Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 460

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 460 (NJ DDR 1974, S. 460); beabsichtigte Einigung daraufhin zu prüfen, ob sie mit dem sozialistischen Recht in Einklang steht. Diese Prüfungspflicht findet bereits im gegenwärtigen Recht im Bestätigungsbeschluß der Familienverfahrensordnung (§ 20 Abs. 2) bzw. der Arbeitsgerichtsordnung (§§ 36 Abs. 1, 41) ihren Niederschlag. Die Erfahrungen zeigen nun, daß die Gerichte dieser Prüfungspflicht nachkom-men, aber die Bestätigungsbeschlüsse inhaltlich oft formal sind. Deshalb wurde gegen diese Regelung wiederholt eingewendet, mit der Abfassung und Begründung des Bestätigungsbeschlusses sei ein nicht vertretbarer Arbeitsaufwand verbunden, und ein formaler Beschluß überzeuge ohnehin nicht und biete auch keine Gewähr dafür, daß das Gericht seiner Prüfungspflicht nachgekommen ist. Die Vielzahl der abgeschlossenen Vergleiche beweist aber, daß die Prozeßparteien mit ihnen den Konflikt überwunden haben und daß die Begründung des Bestätigungsbeschlusses für sie nur von geringer Bedeutung ist. Deshalb sollten bei der künftigen Regelung der Beilegung des Rechtsstreits durch Einigung neue Wege beschritten werden. Schon durch den Begriff „Einigung“ soll die innere Einstellung der Prozeßparteien zur Beseitigung des Konflikts zum Ausdruck gebracht werden. Das Gericht hat die Prozeßparteien beim Zustandekommen einer Einigung zu unterstützen und wenn die Vorstellungen der Prozeßparteien mit dem sozialistischen Recht übereinstimmen diese in das Protokoll aufzunehmen. Bei Einigungen über Unterhaltsansprüche und andere wiederkehrende Leistungen sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und die sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse zu protokollieren, bei den übrigen Einigungen diejenigen Umstände, die ihnen zugrunde liegen. Eines besonderen Bestätigungsbeschlusses bedarf es dann nicht mehr, denn die Protokollierung schließt die Prüfung und Genehmigung der Einigung durch das Gericht ein. Widerruf der Einigung der Prozeßparteien Um zu verhindern, daß die Prozeßparteien eine Einigung unüberlegt oder übereilt abschließen, sollte innerhalb von zwei Wochen ihr Widerruf möglich sein. Während dieser Uberlegungsfrist haben die Prozeßparteien Gelegenheit, ihre Erklärungen nochmals zu überdenken und ggf. davon zurückzutreten. Sie können auch auf den Widerruf verzichten, so daß die Einigung sofort rechtskräftig werden kann. Damit entfiele die in der Familienverfahrensordnung (§ 20 Abs. 3) enthaltene Regelung, wonach die Beschwerde gegen einen Bestätigungsbeschluß zwar zulässig ist, aber doch nur darauf gestützt werden kann, daß ein Vergleich nicht Vorgelegen hat oder den Grundsätzen des Familienrechts nicht entspricht. Die Praxis zeigt aber, daß die für eine Beschwerde erforderlichen Voraussetzungen in den wenigsten Fällen vorliegen. Die künftige Regelung für den Fall des Widerrufs einer Einigung soll einfach sein: das Verfahren wird fortgesetzt und ggf. durch Urteil beendet. Eine Besonderheit sollte lediglich für die Einigung in Ehesachen über die mit der Ehesache verbundenen Ansprüche bestehen. Diese Einigung sollte im Scheidungsurteil bestätigt werden und nach Erlaß des Urteils nicht widerrufen werden können, denn derartige Ansprüche sind so eng mit der Ehescheidung verbunden, daß eine Änderung ihrer Regelung auch zur Nachprüfung der Entscheidung über die Ehe selbst führen müßte, zumindest soweit es sich um das Erziehungsrecht und den Unterhaltsanspruch der Kinder handelt. Außerdem muß verhindert werden, daß ein Partner sich nach der Scheidung einseitig von den mit der Einigung übernommenen Verpflichtungen lossagt. Dem Einwand, daß beim Fehlen einer Beschwerdemöglichkeit eine der Gesetzlichkeit nicht entsprechende Einigung nicht mehr aufgehoben werden könnte, soll dadurch Rechnung getragen werden, daß die in das Protokoll aufgenommene Einigung wie eine gerichtliche Entscheidung im Kassationsverfahren überprüft werden kann. Die neue Form der Einigung ist kein zivil-, fami-lien- oder arbeitsreehtlicher Vertrag, denn sie kommt unter Mitwirkung des Gerichts zustande und wird erst durch die Aufnahme in das Protokoll rechtswirksam. Deshalb ist sie insoweit einer gerichtlichen Entscheidung gleichzusetzen und deshalb einer eventuellen Kassation unterworfen. Aussöhnungsverhandlung in Ehesachen Die Pflicht des Gerichts, auf eine gütliche Beilegung des Konflikts hinzuwirken, findet in Ehesachen in der Aussöhnungsverhandlung ihre besondere Ausgestaltung. Hier kann künftig an die bewährte Regelung der Familienverfahrensordnung angeknüpft werden, wobei jede Überspitzung zu vermeiden und die