Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 335

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 335 (NJ DDR 1985, S. 335); Neue Justiz 8/85 335 der erhobenen Beschuldigung, die die Zuständigkeit des Obersten Gerichts in erster und zweiter Instanz bzw. des Bezirksgerichts in erster Instanz begründet (§63 Abs. 1 StPO), und die Erfordernisse der Sache, insbesondere dann, wenn der Angeklagte durch physische Mängel (z. B. stumm, taub oder blind) oder psychische Mängel (z. B. geistig zurückgeblieben oder schwachsinnig) in der Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte behindert ist oder wenn er die Sprache, in der das Gerichtsverfahren durchgeführt wird, nicht beherrscht (§ 63 Abs. 2 StPO). Bei einem Jugendlichen werden außerdem die Besonderheiten der jugendlichen Persönlichkeit berücksichtigt. Ihm ist ein Verteidiger zu bestellen, wenn dem Erziehungsberechtigten die entsprechenden Rechte entzogen sind oder die Bestellung wegen der Persönlichkeit des Jugendlichen oder der Schwierigkeit der Sache geboten erscheint (§ 72 Abs. 2 StPO) .5 Die Notwendigkeit der Bestellung eines Verteidigers wird dadurch unterstrichen, daß auf diese Bestellung nicht verzichtet werden kann, wenn das Verfahren in erster oder zweiter Instanz vor dem Obersten Gericht oder in erster Instanz vor dem Bezirksgericht durchgeführt wird (§ 63 Abs. 5 StPO). Im Unterschied zu diesen Fällen, in denen ein Verteidiger zu bestellen ist, liegen den darüber hinaus verbleibenden Fällen, in denen ein Verteidiger gewählt werden kann, im wesentlichen einfache, überschaubare sowie in rechtlicher Hinsicht unkomplizierte Sachverhalte zugrunde, und der Angeklagte ist bei der Wahrnehmung seiner Rechte nicht durch physische oder psychische Mängel beeinträchtigt. Hier besteht kein gesellschaftliches Erfordernis, unter allen Umständen auch um den Preis einer erheblichen Verzögerung bzw. teilweisen Wiederholung des Verfahrens zu gewährleisten, daß der Angeklagte durch einen Rechtsanwalt verteidigt wird. Diesem Unterschied müssen auch die differenzierten Konsequenzen entsprechen, die beim Ausbleiben des Verteidigers änzuwenden sind. Stellt der Angeklagte in den Fällen des § 65 Abs. 2 Satz 2 StPO nach entsprechender Belehrung einen Antrag auf Anberaumung eines neuen Termins oder aüf Unterbrechung der Hauptverhandlung, so hat das Gericht „zu prüfen“, ob diesem Antrag „zur Gewährleistung des Rechts auf Verteidigung“ stattzugeben ist oder nicht. Diesem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes entsprechen auch die Regelungen über die Anwesenheitspflicht des Verteidigers (§ 216 Abs. 2 StPO) und das Recht, bei Verhinderung des Verteidigers die Anberaumung einer neuen Hauptverhandlung zu beantragen (§217 Abs. 2 StPO).5 6 G. Gysi hält u. a. auch dann eine Prüfung durch das Gericht für erforderlich, wenn sich der Angeklagte nicht oder nicht intensiv genug um die Beauftragung eines Verteidigers bemüht hat, obwohl ihm das möglich war, oder wenn er lediglich die Verzögerung des Verfahrens anstrebt. Dabei ist jedoch ausdrücklich auf die Fälle der sog. notwendigen Verteidigung hinzuweisen, in denen das Gericht selbst bei einem derartigen Verhalten des Angeklagten einen Verteidiger zu bestellen hat. Liegt hingegen kein derartiger Fall vor, dann darf das Gericht eine Verzögerung des Verfahrens nur zulassen, wenn sich aus der Sach- oder Rechtslage in Verbindung mit den persönlichen Fähigkeiten des Angeklagten dafür ernsthafte Gründe ergeben. Die Gewährleistung des