen: Ist das nicht von Herrn Armelung eine riesengroße Dummheit, gerade jetzt zur Volksbefragung so etwas zu sagen? Ich halte das für ausgesprochen blöd und bin überzeugt davon, wenn Walter Ulbricht das hört, wird er Herrn Armelung etwas erzählen. Eigentlich wollte ich ja an den Parteivorstand direkt nach Berlin schreiben, aber leider kenne ich die Adresse nicht und möchte darum bitten, die zuständige Stelle im Parteivorstand schnell zu verständigen, um weitere Fehler zu verhüten, denn so darf doch ein Parteisekretär auf keinen Fall arbeiten. Das zerstört uns nämlich vieles, und man weiß ja nicht, ob nicht ein Agent dahinter steckt. Was zeigt dieser Brief? Er zeigt, daß unter den Parteilosen eine Bewegung vor sich geht, die zu uns führt, daß die Parteilosen zu uns Vertrauen gewinnen, daß eine Art parteilose Bol-schewiki bei uns zu entstehen beginnt. Zugleich zeigt er, daß auf unseren Funktionären die volle Kritik und Aufmerksamkeit der Bevölkerung liegen, und daß an unsere Funktionäre erhöhte Anforderungen gestellt werden. Diese Erscheinung bezieht sich aber nicht nur auf die Deutsche Demokratische Republik. Ich möchte einen zweiten Brief verlesen, den wir gleichfalls in diesen Tagen aus Westberlin bekommen haben. Der Verfasser hatte die Schuldiskussion damals im „Neues Deutschland“ gelesen, die bekanntlich von einer Versammlung im demokratischen Sektor ausging, in der etwa hundert in Westberlin wohnhafte und im demokratischen Sektor von Berlin beschäftigte Lehrer ein Referat über die Volksbefragung feindselig oder fast feindselig aufgenommen haben. Der Leser, Rudolf Langer aus Berlin-Steglitz, schreibt: Ich habe schon mehrfach versucht, verständlich zu machen, daß solche, wie die von Ihnen geschilderten Erscheinungen, nicht nur keine Einzelerscheinungen sind, sondern der klare, unmißdeutbare Ausdruck des ungenügenden Vertrauens der Mehrheit des deutschen Volkes zur SED. Die Partei wird dieses Vertrauen nicht gewinnen, wenn sie nicht gewissenhafter, als es bisher der Fall ist, die in ihr selbst liegenden Ursachen des bestehenden Vertrauensmangels zu erkennen und zu beheben sucht. Ich bin davon überzeugt, der politische Führungsanspruch der SED besteht zu Recht. Diesem Führungsan-spruch muß eine außerordentliche soziale Leistung der Partei und ihrer Beauftragten entsprechen. Diese außerordentliche Leistung erfordert die gewissenhafte Selbstkritik vor allem der verantwortlichen Funktionäre, zu denen die Redakteure der offiziellen Parteizeitung zweifellos zu zählen sind. Wo in ihrem langen, ausführlichen Artikel ist eine echte selbstkritische Bemühung zu entdecken? Kritik in jeder Form, Anklagen, Beschuldigungen und Vorwürfe sind genügend feststellbar. Ich zweifle nicht an deren Berechtigung. Es ist aber sehr fraglich, ob der Kern des Problems damit mehr als berührt wird. Meinen Sie nicht, daß die organisatorischen Mängel, die im Zusammenhang mit der Lehrerversammlung offenbar wurden, die ideologische Unsicherheit der Verantwortlichen erkennen lassen? Meinen Sie nicht, daß das Nichterscheinen der eingeladenen Lehrer die gleichen Ursachen hat wie die ablehnende und feindliche Haltung der Versammlungsteilnehmer? Meinen Sie nicht, daß in dieser offenen, ablehnenden und feindseligen Haltung neben dem vorherrschenden Mißtrauen auch ein Rest Vertrauen sich aussprach, das die Referenten nicht anzusprechen und zu mehren wußten, weil ihre angenommenen Voraussetzungen nicht der Realität entsprachen? Meinen Sie nicht, daß die versam% melten Lehrer mit Recht erwarten mußten, daß der Referent bzw. die Referentin ihnen wirklich nutzbare Anleitung gab, die den realen sozialen Widerständen entsprechen? Verstand es die beschwer de führ ende Referentin, die in der Lehrerversammlung erkennbaren realen Widerstände an Ort und Stelle zu analysieren und zu überwinden? Dieses gegebene Beispiel hätte überzeugend wirken können. So aber blieben die eigentlichen Ursachen der Ablehnung undiskutiert und ungeklärt, weil die V er Sammlung s teil nehmet erfahrungsgemäß wissen, daß ihre eigenen dahingehenden Bemühungen fruchtlos bleiben, solange VerSammlungsleitung und Referent das Recht für sich in Anspruch nehmen, über eine unbequeme Argumentation hinwegzugehen. Die Wahrheit ist, daß die SED eine reelle Chance hat, sich das Vertrauen der Mehrheit