Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 82

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 82 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 82); Deutschland Geltung haben. Die Ausübung der Gerichtsbarkeit im engeren Sinne, d. h. die dem Gericht in bezug auf die Rechtsanwendung im einzelnen Falle überwiesene Tätigkeit wird grundsätzlich geregelt durch Art. V der Kontrollratsproklamation Nr. 3 und durch Kontrollratsgesetz Nr. 4 vom 30.10. 1945; gleichzeitig gibt letzteres Gesetz Auskunft über das Verhältnis zwischen Kontrollratsgesetz-gebung und zonaler Gesetzgebung auf diesem Gebiet : nach Art. VI sind die Militärbefehlshaber der Zonen mit der Durchführung des Gesetzes beauftragt, nach Art. V ist es ihnen überlassen, „in Ausführung dieses Gesetzes“ Vorschriften zu erlassen. Soweit solche Vorschriften am 30.10.1945 bereits erlassen waren, sind sie durch Art. III der Kontrollratsproklamation Nr. 1 vom 30. 8.1945 in dieses System der Kontrollratsgesetzgebung einbezogen worden. Wenn damit feststeht, daß die deutschen Gerichte, wenn überhaupt von einer Besatzungsbehörde, so jedenfalls vom Kontrollrat und nicht einer zonalen oder der Berliner Militärregierung, „ihre Gerichtsbarkeit herleiten“, so ist noch nicht geklärt, was unter diesem verschwommenen Ausdruck zu verstehen ist. Will das Landgericht Berlin, das ihn mit Billigung des KG Beschluß v. 19.7.1946 in 2 W. 11/46 gebraucht, damit zum Ausdruck bringen, daß die Berliner Gerichtsbarkeit eine Gerichtsbarkeit der Militärregierung sei ? Anders kann der Ausdruck kaum verstanden werden1), denn die Staatsgewalt, deren Ausfluß die Gerichtsbarkeit ist, kann begrifflich nur diejenige Gerichtsbarkeit delegieren, d. h. einem Gericht zur Ausübung übertragen, die sie selbst besitzt. In Wirklichkeit handelt es sich natürlich nicht um die Gerichtsbarkeit der Besatzungsmächte diese besteht gesondert , und man kann dem zitierten Wortlaut zum Trotz unterstellen, daß auch das KG nicht dieser Auffassung ist. Was in Wirklichkeit von den Besatzungsmächten „hergeleitet“ wird, ist nicht die Gerichtsbarkeit, d. h. die Gerichtsbarkeit der Besatzungsmächte, sondern die Anweisung (und die darin liegende Zustimmung) zur Ausübung der deutschen Gerichtsbarkeit (vgl. Art. V Kontrollratsproklamation Nr. 3). Der Kontrollrat in seiner Doppeleigenschaft als „völkerrechtliches Organ der Alliierten zur Durchführung der Okkupation und das die deutsche Reichsgewalt ausübende Organ“ (Peters, a. a. O.) hat seiner eigenen Gerichtsbarkeit bzw. der seiner Mitglieder nur einen kleinen Sektor der aus der „Gerichtsherrlichkeit“ sich ergebenden Befugnisse unterstellt (Art. III Kontrollratsgesetz Nr. 4) und sich im übrigen darauf beschränkt, die Aufnahme der deutschen Gerichtsbarkeit anzuordnen, die durch den vorausgegangenen Stillstand der Rechtspflege praktisch unterbrochen war. Das ist völkerrechtlich kein Novum; insbesondere darf man sich durch den Umstand, daß diese Anordnung mit gewissen durch den Niederbruch der nationalsozialistischen Herrschaft und die zonenmäßige Gliederung bedingten Änderungen der Gerichtsverfassung verknüpft war, nicht zu der Annahme verleiten lassen, daß sich der Inhalt der Gerichtsbarkeit geändert habe. Ihrem Inhalt nach ist sie ausweislich der Regelung durch den Kontrollrat nach wie vor Ausfluß der gesamtdeutschen Staatsgewalt, sie spricht Recht nach wie vor „im Namen des deutschen Volkes“ und unter Anwendung der deutschen ■) Daß er in der Praxis tatsächlich so verstanden wird, beweist die Anfrage eines sächsischen, früher am Reichsgericht zugeiassenen Rechtsanwalts an die Deutsche Justizverwaltung, in der es heißt: „ . es ist unklar, ob das Kammergericht nur als internationales Gericht tätig ist, oder im Sinne der deutschen Gerichtsverfassung und Prozeßordnung, jedoch beschränkt auf den Bereich des Vierzonen-Bezirks Berlin “ Justizgesetze, deren Grundlage der gesamtdeutsche .Geltungsbereich ist. Damit ist, wie am Schluß näher erläutert werden soll, nicht zum Ausdruck gebracht, daß die von der heutigen deutschen Gerichtsbarkeit verkörperte Staatsgewalt identisch ist mit irgendeiner früheren deutschen Staatsgewalt: Kontinuität der Gerichtsbarkeit setzt nicht Identität der Staatsgewalt voraus. Aus jener Erkenntnis ergeben sich weitreichende Folgerungen. Sie löst zunächst einmal die Frage, ob die deutschen Gerichte „neu errichtet“ oder nur wiedereröffnet worden sind, in dem der Rechtsprechung des KG und LG Berlin entgegengesetzten Sinne. Ergibt sich aus der Kontrollratsgesetzgebung die Kontinuität der deutschen Gerichtsbarkeit, so ist für die künstliche Konstruktion der „Neuerrichtung“ kein Raum. Diese Kontinuität geht aber nicht nur, wie oben dargestellt, aus der Kontrollratsgesetzgebung hervor, sondern noch um vieles drastischer aus dem Gesetz Nr. 2 der Militärregierung Groß-Berlin vom 18.7.1945, demjenigen Gesetz also, auf das sich auch das KG in dem schon erwähnten Beschluß vom 19. 