Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 109

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 109 (NJ DDR 1987, S. 109); Neue Justiz 3/87 109 Die Spezifik der Hausgemeinschaft als Träger von Rechten und Pflichten Als erstes wäre zu fragen, ob es prinzipiell möglich ist, daß die von einer Hausgemeinschaft übernommenen Pflichten juristischer Natur sein können. Diese Frage ist mit dem Hinweis auf die spezielle Rechtssubjektivität der Hausgemeinschaften, die sich aus der gesetzlich festgelegten Partnerschaft im Mitwirkungsvertrag (§ 114 Abs. 1 ZGB) ergibt, generell zu bejahen. Es würde dem Prinzip der Einheit von Rechten und Pflichten widersprechen, wenn die Rechtssubjektivität nur zum Erwerb von Rechten genutzt werden dürfte. Die allgemeine Möglichkeit, daß die Hausgemeinschaft rechtlich verpflichtet sein kann, ist auch dadurch begründet, daß sie fähig ist, Pflichten zu erfüllen. Diese Pflichterfüllung hängt nicht vom Verhalten jedes einzelnen Mieters ab, das aus verschiedenen objektiven und subjektiven Gründen differenziert sein kann, sondern von den qualitativ anderen Voraussetzungen einer Gemeinschaft, die sich um einen Kern besonders engagierter Bürger bildet, der von den politischen Kräften im Wohngebiet (Wohnbezirksausschüsse der Nationalen Front, Abgeordnete) und vom Vermieterbetrieb angeleitet und unterstützt wird. Diese Voraussetzungen entstehen in einer Hausgemeinschaft allerdings nicht im Selbstlauf, sondern bedürfen des Wirksamwerdens vor allem politischmoralischer Faktoren. Hierfür ist folgender Grund maßgebend: Bei der Erfüllung einer Verpflichtung ist eine Hausgemeinschaft als Ganzes eine gewisse Abstraktion. Es ist stets das Handeln bestimmter oder auch aller Hausbewohner erforderlich. Individuell werden diese durch den Mitwirkungsvertrag weder direkt noch in vermittelter Weise rechtlich verpflichtet. Eine direkte Verpflichtung scheidet aus, weil im Mitwirkungsvertrag die Mieter keinen individuellen Verpflichtungswillen erklären. Eine individuelle rechtliche Verpflichtung aber würde eine Einigung zwischen dem einzelnen Mieter und dem Vermieterbetrieb erfordern (z. B. Hauswartsvertrag). Die kollektiven Verpflichtungen der Hausgemeinschaft können auch nicht innerhalb der Gemeinschaft als Rechtspflichten der einzelnen Mieter aufgeteilt werden. Das unterscheidet die Hausgemeinschaft z. B. grundsätzlich von einem Betrieb, der sich bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen auf die arbeitsrechtlichen Pflichten der Werktätigen stützen kann. Es bestehen auch weder den Rechtspflichten eines Genossenschaftlers vergleichbare Pflichten noch vertraglich begründete Pflichten wie bei einer Gemeinschaft von Bürgern nach § 266 ZGB. Die für eine gesellschaftliche Organisation geltenden Normen können ebenfalls nicht herangezogen werden. Es gibt keine Mitgliedschaft und keinen Ausschluß oder eine andere Disziplinär- bzw. Erziehungsmaßnahme als Reaktion auf nicht erfüllte Verpflichtungen. Eine Hausgemeinschaft hat keinerlei statutarische Grundlagen und kann sie nicht haben, weil allein der relativ stabile Zustand, daß bestimmte Menschen in einem Haus wohnen, Grundlage für die Bildung der Gemeinschaft ist. Hier liegt aber zugleich der unverzichtbare Vorzug, der Hausgemeinschaft, zugänglich für jeden Bürger und jede Familie im Haus zu sein. Diese Spezifik der Hausgemeinschaft bedingt die Wege und Mittel bei der Erfüllung der durch den Mitwirkungsvertrag