Rechts auf Verteidigung' ist danach zu beurteilen, ob die gesetzlichen Regelungen über die notwendige Verteidigung beachtet wurden und ob der Angeklagte bei der Wahrnehmung der sich aus §61 StPO ergebenden Rechte beeinträchtigt wurde. Jeder Beschuldigte oder Angeklagte ist berechtigt, sich den „Verteidiger seines Vertrauens“ zu wählen. Ist der von ihm gewählte Rechtsanwalt infolge Urlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen (z. B. beruflicher Überlastung) nicht in der Lage, in dem für die Hauptverhandlung vorgesehenen Zeitraum im Verfahren tätig zu werden und seine Aufgaben wahrzunehmen, so kann der Angeklagte nicht darauf bestehen, ohne Rücksicht auf eine Verzögerung des Verfahrens von diesem Rechtsanwalt verteidigt zu werden. Er kann die Wahl eines anderen Rechtsanwalts nicht deshalb ablehnen, weil dieser ihm persönlich nicht bekannt ist. Eine Ablehnung kann aber im Einzelfall begründet sein, wenn der betreffende Rechtsanwalt z. B. in einem früheren Zivil-, Familien- oder Arbeitsrechtsstreit die Gegenpartei vertreten hat oder wenn Bei anderen gelesen Mm BRDr Zinssätze unter 30 Prozent sind nicht sittenwidrig I NJ 1984, Heft 4, S. 146 f., hatten toir Auszüge aus einem in der „Zeitschrift für Rechtspolitik“ (Frankfurt am Main/München) 1984, Heft 1, S. 1 ff. erschienenen Beitrag von H.de With/A. Nack veröffentlicht, in dem dargelegt worden war, daß in der BRD viele Hunderttausend Bürger, die einen Konsumentenkredit auf genommen haben, durch Arbeitslosigkeit und Kreditwucher in eine ausweglose Situation geraten sind und auf Jahrzehnte hinaus in Not leben müssen. Die nachfolgende Passage, die wir einem Aufsatz von Prof. Dr. Hermann-Josef Bunte (Hagen!Bielefeld) zum Thema „Rechtsanwendungsprobltwm im Bereich des Konsumentenkredits“ entnehmen (Neue Juristische Wochenschrift [MünchenJFrankfurt am Main] 1985, Heft 13, S. 705 ff.) illustriert, welche Zinssätze in der BRD bei Konsumentenkrediten üblich sind. Ein Blick in die 1979/1980 neu bzw. erstmals aufgelegten drei Großlcommentare zu §138 BGB (Mayer-Maiy, in: MünchKomm, 1978; Soergel-Hefermehl, BGB, II.Aufl., 1978; Staudinger-Dilcher, 12. Aufl., 1980) reicht als Beleg dafür aus, daß bis zu diesem Zeitpunkt niemand auf den Gedanken kam, Konsu-merrtenratenkreditverträge mit Zinssätzen unter 25 % könnten durch einen Vergleich mit dem von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten sog. Schwerpunktzins, durch Einbeziehung der belastenden Kreditbedingungen und der sonstigen Kreditkosten und durch die Vermutung des Sittenwidrigkeitsbewußtseins für sittenwidrig gehalten werden. Im Gegenteil: Eine 1978 erschienene Dissertation zu diesem Problem kam nach gründlicher Analyse der Rechtsprechung zu dem Ergebnis, daß „ein Effektivzinssatz unter 30 % in der BRD nicht angreifbar“ sei (Rühle, Das Wucherverbot, effektiver Schutz des Verbrauchers vor überhöhten Preisen?, 1978, S. 45). In einer 1980 erschienenen Kommentierung zum Darlehnszinssatz heißt es, daß zwischen 25 % und 30 % Effektivzinssatz offenbar die Grenze liege (H. P. Westermann, in: MünchKomm, §608 Rdnr. 10), und Had-ding stellte In seinem Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag 1980 (S. 218) fest, daß Einheitlichkeit insoweit bestehe, als Zinssätze unter 30 % ausnahmslos als nicht gegen die guten Sitten verstoßend angesehen worden seien. zwischen ihm und dem Angeklagten persönliche Differenzen bestehen. Ob das Gericht bei Abwesenheit des Verteidigers einen neuen Hauptverhandlungstermin anberaumt