Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 147

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 147 (NJ DDR 1974, S. 147); Schaft des Angeklagten vorliegt, durch eigene Bewährung und Wiedergutmachung auch bei persönlichen Schwierigkeiten künftig seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Die Bürgschaft des Kollektivs muß ihm Veranlassung sein, durch die Verwirklichung der ihm auferlegten Pflichten eine allseitig verantwortungsbewußte Haltung und Tätigkeit zu zeigen. Der Senat hat daher nach Aufhebung des bezirksgerichtlichen Urteils im Strafausspruch (§ 321 Abs. 1 StPO) im Wege der Selbstentscheidung gemäß § 322 Abs. 1 Ziff. 4 StPO den Angeklagten unter Androhung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die der Schwere der Tat angemessen ist, auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt, da eine längere Bewährungszeit die Gefährlichkeit der Tat besser berücksichtigt. Die Bürgschaft des Kollektivs war zu bestätigen, da sie geeignet ist, den Selbsterziehungsprozeß wirksam zu unterstützen. §§ 134 Abs. 2, 61, 27 StGB. 1. Wer beim unberechtigten Eindringen oder während des unbefugten Verweilens in Räumlichkeiten körperliche Gewalt gegen den Berechtigten anwendet, um seinen Aufenthalt zu erzwingen oder aufrechtzuerhalten, verletzt den Tatbestand des Hausfriedensbruchs nach § 134 Abs. 2 StGB in der Alternative der Gewaltanwendung. 2. Zur Einschätzung der Tatschwere bei einem mehrfach einschlägig vorbestraften Täter, der erneut wegen mehrfacher Gewaltdelikte zur Verantwortung gezogen wird. 3. Die Verpflichtung zur fachärztlichen Heilbehandlung nach § 27 StGB ist auf Personen anzuwenden, bei denen Therapiemaßnahmen dazu beitragen sollen, weiteren Straftaten vorzubeugen. Sie ist nicht anwendbar, wenn die bisher offenbarte beharrliche Negierung sozialer Mindestanforderungen nicht auf Erscheinungen beruht, die durch fachärztliche Heilbehandlung beeinflußt werden können. OG, Urteil vom 6. Dezember 1973 5 Zst 15/73. Der Angeklagte ist von 1967 bis 1971 viermal wegen vorsätzlicher und schwerer Körperverletzungen zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Am 24. Januar 1973 wurde er auf Grund der Amnestie des Staatsrates der DDR vorzeitig aus dem Strafvollzug entlassen. An diesem Tage suchte er mit anderen Strafentlassenen Gaststätten auf, wo er größere Mengen Alkohol trank. Auf dem Heimweg stieg er über den Balkon in die Wohnung des Zeugen K. ein. Als K. ihn auf das Unerlaubte seines Verhaltens hinwies und den Personalausweis verlangte, schlug ihm der Angeklagte mit der Hand in das Gesicht, so daß die Oberlippe aufplatzte und blutete. Während des folgenden Handgemenges riß der Angeklagte dem Zeugen ein Büschel Haare aus, was eine handtellergroße kahle Stelle zur Folge hatte. Nachdem der von einem anderen Hausbewohner herbeigerufene VP-Angehörige M. eingetroffen war und die Anzeige des Zeugen K. entgegennehmen wollte, griff der Angeklagte den Volkspolizisten an und schlug ihm mit der flachen Hand und mit der Faust in das Gesicht. Der Zeuge M. erlitt eine Prellung und ein Hämatom an der rechten Gesichtshälfte; seine Nase blutete. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Vergehen nach §115 Abs. 1 StGB) zu einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe und verpflichtete ihn, sich einer fachärztlichen Heilbehandlung zu unterziehen (§ 27 StGB). Der dagegen gerichtete Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts zuungunsten des Angeklagten hatte Erfolg. Aus den Gründen: Der Kassationsantrag greift die Feststellungen des Urteils nicht an, so daß davon auszugehen ist. In Übereinstimmung mit dem Kassationsantrag ist die rechtliche Beurteilung als vorsätzliche Körperverletzung nach § 115 Abs. 1 StGB nicht zu beanstanden, soweit der Angeklagte gegen den Zeugen K. gewalttätig vorgegangen ist Es handelt sich um eine Gesundheitsschädigung, verursacht durch den Schlag an die Oberlippe, und um eine Mißhandlung des Geschädigten, dessen Haare in einem spürbaren und sichtbaren Ausmaß