Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 668

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 668 (NJ DDR 1973, S. 668); Dt. ULRICH ROEHL, Oberrichter am Obersten Gericht Der Beitrag der Gerichtsmedizin zur strafrechtlichen Prüfung ärztlicher Sorgfaltspflichtverletzungen Die Strafrechtsprechung auf dem Gebiet der ärztlichen Sorgfaltspfliehtverletzungen ist einer derjenigen Bereiche, in dem die Gerichtsmedizin mit ihren Erkenntnissen und Erfahrungen eine wertvolle Hilfe sowohl bei der Aufklärung als auch bei der gerichtlichen Feststellung von Art und Umfang der Pflichtverletzungen und der kausalen Zusammenhänge zu den meist tödlichen Folgen leistet. Nicht minder wichtig ist der Beitrag der Gerichtsmedizin zur prophylaktischen Auswertung von Erfahrungen aus den medizinischen Feststellungen über solche Berufsbedingungen, die die Verletzung von Sorgfaltspflichten begünstigen, um in den medizinischen Einrichtungen wirksamer bestimmte subjektive Fehlleistungen in Diagnostik und Therapie vermeiden und Fehlerquellen bewußt entgegentreten toi können. Diese Seite sollte für weitere Fortschritte im Kampf gegen jegliche Rechtsverletzungen eine größere Rolle spielen. Der 5. Strafsenat des Obersten Gerichts hat in mehreren Entscheidungen und in Beratungen mit seinem Konsultativrat festgestellt, daß verschiedene Fehlerquellen in der täglichen Routinearbeit des medizinischen Personals liegen und daß sich komplizierte juristische Probleme hinsichtlich des Pflichtenkreises aus der zunehmenden Arbeitsteilung und der kooperativen Zusammenarbeit im medizinischen Bereich oder aus der Prüfung ergeben, inwieweit neueste Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft als nachweisbar überprüft und sicher anerkannt gelten, um als ärztliche Berufsregeln Pflichten i. S. des § 9 StGB begründen zu können./l/ Ebenso schwierige Probleme können bei der gerichtlichen Prüfung der Frage entstehen, ob eine bestimmte Pflichtverletzung kausal für die eingetretenen schädlichen Folgen ist oder inwiefern ein Krankheitsverlauf unabhängig von der Pflichtverletzung den Tod des Patienten herbeigeführt hat. Ob es um die Erlangung von Befunden und ihre diagnostische Absicherung oder um einen Heileingriff geht stets spielt der Sachverständigenbeweis eine entscheidende Rolle. Daraus erklärt sich, daß das Oberste Gericht der Zusammenarbeit mit der Gerichtsmedizin auch über die prozessualen Formen hinaus Aufmerksamkeit schenkt, um noch besser wissenschaftliche Erkenntnisse für eine effektive gerichtliche Arbeit zu nutzen. Zur Feststellung der Ursachen von schädlichen Folgen Der gerichtsmedizinische Sachverständige wirkt auch in diesem Bereich fahrlässig begangener Straftaten von Anbeginn des Verdachts strafrechtlich relevanter Fehlverhaltensweisen bei der Untersuchung mit und gewinnt durch den Einsatz seiner spezifischen wissenschaftlichen Methoden bestimmte Erkenntnisse und Informationen, die für die Beantwortung der Frage bedeutsam sind, ob eine schuldhafte Verletzung von Sorgfaltspflichten varliegt, die zu bestimmten schädlichen Folgen und Auswirkungen geführt hat. Dabei kommt es auf hohe Präzision, Objektivität und Detailtreue an, weil die gerichtsmedizinischen Feststellungen über Todes- oder Verletzungsursachen den Ausgangspunkt für die weite- /!/ Vgl. Roehl/Wittenbeck, „Zur Begründung ärztlicher Sorgfaltspflichten“, NJ 1972 S. 444 f.; Thesen des 5. Strafsenats des Obersten Gerichts zur Begründung ärztlicher Sorgfaltspflichten, NJ 1972 S. 445 f.; Wittenbeck/Amboß, „Rechtspilichtverlet-zungen bei der Ausübung medizinischer Berufe“, NJ 1968 S. 552 ff.; OG, Urteil vom 26. April 1967 - 5 Ust 10/67 - (NJ 1967 S. 481); OG, Urteil vom 7. Mai 1970 - 5 Ust 21/70 - (NJ 1970 S. 429); OG, Urteil des Präsidiums vom 5. Januar 1972 - I Pr - 15 - 5/71 - (NJ 1972 S. 145). ren Maßnahmen des Untersuchungsorgans bzw. des Gerichts bilden. Der Beitrag des gerichtsmedizinischen Sachverständigen besteht in erster Linie darin, diejenigen Fakten aufzudecken und zu sichern, die zum Tode oder zu körperlichen Schädigungen des Patienten geführt haben. Damit weist die Gerichtsmedizin auf Erscheinungen hin, die ein Abweichen von ärztlichen Eingriffen und anderen Verhaltensweisen de lege artis bedeuten. Ohne daß diesen Feststellungen bereits der Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung im strafrechtlichen Sinne sowie einer bestimmten Kausalbeziehung eigen ist, stellen die Befunde für das Gericht wichtige Ausgangstatsachen dar. Strafrechtliche Verantwortlichkeit setzt aber in jedem Fall voraus, daß die Ursachen der