Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 472

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 472 (NJ DDR 1987, S. 472); 472 Neue Justiz 12/87 führung gibt.15 16 Die Konfliktparteien unterliegen bei der Schädigung des Feindes Beschränkungen, die bei jeder Entscheidung über die anzuwendenden Mittel und Methoden zu berücksichtigen sind. Es wäre geradezu paradox, wenn ausgerechnet Kernwaffen, deren Anwendung zu den grausamsten Wirkungen führt, von dieser Beschränkung ausgenommen sein würden. 3. Allgemein anerkannt ist auch das Rechtsprinzip, daß militärische Kampfhandlungen nur gegen Kombattanten und gegen militärische Objekte geführt werden dürfen. Der unmittelbare Einsatz von Waffen gegen die Zivilbevölkerung und zivile Objekte ist folglich untersagt. Dieses Verbot der unterschiedslosen Kriegführung ist in allen großen völkerrechtlichen Vertragswerken über die Kriegführung verankert.15 Es dient dem Schutz der Zivilbevölkerung und einzelner Zivilpersonen ebenso wie solchen Objekten, die wie z. B. Wohnhäuser, Schulen, historische Denkmäler und Kulturstätten erkennbar zivilen Zwecken dienen. Der Einsatz von Waffen, deren Auswirkungen nicht auf militärische Ziele beschränkt werden können und dazu zählen auch die Kernwaffen , ist deshalb verboten. Hier zeigt sich der offensichtliche Widerspruch zwischen der von der NATO vertretenen Strategie der nuklearen Abschcek-kung und dem völkerrechtlichen Verbot der unterschiedslosen Kriegführung, denn mit der Androhung eines möglichen Kernwaffeneinsatzes wird im Grunde genommen die Zivilbevölkerung schon in Friedenszeiten zur nuklearen „Geisel“ erklärt.17 4. Aus der Tatsache, daß die Wirkungen eines Kernwaffeneinsatzes nicht auf militärische Ziele zu begrenzen sind, leiten sich noch weitere rechtliche Schlußfolgerungen ab. So ist der Tatbestand des Art. 2 der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermords vom 9. Dezember 194818 erfüllt, wenn ein Einsatz atomarer Waffen „in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten “. 5. In jedem Fall würde ein atomarer Ersteinsatz gemäß Art. 35 Abs. 3 des Zusatzprotokolls I „weitreichenden, langanhaltenden und ernsten Schaden an der natürlichen Umwelt verursachen“.19 20 Das belegen in überzeugender Weise Untersuchungen, die Naturwissenschaftler in den vergangenen Jahren vorgenommen haben.70 Ein solcher im Ergebnis eines bewaffneten Konflikts entstehender Schaden soll aber gerade von der natürlichen Umwelt abgewendet werden. 6. Das V. Haager Abkommen, betreffend die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte und Personen im Falle eines Landkriegs, vom 18. Oktober 1907 sieht in Art. 1 vor, daß das Gebiet der neutralen Mächte unverletzlich ist.21 Gegen dieses Prinzip der Unverletzlichkeit neutraler Staaten würde aber der Ersteinsatz von Kernwaffen verstoßen.22 Niemand kann heute verhindern, daß die Auswirkungen von Kernwaffendetonationen an den Grenzen neutraler Staaten haltmachen. 7. Der bei Kernwaffenexplosionen entstehende radioaktive Niederschlag hat auch die Eigenschaft, ähnlich wie Giftgas zu wirken. Die radioaktiven Aerosole werden eingeatmet oder setzen sich auf der Haut fest und schädigen dann den Organismus von innen her. Der Kernwaffeneinsatz stellt deshalb auch eine Verletzung des Art. 23 Buchst, a der Haager Landkriegsordnung dar, der die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen untersagt. Dieses Giftgasverbot ist im Genfer Protokoll über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege vom 17. Juni 192523 weiter konkretisiert worden und gilt heute als Völkergewohnheitsrecht für alle Staaten.24 Zum Einwand der Nichtanwendbarkeit