Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 40

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 40 (NJ DDR 1974, S. 40); In seinem Schlußwort würdigte Präsident Dr. Toep-1 i t z die Beratung des Plenums als einen wichtigen und fruchtbaren Meinungsaustausch. Es sei notwendig, die Hauptprobleme der Rechtsprechung entsprechend dem jeweiligen Stand der Entwicklung in der gerichtlichen Tätigkeit zu bestimmen und sie schrittweise und kontinuierlich einer Lösung zuzuführen. Soweit in der Arbeit der Gerichte gegenwärtig schon verallgemeinerungsfähige Ergebnisse vorlägen, seien sie in den Einschät- zungen des Präsidiums ausgewertet worden. Es komme nunmehr darauf an, die auf der Tagung erörterten Probleme weiter zu durchdenken und die Hinweise zu einzelnen Sachgebieten der Rechtsprechung in die Praxis umzusetzen. Abschließend bestätigte das Plenum den langfristigen Plan der Hauptaufgaben des Obersten Gerichts bis 1975. Du. HANS LISCHKE, Oberrichter am Obersten Gericht Vorbereitung der Hauptverhandlung und Sachaufklärung Die Frage nach dem Umfang und der Art und Weise der Sachaufklärung war mit Rücksicht darauf, daß jeder konkrete Fall durch sachliche, persönliche und situative Besonderheiten seine sozusagen individuelle Prägung erhält, schon immer eine Kernfrage praktischer strafrichterlicher Tätigkeit. Es ist noch gar nicht so lange her, daß wir uns mit Ergebnissen undifferenzierten Strebens nach möglichst umfassender Aufklärung aller sachlichen und Persönlichkeitsdetails bis hin zur Aufzählung aller Arbeitsstellen und Kinderkrankheiten des Angeklagten und ähnlicher für die Entscheidung selbst unwesentlicher Details auseinanderzusetzen hatten. Jetzt besteht im wesentlichen Klarheit darüber, daß diese Verfahrensweise im Ergebnis durchaus nicht immer Aufklärung war, sondern manchmal sogar auf eine Verdeckung des für die Entscheidung wesentlichen Sachverhalts hinauslief. Nicht selten waren sogar Aufklärungslücken darauf zurückzuführen, daß der Blick für das Wesentliche durch unzulässige Breite der Aufklärung von Nebensächlichem getrübt war. Hinzu kam noch die daraus resultierende Vergeudung von Zeit und Arbeitskraft, die mit dem vom VIII. Parteitag der SED geprägten Arbeitsstil absolut nicht vereinbar ist. Deshalb sind mit dem Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts zur höheren Wirksamkeit des Strafverfahrens vom 7. Februar 1973 (NJ-Beilage 1/73 zu Heft 5) und der gleichlautenden Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwalts der DDR und des Ministers des Innern auch für die Sachaufklärung neue Maßstäbe gesetzt worden. Dabei besteht aber die Gefahr, daß nach der unzulässig vereinfachenden Formel verfahren wird: „In jedem Falle weniger als bisher.“ Dieser Gefahr sind wie Untersuchungen des Obersten Gerichts ergeben haben tatsächlich auch schon einzelne Richter erlegen, so daß es nunmehr zu Erscheinungen einer unzulässigen Einengung der Sachaufklärung kommt. Diese Erscheinungen zeigen sich zunächst in einer Beschränkung auf die Aufklärung des Tathergangs ohne ausreichende Klärung der Täterpersönlichkeit und in Einzelfällen sogar in der Beschränkung auf die Klärung der Merkmale, die den durch das Ermittlungsverfahren und die Anklage vorgegebenen Gesetzestatbestand ausmachen. Es bedarf keiner großen Erörterung, daß auf diese Weise keine ausreichende Grundlage für die Entscheidung geschaffen werden kann und unrichtige Urteile die Folge einer derartigen Arbeitsweise sein müssen. So wurde festgestellt, daß z. B. die Beschränkung des Gerichts auf die Klärung der Merkmale, die den vorgegebenen Tatbestand erfüllen, in zwei Richtungen zu Fehlurteilen führt: 1. Da die für die Bestimmung der Tatschwere wesentlichen Zusammenhänge außer Betracht bleiben (beispielsweise das Tatmotiv, die Tatsituation oder die konkreten Tatauswirkungen), ist der Richter bei der Ent- scheidung über die Strafe auf seine allgemeine richterliche Erfahrung und auf äußerliche Vergleiche mit ähnlichen Straftaten angewiesen, die für sich allein eine wissenschaftliche Strafzumessung natürlich nicht ermöglichen. Die Folge sind unrichtige Strafen, wobei die Frage, ob diese zu hoch oder zu niedrig ausfallen, strenggenommen vom Zufall beantwortet wird. 2. Es gibt sogar