begründeten Pflichten. Durch Überzeugungsarbeit, insbesondere durch Veranschaulichung des Nutzens, sind die Mieter dafür zu gewinnen, sich entsprechend ihren Möglichkeiten an der Erfüllung der Verpflichtungen der Hausgemeinschaft zu beteiligen. Eine gute massenpolitische Arbeit in der Hausgemeinschaft ist deshalb das A und O guter Mietermitwirkung. Politisch-moralische Verpflichtungen der Hausgemeinschaft Bei der Klärung der Frage nach dem Charakter der Pflichten der Hausgemeinschaft sollte hypothetisch davon ausgegangen werden, daß die durch den Mitwirkungsvertrag begründeten Pflichten sowohl rechtlicher als auch ausschließlich politisch-moralischer Natur sein können. Beide Eflichten-typen bestehen nebeneinander, und unter diesen Gesichtspunkten sind die einzelnen Pflichten bzw. Pflichtengruppen zu untersuchen. Unzweifelhaft dürfte sein, daß im Mitwirkungsvertrag u. a. Verpflichtungen vereinbart werden, die ausschließlich politisch-moralischer Natur sind. Das ist schon deshalb so, weil die Mietermitwirkung eng mit politischen und geistigkulturellen Aktivitäten und mit vielfältigen zwischenmenschlichen Beziehungen verbunden ist. Ein Beispiel für eine aus- schließlich politisch-moralische Verpflichtung ist die in Mitwirkungsverträgen erklärte Bereitschaft von Hausgemeinschaften, bei entsprechenden politischen und gesellschaftlichen Anlässen das Wohngebäude zu beflaggen und zu schmücken. Diese Verpflichtung hat allerdings mit der Mietermitwirkung im eigentlichen Sinne nichts zu tun. Der Mitwirkungsvertrag wird hier als eine geeignete Form genutzt, um ein unmittelbar eigenes politisches Anliegen auszudrücken. Eine politisch-moralische Verpflichtung liegt auch vor, wenn es eine Hausgemeinschaft übernimmt, aus ihrer Reihe Bürger für bestimmte das Haus betreffende Funktionen und Tätigkeiten zu gewinnen (Hausbuchführer, Brandschutzhelfer, Hauswart), die individuell verpflichtend wahrzunehmen und auszuführen sind. Die Verpflichtung besteht bei diesem Beispiel nicht darin, die genannten Aufgaben als Kollektiv zu erfüllen, sondern die zur Bereitschaft einzelner Mieter erforderliche Überzeugungsarbeit zu leisten. Ist das gelungen, übernimmt der Mieter eigene rechtliche und politisch-moralische Pflichten gegenüber dem Vermieterbetrieb oder staatlichen Organen. Zwei Arten kollektiver Mitwirkungsleistungen der Hausgemeinschaft Die Frage, ob eine Hausgemeinschaft durch den Mitwirkungsvertrag rechtlich verpflichtet werden kann, ist erst dann zu stellen, wenn sich die Hausgemeinschaft als Kollektiv zu Mitwirkungsleistungen bereit erklärt. Sie übernimmt die Verantwortung für die Erfüllung der Leistungen und damit die Aufgabe, innerhalb der Gemeinschaft die hierfür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Zur Charakterisierung dieser Verpflichtung ist die anschauliche Bezeichnung „Organisierungspflicht“ verwendet worden/1 Bei den kollektiven Mitwirkungsleistungen sind folgende zwei Arten zu unterscheiden und getrennt zu untersuchen: 1. Die Mitwirkung an der Verwaltung des Wohngebäudes Hierbei handelt es sich um Mitwirkungsleistungen, die einen genau bestimmten Platz in den rechtlich geregelten Abläufen der Verwaltung des Wohngebäudes sowie bei der Leitung und Planung von Instandhaltungsmaßnahmen einnehmen (z. B. Entgegennahme und Weiterleitung von Mangelanzeigen, selbständige Vergabe von Reparaturaufträgen sowie Kontrolle der Erledigung und Abrechnung, Erfassung und Meldung von Eigenleistungen, Kontrollen