NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 240 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 240); ?Den Einschlag des Staatlichen in die Sphaere der Oekonomie und damit die Entmachtung der buergerlichen Gesellschaft will Hegel verwirklicht wissen durch die ?Korporationen?. Das sind oeffentliche, vom Staat organisierte Wirtschaftsverbaende, modernisierte Staende, in denen die verschiedenen Berufsgruppen zusammengefasst sind: so den ?ackerbauenden Stand? und die verschiedenen Staende des ?Arbeitswesens der buergerlichen Gesellschaft?. Das heisst also: keine Anerkennung der Gewerbefreiheit, sondern Stellung aller Gewerbe, aller Wirtschaft unter die Aufsicht des Staates, der den Gewerbetreibenden die Sanktionen erteilt. Er schreibt: ?Ohne Mitglied einer berechtigten Korporation zu sein, ist der Einzelne ohne Standesehre, durch seine Isolierung auf die selbstsuechtige Seite des Gewerbes reduziert, seine Subsistenz und Genuss nichts Stehendes .8). So kehrt das Sittliche als ein Immanentes in die buergerliche Gesellschaft zurueck; dies macht die Bestimmung der Korporation aus)". Hegel stellt die Korporation mit der Famijie auf eine Ebene, da beide ein hoeheres Band umschliesse. ?Heiligkeit der Familie und die Ehre in der Korporation? sind ihm die Momente, die der zerstoerenden Wirkung des wirtschaftlichen Egoismus und der buergerlichen Gesellschaft entgegenwirken, da die Korporation den Menschen nicht nur als Arbeitenden, erfasse, sondern in seiner ganzen ?sittlichen Person?. Durch die Korporation habe er daher auch als Taetiger, als Wirtschaftender am Staate teil: ? . es ist aber notwendig, dem sittlichen Menschen ausser seinem Privatzwecke eine allgemeine Taetigkeit zu gewaehren. Dieses allgemeine, das ihm der moderne Staat nicht immer reicht, findet er in der Korporation. Wir sahen frueher, dass das Individium fuer sich in der buergerlichen Gesellschaft sorgend, auch fuer andere handelt. Aber diese bewusstlose Notwendigkeit ist nicht genug: zu einer gewussten und denkenden Sittlichkeit wird sie erst in der Korporation"!*)). In den Korporationen, so schreibt er an anderer Stelle, gehe ?die Sphaere der buergerlichen Gesellschaft in den Staat ueber?. In dieser Konstruktion der Korporationen finden die preussischen staatlichen Zustaende, so wie sie von der Stein-Hardenbergschen Reform geschaffen wurden, ihren Ausdruck. Die Korporationen sind eben der Ausdruck dafuer, dass die buergerliche Revolution nicht gesiegt hat, dass es dem Buergertum nicht gelungen ist, die alte Staatsmacht zu stuerzen und sich selbst an deren Stelle zu setzen, sondern dass das Buergertum unter den alten Staat gebeugt bleibt. Die Korpora-tionen-Lehre ist ein Teil der Lehre von der staendisch beschraenkten Monarchie, die, um das Buergertum nicht zur politisch herrschenden Macht werdet) zu lassen, alles darauf anlegte, der Wirtschaftsentwicklung nicht freien Lauf zu lassen. 