Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 13

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 13 (NJ DDR 1974, S. 13); übereinstimmenden Scheidungswillen, sondern die aus den verschiedensten Ursachen resultierende Unfähigkeit der Ehegatten, ihre Beziehungen real einzuschätzen. In solchen Fällen ist also ihr Scheidungswille nicht unbedingt die Widerspiegelung einer Zerrüttungssituation. In den Fällen, in denen ein Ehegatte an der Ehe aus welchen Gründen auch immer festhalten möchte, besteht m. E. eher die Aussicht, daß beide Ehegatten die Situation gründlicher überdenken. Eine Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung und der des anderen und damit über die eheliche Situation liegt näher; der die eigene Haltung zur Ehe bestätigende und damit eine gründlichere Auseinandersetzung scheinbar nicht zwingend notwendig machende Fakt, daß auch der andere offenbar keinen Sinn in der Aufrechterhaltung der Ehe sieht, entfällt Eine andere Möglichkeit, die das statistische Ergebnis in dieser Position beeinflussen könnte, kann in der Art und Weise liegen, in der manche Eheverfahren durchgeführt werden. Der ausgiebigen Behandlung augenfälliger Streitpunkte schließt sich oftmals die Frage nach der Zuneigung an, die von den Ehegatten aus den verschiedensten Gründen verneint werden kann (so z. B. wegen mangelnder Klarheit über die tatsächlichen Gefühle; wegen des Eindrucks, den das gerichtliche Verfahren hervorruft; wegen des aus dem dargelegten Prozeßziel einer Partei vermeintlich folgenden Begründungszwangs). Die negative Antwort und die Ergebnisse der Erörterung scheinbar schwerwiegender Ereignisse sind für die Gerichte nicht selten Begründung genug, fehlende Zuneigung anzunehmen und damit die abschließende Entscheidung zu stützen. Solche Fälle bieten jedoch keine sichere Grundlage dafür, aus dem übereinstimmenden Scheidungswillen der Parteien auf das Vorliegen einer Zerrüttungssituation zu schließen, denn die konstatierte „fehlende Zuneigung“ verdeckt u. U. andere durchaus überwindbare Widersprüche. Das Problem, ob zwischen den Ehegatten noch Zuneigung vorhanden ist oder nicht, ist m. E. überhaupt nicht durch eine entsprechende Fragestellung zu klären, sondern nur aus dem Verhalten der Parteien in .den wesentlichen Bereichen des ehelichen Zusammenlebens abzuleiten. Schließlich sind in dem statistischen Ergebnis auch die Ehen enthalten, in denen die Zuneigung aus den verschiedensten Gründen zerstört wurde, aber auch solche, in denen eine Zuneigung nie vorhanden war, die vielmehr aus anderen Motiven geschlossen wurden und in denen im Verlauf der Ehe ein Wandel des Motivs eingetreten ist. Auch die Ergebnisse zur Position „Unvereinbarkeit der Charaktere“ sind unter einschränkenden Gesichtspunkten zu betrachten. Geht man davon aus, daß „die Frage nach dem Charakter vor allem eine Frage nach der allgemeinen Struktur der Persönlichkeit“ ist/12/, daß verhältnismäßig beständige Eigenschaften der Person, die ihre qualitative Eigenart bestimmen und Ausdruck ihrer Grundrichtung sind/13/, den Charakter ausmachen, dann ist offensichtlich, daß die Feststellung der Unvereinbarkeit der Charaktere als Zerrüttungsursache hohe Anforderungen an die gerichtliche Tätigkeit stellt. Das Problem liegt in der Ermittlung der Charaktereigenschaften. Die Beschränkung auf einige Streitpunkte, die Erörterung einzelner augenfälliger Ereignisse usw. in einer Reihe von Eheverfahren deutet darauf hin, daß in einigen Fällen eine Unvereinbarkeit der Charaktere bejaht wurde, weil es nicht gelang, zum eigentlichen Konflikt vorzustoßen. Deshalb lassen auch die Ergebnisse zu dieser Position keine sicheren Schlußfolgerun- fW Rubinstein, Grundlagen der Psychologie, Berlin 1968, S. 820. /13/ Vgl. Rubinstein, a. a. O. gen für das Verhältnis von Scheidungswillen und Ehezerrüttung zu. Ebenso kann das Ergebnis zum Problem „sexuelle Disharmonie“ nicht uneingeschränkt zur Argumentation herangezogen werden. Neben den Fällen, in denen die Ehegatten aus den verschiedensten Gründen keine sexuelle Übereinstimmung erzielen können wobei absolut unveränderbare biologische Gegebenheiten sicher nur einen sehr geringen Anteil ausmachen , sind auch andere Möglichkeiten nicht auszuschließen. Die sexuelle Disharmonie, die oft objektiv schwer nachweisbar ist, kann von den Parteien angegeben werden, um tatsächliche Konflikte zu verdecken./14/ Andererseits werden bestimmte sexuelle Probleme von den Ehegatten verschwiegen und, obwohl sie u. U. konflikt-auslösend waren, in der Statistik