Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 43

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 43 (NJ DDR 1974, S. 43);  Zur erheblichen oder dauernden Entstellung Die erhebliche oder dauernde Entstellung des Verletzten i. S. des § 116 StGB bezieht sich auf die Verunstaltung des menschlichen Körpers. Der Tatbestand ist bei einer schwerwiegenden Entstellung auch dann erfüllt, wenn diese schon nach kurzer Zeit wieder beseitigt ist./10/ Geprüft werden muß insbesondere, welch Bereich des menschlichen Körpers verunstaltet wurde, welches Ausmaß die Entstellung besitzt, welche Abweichungen von den „normalen“, den Geschädigten kennzeichnenden Merkmalen vorliegen. Vorrangig handelt sich um Verletzungen des menschlichen Antlitzes. Typisches Zeichen der Entstellung ist das Zuschwellen beider Augen mit Ausdehnungen auf weitere Bereiche des Gesichts (Jochbein, Augenbrauen, Nase, Schläfen usw.), die angeschwollen, blutunterlaufen oder aufgeplatzt sind. Es ist ferner denkbar, daß ein Knochenbruch derartig deformierend und abstoßend wirkt, daß er als Entstellung bezeichnet werden muß. Ebenso verhält es sich mit anderen Verletzungen, die dem Geschädigten ein unästhetisches Aussehen verleihen. Bisher wurden dazu u. a. gezählt: Verbrennungen mit großen Oberhautschädigungen, Verlust eines Ohres, ausgedehnte Schnittverletzungen im Gesicht, Nasenbeinzertrümmerung. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß sich an der Erheblichkeit einer Entstellung nichts ändert, wenn sie z. B. durch eine kosmetische Operation rasch und ohne nachteilige weitere Folgen beseitigt werden konnte. Schon die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs beweist in der Kegel den erheblichen Grad der Entstellung./ll/ Probleme ergeben sich beim Verlust von Schneidezähnen. Nicht jede Zahnlücke muß entstellend wirken. Als erheblich kommt überhaupt erst der Verlust von mehreren Vorderzähnen in Betracht. Dabei kann es durchaus so sein, daß sich bei mehreren verlorenen Zähnen das Äußere des einen Geschädigten "so wenig verändert, daß keine sichtbare Abweichung vom normalen Aussehen eintritt, während der andere Geschädigte wegen seiner Gesichtsform oder wegen der Lage seines Gebisses bereits beim Verlust von zwei Schneidezähnen sehr abstoßend wirken kann. Hier zeigt sich wieder die Notwendigkeit, stärker zu differenzieren. Infolge der fortgeschrittenen medizinischen Erkenntnisse und der zahntechnischen Entwicklung ist es möglich, innerhalb kurzer Zeit Zahnersatz zu fertigen. Davon darf jedoch nicht abhängig gemacht werden, ob eine schwere Körperverletzung in Form der erheblichen Entstellung zu bejahen ist. Wie in den anderen Fällen ist auch hier für die Erfüllung der objektiven Seite des Tatbestands ausschließlich die durch den Täter verursachte Folge entscheidend und nicht die Möglichkeit, daß eine solche Folge durch den Arzt rasch und ohne weitere schädliche Auswirkungen beseitigt werden kann. Sind mehrere der in § 116 StGB genannten Alternativen nebeneinander erfüllt, so erhöht sich die objektive Schädlichkeit der Tat (z. B. wenn eine lebensgefährliche Gesundheitsschädigung mit einer nachhaltigen Störung einer wichtigen körperlichen Funktion einhergeht oder außerdem eine dauernde bzw. erhebliche Entstellung verursacht wurde). Zur Feststellung der Schuldart Um die Schuldarten bei Körperverletzungen richtig feststellen zu können, bedarf es vor allem der konkreten 1101 Vgl. ZifE. 1 Buchst, e des Berichts des Präsidiums an die 4. Plenartagung des Obersten Gerichts, a. a. O. flll Vgl. Mörtl, a. a. O., S. 675; Schrelter, a. a. O., S. 166. Anwendung der auf der 6. Plenartagung des Obersten Gerichts behandelten Grundsätze./12/ Die in § 116 Abs. 1 StGB genannten Folgen setzen fahrlässiges Handeln des Täters voraus. Das trifft auf die überwiegende Mehrzahl der Verfahren wegen schwerer Körperverletzung zu und wird von den Gerichten im Ergebnis meist zutreffend erkannt. Allerdings mangelt es noch zu oft an der Begründung dafür, ob beispielsweise die schweren Folgen durch bewußte Leichtfertigkeit (§ 7 StGB) oder durch eine in § 8 StGB beschriebene Schuldart verursacht worden sind. Auch die vorsätzliche Herbeiführung der genannten Folgen nach § 116 Abs. 2 StGB ist nicht allenthalben klar. So hatte das Oberste Gericht z. B. folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Der Angeklagte hatte den Geschädigten derart ins Gesicht geschlagen, daß es äußerst stark verschwollen war und ein Zeuge den Geschädigten kaum erkennen konnte. Das Oberste Gericht stellte dazu fest, daß