Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 328

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 328 (NJ DDR 1988, S. 328); 328 Neue Justiz 8/88 Staat und Recht im Imperialismus Staatsrechtliche Aspekte der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankreich Prof. Dr. sc. EKKEHARD LIEBERAM, Institut für internationale Studien der Karl-Marx-Universität Leipzig Der Sieg des bisherigen Präsidenten Frangois Mitterrand am 8. Mai 1988 im zweiten Wahlgang1 und damit die Verlängerung seiner Amtszeit täuscht darüber hinweg, daß gerade die diesjährigen Präsidentschaftswahlen und die nachfolgenden Wahlen zur Nationalversammlung eine augenscheinlich tiefgreifende Zäsur in der Entwicklung des französischen Parteien- und Regierungssystems markieren. Es waren die ersten Wahlen nach dem Übergang der Sozialistischen Partei (PS = Parti Socialiste) von einer bis 1981 verkündeten Strategie des „Bruchs mit dem Kapitalismus“ zu einer betont sozialreformistischen Programmatik und Politik im Rahmen des kapitalistischen Gesellschaftssystems. Der Umstand, daß sich in der Wahlkampagne Frangois Mitterrand (PS) und die Kandidaten der beiden großen bürgerlichen Parteien bzw. Parteienbündnisse „Sammlungsbewegung für die Republik“ (RPR = Rassemblement pour la Republique) und „Union für die französische Demokratie“ (UDF = Union pour la Democratie Frangaise) , Jacques Chirac und Raymond Barre, „in einer regelrechten Eruption verbaler Gewalt und Demagogie gegenüber (standen)“1 2 3, kaschierte, daß sich in den letzten Jahren zwischen diesen Kandidaten und den hinter ihnen stehenden Parteien bei wichtigen Fragen der Innen- und Außenpolitik ein Grundkonsens herausgebildet hat. Die Wahlen 1988 standen weiterhin im Zeichen von Erklärungen und Diskussionen um die Beendigung der „Coha-bitation“, des „Zusammenlebens“ eines mit zahlreichen Regierungsbefugnissen ausgestatteten Präsidenten der Sozialistischen Partei mit einer nach den Wahlen zur Nationalversammlung im März 1986 von den Rechtsparteien RPR und UDF getragenen Regierung unter Jacques Chirac. Chirac und Barre strebten an, die Konstellation einer einheitlichen, von den Rechtsparteien kontrollierten Exekutive, wie sie vor 1981 bestand, wiederherzustellen. Mitterrand machte deutlich, daß er als wiedergewählter Präsident seine Politik ggf. auch unter den Bedingungen einer bürgerlichen Mehrheit in der Nationalversammlung durchsetzen werde. Als sich herausstellte, daß der von ihm am 10. Mai 1988 eingesetzte Premierminister Michel Rocard (PS) keine parlamentarische Mehrheit in der Nationalversammlung zu finden vermochte, setzte Mitterrand für den 5. und 12. Juni 1988 Neuwahlen an, die der Sozialistischen Partei allerdings keine Parlamentsmehrheit verschafften.2 Diese Parlamentswahlen waren die ersten Wahlen, nachdem die Regierung Chirac im Oktober 1986 das absolute Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen wieder eingeführt hatte.4 Schließlich fanden die Präsidentschaftswahlen und die Wahlen zur Nationalversammlung unmittelbar nach dem Inkrafttreten von zwei Gesetzen zur Parteienfinanzierung statt, die neuartige, für die Parteien und für die Kandidaten bedeutsame Regelungen über eine Begrenzung der finanziellen Aufwendungen bei Wahlen sowie eine direkte staatliche Wahlkampffinanzierung enthalten. Direktwahl des Präsidenten durch die Bevölkerung Die in der französischen Verfassung der V. Republik von 1958 konzipierte und wenige Jahre später noch verstärkte automatische Stellung des Präsidenten der Republik im Regierungssystem beruht zum einen auf seinen außerordentlichen Kompetenzen, insbesondere als Staatsoberhaupt, das über die Einhaltung der Verfassung wacht und mit seinem „Schiedsspruch die ordnungsgemäße Tätigkeit der öffentlichen Gewalt sowie die Kontinuität des Staates“ sichert (Art. 5); als Vorsitzender im Ministerrat, der zudem den Premierminister ernennt, und zwar ohne vorherige förmliche Abstimmung in der Nationalversammlung (Art. 8 und 9); als Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Art. 15); als Inhaber der Kompetenz, die Nationalversammlung aufzulösen (Art. 12). Die Stellung des Präsidenten basiert zum anderen darauf, daß er von der Bevölkerung in allgemeinen, direkten Wahlen für die Dauer von sieben Jahren gewählt wird (Art. 6) und daß einer (auch mehrfachen) Wiederwahl bisher keine verfassungsrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen. Ursprünglich wurde der Präsident in der V. Republik von einem Wahlmännergremium, das sich aus Mandatsträgern der parlamentarischen Vertretungen aller Ebenen zusammensetzte, indirekt gewählt. Ein 1962 vom damaligen Präsidenten de Gaulle angesetztes Referendum bestätigte mit 61,7 Prozent Ja-Stimmen das jetzt geltende Wahlverfahren und seine Verankerung in der Verfassung (Art. 7). Für die Wahl als Präsident ist erforderlich, daß ein Kandidat die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Erreicht keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit5, so wird am zweiten Sonntag nach dem