Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 162

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 162 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 162);  FGG in Verbindung mit § 2358 BGB. Wenn § 15 Abs. 1 Satz 1 FGG ausspricht, daß die Vorschriften der ZPO über den Zeugenbeweis, über den Beweis durch Sachverständige und über das Verfahren bei der Abnahme von Eiden entsprechende Anwendung finden, so ist dies nach Auffassung des Senats materiell, nicht formell zu verstehen. Nicht nur, was im 7. Titel des Zweiten Buches der ZPO (§ 373 401 j' enthalten ist, sondern auch die allgemeinen Bestimmungen des 5. Titels, die für den Zeugenbeweis gelten, wie insbesondere § 357, sind demnach hier anzuwenden. Die öfter, auch im Kommentar von Schlegelberger zum FGG, 4. Auflage, Anm. 19, 26 zu § 12, Anm. I 5 zu § 15, vertretene Auf- fassung, daß das in dem Grundsatz der mündlichen Verhandlung wurzelnde Recht der Zivilprozeßparteien, der Beweisaufnahme beizuwohnen, den Beteiligten im Verfahren über Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit an sich nicht zustehe und es nur Sache des freien Ermessens des Gerichts sei, ob es die Beteiligten zum Beweisverfahren hinzuziehen und vor Abschluß der Ermittlungen noch einmal hören wolle, erscheint den Anforderungen der Praxis gegenüber als zu formalistisch. An diesem seinem Standpunkte, den er bereits mehrfach in Erbscheinsverfahren eingenommen hat, muß der Senat um so mehr festhalten, als andernfalls den Erfordernissen des § 2358 BGB gar nicht entsprochen werden könnte. Das Nachlaßgericht hat durch diese über den § 12 FGG hinausgehende Vorschrift die Pflicht auferlegt bekommen, die von dem Antragsteller angegebenen Beweismittel zu benutzen. Dies ist auch aus gutem Grunde geschehen. Denn im Erbscheinsverfahren kommt das Nachlaßgericht häufig in die Lage, streitige Rechtsverhältnisse beurteilen zu müssen; z. B. muß es darüber befinden, ob die Voraussetzungen der §§ 23 ff. des Gesetzes über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen Vorgelegen haben, wenn einer der am Verfahren Beteiligten sich auf ein Nottestament stützt; es muß darüber entscheiden, ob .die Voraussetzungen des § 11 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939 gegeben sind, wenn die Erbfolge nach einem von mehreren Verstorbenen in Frage steht und die Erbringung des Beweises versucht wird, daß dieser die anderen Verstorbenen überlebt habe. Gerade durch diese neueren Gesetze ist die Bedeutsamkeit und Wichtigkeit des Erbscheinsverfahrens gesteigert worden. Wollte man trotz § 2358 BGB und trotz dieser neueren Gesetzgebung daran festhalten, den Beteiligten die Teilnahme an der Beweiserhebung und die Mitteilung des Beweisergebnisses zu versagen, so würde das in vielen Fällen zu unerfreulichen Folgerungen führen. Derjenige Beteiligte, der der Ansicht ist, daß durch seine Anwesenheit bei der Beweiserhebung ein anderes Ergebnis herbeigeführt worden wäre, wird dann den ordentlichen Rechtsweg beschreiten, und es kann dann unter Umständen ein rechtskräftiges Urteil ergehen, das im Gegensatz zu der Entscheidung des Nachlaßgerichts steht, so daß das Erbscheinsverfahren sieh als überflüssig, ja ggf. als nachteilig heraussteilen würde. Ein solcher Widerspruch wird regelmäßig unterbunden, wenn das Nachlaßgericht im Erbscheinsverfahren die Beteiligten zu der Beweisaufnahme hinzuzieht und ihnen die Stellungnahme zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme ermöglicht. Ob die Heranziehung des § 357 ZPO auch in anderen Verfahren nach dem FGG angezeigt ist, kann dahingestellt bleiben. Im Erbscheinsverfahren, in dem die Erteilung des Erbscheins häufig von der Beurteilung eines streitigen Rechtsverhältnisses abhängt, und die an dem Verfahren Beteiligten Zeugen- und Sachverständigenbeweis antreten, erscheint sie nach den obigen Darlegungen als unbedingt notwendig. Anmerkung: Die bemerkenswerte Entscheidung steht im Widerspruch zu der Entstehungsgeschichte des Gesetzes und zu der bisherigen Praxis, ist aber im Ergebnis zu billigen. Der in § 12 RFGG auf gestellte Grundsatz der Amtsprüfung sollte durch die in § 15 RFGG enthaltenen Bestimmungen über die Zeugenvernehmung lediglich ergänzt werden, ohne daß über die dort ausdrücklich ge- troffene Regelung hinaus an eine Beschränkung der dem Gericht zur Durchführung der Amtsaufklärung eingeräumten Ermessensfreiheit gedacht worden wäre. Die ganz vereinzelt von Unger ZZP 19, 88 vertretene abweichende Meinung hat sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung des Kammergerichts und des Bayr. ObLG allgemein ablehnende Beurteilungen gefunden (vgl. Schlegelberger Komm. 5. Aufl. Anm. 1 zu § 15 RFGG mit zahlreichen Nachweisungen). Der in der Entscheidung hervorgehobene Gedanke, die Bezugnahme auf die „Vorschriften der Zivilprozeßordnung über den Zeugenbeweis“ sei „materiell“ zu verstehen, ist bereits früher wiederholt in der höchstrichterlichcn Rechtsprechung und im Schrifttum (Nachweisungen bei S c hie -gelbergera. a. O. Anm. 5 zu § 15 RFGG und Anm. 26 zu § 12 a. E., wobei noch die Entscheidung