Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 219

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 219 (NJ DDR 1972, S. 219); zurückgewiesen. „Nach unserer Gesellschaftsauffassung“, so erklärte das Oberste Gericht, „ist der Richter verpflichtet, die Sache eingehend mit den Parteien zu erörtern; ihm liegt daher nach § 139 ZPO eine weitgehende Fragepflicht ob. Der Richter, insbesondere der Vorsitzende, wird also in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu erklären haben, wie er die Sache rechtlich beurteilt. Das bedeutet, daß er auch auf Bedenken hinweisen muß, die er gegen Rechtsauffassungen von Prozeßparteien hat. Es kann also aus einer solchen rechtlichen Stellungnahme, die in den meisten Fällen für eine der Parteien sachlich ungünstig sein wird, keine Befangenheit hergeleitet werden.‘732/ An dieser Entscheidung zeigt sich bereits, daß die Wahrnehmung der Frage-, Aufklärungs-, Hinweis- und Belehrungspflichten nicht immer unproblematisch ist, daß sie frei von Subjektivismen sein muß und ihre Grenze hat. Ihr Rahmen läßt sich etwa wie folgt bestimmen: Sie dient der Erreichung einer den tatsächlichen Verhältnissen voll entsprechenden, rechtlich richtigen Lösung des Rechtsstreits. Sie hat zu verhindern, daß eine Partei rechtliche Vorteile aus unzureichender Sachaufklärung und rechtlicher Unerfahrenheit bzw. Rechtsunkenntnis der anderen Partei zieht. Die Wahrnehmung der genannten Pflichten durch das Gericht ist demzufolge immer auf beide Prozeßparteien bezogen. Konsequente Realisierung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch umfassende Mitwirkung der Bürger Zeigt sich an den vorstehenden Entscheidungen, daß das Oberste Gericht innerhalb der letzten 20 Jahre kontinuierlich daran gearbeitet hat, in Überwindung der bürgerlichen Verhandlungsmaxime eine den sozialistischen Verhältnissen, insbesondere dem Charakter der sozialistischen Staatsmacht entsprechende Stellung und Arbeitsweise der Gerichte zu entwickeln, so wäre es jedoch verfehlt, das Neue im sozialistischen Verfahren nur hierin sehen zu wollen. Falsch wäre insbesondere der Schluß, daß an die Stelle der sog. Parteiherrschaft im Prozeß die Herrschaft des Gerichts getreten sei. Mit der Entwicklung der Frage-, Aufklärungs-, Hinweis-und Belehrungspflichten wurden keineswegs die Dispositionsbefugnisse und Mitwirkungsrechte der Parteien beschränkt. Es wurde vielmehr das Ziel verfolgt, die genannten Befugnisse und Rechte der Parteien in einer bisher nicht bekannten Weise auszubauen und mit realem Inhalt zu erfüllen. Dabei ging es nicht darum, die Stellung der Gerichte gegenüber den Bürgern zu stärken; alleiniges Anliegen war, die Zufälligkeiten bei der Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit wie sie sich im Prozeß z. B. in den unterschiedlichen Kenntnissen und Fähigkeiten der Parteien darbieten auf ein Minimum zurückzudrängen, die sozialistische Gesetzlichkeit also besser, konsequenter zu realisieren. Das in der Verfassung der DDR niedergelegte allgemeine Grundrecht der Bürger auf Mitwirkung zeichnet sich dadurch aus, daß es nicht nur eine Möglichkeit deklariert. Ein umfassendes System von Maßnahmen ist darauf gerichtet, aus der Möglichkeit Wirklichkeit werden zu lassen und diese Wirklichkeit ständig auszubauen und zu vervollkommnen. Das ist ein Wesenszug sozialistischer Demokratie. Zu dem System von Maßnahmen gehört nicht zuletzt auch die aktive Verfahrensweise der Gerichte. Dem Grundrecht der Bürger auf Mitwirkung entspricht auch eine diesbezügliche Pflicht. Realisierung des Rechts auf Mitwirkung heißt somit auch Wahrnehmung der Pflicht zur Mitwirkung, und das gilt auch für das Verhalten der Parteien im gerichtlichen Verfahren. Das , 32/ OG, Urteil vom 21. Dezember 1962 - 2 ZZ 24/62 - (OGZ Bd. 9 S. 97). Oberste Gericht hat insofern eindeutig erklärt, daß die Parteien selbst verpflichtet sind, „ihre Ansprüche innerhalb des Gesetzes und unter Berücksichtigung unserer gesellschaftlichen Anschauungen nach bestem Können geltend zu machen“. Eine Partei hat nicht das Recht, „wenn sie grob fahrlässig oder vorsätzlich ein ihr mögliches Vorbringen unterlassen und hierdurch Nachteile erlitten hat, geltend zu machen, nicht von Amts wegen auf die Möglichkeit dieses Vorbringens hingewiesen worden zu sein“ 733/ Rückblickend kann somit festgestellt werden, daß in den vergangenen Jahren Wesentliches geleistet wurde, um die Arbeitsweise der Gerichte den materiellen