Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1978, Seite 284

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 284 (NJ DDR 1978, S. 284); 284 Neue Justiz 7/78 Menschenrechte - Klassen rechte Prof. Dr. habil. HERMANN KLENNER, Akademie der Wissenschaften der DDR In einer im Fahrwasser altbekannter Argumente flott und forsch dem kalten Krieg entgegensegelnden neuerlichen Veröffentlichung wird behauptet: Menschenrechte seien nicht mehr und nicht weniger als ein göttlich verordneter, völkerrechtlich abgesicherter, unparteilicher, systemneutraler, ideologiefreier, raum- und zeitloser Ewigkeitsmaßstab menschlichen Verhaltens, der zugleich jeder Herrschaft in der Welt absolute Schranken setzt.1 Die Herausbildung des marxistischen Menschenrechtsverständnisses ist mit dem Nachweis verknüpft, daß es weder von Natur eingeborene noch von Gott verliehene immergeltende Rechte gibt: Unabhängig von allen Idealen und Illusionen, ungeachtet des ausformulierten Anspruchs der normativen Texte der Bill of Rights von Virginia (1776) und der Pariser Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers (1789) „Alle Menschen sind von Natur aus gleichermaßen frei und unabhängig ; „Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und blejben es“ erwiesen sich die Menschen rechte des ausgehenden 18. Jahrhunderts als Bürger rechte, als juristisches Instrumentarium einer kapitalistischen Gesellschaft, in der für die Mehrheit Freiheit als Unterdrückung, Gleichheit als Ausbeutung und Brüderlichkeit als Klassenkampf ins Leben tritt. Und es ist auch nicht das Ewig-Menschliche, was uns hinanzieht: die Menschheit findet „die ihrer Entmenschung bewußte und darum sich selbst aufhebende Entmenschung“ im Proletariat.2 Es ist kein Zufall, daß sich die Ausarbeitung jener materialistischen Gesellschaftstheorie, die wir heute Marxismus nennen, überwiegend in menschenrechtlich unmittelbar relevanten Arbeiten, in der Form einer Auseinandersetzung mit der Menschenrechtskonzeption des Bürgertums vollzieht. Da Menschenrechte die grundsätzliche Stellung des Menschen in der Gesellschaft, seine prinzipiellen Beziehungen zum Mitmenschen wie zum Machtorgan der Gesellschaft regeln sollen, ist jede Menschenrechtskonzeption essentieller Bestandteil einer Gesellschaftskonzeption. Und wie es in der Neuzeit gegensätzliche Gesellschaftskonzeptionen gibt, so gibt es auch gegensätzliche Menschenrechtskonzeptionen. Es mag innerhalb des Bürgertums plurale Modellvorstellungen über die optimale Gesellschaftsgestaltung geben, letztlich miteinander zu vereinbarende, sich bedingende übrigens. Zwischen Bürgertum und Proletariat, wenn sich nur beide ihrer Interessen bewußt sind, gibt es bei aller Vereinbarungsmöglichkeit über politisches Verhalten zu bestimmtem Ziel und Zweck entgegengesetzte Gesellschafts- und daher auch Menschenrechtskonzeptionen. Wie sollen sich Kapitalist und Arbeiter grundsätzlich über das Recht auf Arbeit einigen können, wenn der eine auf die „Letztentscheidung des Eigentums“ pocht, während der andere seine Mitbestimmungs- in Selbstbestimmungsrechte, sein Recht auf Arbeit in ein Recht auf gesellschaftliches Eigentum verwandelt sehen möchte? Wie soll es Einigung geben zwischen denen, die Informationsfreiheit als Freiheit für die Zeitungseigentümer interpretieren, die ihnen genehmen Informationen zu verbreiten, und denjenigen, die unter Informationsfreiheit zunächst die Freiheit verstehen, sich die Massenmedien anzueignen, um Informationen verbreiten zu können? Die Meinung s gegensätze über das, was Menschenrechte sind oder sein sollen oder nicht sein können, sind letztlich Interessen gegensätze! Daher gibt es auch keine allgemein-menschliche Kritik an vorhandener Menschenrechtstheorie und -praxis. Weder enthalten also die Menschenrechte einen überzeit- lichen Maßstab für menschliches Verhalten, noch sind Menschenrechtskonzeptionen ein überirdisches Bewertungsmuster für Menschenrechtskataloge. Wohl aber verbergen sich hinter der Meinung, es gebe ahistorische, in der Schöpfungsordnung Gottes angesiedelte Rechte, verschleierungsbedürftige irdische Interessen in Raum und Zeit. Sicher läßt sich ein Menschenrechtskatalog formulieren, dem jeder zustimmen könnte, aber der Abstraktionsgrad der Normen wäre dann so hoch, daß er keine Orientierung und keinen Schutz zu geben vermöchte; er hätte nur einen Sinn: illusionserzeugend zu wirken. Allgemein-menschlicher Anspruch und konkreter Klassencharakter bürgerlicher Menschenrechtskonzeptionen Es charakterisiert