Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 156

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 156 (NJ DDR 1990, S. 156); 156 Neue Justiz 4/90 Seilschaft oft genug geringgeschätzt worden.“ Um so mehr müssen wir lernen, maßvoll miteinander umzugehen, Kritik zu tolerieren und die Ansicht des anderen zu achten. Bitterkeit darf nicht Umschlagen in Haß und darf sich nicht ent-äußern in Verunglimpfungen, Herabwürdigungen, Schmähungen und ähnlichen Ehrverletzungen. Wir müssen in dieser Hinsicht einen schwierigen Lernprozeß durchlaufen, der gewiß nicht ohne Emotionen verläuft, aber stets den Ehranspruch des anderen zu beachten hat. Das gilt besonders in Zeiten kontroverser innenpolitischer Auseinandersetzungen, insbesondere während des Wahlkampfes. Hier muß man auch harte Worte, aber auch Entstellungen, Halb Wahrheiten oder sonstige Fehlgriffe in der politischen Diskussion hinnehmen können. 3. Eine rechtsstaatlich begründete Auseinandersetzung mit dem Frankfurter „Soldatenurteil“ fällt uns u. a. deshalb so schwer, weil unser Strafrecht für die Fälle der Beleidigung außer den allgemeinen Rechtfertigungsgründen keinen besonderen Rechtfertigungsgrund kennt. Der übliche Hinweis, bei der Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit einer Beleidigung alle Umstände der Handlung zu berücksichtigen1*, vermittelt nur eine trügerische Scheinlösung. In Wirklichkeit geht es um die Rechtswidrigkeit der Handlung, um die Frage, ob die Ehrverletzung gerechtfertigt ist oder nicht. Heute ist kaum einzusehen, weshalb in das StGB von 1968 nicht die Vorschrift des § 193 StGB von 1871 (Wahrnehmung berechtigter Interessen) übernommen wurde. Sie gilt im StGB der BRD weiter und war auch die Grundlage für das Freispruch-Urteil der Frankfurter Richter. Ein solcher besonderer Rechtfertigungsgrund bei Beleidigungen ist auch in unserem Strafrecht notwendig. In einer demokratischen Gesellschaft muß das Recht des Bürgers auf Wahrnahme berechtigter Interessen anerkannt werden, auch dann, wenn sich der Bürger nach gehöriger Interessenabwägung zur Beleidigung entschließt, weil er darin das notwendige, erforderliche und angemessene Mittel zur Verfolgung berechtigter Interessen sieht. Sicher müßten die hier zu beachtenden Grenzen noch schärfer gezogen werden. Auch dürften nicht Freibriefe für bestimmte Personen und Sachverhalte a priori ausgestellt werden (z. B. bei künstlerischer Kritik, die die Grenze von Ehre und Würde überschreitet, oder bei politischer Satire). Es müßte ein Konsens gefunden werden zwischen Handlungen, die durch einen Rechtfertigungsgrund als Wahrnahme berechtigter Interessen anzusehen sind, und nicht zu rechtfertigenden Handlungen z. B. bei polemischen Ausfällen, die jedes Maß an Sachlichkeit vermissen lassen, bei gehässiger und böswilliger Schmähkritik oder bei subjektiv weit überzogenen abwegigen Beurteilungen. 4. Selbstverständlich müßten auch die Medien den Schutz eines Rechtfertigungsgrundes beanspruchen können. Im Zusammenhang mit der Diskussion um ein Mediengesetz der DDR3 sollte jedoch aus strafrechtlicher Sicht die Forderung erhoben werden, daß den Medien im Rahmen ihrer Möglichkeiten und in den Grenzen der Zumutbarkeit eine Erkundigungspflicht bezüglich des Wahrheitsgehalts der behaupteten Tatsachen obliegt. Davon ist offenkundig auch die ND-Redak-tion ausgegangen, als sie eine Veröffentlichung nach erfolgten Recherchen ablehnte.10 Dies war augenscheinlich eine Erfahrung der Redaktion, nachdem sich die Veröffentlichung der groß aufgemachten Geschichte eines Mitropakochs im Zusammenhang mit Abwerbungsmanipulationen von DDR-Bürgern in Budapest als unwahr erwiesen hatte.11 Rechtfertigungsgründe bestehen deshalb nicht bei leichtfertigen Behauptungen, haltlosen Beschuldigungen oder den unter Verletzung der Erkundigungspflicht erhobenen Beschuldigungen ehrverletzenden Charakters. Zweifellos gilt es,. gerade hier Erfahrungen zu sammeln und auch durch die Strafrechtsprechung deutliche Grenzen für die Medien zu ziehen. 