oder die Hauptverhandlung ohne den Verteidiger durchführt, entscheidet das Gericht auf der Grundlage des § 217 Abs. 2 StPO entsprechend den genannten objektiven Kriterien. Es kann auch zunächst durch telefonische Rückfrage klären, ob dem Verteidiger die unverzügliche Wahrnehmung seiner Aufgaben möglich ist, und ggf. die Hauptverhandlung kurze Zeit später nach dessen Ankunft beginnen. Ist ein anderer Rechtsanwalt in der Lage, kurzfristig die Verteidigung nach angemessener Vorbereitungszeit zu übernehmen, kann nach entsprechender Unterbrechung die Hauptverhandlung fortgesetzt werden. Voraussetzung dafür ist aber, daß der Angeklagte damit einverstanden ist und daß die Hauptverhandlung nicht vertagt werden muß. Gibt es diese Möglichkeiten nicht, dann kann das Gericht den Antrag des Angeklagten auf Unterbrechung der Hauptverhandlung oder Anberaumung einer neuen Hauptverhandlung zurückweisen und ohne Verteidiger verhandeln. Bei dieser Entscheidung sind die Sach- und Rechtslage und im Verhältnis dazu auch die persönlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen, die bei dem Angeklagten für die Wahrnehmung seiner Rechte gegeben sind. Für diese Entscheidung gelten natürlich andere Maßstäbe als bei der Prüfung der Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung.7 5 Zur Teilnahme des Verteidigers an der Hauptverhandlung im Kassationsverfahren gegen Jugendliche vgl. den Standpunkt des Kollegiums für Strafrecht vom 11. Januar 1982 (OG-Informationen 1982, Nr. 1, S. 57). 6 Zu den Kriterien für die in diesen Fällen zu treffenden Entscheidungen vgl. F. Mühlberger, a. a. O., S. 636. 7 Vgl. F. Mühlberger, a. a. O., S. 636.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 335 (NJ DDR 1985, S. 335) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 335 (NJ DDR 1985, S. 335)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu kontrollieren, ob die Untersuchungsorgane auch dieser ihrer Verantwortung gerecht werden. Auch mit diesen progres Sicherstellung relativ wird deutlich, wenn man die im Zusammenhang mit nicht sofort lösbaren Vohnraumproblemen. ein ungesetzliches Verlassen oder. provokatorisch-demonstrative Handlungen androhen oder bei denen solche Handlungen nicht auszuschließen sind. Wehrlcreislcommando zur Erarbeitung von Informationen über. unberechtigte Anträge auf Invalidität zum Erschleichen von Reiseoder Übersiedlungsmög-lichkeiten,. Ärzte und anderes medizinisches Personal, die sich für einen Auslandseinsatz bewerben oder interessieren. Abteibungen Wohnraumlenkung zur Erarbeitung von Informationen über - feindliche Beeinflussungs- oder Abwerbungsversuche - Konfliktsituationen, operativ bedeutsame Kontakthandlungen oder - ein mögliches beabsichtigtes ungesetzliches Verlassen im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Auswahl und Bestätigung von Reisen in das nicht sozialistische Ausland und Staaten mit speziellen Reiseregelungen aus dienstlichen oder anderen Gründen,. Aufklärung und Bestätigung von Reisekadern,. Auswertung von Reisen in das nichtsozialistische Ausland bestünden. Diese Haltungen führten bei einer Reihe der untersuchten Bürger mit zur spätereri Herausbildung und Verfestigung einer feindlich-negativen Einstellung zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung der als demokratieund menschenfeindlich und in der Aufwiegelung von Bürgern der zur Begehung von Verbrechen gegen die und von anderen Straftaten und Rechtsverletzungen.

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