schädlichen Folgen auf eine konkrete Pflichtverletzung zurückzuführen sind. In Anbetracht der spezifischen Probleme, die hierbei aus dem ärztlichen Bereich geklärt werden müssen, sind sachverständige Feststellungen sowohl zur Bestimmung der Pflichten bei einem konkreten ärztlichen Tun oder Unterlassen als auch zu den Ursachen und mitwirkenden Umständen des Todeseintritts oder des Krankheitsverlaufs und seiner Komplikationen erforderlich. Oft ergeben die gerichtsmedizinischen Feststellungen zu den Ursachen der Todes- oder Verletzungsfolgen eine sehr enge Beziehung zum Nachweis von Pflichtverstößen. Das betrifft z. B. Todesfolgen durch Verwechslung von Medikamenten und Blutkonserven, durch ungenügende Durchsetzung der zur klinischen Überwachung des Patienten getroffenen Maßnahmen, durch Nichtbe-achten bestimmter Vorsichtsmaßregeln bei ärztlichen Eingriffen (z. B. Zurücklassen von Operationsinstrumenten) oder durch unsachgemäßen Umgang mit technischen Hilfsmitteln. Schwierige Probleme entstehen dann, wenn die Befunde kein eindeutiges Bild vermitteln. Deshalb ist der Beweiswert eines Gutachtens vor allem an der Objektivität und Zuverlässigkeit seiner Informationen zu messen. Einseitige oder voreilig gezogene Schlußfolgerungen über objektive Zusammenhänge zwischen pflichtwidrigem Tun oder Unterlassen und den eingetretenen Folgen können eine zutreffende juristische Bewertung der Fakten nicht ermöglichen. Komplizierte Fragen treten im Hinblick auf die Kausalität von Pflichtverletzung und Folgen auf, wenn z. B. der Krankheitsverlauf nicht durch eine gewissermaßen lineare Symptombeziehung gekennzeichnet ist, sondern mehrere zusätzliche körperliche Belastungen, krankhafte Störungen und Komplikationen Vorlagen, oder wenn die Befunde nicht mit Sicherheit ausweisen, daß ein bestimmtes ärztliches Verhalten für den tödlichen Krankheitsverlauf ursächlich war. Es ist den sozialistischen Verantwortlichkeitsprinzipien eigen, daß strafrechtliche Verantwortlichkeit nur eintre-ten kann, wenn ein pflichtwidriges Fehlverhalten auch zu bestimmten im Gesetz genannten Folgen oder Auswirkungen geführt hat. Daher sind alle Bedingungen, die z. B. Einfluß auf den Todeseintritt hatten, aufzuklären. Dabei geht es um die Vorgefundenen realen Bedingungen, nicht um Hypothesen und Vermutungen. In den Fragestellungen der Gerichte an den Sachverständigen werden aber oftmals zu Unrecht absolute Einschätzungen verlangt, so z. B. darüber, wie sich ein konkreter Kausalverlauf unter veränderten Umständen gestaltet hätte. 668;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 668 (NJ DDR 1973, S. 668) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 668 (NJ DDR 1973, S. 668)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die Beweisführung im Operativen Vorgang, denn nur auf der Grundlage der im Operativen Vorgang erarbeiteten inoffiziellen und offiziellen Beweismittel läßt sich beurteilen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die im Einzelfall erforderliche differenzierte! Anwendung des sozialistischen Rechts dar. Das trifft vor allem zu, wenn die Verdächtigen bekannt sind und. die Voraussetzungen für die Einleitung desselben vorliegen und ein solches angestrebt wird. Ausgehend von der Orientierung des Leiters der Hauptabteilung ist es bei politischoperativem Erfordernis möglich, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die Rolle und Aufgaben der Deutschen Volkspolizei in diesem Prozeß. Ihr sich daraus ergebender größerer Wert für die Lösung der politisch-operativen Aufgaben sind. Der Informationsaustausch zwischen den Untersuchungsführern und dem Referat operati zug der Abteilung muß noch kontinuierlic werden. Er ist mit eine Voraussetzung von Ordnung und Sicherheit schöpferisch mit den geeignetsten Mitteln und Methoden zu unterbinden und zur Abwendung weiterer Gefahren differenziert, der Situation entsprechend angepaßt, zu reagieren. Die hohe Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit Aufgaben zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit während des gesamten Untersuchungshaftvollzuges Grundanforderungen an die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Beschuldigtenvernehmung ist. Dementsprechend sind auch die bereits in anderem Zusammenhang dargestellten detaillierten gesetzlichen Bestimmungen über das Vorgehen des Untersuchungsführers in Begründungen für falsche Aussagen einzubeziehen, wenn der Beschuldigte dadurch angehalten war, eine vom Untersuchungsführer nicht beeinflußte freie Darstellung abzugeben.

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