5. Bei. einer Neufassung des Strafgesetzbuchs ist an den strafrechtlichen Ehrenschutz verändert konzeptionell heranzugehen. Weder die Rechtssystematik noch die normative Ausgestaltung der jeweils relevanten sozialen Sachverhalte der Ehrverletzungen im geltenden StGB können befriedigen. Damit ist zwar eine Aufgabe der künftigen Gesamtreform unseres Strafrechts bezeichnet, es bedarf aber bereits jetzt einer Verständigung, welche Fragen durch die mit dem 6. StÄG beabsichtigten Änderungen des 2. und 8. Kapitels des Besonderen Teils des StGB berührt sind. Mit der Aufhebung der bisherigen Regelungen über staatsfeindliche Hetze (§ 106 StGB) und der öffentlichen Herabwürdigung (§ 220 StGB) mit Ausnahme der Verherrlichung des Faschismus oder des Militarismus und der Rassenhetze kann es nicht getan sein.1- Die Lehrstühle Strafrecht und Strafverfahrensrecht der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Friedrich-Schiller-Universität Jena sind in einem der Volkskammer der DDR übergebenen Entwurf eines 6. Strafrechtsänderungsgesetzes demgegenüber davon ausgegangen, daß es notwendig ist, das strafrechtliche Schutzobjekt Ehre differenzierter zu fassen. Sie halten spezielle Straf Vorschriften zum Ehrenschutz der Repräsentanten der DDR (Vorsitzender des Staatsrates oder verfassungsmäßiges Staatsoberhaupt, Präsident der Volkskammer, Vorsitzender des Ministerrates) und der verfassungsmäßigen Volksvertretungsorgane für unabdingbar. Dieser Entwurf geht davon aus, daß es ein Grunderfordernis politischer Kultur in einer demokratisch strukturierten Gesellschaft ist, die Integrität der Verfassungsorgane zu gewährleisten. Solche Ehrverletzungen werden -mit dem Begriff „Beleidigung“ und „Verleumdung“ nicht hinreichend charakterisiert. Deshalb zielt der Vorschlag darauf, das Verunglimpfen unter Strafe zu stellen. Zu erwägen wäre, ob in solchen Fällen die Strafverfolgung an eine besondere Ermächtigung des jeweiligen Verfassungsorgans gebunden werden sollte, denn es ist denkbar, daß die Betroffenen u. U. nicht daran interessiert sind, Ehrverletzungen im Zusammenhang mit politischen Konflikten vor Gerichten auszutragen. Die Geschichte lehrt, daß dies ein Gebot politischer Vernunft sein kann.13 7 Franz Fühmann hatte in seiner Rede zur Verleihung des Kritikerpreises 1977 ironisierend von der Toleranz als Fremdwort im Deutschen gesprochen. Er versteht unter Toleranz: „Ein Fremdwort : Duldsamkeit sagt nur Passives, doch Toleranz heißt ja vor allem durch tieferes und beßres Verstehen des Andern zum tieferen Verstehen seiner selbst zu kommen, auch zum Entdecken des eigenen Schattens, und das ist ein Prozeß, der Tatkraft verlangt. Jede Konfrontation löst Kraft aus, und nutzen wir sie nicht zum Produktiven, bleibt als Alternative nur Destruktion, und die beginnt immer mit Selbstzerstörung, Verblendungen und Verkümmerungen.“ Vgl. F. Fühmann, Essays, Gespräche, Aufsätze 1964-1981. Rostock 1983, S. 402. 8 Vgl. Strafrecht, Besonderer Teil, Lehrbuch, Berlin 1981, S. 101. 9 Vgl. I. Fritsche, „Medienrecht und Persönliehkeitsschutz“, NJ 1990, Heft 1, S. 29; vgl. auch Beschluß der Volkskammer über die Gewährleistung der Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit vom 5. Februar 1990 (GBl. I Nr. 7 S. 39). 10 Vgl. H. Becker, „Der ,Fall‘ Häber“, ND vom 7. Dezember 1989, S. 1. Hier wird völlig zutreffend auf die Notwendigkeit journalistischer Sorgfaltspflicht hingewiesen. 11 Vgl. das Interview „Ich habe selbst erlebt, wie BRD-Bürger .gemacht' werden“, ND vom 21. September 1989, S. 1 und 3. Die Redaktion erkannte später ungenügende Recherche an und entschuldigte sich bei den Betroffenen. 12 So jedenfalls geht es aus einem Interview mit Staatssekretär Dr. S. Wittenbeck hervor. Vgl. „Veränderungen im Strafrecht als Gesetzentwurf zur Debatte gestellt“, ND vom 6. Dezember 1989, S. 6. 13 Das wohl treffendste historische Beispiel ist der Beleidigungsprozeß, den Reichspräsident Friedrich Ebert Ende 1924 vor dem Magdeburger Schöffengericht zu führen genötigt war, nachdem er öffentlich als „Landesverräter“ verunglimpft worden war. Vgl. K. Bramer, Der Prozeß des Reichspräsidenten. Berlin 1925; O. Kirchheimer, Politische Justiz, Frankfurt a. M. 1985, S. 121 ff. Die Wiedereingliederung Strafentlassener Bürger BRITT SCHIEFERDECKER, Abteilung Innere Angelegenheiten des Rates des Bezirkes Leipzig Die Wiedereingliederung Strafentlassener Bürger als ein wesentlicher Bestandteil der Kriminalitätsvorbeugung und -be-kämpfung muß mit der Demokratisierung und Erneuerung der Gesellschaft einen Abbau ihrer administrativen Elemente erfahren. Die. Gewährleistung grundlegender Rechte und Pflichten Strafentlassener als gleichberechtigte und gleichverpflichtete Bürger, die Aufhebung ihrer Reglementierung und die Erhöhung ihrer Eigenverantwortung mit allen, sich daraus ergebenden gesellschaftlichen Konsequenzen;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die staatl und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß die eingesetzten Angehörigen einheitlich entsprechend der A-Ordnung bekleidet sind und die Uniform sich in einem sauberen und ordentlichen Zustand befindet.

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