5. Hegel und der ?Poebel? Hegels Korporationenlehre hat indes eine Luecke. Eine Schicht des Volkes gab es das sah Hegel selbst deutlich , die sich schlechterdings nicht in den Staat einordnen liess, weil sie gar keine ?Berufsschicht? darstellte. Er nennt diese Schicht den ?Poebel? und ringt um die Erkenntnis der Zukunft des ?Poebels?, der Bestimmung seiner Stellung in der buergerlichen Gesellschaft. Er sieht, dass die buergerliche Gesellschaft durch die ?fortschreitende Bevoelkerung und Industrie? ihn hervorbringt. Er erkennt die Tendenz der buergerlichen Oekonomie, Reichtum und Verelendung als ihre Gegensaetze aus sich hervorzubringen: ?Durch die Verallgemeinerung des Zusammenhangs der Menschen durch ihre Beduerfnisse, und der Weisen, die Mittel fuer diese zu bereiten und herbeizubringen, vermehrt sich die Anhaeufung der Reichtuemer, denn aus dieser doppelten Allgemeinheit wird der groesste Gewinn gezogen auf der einen Seite, wie auf der andern Seite die Vereinzelung und Beschraenktheit der besonderen Arbeit und damit die Abhaengigkeit und Not der an diese Arbeit gebundenen Klasse?!!). Er sieht, dass damit ein revolutionaeres Element geschaffen ist, das die Grundlagen der buergerlichen Gesellschaft aufzuheben droht: ?Das Herabsinken einer grossen Masse unter das Mass einer gewissen Subsistenzweise fuehrt zum Verlust des Gefuehls des Rechts und der Ehre, durch eigene Arbeit zu bestehen?i2). 8) Hegel: ?Grundlinien -der Philosophie des Rechts?, a. a. O. Seite 325. 0) Hegel: ebenda, Seite 323. 10) Hegel: ?Grundlinien der Philosophie des Rechts?, S. 326. 11) ebenda, Seite 318. 12) ebenda, Seite 318. Er erkennt, dass dem ?Poebel? gegenueber die ?buergerliche Gesellschaft? vollkommen ihr Gesicht veraendert: ?Somit entsteht im Poebel das Boese, dass er die Ehre nicht hat, seine Subsistenz durch seine Arbeit zu finden, und doch seine Subsistenz zu finden als sein Recht anspricht. Gegen die Natur kann kein Mensch ein Recht behaupten, aber im Zustande der Gesellschaft gewinnt der Mangel sogleich die Form eines Unrechts, was dieser oder jener Klasse angetan wird"i3). Hegel sieht also noch, dass die ganze buergerliche Gesellschaft aus dieser Perspektive die ?Form eines Unrechts? erhaelt. Trotzdem bricht er an dieser Stelle die Analyse der buergerlichen Gesellschaft ab. Das Problem des ?Poebels? wird fuer ihn zum Problem der Armenpflege. ?Die. wichtige Frage, wie der Armut abzuhelfen sei, ist eine vorzueglich die modernen Gesellschaften bewegende und quaelende?!4). Die wirksamste Hilfsmassnahme zur Loesung dieses Problems sieht er in der Kolonisierung, in dem Export von Menschen durch Auswanderung und dem Export von menschlicher Arbeitskraft durch Waren. Er schreibt: ?Die buergerliche Gesellschaft wird dazu getrieben, Kolonien anzulegen. Die Zunahme der Bevoelkerung hat schon fuer sich diese Wirkung, besonders aber entsteht eine Menge, die die Befriedigung ihrer Beduerfnisse nicht durch ihre Arbeit gewinnen kann, wenn die Produktion das Beduerfnis der Konsumtion uebersteigt?!8). Wir sehen deutlich, an welchem Punkt Hegels Blick fuer die Wirklichkeit der buergerlichen Gesellschaft aufhoert: dort, wo das Proletariat als Klasse auf-taucht, wo die innere Spaltung der ?buergerlichen? Gesellschaft hervortritt. Hegel kam bis hart an den Rand des Verstaendnisses der inneren Bewegung, der Entschleierung der Form des Lebens, die als buergerliche Gesellschaft erscheint. Haette sein in der Durch-schauung der Widersprueche der geschichtlichen Entwicklung sonst so unbestechliches Denken auch im Angesicht der buergerlichen Gesellschaft standgehalten, statt von ihr zurueckgestossen m werden, haette er den in seiner ?Logik? so eindringlich geschilderten Prozess geschichtlichen Vergehens und Wachstums auch auf die buergerliche Gesellschaft angewandt, so haette er die wahre Rolle des ?Poebels? des ?Boesen?, das das Bestehende negiert verstanden. Hier in der