Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 179

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 179 (NJ DDR 1971, S. 179); Die Wirkungen der unmittelbaren Einlegung der Berufung beim Rechtsmittelgericht Die Bestimmungen der StPO über die bei Einlegung der Berufung zu beachtenden Pormerfordernisse sind gegenüber der früheren Regelung wesentlich vereinfacht worden. Die Berufung muß nicht mehr nur entweder durch einen Rechtsanwalt oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Gericht erster Instanz bei gleichzeitiger Begründung des Rechtsmittels eingelegt werden. Es reicht vielmehr auch die einfache Schriftform aus, ohne daß sie darüber hinaus zwingend einer Begründung bedarf (vgl. § 289 StPO). Diese vereinfachten Formvorschriften sind klar und übersichtlich. Nur wegen formeller Mängel ist jetzt grundsätzlich die Verwerfung der Berufung durch Beschluß ohne sachliche Prüfung durch das Rechtsmittelgericht ausgeschlossen. Damit ist zugleich in Verbindung mit dem Wegfall der Beschränkung des Rechtsmittels eine umfassende Nachprüfung des angefochtenen Urteils unter den in § 291 Ziff. 1 bis 4 StPO erwähnten Gesichtspunkten gewährleistet. Trotz dieser Erleichterungen für den Angeklagten zeigt sich in der Praxis hin und wieder, daß insbesondere entgegen der für die Einlegung der Berufung geltenden Vorschrift des § 288 StPO (Einlegung des Rechtsmittels spätestens eine Woche nach Verkündung des Urteils bei dem Gericht erster Instanz) die Berufung direkt beim Rechtsmittelgericht eingelegt wird. So kann z. B. der Angeklagte die ihm vom Gericht erster Instanz erteilte Rechtsmittelbelehrung, die nicht nur mündlich, sondern stets auch schriftlich erfolgen muß und in dieser Form alle notwendigen Hinweise enthält, nicht richtig verstanden haben. Solche Mißverständnisse lassen sich weitestgehend dadurch ausschließen, daß die Rechtsmittelbelehrung nicht nur auf eine kurze Information über den Wortlaut des § 288 StPO beschränkt bleibt, sondern dem Angeklagten diese Bestimmung in einer verständlichen Weise interpretiert wird. Dabei sollte besonders auch darauf hingewiesen werden, daß im Falle der Einlegung einer Berufung die Entscheidung darüber nicht mehr dem Gericht erster Instanz, sondern allein dem übergeordneten Gericht zusteht und daß die Berufungseinlegung nicht zu einer Straferhöhung führt. Denkbar ist auch, daß die Berufung wegen der Einhaltung der Frist direkt beim Rechtsmittelgericht eingelegt wird. Hat z. B. der Angeklagte erst unmittelbar vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen Rechtsanwalt mit der Einlegung der Berufung beauftragt, so könnte es diesem notwendig erscheinen, unter Umgehung des § 288 StPO die Berufung sofort dem Rechtsmittelgericht zuzuleiten, um dadurch die Rechtsmittelfrist noch einhalten zu können. Praktisch wird das insbesondere in den Fällen, in denen die Berufungsschrift auf Grund territorialer Gegebenheiten (z.B. relativ großer Entfernung zum Sitz des Gerichts erster Instanz) selbst bei Ausschöpfung aller Möglichkeiten das Gericht erster Instanz nicht mehr rechtzeitig erreichen würde. In diesen hier nur beispielhaft erwähnten Fällen der unmittelbaren Berufungseinlegung beim Rechtsmittelgericht ergibt sich die Frage, ob das Rechtsmittel wegen eines nicht beachteten Formerfordernisses gemäß § 293 Abs. 2 StPO durch Beschluß zu verwerfen ist oder ob die Berufung dennoch zur sachlichen Nachprüfung des angefochtenen Urteils führen kann. Die Antwort hierauf läßt sich aus dem Anliegen der Vorschrift über die Form und Frist für die Einlegung der Berufung (§ 288 Abs. 2 Satz 1 StPO) ableiten. Danach soll die Einlegung der Berufung beim Gericht erster Instanz vor allem eine schnelle Übersendung der Akten an das Rechtsmittelgericht und damit verbunden eine zügige Bearbeitung der Sache gewährleisten. Deshalb stellt in der Regel eine beim Rechtsmittelgericht eingelegte Berufung keinen so schwerwiegenden Verstoß dar, daß sie deshalb als unzulässig verworfen werden müßte. Von dieser auch im StPO-Lehrkom-mentar (Anm. 4 zu § 288 [S. 323]) vertretenen Auffassung sollte nicht nur dann ausgegangen werden, wenn eine Berufung irrtümlich beim Rechtsmittelgericht eingelegt wird; sie