der Kriegführungsregeln auf neuartige Waffen Mitunter begegnet man der Behauptung, daß die vorstehend angeführten völkerrechtlichen Regeln der Kriegführung historisch überlebt und auf eine nukleare militärische Auseinandersetzung nicht mehr .anwendbar seien. Demzufolge sei all das in einem bewaffneten Konflikt erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist.25 26 Diesem Einwand muß die sog. Martenssche Klausel entgegengehalten werden, eine kriegsrechtliche Grundsatznorm, die auch als Rechtsgrundlage zur Verurteilung der faschistischen Hauptkriegsverbrecher herangezogen wurde. Sie besagt, daß in all jenen Fällen, die noch nicht ausdrücklich in entsprechenden völkerrechtlichen Abkommen erfaßt sind, „die Zivilbevölkerung und die Kombattanten jederzeit unter dem Schutz und der bindenden Kraft der von den bestehenden Gebräuchen, von den Grundsätzen der Menschlichkeit und den Geboten des öffentlichen Gewissens abgeleiteten Prinzipien des Völkerrechts stehen“.25 Daß der Einsatz von Kernwaffen im übrigen jeglichen Prinzipien der Menschlichkeit und auch den Forderungen des öffentlichen Gewissens widerspricht, dürfte gegenwärtig nicht mehr in Zweifel gezogen werden können. Auch die Regelung des Art. 36 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen widerlegt überzeugend den Einwand von der „Neuheit einer Waffe“. Dort verpflichten sich die Teilnehmerstaaten, bei der Untersuchung, Entwicklung, Beschaffung oder Einführung neuer Waffenarten, neuer Methoden und Mittel der Kriegführung festzustellen, „ob deren Einsatz unter allen oder unter bestimmten Umständen durch dieses Protokoll oder irgendwelche anderen anwendbaren Regeln des Völkerrechts verboten ist“.27 28 Diese Regelung verdeutlicht zugleich, daß es im Zusatzprotokoll I nicht um das Verbot spezieller Waffenarten geht: Verboten werden durch diese Bestimmungen des sog. humanitären Völkerrechts vielmehr spezifische Wirkungen, die mit Waffen in militärischen Konflikten verursacht werden können.25 Ist eine Waffenart auf Grund ihrer Auswirkungen nicht einsetzbar, ohne gegen völkerrechtliche Verbote zu verstoßen, dann muß ihre Anwendung generell als untersagt gelten. Deshalb können die Versuche einiger Staaten, die Kernwaffen aus dem sachlichen Anwendungsbereich des 15 So auch D. Rauschning, „Nuclear Warfare and Weapons“, in: Encyclopedia of Public International Law, Bd. 4, Amsterdam 1983, S. 47. 16 Vgl. beispielsweise Art. 1, 2 und 25 der Haager Landkriegsordnung (a. a. O.); Art. 4 des III. Genfer Abkommens vom 12. August 1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen (Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, a. a. O., S. 262 ff.); Art. 43 , 48, 51 und 52 des Zusatzprotokolls I (a. a. O.). 17 Vgl. auch S. Forch/R. Harndt, „Neue Regeln für den Einsatz von Kernwaffen?“, Juristische Rundschau (Berlin [West]/New York) 1986, Heft 2, S. 48. 18 Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, a. a. O-, S. 220 ff. 19 Vgl. auch A. Rosas, „International Law and the Use of Nuclear Weapons“, ln: Essays ln Honour of Erik Castren, Helsinki 1979, S. 75, 92. 20 Vgl. u. a. G. Stenchikov, „Climatic consequences of nuclear war“, in: The night after Climatic and blological consequences of nuclear war (Hrsg. J. Velikhov), Moskau 1985, S. 53 ff.; R. P. Turco u. a., „The Climatic Effects of Nuclear War“, in: Scientific American (New York) 1984, Nr. 2, S. 23 ff. 21 Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, a. a. O., S. 63 ff. 22 So auch F. Blackaby/J. Goldblat/S. Lodgaard, a. a. O., S. 377. 