KGJ 30 A 288 ff. = RJA 6 S. 50 hinzuzufügen wäre) gewürdigt, aber zutreffend als dem Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes nicht gerecht werdend zurückgewiesen worden. Angesichts der Bemerkung in der Denkschrift zum 1. Entwurf des FGG S. 35, inwieweit den Beteiligten vor der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung zu geben sei, müsse grundsätzlich der Beurteilung des Richters im einzelnen Falle überlassen bleiben, eine bestimmte Regel lasse sich hierfür nicht aufstellen, kann daran, daß diese Auslegung dem Willen des Gesetzgebers entspricht, kein Zweifel sein, weil es widerspruchsvoll sein würde, die Notwendigkeit einer Anhörung der Beteiligten vor der Entscheidung zwar grundsätzlich zu\ verneinen, für den Fall der Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen oder der Einnahme des Augenscheins aber ebenso grundsätzlich zur Pflicht zu machen. Wenn auch die Auslegung, die der Gesetzgeber selbst einer von ihm getroffenen Regelung gegeben zu sehen wünschte, für die spätere Rechteanwendung nicht unbedingt bindend ist, so be-steht*doch jedenfalls Einverständnis darüber, daß von ihr nicht ohne Not abgewichen werden sollte. Neue Gesichtspunkte, die zu einer grundsätzlich anderen Beurteilung Veranlassung geben könnten, sind in der Entscheidung nicht enthalten. Der Hinweis auf § 2358 BGB vermag eine solche nicht zu rechtfertigen, weil in dieser Bestimmung der Grundsatz der Amtsprüfung in der freiwilligen Gerichtsbarkeit lediglich für den besonderen Anwendungsfall des Erbscheinverfahrens wiederholt ist (vgl. Schlegelberger, a.a.O. Anm. 19 Abs. 2 zu § 12 RFGG, sowie die Denkschrift S. 35 zu § 12 RFGG und insbes. die Motive zum BGB S. 562 zu §§ 2071, 2072 des Entw. I unter IV 1 M u g -dan, Mat. Bd.V S.SOO). Wenn aus den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Erbschein überhaupt weitere verfahrensmäßige Schlußfolgerungen ' sollten gezogen werden dürfen, so könnte höchstens § 2316 Abs. I und II den Umkehrschluß recht-fertigen, daß es im übrigen auch im Erbscheinverfahren bei der allgemeinen Regelung durch §§ 12 ff. RFGG sein Bewenden haben sollte. An der danach auf eine gesicherte Auslegung des Gesetzes gegründeten ganz überwiegenden Beurteilung der Rechtslage sollte grundsätzlich festgehalten werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Freiwillige Gerichtsbarkeit nicht Rechtsprechung, sondern justizförmliche Verwaltung ist, sollte sie auch in Ztikunft von allen Schranken eines Formalprozesses nach Möglichkeit befreit bleiben. Es ist zudem nicht zu verkennen, daß es auch im Erbscheinsverfahren vereinzelt Fälle geben kann, in denen die Hinzuziehung der Beteiligten zu der Beweisaufnahme sich als sachlich hemmend, wenn nicht gar bedenklich erweisen kann, eine Erwägung, der der Gesetzgeber selbst sogar für die Fälle d.es §2360 Abs.I und II BGB durch die Bestimmung des § 2360 Abs. III BGB besonders Rechnung getragen hat. Außerdem ist in diesem Zusammenhänge auf die bereits im Schrifttum (vgl. Schlegelberger a. a.O. Anm. 5 zu § 15 RFGG) erörterte praktische Schwierigkeit hinzuiweisen, die sich in vielen Fällen unvermeidlich daraus ergeben würde, daß zur Zeit der Durchführung der Beweisaufnahme der Kreis der „Beteiligten“ noch keineswegs in vollem Umfange festzustehen braucht. Dennoch wird die Entscheidung im Ergcbtüs als zutreffend anzusehen sein. Die Bedenken, die Wem OLG Potsdam Veranlassung gegeben haben, sich bewußt 162;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 162 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 162) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 162 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 162)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit aus dem Oahre durch dienstliche Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, wie zum Beispiel die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchimgshaft Vom. Zur Durchführung der Untersuchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Diese Anweisung bestimmt das Ziel, die Prinzipien und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der ermächtigt, die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen. Die Notwendigkeit der Anwendung solcher Erfordernisse kann sich bei der Lösung politisch-operativer Aufgaben - im Zusammenhang mit der Aufnahme Verhafteter in den UntersuchungshaftVollzug, wie Aufnahmeverfähren durch die Diensteinheiten der Linie Erstvernehmung durch die Diensteinheiten der Linie ärztliche Aufnahmeuntersuchung, richterliche Vernehmung innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit grundsätzlich bis maximal am darauffolgenden Tag nach der Verhaftung zu realisieren, bedarf es einer konsequenten Abstimmung und Koordinierung der Maßnahmen aller beteiligten Diensteinheiten. Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Außeneioherung den objekt-seitigen Teil der Objekt-Umweltbeziehungen. Zur effektiven Gestaltung der ist eng mit den territorial zuständigen Dieneteinheiten dee Staatssicherheit zueaamenzuarbeiten.

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