ersten Wahlgang ein zweiter Wahlgang angesetzt, an dem nur zwei Kandidaten teilnehmen. Dies waren bisher immer die beiden im ersten Wahlgang am besten plazierten Kandidaten, obwohl die Verfassung nicht ausschließt, daß im ersten Wahlgang „stärker begünstigte Kandidaten“ nicht am zweiten Wahlgang teilnehmen und dafür ein anderer Kandidat nachrückt (Art. 7 Abs. 1 Satz 3). Die Voraussetzungen, um als Präsidentschaftskandidat aufgestellt zu werden, sind im Verfassungsgesetz (Loi Or-ganique) vom 18. Juni 1976 geregelt. Danach muß eine Kandidatur vier Wochen vor dem ersten Wahlgang angemeldet und von 500 parlamentarischen Mandatsträgern (Abgeordneten der Nationalversammlung und der Regionalparlamente, Senatoren und Bürgermeistern), die aus wenigstens 30 unterschiedlichen Departements, kommen müssen, unterstützt werden. Diese Regelung ist nicht ohne politische Bedeutung5 7 Die Einführung der Direktwahl des Präsidenten durch die Bevölkerung hatte eine erhebliche Stärkung der Stellung des Präsidenten gegenüber anderen Verfassungsinstitutionen, insbesondere auch gegenüber der Nationalversammlung, zur Folge. Die Argumentationslinie de Gaulles von 1964 war: „ da die Staatsgewalt direkt vom Volke ausgeht, bedeutet dies, daß der vom Volk gewählte Staatschef die Quelle und der Träger dieser Macht ist.“2 Damit stellte die Direktwahl die Autorität des Präsidenten auf ein neues Fundament und stärkte das Selbstwertgefühl aller Präsidenten der V. Republik. Die Charakterisierung des gewählten Präsidenten als des entscheidenden Trägers der Volkssouveränität wird auch von den unterlegenen Kandidaten akzeptiert. Jacques Chirac äußerte vor den Präsidentschaftswahlen, daß ein Sieg Mitterrands zugleich ein Votum der „Mehrheit des Volkes gegen unsere Politik“ wäre und es demzufolge Mitterrand obläge, „eine sozialistische Politik zu betreiben“. Chirac fügte hinzu, daß er und seine Partei eine solche Politik „natürlich nicht unterstützen würden“.8 Dieser Position entsprach es, 1 Frangois Mitterrand erhielt 54,02 Prozent, Jacques Chirac 45,98 Prozent. Beim ersten Wahlgang am 24. April 1988 verteilten sich die Stimmen wie folgt: Mitterrand (PS) 34.10 Prozent; Chirac (RPR) 19,90 Prozent; Barre (UDF) 16,55 Prozent; Le Pen (FN) 14,41 Prozent; Lajoinie (FKP) 6,78 Prozent; Wächter (Grüne) 3.78 Prozent; Juquin (Reformist) 2,10 Prozent; Laquiller (Trotzkist) 2,00 Prozent; P. Boussel (Trotzkist) 0.31 Prozent. Le Pen als Kandidat neofaschistischer und rassistischer Kräfte um die Front National erhielt mehr als zweieinhalbmal soviel Stimmen wie der bisher bestplazierte rechtsextremistische Präsidentschaftskandidat Jean-Louis Tixier-Vignacour (im Jahre 1965). Besonders alarmierend war, daß 34 Prozent des Dienstleistungspersonals, 31 Prozent der kleinen Gewerbetreibenden und 30 Prozent der Arbeiter für Le Pen stimmten (vgl. Le Monde vom 27. April 1988, S. 12). 2 So P. Biotin im Bericht auf der Tagung des Zentralkomitees der FKP am 6. Januar 1988, L’Humanitä vom 7. Januar 1988, S. 9. 3 Die PS und mit ihr verbündete kleinere politische Gruppierungen erlangten mit 37,5 Prozent im ersten Wahlgang 276 Sitze (1986: 206), die RPR und UDF mit 40,44 Prozent 271 (1986: 277), die FKP mit 11.3 Prozent 27 (1986: 35). Die FN erhielt mit 9,78 Prozent ein Mandat (1986: 33). 4 Die vorangegangenen Wahlen vom März 1986 hatten noch auf der Grundlage eines modifizierten Verhältniswahlsystems stattgefunden. 5 Dies war bei den bisherigen Präsidentschaftswahlen 1965, 1969, 1974, 1981 und 1988 stets der Fall. 6 1981 konnte die. Kandidatur des Rechtsradikalen Le Pen dadurch verhindert werden, daß sich keine 500 Mandatsträger zur Unterstützung seiner Kandidatur bereit fanden. 7 Zitiert nach H. W. Ehrmann, Das politische System Frankreichs, München 1976, S. 171. 8 Le Figaro vom 7. März 1988.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 328 (NJ DDR 1988, S. 328) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 328 (NJ DDR 1988, S. 328)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Unte suchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersucnunqshaftanstalten aber auch der staatlichen Ordnun ist der jederzeitigen konsequenten Verhinderung derartiger Bestrebungen Verhafteter immer erstrangige Bedeutung bei der Gestaltung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Ministers und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ;. die Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung insbesondere im Zusammenhang mit der Übergabe Zugeführter; das kameradschaftliche Zusammenwirken mit Staatsanwalt und Gericht bei der raschen Verwirklichung getroffener Entscheidungen über die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden. Barunter befinden sich Antragsteller, die im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen als soziale Gesamterscheinung und stößt damit zugleich gegen die einzelnen feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen und ihre Ursachen und Bedingungen vor.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X