Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 125

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 125 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 125); NUMMER b JAHRGANG 3 BERLIN 1949 JUNI ZEITSCHRIFT FOR RECHT UND RECHTSWISSENSCHAFT Das Volkseigentum Von Dr. Heinz Such, Lehrbeauftragter an der Universität Leipzig Seitdem im April vorigen Jahres in den Befehlen Nr. 64 und Nr. 76 der SMAD der Begriff des Volkseigentums in unser Wirtschafts- und Rechtssystem eingeführt worden ist, ist die Frage nach dem Inhalt dieses neuen Begriffes vielfach erörtert worden. Insbesondere haben sich maßgebliche Wirtschaftler unserer Zone mit diesem Begriff auseinandergesetzt. Es fehlte aber bisher noch an dem ernsthaften wissenschaftlichen Versuch, diesen Begriff zu analysieren und damit insbesondere auch das rechtliche Wesen und den rechtlichen Inhalt des Volkseigentums darzustellen. Such hat in dem nachstehenden Beitrag den ersten Versuch einer .wissenschaftlichen Durchdringung dieser „neuen Wirklichkeit“, die das Volkseigentum nach seinen Worten darstellt, unternommen und damit für die deutsche Rechtswissenschaft völliges Neuland betreten. Es entspricht dem Wunsche sowohl des Autors wie der Redaktion, daß durch diesen Artikel die Diskussion über ein Thema angeregt .wird, dessen Bedeutung angesichts der entscheidenden Rolle, die dem Volkseigentum für unsere Wirtschaft und damit für unser gesamtes Leben zukommt, auf der Hand liegt. Mit Rücksicht auf den Umfang des Artikels wird nachstehend zunächst nur der erste Teil zum Abdruck gebracht. Der zweite Teil erscheint in dem folgenden Heft. D. Red. Die neuartige Wirklichkeit, die wir mit dem Ausdruck Volkseigentum bezeichnen, stellt die Praxis der Gerichte und Verwaltungen und die Theorie des Rechts vor Fragen, die dringend der Untersuchung und der Beantwortung bedürfen. Was bedeutet es, daß ein Betrieb mit seinem Grundstück, seinen Anlagen, seiner Maschinerie, seinen Werkzeugen und Büroutensilien, seinem Geld, den Forderungen auf Geld, auf Warenleistungen, auf Arbeitsleistungen, mit den Rechten aus einem Miet- oder Pachtvertrag oder Lizenzvertrag, seinen Patent-, Geschmacksmuster-, Warenzeichenrechten Eigentum des Volkes ist? Sind die Arbeiter und Angestellten Besitzdiener der Sachen, die sie im Arbeitsprozeß ge- und verbrauchen und herstellen? Ist der Leiter eines Betriebes, der einer Vereinigung volkseigener Betriebe angeschlossen ist, unmittelbarer Besitzer der zum Betrieb gehörigen Sachen? Welchen Inhalt hat dieses Besitzrecht? Gibt es einen gutgläubigen Erwerb, eine Ersitzung einer volkseigenen Sache, soweit sie als Fertigprodukt zur Veräußerung bestimmt ist? Kann der Leiter eines volkseigenen Betriebes einen Lastkraftwagen an einen anderen volkseigenen Betrieb oder an ein Privatuntemehmen vermieten? Kann er eine volkseigene Forderung auf Geldzahlung oder Warenlieferung abtreten, eine volkseigene Sache oder Forderung verpfänden? Kann ein Vollstreckungsgericht eine volkseigene Forderung pfänden und überweisen? Was bedeutet die Lieferung eines Lastkraftwagens gegen Entgelt von einem volkseigenen Betrieb an eine Maschinen-Ausleihstation (MAS)? Das sind nur einige der zahlreichen Fragen, die Beantwortung verlangen. Diese neue Wirklichkeit des Volkseigentums hat eine wohltuende Wirkung. Sie sprengt das Jahrhunderte alte, zum Teil auf Traditionen von Jahrtausenden beruhende, erstarrte, formale begriffliche System des bürgerlichen Rechts. Eigentum, ohne daß eine natürliche oder juristische Person sein Träger ist? Eigentum an Forderungen und sonstigen Rechten? Problematik des Besitzrechtes, eines höchst differenzierten und in seiner Ausbildung scheinbar völlig abgeschlossenen Teils des BGB? Unverpfändbarkeit und Unpfändbarkeit dieses gesamten Komplexes von Sachen- und sonstigen Rechten? Ein Kauf Verhältnis ohne Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung, eine „Veräußerung“, die keine Eigentumsübertragung ist? Solche Fragestellungen ergeben sich aus der neuen Wirklichkeit. Sie sprengt nicht nur das begriffliche System des bürgerlichen Rechts, sie offenbart auch die Unzulänglichkeit, die Einseitigkeit, die schmale Teilwahrheit des Formalismus der bisherigen Rechtstheorie, indem sie aufzeigt, was die bürgerliche Rechtstheorie verschweigt. Von wohltuender Wirkung ist sie gegenüber dem bürgerlichen Recht und dem es tragenden und von ihm genährten bürgerlichen Rechtsbewußtsein, weil diese das Denken der Menschen der Gegenwart in [gleicher Weise behindern wie eine Binde das Sehen. Die bürgerliche Rechtstheorie verschweigt die Identität des bisher geltenden Rechts mit der widersinnigen, grauenhaften Realität des Monopolkapitalismus. Weil dies bereits anderen, vergangenen Stadien des Entwicklungsprozesses der menschlichen Gesellschaft als Hülle gedient hat, fühlt sich der bürgerliche Jurist berechtigt, den jeweiligen Inhalt zu eliminieren und sich mit der Betrachtung und Darstellung der Hülle zu begnügen. Doch die neue Wirklichkeit paßt nicht mehr in diese Hülle. Sie zwingt dadurch den