sollte auch für die Fälle gelten,, in denen der Formverstoß auf anderen Gründen beruht. Allerdings muß die Berufung innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem funktionell zuständigen Rechtsmittelgericht eingelegt worden sein. Geht die Berufung hingegen bei einem anderen als dem Rechtsmittelgericht ein (z. B. Berufung gegen das Urteil eines Kreisgerichts beim Obersten Gericht) oder wird gar ein anderes Rechtspflegeorgan (z. B. die Staatsanwaltschaft) angerufen, so erwächst zwar diesen im Rahmen der ihnen gebotenen Möglichkeiten die Verpflichtung, die Berufung unverzüglich dem zuständigen Gericht erster Instanz zu übersenden oder den Angeklagten zu veranlassen, die Berufung noch rechtzeitig bei diesem Gericht einzulegen. Ist das aber nicht mehr möglich, so muß das Rechtsmittel wegen Formmangels verworfen werden. Mit dieser Orientierung soll keineswegs einer leichtfertigen oder die Bestimmungen über die Einlegung der Berufung bewußt ignorierende Einstellung das Wort geredet werden. Deshalb wäre z. B. der Praxis eines Rechtsanwalts, der künftig entgegen der entsprechenden Vorschriften ständig bewußt das erstinstanzliche Gericht umgeht und sich unmittelbar an das übergeordnete Gericht wendet, zu widersprechen. Aber solchen Gepflogenheiten für ihre Annahme gibt es übrigens keine begründeten Anhaltspunkte könnte anderweit begegnet werden als durch eine zu Lasten des Angeklagten gehende Beschlußverwerfung der Berufung wegen Formmangels. Dr. HANS NEUMANN, Oberrichter, und DIETER HEISE, wiss. Mitarbeiter am Obersten Gericht Rechtsprechung Strafrecht § 35 Abs. 3 Ziff. 1 StGB. Der Anordnung des Vollzugs der Freiheitsstrafe muß die Prüfung der Umstände der erneuten Straffälligkeit des Täters sowie seines Gesamtverhaltens während der Bewährungzeit vorausgehen. Dabei sind zusammenhängend der Charakter der erneuten Straftat, die Höhe der deswegen ausgesprochenen Freiheitsstrafe, die Zeitdauer zwischen der Verurteilung auf Bewährung und der erneuten Straftat und das Gesamtverhalten während dieser Zeit zu beurteilen. OG, Urt. vom 26. November 1970 2 Zst 12/70. Das Kreisgericht hat den Jugendlichen M. am 16. September 1969 wegen mehrfachen gemeinschaftlichen Vergehens des Diebstahls zum Nachteil sozialistischen und privaten Eigentums und wegen Hehlerei gemäß §§ 158 Abs. 1, 161, 177 Abs. 1, 180, 22 Abs. 1 und 2 Ziff. 2, 234 Abs. 1, 63, 65, 66, 71, 72, 33 StGB zur Bewährung verurteilt und ihm die Auflage erteilt, die Lehre und die Berufsschule erfolgreich abzuschließen. Die Bewährungszeit hat es auf drei Jahre festgesetzt und für den Fall der schuldhaften Verletzung der mit der Verurteilung auf Bewährung verbundenen Pflichten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten angedroht. Am 24. Oktober 1969 beging der Jugendliche gemeinsam mit dem inzwischen rechtskräftig Verurteilten W. 179;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 179 (NJ DDR 1971, S. 179) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 179 (NJ DDR 1971, S. 179)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel entsprechend der operativen Situation einzuteilen und einzusetzen. Der Transportoffizier ist verantwortlich für die - ordnungsgemäße Durchsetzung der Anweisungen zur Gefangenentransportdurchführung und Absicherung sowie zur Vorführung, Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Dienstanweisung, den anderen Ordnungen und Anweisungen - bei der Sicherung von Vorführungen vor allem der Anweisung in enger abgestimmter Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Untersuchungshaftanstalten und den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei Vereinbarungen über von diesen zur Erhöhung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hin, die nur durch ein Einschreiten der Untersuchungsorgane Staatssicherheit abgewehrt beseitigt werden kann, ist es gestattet, bei politischer sowie politisch-operativer Notwendigkeit die Befugnisse des Gesetzes zur Lösung aller politisch-operativen Aufgaben wahrgenommen werden können, soweit diese als eine abzuwehrende konkrete Gefahr zu tage treten und unabhängig davon, wie die Gefahr verursacht wurde.

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