Bedingungen und den Bedingungen der sozialistischen Demokratie in der DDR entsprechend zu gestalten. Damit wurde zugleich der Boden bereitet, von dem aus die Neukodifikation des Verfahrensrechts in Angriff genommen werden konnte. Zur Wahrheitserforschung und zum Zusammenwirken zwischen Gericht und Parteien im künftigen Verfahrensrecht Über den prinzipiellen Gehalt des Entwurfs über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen, der inzwischen in einer überarbeiteten Fassung vorliegt, wurde bereits ausführlich berichtet./34/ Hier soll lediglich nochmals auf die zentralen Bestimmungen des Entwurfs über die Wahrheitserforschung und das wechselseitige Zusammenwirken des Gerichts mit den Parteien eingegangen und dabei zu inzwischen aufgeworfenen Fragen Stellung genommen werden. Ausgehend davon, daß das gerichtliche Verfahren in der DDR der gerechten Anwendung und Durchsetzung des sozialistischen Zivil-, Familien- und Arbeitsrechts dient und auf die Lösung des dem jeweiligen Rechtsstreit zugrunde liegenden gesellschaftlichen Konflikts und der Überwindung seiner Ursachen und Bedingungen gerichtet ist, statuiert der Entwurf die grundlegenden Rechte und Pflichten des Gerichts und der Prozeßparteien wie folgt: Das Gericht ist verpflichtet, in einem konzentrierten Verfahren den Sachverhalt wahrheitsgemäß festzustellen und die Ursachen des Streitfalls zu erforschen. Dabei läßt es sich hinsichtlich der Wahrheitserforschung von der marxistisch-leninistischen Erkenntnistheorie leiten, daß, wenn von Wahrheit gesprochen wird, nicht eine formale, subjektivistische, sondern ausschließlich die objektive Wahrheit gemeint ist. Denn nur auf ihrer Grundlage ist eine wirklich wissenschaftliche, entwicklungsfördernde Leitungstätigkeit möglich. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach dem Umfang der Ursachenerforschung aufgeworfen worden./35/ Der dabei angestellte Versuch, deren Grenzen allgemein zu bestimmen, scheint mir allerdings verfehlt. Das Problem ist, daß die Ursachen, die für einen Rechtskonflikt bestimmend sein können, je nach den zur Debatte stehenden Verhältnissen weit über den konkreten Streitfall hinausreichen und in den Verantwortungsbereich anderer Staatsorgane, gesellschaftlicher Organisationen und wirtschaftlicher Einrichtungen übergreifen können. Eine generelle Forderung an das Gericht nach wahrheitsgemäßer Ursachenerforschung etwa in dem Sinne, daß unter „Sachverhalt“ immer auch die mit ihm zusammenhängenden Ursachen und Bedingungen zu verstehen sind, könnte sich u. U. zu einer maßlosen Aufblähung des Verfahrens und damit zu einer Überforderung des Gerichts ausweiten. Deshalb sollten hin- Pß3/ OG, Urteil vom 5. April 1956 - 2 Uz 2355 - (OGZ Bd. 4 S. 56; Rechtsprechungsbeilage 1957 S. 4). /34/ Vgl. NJ 1970, Heft 6, S. 161-192. /35/ Vgl. Schuster, „Sachverhaltsaufklärung im Zivilprozeß“, NJ 1971 S. 106 ff. 219;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 219 (NJ DDR 1972, S. 219) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 219 (NJ DDR 1972, S. 219)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zur Kaderarbeit und vorhandenen Erfordernissen in den aktiven Dienst Staatssicherheit übernommen werden. Sie sind langfristig als Perspektivkader in der hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit bestehenden Beziehungen können nur ein Kriterium für die Feststellung der Einstellung des zum Staatssicherheit sein und sollten objektiv und unvoreingenommen durch den Untersuchungsführer bewertet werden. Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß sich bei bestimmten Bürgern der feindlich-negative Einstellungen entwickeln und daß diese Einstellungen in feindlich-negative Handlungen rechtzeitig zu verhüten oder zu verhindern und schädliche Auswirkungen weitgehend gering zu halten; den Kampf gegen die politisch-ideologische Diversion des Gegners als eine der entscheidensten-Ursachen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zunehmend Bedeutung und erfordert mehr denn je die weitere Ausprägung der gesamtgesellschaftlichen und -staatlichen Verantwortlung für die allseitige Gewährleistung der staatlichen Sicherheit. Prinzipiell ist davon auszugehen, daß die Gewinnung von Informationen entsprechend der Aufgabenstellung Staatssicherheit sich gesetzlich aus dem Verfassungsauftrag Staatssicherheit begründet, also prinzipiell zulässiger ist. Vfi.

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