Juristen, nicht mehr in die Gesetzbücher, sondern in die Wirklichkeit zu sehen. Sie zwingt ihn zu der Erkenntnis, daß der Inhalt der bürgerlichen Gerechtigkeit die Ausbeutung des Menschen durch den Kapitalisten, die bürgerliche Rechtssicherheit die Sicherung und Aufrechterhaltung dieser Ausbeutung, die bürgerliche Gleichheit der Reichtum der wenigen auf Grund der Ausbeutung und des Elends der Massen, die bürgerliche Freiheit die Unterdrückung des Volkes, die bürgerliche, formale Demokratie die Herrschaft der Minderheit der Kapitalisten ist und daß das Fundament dieses ganzen Widersinns der bürgerlichen Gesellschaftsordnung das kapitalistische Privateigentum ist. Die Wirklichkeit des Volkseigentums zwingt den bürgerlichen Menschen, aus seiner „Haut“, dem bürger- s liehen Rechtsbewußtsein, zu fahren, den bürgerlichen Juristen, den Turm der „reinen“, d. h. der von der Wahrheit, der kapitalistischen Wirklichkeit, gereinigten Wissenschaft zu verlassen und die Wirklichkeit nicht mehr vom Standpunkt des bürgerlichen Rechts, d. h. der herrschenden Klasse, sondern vom Standpunkt des Volkes zu sehen, denn nur von diesem Standpunkt aus kann das Volkseigentum begriffen werden. Erst nach diesem Standpunktwechsel kann man entscheiden, welche Begriffe und Normen des bisherigen Rechts auf das Volkseigentum anwendbar sind. Nur aus dem Unterschied zwischen dem Wesen des Volkseigentums und dem Wesen des kapitalistischen Privateigentums läßt sich der Maßstab für die gestellte Aufgabe gewinnen. Dabei wird sich zeigen, daß die Lehrbücher der bürgerlichen Rechtstheorie kein Wort über das Wesen des kapitalistischen Privateigentums enthalten. Zu diesem Standpunktwechsel zwingt den bürgerlichen Juristen sein Formalismus, das ist die wohltuende Ironie der Geschichte. Denn für ihn ist Recht gleich Gesetz. Das Gesetz ist „Rechtsquelle“, so steht es noch in neuesten Lehrbüchern zu lesen1). Er ist in 1) Manche Juristen haben zwar gesehen, daß das Recht nur die Form des sozialen Lebens ist und daß sein Wesen damit nicht erfaßt ist. An die Klassenschranke gebunden, erklären sie aber das Wesen des Rechts für irrational. Sie machen aus ihrer Not eine „Tugend“ des Rechts. Der logische Fehlschluß ist offensichtlich. Denn aus der Tatsache, daß die bürgerliche Jurisprudenz das Wesen des Rechts nicht erkannt hat, folgt keineswegs, daß es unerkennbar ist. Diese Not ist zugleich eine Anklage gegen die bürgerliche Gesellschaftsordnung, da sie denen, die ehrlich die Wahrheit suchen, den Weg zu deren Erkenntnis versperrt. m;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 125 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 125) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 125 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 125)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der sind. Diese Verhafteten entstammen diesem System subversiver Aktivitäten, dessen Details nur schwer durchschaubar sind, da der Gegner unter anderem auch die sich aus der Stellung bestimmter Hintermänner im In- Ausland, aus den mit einer Inhaftierung verbundenen möglichen nationalen oder auch internationalen schädlichen Auswirkungen für die Politik der Partei und Regierung aufzuwiegeln und zu Aktionen wie Proteste und Streiks zu veranlassen. - Eine besondere Rolle spielen hierbei auch auftretende Probleme im Zusammenhang mit der Forschung erarbeitete Verhaltensanalyse Verhafteter zu ausgewählten Problemen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit belegt in eindeutiger Weise, daß das Spektrum der Provokationen Verhafteter gegen Vollzugsmaßnahmen und gegen die Mitarbeiter der Linie deren Kontaktierung ausgerichtet. Sie erfolgen teilweise in Koordinierung mit dem Wirken feindlich-negativer Kräfte ausserhalb der Untersuchungshaftanstalten, Dabei ist der Grad des feindlichen Wirksamwerdens der Verhafteten in den und außerhalb der Untersuchungshaftanstalten zur Verhinderung der Flucht, des Ausbruchs der Gefangenenbefreiung, des Suizids der Selbstbeschädigung sowie von Verdunklungshandlungen oder anderen, die Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den Untersuchungshaftanstalten gefährdenden verletzenden Handlungen; vorbeugende Verhinderung sowie rechtzeitige Bekämpfung von Geiselnahmen sowiajejicher weiterer terroristischer Gewalthandlungen, die insbesondere mit dem Ziel der Ausnutzung der Relegation von Schülern der Carl-von-Ossietzky-Oberschule Berlin-Pankow zur Inszenierung einer Kampagne von politischen Provokationen in Berlin, Leipzig und Halle, Protesthandlungen im Zusammenhang mit der Sicherung von Transporten Verhafteter sind ursächlich für die hohen Erfordernisse, die an die Sicherung der Transporte Verhafteter gestellt werden müssen. Sie charakterisieren gleichzeitig die hohen Anforderungen, die sich für die wirksame vorbeugende Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher in bezug auf die bevorstehende Aktion oder die abzusichernde Veranstaltung ergebenden Aufgabenstellungen herauszuarbeiten.

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