die Gesellschafts-(und Menschenrechts-) konzeption der Bourgeoisie, daß sie in der Form nicht einer speziell-bürgerlichen, sondern einer allgemeinmenschlichen Theorie vorgebracht, als Rechtsforderungen von jedermann und für jedermann erhoben wurden. John Locke, der sich bis in die Formulierung hinein als literarischer Vater der Virginia Bill of Rights erweist, hatte gelehrt, daß alle Menschen von Natur aus frei, gleich und unabhängig seien und daher einen Anspruch auf eine Gesellschaft hätten, in der sie im sicheren Genuß ihres Eigentums friedlich miteinander leben können.3 Thomas Jefferson transformierte diesen Satz in die nordamerikanische Unabhängigkeitserkläirung vom 4. Juli 1776: „Wir halten es für selbstverständliche Wahrheiten, daß alle Menschen gleich geschaffen sind, daß sie von ihrem Schöpfer mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, zu denen das Leben, die Freiheit und das Streben nach Glück gehören.“4 Diesen Menschenrechten wurde von ihren Verkündern der Charakter der Heiligkeit, der Unverbrüchlichkeit, der Unübertragbarkeit und der Unveränderlichkeit Jefferson: nichts ist unveränderlich, nur die angeborenen und unveräußerlichen Rechte des Menschen5 zugesprochen. Daß diese Rechte ihren Anspruch, Vernunft ohne Begierde zu normieren, Menschliches und nicht Bürgerliches durchsetzen zu helfen, nicht einzulösen vermochten, und zwar zu keiner Zeit, ist nicht aus dem Text, sondern aus dem Kontext der Menschenrechtserklärungen, der sozialen Realität, zu entnehmen. Da in der heutigen bürgerlichen Literatur mit den literarischen und gesetzgebenden Vätern dieser Menschenrechtserklärungen Heroenkult getrieben wird, möchte ich freilich darauf verweisen, daß ihnen ihre (göttlichen) Ideen durchaus nicht ohne Rücksicht auf ihre (irdischen) Interessen eingefallen sind. Um bei John Locke zu bleiben: er plädierte für die Toleranz der Andersdenkenden wenn sie nicht grade Atheisten waren; er bekannte sich zur gleichen Freiheit aller wenn sie nicht grade Sklaven waren; er begründete das Recht eines jeden, sich die Früchte seiner Arbeit anzueignen wenn er nicht grade Arbeiter war. Locke profitierte übrigens direkt von der britischen Sklaverei im amerikanischen Carolina, und in der von ihm entworfenen Satzung für diese Kolonie steht der bezeichnende Satz: Jeder freie Mann soll absolute Macht und Autorität über seine Negersklaven unabhängig von ihrer Religion haben.6 Thomas Jefferson war, wie auch George Washington, selbst Sklavenhalter. Und als die Pariser Revolutionserklärung über die Rechte des Menschen und des Bürgers 1791 in die erste Verfassung Frankreichs auf-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 284 (NJ DDR 1978, S. 284) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 284 (NJ DDR 1978, S. 284)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1978. Die Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1978 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1978 auf Seite 556. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 (NJ DDR 1978, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1978, S. 1-556).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Auftragsersuchen anderer Diensteinheiten Staatssicherheit oder eigener operativ bedeutsamer Feststellungen;, sorgfältige Dokument ierung aller Mißbrauchs handlangen gemäß Artikel des Transitabkommens, insbeson dere solcher, die mit der Organisierung des staatsfeindlichen Menschenhandels sowie des ungesetzlichen Verlassens von Fahnenfluchten durch Angehörige dieser Organe sowie deren im Haushalt lebende Familienangehörige rechtzeitig zu erkennen und vorbeugend zu verhindern. In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Jugendkriminalitat der Anteil der Vorbestraften deutlich steigend. Diese nur kurz zusammengefaßten Hinweise zur Lage sind eine wichtige Grundlage für die Bestimmung der Haupt riehtunecn der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten im Prozeß der Untersuchung politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse mit bekannten tatverdächtigen Personen bei Versuchen von Bürgern der zur Erreichung ihrer Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzugec und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit gewährleistet. Dadurch werden feindliche Wirkungs- und Entfaltungsmöglichkeiten maximal eingeschränkt und Provokationen Verhafteter mit feindlich-negativem Charakter weitestgehend bereits im Ansatz eliminiert.

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