andere Zerrüttungsumstände erfaßt/15/ Dazu kann auch beitragen, daß es den Gerichten nicht ausreichend gelingt, zu den eigentlichen Konflikten vorzustoßen, und zuweilen noch die Auffassung besteht, daß bei sexuellen Problemen nur schwer eine Veränderung erzielt werden kann. Zur Klärung der Frage, ob und wie den Parteien geholfen werden kann, die zumeist psychologisch bedingten sexuellen Schwierigkeiten zu überwinden, bedarf es einer intensiven Erörterung der ehelichen Gesamtsituation. In geeigneten Fällen kann eine Sexualberatung nützlich sein, die ggf. durch das Gericht zu vermitteln ist Die Ergebnisse des Vergleichs der Eheverfahren weisen insgesamt darauf hin, daß es für die Entscheidung der Frage über den Fortbestand oder die Auflösung der Ehe nicht vorrangig auf die „Schwere“ einzelner Umstände ankommt, sondern auf die Verarbeitung bestimmter Konflikte durch die Ehegatten, die determiniert ist durch ihre Persönlichkeitsstniktur./16/ Hier liegen die Unterschiede, die die Einstellung der Ehegatten zum Konflikt, ihren Willen zur Lösung oder Fortführung der Ehe, bestimmen. Dem Gericht gibt eine sorgfältige, den differenzierten Erfordernissen des Eheverfahrens entsprechende Aufklärung des Verhaltens der Ehegatten in der Ehe, ihrer Einstellung zu den Problemen des ehelichen Zusammenlebens, ihrer Reaktionen auf Konfliktsituationen in der Vergangenheit, die Möglichkeit, Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der Ehegatten und auch auf eine mögliche Widerspiegelung einer eingetretenen Ehezerrüttung im Scheidungswillen der Ehegatten zu ziehen. Keinesfalls darf ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sich im Scheidungswillen der Ehegatten, auch wenn er von beiden übereinstimmend erklärt wird, immer eine eingetretene Ehezerrüttung widerspiegelt. Das Gericht kann sich nur dann mit der Willensäußerung der Ehegatten identifizieren, wenn es diese in der Realität der Gesamtheit der ehelichen Beziehungen bestätigt gefunden hat. Die Ergebnisse des Vergleichs der ehelichen Realität mit den Willensäußerungen der Ehegatten sind Grundlage einer der gegebenen Situation entsprechenden erzieherischen Einflußnahme des Gerichts. Sie setzen ihr reale Ziele und machen günstige Anknüpfungspunkte für die erforderliche Hilfe zur Erhaltung der Ehe deutlich. Die Realisierung des Aussöhnungsauftrags in dem eingangs dargelegten Sinne setzt somit voraus, daß sich das Gericht Klarheit über die Grundlagen des Willens der Ehegatten hinsichtlich des Bestands ihrer Gemeinschaft verschafft. /14/ Vgl. „Über die erzieherische Tätigkeit der Gerichte in Ehesachen“, a. a. O., S. 332. /15/ Vgl. Schnabl, „Wie können Störungen ln der Intimsphäre der Ehegatten aufgeklärt werden?“, NJ 1972 S. 319. /16/ Vgl. „Üher die erzieherische Tätigkeit der Gerichte ln Ehesachen“, a. a. O-, S. 334. 13;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 13 (NJ DDR 1974, S. 13) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 13 (NJ DDR 1974, S. 13)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft bzw, des StrafVollzugsgesetzes,Angehörige von Betrieben, staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen, die auf der Grundlage der Ziffer der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen ist vorrangig auf die Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei der Durchführung der Strafverfahren zu konzentrieren. Die erforderlichen Maßnahmen, die sich aus der Aufgabenstellung des Untersuchth ges im Staatssicherheit ergeben gS- grijjt !y Operative SofortSrnnaiimen im operativen Un-tersuchungstypjsfüg und die Notwendigkeit der Arbeit. tiVät ihnen. Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht die beiveismäßigen Erfordernisse für die Begründung des Verdachts des dringenden Verdachts, einer Straftat und die daraus resultierenden Verhaltensanforderungen an die Mitarbeiter der -Abteilung Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache , tierter in Auswirkung der zunehmenden Aggressivität und Gefährlichkeit des Imperialismus und die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten Entscheidungen über die politisch-operative Bedeutsamkeit der erkannten Schwerpunkte treffen und festlegen, welche davon vorrangig zu bearbeiten sind, um die Konzentration der operativen Kräfte und Mittel sowie der wesentlichen Aufgaben und Maßnahmen der Leitungstätigkeit und ihrer weiteren Vervollkommnung. werden durch alle Leiter, mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter erarbeitet.

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