beim Ein- und Auszug von Mietern). Die entsprechenden Verpflichtungen betreffen rechtlich bedeutsame Vorgänge. Ihre Nichterfüllung kann nachteilige rechtliche Folgen für den Vermieterbetrieb, für die Hausgemeinschaft und für einzelne Mieter haben. Beide Vertragspartner sind darauf angewiesen, daß die übernommenen Aufgaben zuverlässig verwirklicht werden. Die Wohnungsverwaltungen bzw. die zuständigen Wohnungswirtschaftler müssen darauf vertrauen können, daß die Mitwirkungspflichten erfüllt werden, wenn sie ihrerseits die erforderlichen Bedingungen schaffen (Anleitung, Information u. ä.). Mit ihrer Unterstützung muß deshalb die Leitung der Hausgemeinschaft eine der Größe des Hauses und dem Charakter der ehrenamtlichen Arbeit entsprechende Organisation der Mitwirkungstätigkeit gewährleisten. Eine solche Organisation erfordert, daß einige Mieter bestimmte Funktionen übernehmen und daß trotz niemals auszuschließender hinderlicher Gründe (z. B. Krankheit, längere Abwesenheit, Mieterwechsel, geringe Einsatzbereitschaft) die Erfüllung der Aufgaben mit den Möglichkeiten der Gemeinschaft gesichert wird. Die verantwortlichen Mieter zumeist die Mitglieder der Hausgemeinschaftsleitung sind gegenüber dem Vermieterbetrieb nicht individuell verpflichtet tätig, sondern erfüllen als Repräsentanten der Gemeinschaft deren Pflichten. Daß sie bei der Vornahme von Rechtshandlungen zugleich als Vertreter des Vermieterbetriebs tätig sind (§ 117 Abs. 1 ZGB), steht hierzu nicht im Widerspruch. Bei dieser Art der Mitwirkung sind m. E. Rechtspflichten der Hausgemeinschaft dann. zu bejahen, wenn sie sich auf den Umgang mit materiellen und finanziellen Fonds beziehen oder Konsequenzen für die mietvertraglichen Rechte und Pflichten haben. Demgegenüber vertreten Martin/Wagner die Auffassung, daß den auf ein Tätigwerden gerichteten 4 4 Vgl. I. Martin, Die gesellschaftliche und rechtliche Stellung der Mietergemeinschaften und juristische Formen ihrer Tätigkeit, Diss. A, Leipzig 1983.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 109 (NJ DDR 1987, S. 109) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 109 (NJ DDR 1987, S. 109)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die Beweisführung im Operativen Vorgang, denn nur auf der Grundlage der im Operativen Vorgang erarbeiteten inoffiziellen und offiziellen Beweismittel läßt sich beurteilen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen durch die Zusammenarbeit zwischen operativen Diensteinheiten und Untersuchungsabteilungen als ein Hauptweg der weiteren Vervoll-kommnunq der Einleitunospraxis von Ermittlungsverfahren. Die bisherigen Darlegungen machen deutlich, daS die weitere Vervollkommnung der Zusammenarbeit der tschekistischen Bruderorgane im Kampf gegen den Feind und bei der Aufklärung und Bekämpfung der Kriminalität insgesaunt, die zielstrebige Unterstützung der politisch-operativen Arbeit anderer Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitstrecken wirkenden einsetzbaren und anderen gesellschaftlichen Kräfte, wie die freiwilligen Keifer der die entsprechend in die Lösung der Aufgaben einbezogen und von der für die Sicherung der Ziele der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen iiji Untersuchungshaftvollzug, Es ergeben sich daraus auch besondere Anforderungen an die sichere Verwahrung der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten.

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