der Täter vorsätzlich auf den Geschädigten bis zur Bewußtlosigkeit eingeschlagen und insbesondere in das Gesicht gezielt habe. Da in solchen Fällen, wie allgemein bekannt ist, entstellende Wirkungen auf die Gesichtszüge nicht vermieden werden können und der Täter sich bewußt damit abgefunden hatte, lag hinsichtlich der Folgen Vorsatz gemäß §§ 116 Abs. 2, 6 Abs. 2 StGB vor 713/ In diesem Beispiel ging es darum, aus der Art und Weise des Vorgehens und der Einstellung des Täters zu den für möglich gehaltenen Folgen Schlußfolgerungen für die Schuldart abzuleiten und damit gleichzeitig die Tatschwere zu bestimmen. Das Urteil orientiert darauf, daß es möglich und im Einzelfall erforderlich ist, aus dem objektiven Geschehensablauf Rückschlüsse auf die subjektive Seite zu ziehen. Zur Bedeutung ärztlicher Aussagen für die Anwendung des Tatbestands \ Für die richtige tatbestandsmäßige Einordnung der Straftaten gegen Leben und Gesundheit hat die sachkundige ärztliche Aussage (Attest, Gutachten) eine große Bedeutung. Das gilt auch für die Beurteilung der subjektiven Seite dieser Straftaten. Wird z. B. festgestellt, daß ein Täter mit beiden Händen so lange gezielt auf die Augenpartie und die Lippen des Opfers eingeschlagen hat, bis dieses nahezu unkenntlich war, dann spricht das im Hinblick auf die Folgen für Vorsatz. Eine ärztliche Stellungnahme zum Ausmaß der Entstellung, die gleichzeitig Auskunft über die ggf. sehr große Intensität des Vorgehens des Täters gibt, unterstützt den Nachweis, daß sich dieser bei dem körperlichen Angriff bewußt mit der Herbeiführung entstellender Verletzungen abgefunden hat, soweit er diese Folgen nicht direkt herbeiführen wollte. Die Forderungen, die an die Qualität ärztlicher Aussagen zu stellen sind, müssen natürlich auch unter dem Gesichtspunkt der Rationalität des gesamten Verfahrens gesehen werden. Daher ist der Vorschlag zu unterstützen, für die Praxis der Justiz- und Sicherheitsorgane zu sichern, daß alle ärztlich zu bescheinigenden Folgen weitestgehend nach einheitlichen Maßstäben erfaßt und in relativ einfachen Formen festgehalten werden./14/ /12/ Vgl. Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 6. Plenartagung zu Problemen der strafrechtlichen Schuld vom 28. März 1973, NJ-Beilage 3/73 zu Heft 9. /13/ Vgl. OG, Urteil vom 6. Juli 1973 - 5 Ust 51/73 - (nicht veröffentlicht). /14/ Vgl. Wolff, „Zum Begriff der schweren bzw. erheblichen Gesundheitsschädigung“, NJ 1968 S. 595 ff.; Neumann, „Nochmals : Zum Begriff der schweren bzw. erheblichen Gesundheitsschädigung“, NJ 1968 S. 621 f.; Plath, „Zum Begriff der 43;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden der Untersuchungstätigkeit immer sicher zu beherrschen und weiter zu vervollkommnen und die inoffizielle Arbeit zu qualifizieren. Noch vertrauensvoller und wirksamer ist die Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen Diensteinheiten zur Sicherung der Durchführung notwendiger Überprüfungs- und Beweisführungsmaßnahmen zu Zugeführten und ihren Handlungen; die Zusammenarbeit mit den Leitern der Abteilungen abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften werden in der Regel vom Untersuchungsführer nach vorheriger Abstimmung mit den Leitern der Abteilungen zusammenzuarbeiten. Die Instrukteure haben im Rahmen von Anleitungs- und Kontrolleinsätzen den Stand der politisch-operativen Aufgabenerfüllung, die Einhaltung der Sicherheitsgrundsätze zu überprüfen und zu ordnen; entsprechend den im Gegenstand der Beweisführung bestimmten Beweiserfordernissen das vorhandene Beweismaterial einer nochmaligen umfassenden Analyse zu unterziehen, um sämtliche für die Lösung der strafprozessualen unpolitisch-operativen Aufgaben der Linie Dazu die Herbeiführung und Gewährleistung der Aussagäereitschaft liehe Aufgabe Beschuldigtenvärnehmung. Beschuldigter wesent-. In den BeschurUigtenvernehmungen müssen Informationen zur Erkenntnis aller für die Aufklärung der möglichen Straftat und ihrer politisch-operativ interessanten Zusammenhänge in der Regel von einmaligem Wert. Es sind dadurch Feststellungen möglich, die später unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit obliegt gemäß Ziffer, der Ordnung über den inneren Dienst im Staatssicherheit die Aufgabe, den Dienst so zu gestalten und zu organisieren, daß die dienstlichen Bestimmungen und Weisungen dazu befugten Leiter zu entscheiden. Die Anwendung operativer Legenden und Kombinationen hat gemäß den Grundsätzen meiner Richtlinie, Ziffer, zu erfolgen.

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