Fälle, in denen das Festhalten am vorgegebenen Tatbestand zur ungenügenden Ausschöpfung des vorhandenen Beweismaterials und in der Folge zur Nichtanwendung eines schwereren Tatbestandes geführt hat, z. B. Staatsverleumdung statt Hetze oder Körperverletzung statt Rowdytum im schweren Fall. Aber auch die Vernachlässigung tatbezogener Feststellungen zur Persönlichkeit des Täters führt zu unrichtigen Strafen. Wie bereits in Ziff. 2.4.1.1. des Berichts des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 22. Plenartagung zu Problemen der Strafzumessung herausgearbeitet wurde (NJ 1969 S. 264 ff.), können bestimmte Umstände aus dem Persönlichkeitsbereich des Angeklagten für die Bestimmung des Schuldgrades bzw. der objektiven Schädlichkeit der Tat und damit für die Bestimmung der Tatschwere große Bedeutung gewinnen. So fällt z. B. bei Widerstandsdelikten die jeweilige Antwort auf die Frage, ob ein Täter mit verhärteter antigesellschaftlicher Einstellung oder ein die Rechte anderer Bürger rücksichtslos mißachtender Täter vor Gericht steht, bei der Bestimmung des Schuldgrades und damit der Tatschwere ins Gewicht. Im übrigen sind Umstände aus dem Persönlichkeitsbereich in den in § 61 StGB charakterisierten Zusammenhängen das beweist ihre Aufnahme in die Grundsätze der Strafzumessung immer ein wichtiges Kriterium für die Bestimmung der strafpolitisch richtigen Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Einzelfall. Diese Eigenschaft als Strafzumessungskriterium geht auch nicht dadurch verloren, daß beispielsweise der Stellenwert der Persönlichkeitsumstände bei zunehmender Tatschwere sich verringert. Bei gleicher Tatschwere von Handlungen mehrerer Straftäter bilden die Umstände aus dem Persönlichkeitsbereich ggf. die einzige Grundlage für die richtige Differenzierung der Strafen. Die auf unzulässige Vereinfachungen zurückzuführenden Erscheinungen ungenügender Sachaufklärung sind Ausdruck unzureichenden Bemühens, die Forderung nach Konzentration und Rationalisierung des Verfahrens mit der unverzichtbaren Forderung nach Aufklärung aller für die konkrete Entscheidung wesentlichen Tatsachen und Umstände zu verbinden. Solche Erscheinungen sind oft Ausgangspunkt für strafpolitisch falsche Entscheidungen. Eine wesentliche Ursache derartiger Erscheinungen ist darin zu sehen, daß der Eröffnung des gerichtlichen 40;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 40 (NJ DDR 1974, S. 40) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 40 (NJ DDR 1974, S. 40)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit stellt in jedem Palle eine Situation dar, die den zur Orientierung und Entscheidung zwingt und es hat sich gezeigt, daß in der Regel die Gefahren für die Konspiration und die Sicherheit der - Derlängere Aufenthalt des Strafgefangenen in der muß legendiert werden. Ebenso!egendiert werden die Konsequenzen, die sich aus dem Transitabkommen mit der den Vereinbarungen mit dem Westberliner Senat ergebenden neuen Bedingungen und die daraus abzuleitenden politisch-operativen Aufgaben und Maßnahmen und - andere, aus der Entwicklung der politisch-operativen Lage an der Staatsgrenze der und den daraus resultierenden politisch-operativen Konsequenzen und Aufgaben. Es handelt sich dabei vor allem um neue Aspekte der politischoperativen Lage an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Leiter und der mittleren leitenden Kader gestellt werden. Dabei sind vor allem solche Fragen zu analysieren wie: Kommt es unter bewußter Beachtung und in Abhängigkeit von der politisch-operativen Zielstellung und daraus resultierender notwendiger Anforderungen sowohl vor als auch erst nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch das lifo gesichert werden. Die bisher dargestellten Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweismaterial größte Bedeutung beizumessen, da die praktischen Erfahrungen bestätigen, daß von dieser Grundlage ausgehend, Beweismaterial sichergestellt werden konnte. Bei der Durchsuchung von mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände sowie die Sicherung von Beweismaterial innerhalb des Aufnahmeprozesses und die dabei zu lösenden Aufgaben durch die Angehörigen der Linie.

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