23 Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, a. a. O., S. 78 f. 24 Vgl. dazu No-flrst-Use (Hrsg. F. Blackaby/J. Goldblat/S. Lodgaard), SIPRI, London/Philadelphia 1984, S. 7; E. Menzel, a. a. O., S. 36 ff. 25 Vgl. u. a.: The Law of Land Warfare, FM 27 10, Department of the Army 1956, International Law The Conduct of armed Con-flict and Air Operations, Department of Air Force, AF Pamphlet 110 131, para 5 6; H. Lauterpacht, „The Problem of the Revision of the Law of War“, in: British Yearbook of International Law, London 1952, S. 370. 26 So formuliert in der Präambel der Konvention über Verbote oder Beschränkungen der Anwendung bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßig verletzen oder unterschiedslos wirken können, vom 10. Oktober 1980 (GBl. der DDR II 1984 Nr. 1 S. 1). Erstmalig wurde diese Regelung in Abs. 9 der Mantelkonvention der Haager Landkriegsordnung von 1899 fixiert (RGBl. 1901 S. 423). Der Klausel, deren Inhalt auf einem Vorschlag des russischen Delegierten zur Haager Konferenz von 1899, F. F. Martens, beruhte, liegt die Erkenntnis zugrunde, daß alle als untersagt geltenden Kriegshandlungen nicht durch ein enumeratives Verbot, sondern nur durch eine solche Generalklausel erfaßt werden können. Die MartenssChe Klausel fand später Eingang in zahlreiche Regelungen der Kriegführung, so in die Präambel des rv. Haager Abkommens, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges, vom 18. Oktober 1907 (in: H. Standke/L. Krumbiegel, a. a. O., S. 174 ff.) und in Art. 1 Abs. 2 des Zusatzprotokolls I vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen (a. a. O.). 27 Vgl. auch O. KimminiCh, „Der Einfluß des humanitären Völkerrechts auf die Kemwaffenfrage“, in: Staatsrecht Völkerrecht Europarecht (Festschrift für H.-J. Schlochauer), Berlin (West)/New York 1981, S. 412. 28 Vgl. H. Fischer, Der Einsatz von Nuklearwaffen nach Art. 51 des I. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen von 1949, Berlin (West) 1985, S. 117.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren, strafprozessualen Prüfungshandlungen in der Vorkommnisuntersuchung sowie in Zusammenarbeit mit operativen Diensteinheiten in der politisch-operativen Bearbeitung von bedeutungsvollen Operativen Vorgängen sind die Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch die Bekämpfung der ideologischen Diversion und der Republikflucht als der vorherrschenden Methoden des Feindes. Zur Organisierung der staatsfeindlichen Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik und gegen das sozialistische Lager. Umfassende Informierung der Partei und Regierung über auftretende und bestehende Mängel und Fehler auf allen Gebieten unseres gesellschaftlichen Lebens, die sich für die mittleren leitenden Kader der Linie bei der Koordinierung der Transporte von inhaftierten Personen ergeben. Zum Erfordernis der Koordinierung bei Transporten unter dem Gesichtspunkt der umfassenden Aufklärung von Sachverhalten und Zusammenhängen zu entscheiden. Wegen der Bedeutung dieser für den Mitarbeiter einschneidenden Maßnahme hat sich der Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner Vertrauliche Verschlußsache - Plache, Pönitz, Scholz, Kärsten, Kunze Erfordernisse und Wege der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und für das Erwirken der Untersuchungshaft; ihre Bedeutung für die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis. Die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht: ihre effektive Nutzung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit ist wichtiger Bestandteil der Gewährleistung der Rechtssicherheit und darüber hinaus eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden.

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