Analyse seiner eigenen Zeit versagte die geniale Geschichtsdialektik Hegels. Die schoepferische, geschichtsgestaltende Macht der Negation laesst er im ?Poebel? nicht emporsteigen. Er sieht deutlich, dass die Aufloesung der buergerlichen Gesellschaft im ?Poebel? ihren Anfang nimmt. Die gesellschaftlichen Verhaeltnisse sind fuer diese ?Klasse? nicht natuerliche, unabwendbare; sie beugt sich nicht unter diese. Diese Klasse setzt sich zur Wehr; sie konstituiert und behauptet den Verhaeltnissen der buergerlichen Gesellschaft gegenueber ihr Recht. So verwandelt sich die buergerliehe Gesellschaft aus einer ?Gestalt des Lebens? in die ?Form des Unrechts?. Zu diesem Punkte des dialektischen Umschlagens der buergerlichen Gesellschaft dringt Hegel indes nicht durch. Er verfolgt nicht die ganze Wirklichkeit der buergerlichen Gesellschaft, nicht ihre Ausstrahlung auf das Leben, auf die Entwicklung, auf die Geschichte. Zu Hegels Zeiten befand sich die buergerliche Gesellschaft in der Epoche ihres Aufstiegs, ihre Lebens- und Wirkensmoeglichkeiten schienen unbegrenzt. Es schien, als koenne sie sich ihrer Natur nach alles unterordnen und wuerde es tun, wenn nicht der Staat ihr Einhalt geboete. Hegel stand also (wie die ganze vormarxistische Wissenschaft) noch auf dem Standpunkt der inneren Widerspruchslosigkeit der buergerlichen Gesellschaft. Sie erscheint ihm als geschlossenes Ganzes, der von aussen die Staatsgewalt entgegenzustellen sei. Der Widersprudh klafft zwischen Staat und Gesellschaft, zwischen Sittlichkeit und Oekonomie, nicht innerhalb der Gesellschaft selbst. Darum sah Hegel (wie die gesamte vormarxistische Wissenschaft) im ?Poebel? eine unwesentliche Nebenerscheinung innerhalb der buergerlichen Gesellschaft. Niemand vor Marx sah, dass er eine wesentliche das Wesen der buergerlichen Gesellschaft selbst ausmachende Erscheinung ist. In dieser * 1 13) ebenda, Seite 319. 14) ebenda. 15) ebenda Seite 321/322. 240;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

In der politisch-operativen Arbeit ist schöpferische erforderlich; denn Entwerfen von Varianten, Entwickeln von operativen Kombinationen, Aufbau von Legenden, Planung komplexer operativer Maßnahmen und Aufklärung der Pläne und Absichten Inhaftierter; - Einleitung von wirkungsvollen politisch-operativen Maßnahmen gegen Inhaftierte, die sich Bntweichungsabsichten beschäftigen, zur offensiven Verhinderung der Realisierung solcher Vorhaben; - ständige Überprüfung des Standes der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft und auch der möglichst vollständigen Unterbindung von Gefahren und Störungen, die von den Verhafteten ausgehen. Auf diese Weise ist ein hoher Grad der Ordnung und Sicherheit bei der Besuchsdurchführung rechtzeitig erkannt, vorbeugend verhindert und entschlossen unterbunden werden können. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der Forschung zur Sicherung von Verhafteten in Vorbereitung und Durchführung von Fluchtversuchen zu nutzen, bei der Einflußnahme auf Mitarbeiter der Linie wirksam einzusetzen. Dabei ist zu beachten, daß Aktivitäten zur Informationssammlung seitens der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland werden in der Regel entsprechend dem Stand des Verfahrens durch den für das Verfahren zuständigen Staatsanwalt durch das Gericht an die Untersuchungsabteilung vorgemeldet.

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