7.1946 zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung stützt. Das Gesetz, dem wie bemerkt, rechtssystematisch der Rang eines Ausführungsgesetzes zur Kontrollratsgesetzgebung zukommt, unterscheidet 4 Kategorien von Gerichten (Art. I): Reichsgericht und Reichsverwaltungsgericht, denen „bis auf weiteres“ die Autorität über die hier in Frage kommenden Berliner Gerichte entzogen wird, Amtsgerichte, die ihre Tätigkeit fortsetzen, Sonder- und Parteigerichte, die „aufgelöst“ bzw. „abgeschafft“ werden, alle anderen Gerichte, die „geschlossen“ werden. Nun hätte das KG, das der Tatsache der „Schließung“ dieser Gerichte ausschlaggebende Bedeutung beilegt Beschl. v. 19. 7.46 , bereits aus der Gegenüberstellung von abgeschafften und geschlossenen Gerichten entnehmen müssen, daß die Schließung nicht als endgültige Maßregel gedacht war. Weiter hätte ein Vergleich mit den maßgeblichen fremdsprachlichen Texten des Gesetzes ergeben, daß, was z. B. den englischen Text betrifft, das Wort „geschlossen“ lediglich eine ungenaue Übersetzung des Wortes „suspended“ ist und das entsprechende Substantiv „suspension“ in Ziffer 3 des gleichen Art. I bereits richtiger mit „einstweiliger Schließung“ übersetzt ist. Darüber hinaus lautet die Überschrift des Art. I: „Zeitweilige Einstellung der ordentlichen Gerichte“, die Überschrift des Art. III: „Ermächtigung zur Wiedereröffnung von ordentlichen Gerichten“, und in Ziffer 5 Art. III ist vorgesehen, daß „das Kammergericht und Landgericht erst dann wieder eröffnet werden und ihre ordentliche Tätigkeit auf nehmen (genauere Übersetzung: wieder auf nehmen. N.), wenn und soweit dies in schriftlichen Anweisungen der Militärregierung bestimmt wird“; in Ziffer 6 wird geregelt, in welcher Reihenfolge die Gerichte „nach Wiedereröffnung“ die vorliegenden Sachen zu erledigen haben, wobei „die vor der Wiedereröffnung anhängig gewordenen Sachen“ ebenso ihren Platz finden, wie die später eingegangenen. Ersichtlich bedarf es keines weiteren Nachweises dafür, daß der Gesetzgeber die Kontinuität der deutschen Gerichtsbarkeit in der Form des grundsätzlichen Weiterfunktionierens der vorher bestehenden ordentlichen Gerichte nach der (vor allem durch die Reorganisation des Richterpersonal bedingten) 82;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 82 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 82) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 82 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 82)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände der konkreten Eeindhandlungen und anderer politischoperativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Staatsfeindliche Hetze, staatsfeindliche Gruppenbildung und andere negative Gruppierungen und Konzentrationen sowie weitere bei der Bekämpfung von politischer Untergrundtätigkeit zu beachtender Straftaten und Erscheinungen Terrorhandlungen Rowdytum und andere Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung Landesverrat Ökonomische Störtätigkeit und andere Angriffe gegen :die Staatsgrenze. Yon den Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit wurden im Jahre gegen insgesamt Personen wegen Straftaten gegen die Staatsgrenzen der Ermittlungsverfahren eingeleitet zur weiteren Bearbeitung übernommen. Bei diesen Personen handelt es sich um die beabsichtigten, illegal die zu verlassen die sich zur Ausschleusung von Bürgern der in die Tätigkeit von kriminellen Menschenhändlerbanden eingegliedert hatten die bei Angriffen gegen die Staatsgrenze Angriffe gegen die Landesverteidigung. Zu Feststellungen über die Organisierung politischer Untergrundtätigkeit Straftaten der staatsfeindlichen Hetze, der öffentlichen Herabwürdigung und weitere damit im Zusammenhang stehende Straftaten gegen die staatliche und öffentliche. Im Berichtszeitraum wurden Ermittlungsverfahren gegen Personen bearbeitet, die in schriftlicher oder mündlicher Form mit feindlich-negativen Äußerungen gegen die staatliche und öffentliche Ordnung. Landesverrat Ökonomische Störtätigkeit und andere Angriffe gegen die Volkswirtschaft Staatsfeindlicher Menschenhandel und andere Angriffe gegen die Staatsgrenze V: Militärstraftaten ?. Verbrechen Men schlichke Entwicklung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit der Kreis-und Objektdienststellen gearbeitet. Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben die gestellten Aufgaben richtig verstanden und notwendige Maßnahmen eingeleitet.

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