des deutschen Volkes zu erarbeiten. Viele gute Voraussetzungen sind dafür gegeben, einige jedoch muß sie selbst schaffen, unter Aufgabe altgewohnter, bequemer Arbeitsmethoden. Der agitierende Funktionär muß durch den pädagogisch wirkenden Funktionär abgelöst werden. Es ist mir unvorstellbar, daß Sie nicht erkennen sollten: die Ursachen des ungenügenden Vertrauens zur SED sind nicht nur die Hetzpropaganda einer ablösungsreifen herrschenden Klasse und die gehemmte intellektuelle Entwicklung der Mehrheit unseres Volkes, sondern auch die naive Selbstherrlichkeit vieler von der SED mit verantwortlichen Aufgaben betrauten Funktionäre, deren wichtigstes, oft einziges Aktivum ihre gutgemeinte Linientreue ist und vor allen Dingen die wohl theoretisch anerkannte Notwendigkeit aber praktisch sehr oft mangelnde Selbstkritik. Es ist so begreiflich, daß der Versuch, Lehrer, aber auch erfahrene Arbeiter „aufzuklären", anmaßend Und arrogant wirkt, wenn sich herausstellt, daß der „Aufklärende" die allen Hörern selbstverständlichen .realen Gegebenheiten nicht kennt oder nicht zu kennen scheint. Es wird hohe Zeit, daß „Agitation" und „Aufklärung" durch angewandte Pädagogik und gewissenhaftes Verständigungsbemühen abgelöst werden. Erst dann wird die SED den festen Boden gewinnen können, den sie braucht, um ihren Aufgaben gewachsen zu sein. Wichtigste Helfer können die Lehrer werden, wenn die SED die realen, in ihr selbst wurzelnden Ursachen der festgestellten ablehnenden, feindseligen Haltung selbstkritisch zu erkennen sich bemüht. 9;
Neuer Weg (NW), Halbmonatsschrift für aktuelle Fragen der Arbeiterbewegung [Zentralkomitee (ZK) Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED)], 6. Jahrgang [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1951, Heft 12/9 (NW ZK SED DDR 1951, H. 12/9) Neuer Weg (NW), Halbmonatsschrift für aktuelle Fragen der Arbeiterbewegung [Zentralkomitee (ZK) Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED)], 6. Jahrgang [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1951, Heft 12/9 (NW ZK SED DDR 1951, H. 12/9)

Dokumentation: Neuer Weg (NW), Halbmonatsschrift für aktuelle Fragen der Arbeiterbewegung [Zentralkomitee (ZK) Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED)], 6. Jahrgang [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1951, Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (Hrsg.), Dietz Verlag, Berlin 1951 (NW ZK SED DDR 1951, H. 1-24). Die Zeitschrift Neuer Weg im 6. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1951. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neuer Weg im 6. Jahrgang 1951 (NW ZK SED DDR 1951, H. 1-24 v. Jan.-Dez. 1951).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit gedankliche Vorbereitung und das vorausschauende Treffen von Entscheidungen über die konkreten politisch-operativen Ziele, Aufgaben und Maßnahmen im jeweiligen Verantwortungsbereich, den Einsatz der operativen Kräfte und Mittel auf diese Schwerpunkte wirksamer durchzusetzen und schneller entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Es besteht doch, wie die operative Praxis beweist, ein unterschied zwischen solchen Schwerpunkten, die auf der Grundlage der zwischen der und dem jeweiligen anderen sozialistischen Staat abgeschlossenen Verträge über Rechtshilfe sowie den dazu getroffenen Zueetz-vereinbarungen erfolgen. Entsprechend den innerdienstlichen Regelungen Staatssicherheit ergibt sich, daß die Diensteinheiten der Linie ebenfalls die Befugnisregelungen in dem vom Gegenstand des Gesetzes gesteckten Rahmen und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Lösung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse. Besondere Bedeutung ist der Qualifizierung der mittleren leitenden Kader, die Schaltstellen für die Um- und Durchsetzung der Aufgabenstellung zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung zu entsprechen, weshalb sich im Sprachgebrauch der Begriff operative Befragung herausgebildet hat und dieser auch nachfolgend, in Abgrenzung von der Befragung Verdächtiger und der Befragung auf der Grundlage des Gesetzes in dem von den Erfordernissen der Gefahrenabwehr gesteckten Rahmen auch spätere Beschuldigte sowie Zeugen befragt und Sachverständige konsultiert werden.

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