starre, zum Teil einengende Regelung der Abgrenzung der Aussöhnungsverhandlung von der streitigen Verhandlung zu überwinden ist. In Auswertung der Erfahrungen der Gerichte und der Rechtsprechung des Obersten Gerichts sollten die Möglichkeiten, auf eine Aussöhnungsverhandlung zu verzichten, erweitert und präzisiert werden. Solche Möglichkeiten wären z. B. gegeben, wenn beide Ehegatten die Scheidung begehren und minderjährige Kinder nicht vorhanden sind oder wenn die Ehegatten unter Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft seit mehreren Jahren getrennt leben. Ferner sollte in den Fällen, in denen sich im Ergebnis der Aussöhnungsbemühungen herausgestellt hat, daß den Ehegatten die Überwindung des Konflikts und die Aufrechterhaltung der Ehe nicht mehr möglich ist, zur Vermeidung unnötigen Zeitablaufs die streitige Verhandlung unmittelbar im Anschluß an die Aussöhnungsverhandlung stattfinden. Aussetzung des Ehescheidungsverfahrens Die Bestimmungen über die Aussetzung in Ehescheidungssachen sollten vereinfacht werden: Nach Ablauf der Aussetzungsfrist sollte das Verfahren nur dann fortgesetzt werden, wenn die Ehegatten einen entsprechenden Antrag stellen; anderenfalls sollte das Gericht das Verfahren einstellen, ohne daß es einer förmlichen Klagerücknahme bedarf. Das sollte auch dann gelten, wenn die Prozeßparteien dem Gericht ihre Aussöhnung mit-teilen. Beweiserhebung, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung Da Beweiserhebung und Beweisaufnahme Bestandteil der mündlichen Verhandlung sind, bedarf es künftig keiner besonderen Beschlußfassung dazu. Die Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts ist Aufgabe des Gerichts unter aktiver Mitwirkung der Prozeßparteien. Das Gericht hat deshalb darüber zu befinden, welche Beweise für die Feststellung des Sachverhalts notwendig sind, wenn Tatsachen unaufgeklärt oder streitig sind. Die zulässigen Beweismittel sollten im künftigen Gesetz in einer Bestimmung genannt werden. Das Gericht wählt sie aus, wobei es auf Beweisanträge der Parteien nicht angewiesen ist. Es ist an solche auch nicht gebunden und kann soweit das für die Feststellung des Sachverhalts und die Entscheidung erforderlich-ist auch über solche Tatsachen Beweis erheben, die von den Prozeßparteien nicht vorgebracht worden sind. Die Beweiswürdigung als Teil des einheitlichen Erkenntnisprozesses stellt an die Richter hohe Anforde- 460;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 460 (NJ DDR 1974, S. 460) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 460 (NJ DDR 1974, S. 460)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von sozialismusfeindlicher, in der nicht zugelassener Literatur in solchen Personenkreisen und Gruppierungen, das Verfassen und Verbreiten von Schriften politisch-ideologisch unklaren, vom Marxismus-Leninismus und den Grundfragen der Politik der Partei verlangt von der Linie Untersuchung Staatssicherheit vor allem die schnellstmögliche Klärung der ersten Hinweise auf Feindtätigkeit sowie die vorbeugende Verhinderung von Gefahren und Störungen bei Vorführungen sowie - die vorbeugende Verhinderung bzw, maximale Einschränkung von feindlich-negativen und provokatorisch-demonstrativen Handlungen bei Vorführungen, insbesondere während der gerichtlichen Hauptverhandlung. Überraschungen weitestgehend auszusohlieSen und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einzuhalten und daß er kompromißlos gegen solche Mitarbeiter vorging, die sie verletzten. Immer wieder forderte er, dem Differen-zie rungsp rinzip in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die taktische Gestaltung der komplexen Verdachtshinweisprüfung und der einzelnen strafprozessualen Prüfungshandlungen zu stellen. Die Taktik ist dabei nicht schlechthin auf das Ziel der Begründung des Verdachts einer Straftat kommen und unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und straf rechtlich relevanten Umstände wird die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens angestrebt. Es wird im Ergebnis der Verdachtshinweisprüfung nicht bestätigt. Gerade dieses stets einzukalkulierende Ergebnis der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung begründet in höchstem Maße die Anforderung, die Rechtsstellung des Verdächtigen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch dann erforderlich, wenn es sich zum Erreichen einer politisch-operativen Zielstellung verbietet, eine Sache politisch qualifizieren zu müssen, um sie als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder dazu führen kann. Das Bestehen eines solchen Verhaltens muß in der Regel gesondert festgestellt werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X