ausgerissen worden sind. Das Kreisgericht hätte beachten müssen, daß diese Straftat zu einem Zeitpunkt geschehen ist, als sich der Angeklagte in der Wohnung des Geschädigten auf gehalten hat, in die er unberechtigt eingedrungen war. Während des unbefugten Verweilens in ihr verhielt er sich uneinsichtig und schlug unvermittelt auf den Wohnungsinhaber ein. Unter Beachtung des von der Anklage und vom Eröffnungsbeschluß erfaßten Verhaltens hätte somit rechtlich beurteilt werden müssen, daß der Angeklagte einen Hausfriedensbruch unter Gewaltanwendung nach § 134 Abs. 2 StGB begangen hat, der in Tateinheit zur vorsätzlichen Körperverletzung steht. Der Kassationsantrag rügt zutreffend, daß das Instanzgericht den tätlichen Angriff auf den Volkspolizisten als vorsätzliche Körperverletzung beurteilt hat. Der Zeuge war in dienstlicher Eigenschaft in die Wohnung gekommen und verpflichtet, für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Der Angeklagte hat ihn bei der Ausübung dieser Aufgabe durch Gewalt gehindert. Das stellt ein Vergehen des Widerstandes gegen staatliche Maßnahmen nach § 212 Abs. 1 StGB dar. Die anderweitige rechtliche Beurteilung erfordert zuungunsten des Angeklagten auch eine andere Einschätzung des Charakters der Straftaten und der Schwere der Schuld des Täters. Er offenbarte bei seinen mehrfachen Gesetzesverletzungen Brutalität, eine ausgeprägt negative Einstellung zur öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie zu den Interessen der Bürger. Deshalb stimmt der Senat dem Kassationsantrag, der auch vom Vertreter des Generalstaatsanwalts der DDR unterstützt wurde, zu, daß sowohl die hier zu beurteilenden Straftaten als auch die in der Person des Angeklagten liegenden Umstände seine einschlägigen Vorstrafen und die Begehung der Tat am Tage des Wirksamwerdens der Amnestie eine wesentlich höhere Strafe erfordert hätten, als sie vom Kreisgericht ausgesprochen worden ist. Die Tatsache, daß die Gewalttätigkeiten zu keinen wesentlichen Verletzungen geführt haben, rechtfertigt indes, unter der Höchststrafe zu bleiben. Das Kreisgericht wird den Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs, zum Teil in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und mit Widerstand gegen staatliche Maßnahmen, (Vergehen und Verbrechen nach §§ 115 Abs. 1, 134 Abs. 2, 212 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von etwa zwei Jahren und sechs Monaten zu verurteilen haben. Die Verpflichtung zur fachärztlichen Heilbehandlung nach § 27 StGB ist fehlerhaft. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich auf Personen, wie Alkoholsüchtige, bei denen Therapiemaßnahmen dazu beitragen sollen, weitere Straftaten zu verhindern. Der Angeklagte hat nach längerer Zeit des Strafvollzugs wiederum erhebliche Disziplinlosigkeit gezeigt. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt, daß die bisher offenbarte beharrliche Negierung sozialer Mindestanforderungen auf Erscheinungen beruht, die durch fachärztliche Heilmaßnahmen positiv beeinflußt werden könnten. Vielmehr handelt es sich um einen Menschen, der bisher nicht die erforderlichen 147;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 147 (NJ DDR 1974, S. 147) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 147 (NJ DDR 1974, S. 147)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat besteht oder nicht und ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Auswahl der Sachverständigen stets zu beachten, daß die auszuwählende Person nicht selbst an der Straftat beteiligt ist oder als möglicher Verantwortlicher für im Zusammenhang mit der Lösung abgeschlossener bedeutender operativer Aufgaben zu Geheimnisträgern wurden. Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz sind Personen, die auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Entscheidungen über den Abschluß des Ermittlungsverfahrens - sind in Übereinstimmung mit den grundlegenden Zielstellungen der Hechtsverwirklichung zu treffen.

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