Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 162

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 162 (NJ DDR 1971, S. 162); Zur Prüfung der Zielstellung müssen nach alledem Tat und Täter in ihren individuellen und gesellschaftlichen Zusammenhängen erkannt und es muß die Frage beantwortet werden, wie es unter den gegebenen Bedingungen zur Tat gekommen ist, wie das Bewußtsein, die Einstellung zu den gesellschaftlichen Anforderungen, die Motivationen, die Willensbildung, der Charakter und das Verhältnis des Angeklagten zur sozialistischen Umwelt strukturiert sind. Wirkungen der feindlichen ideologischen Diversion, Kontakte mit negativen bzw. feindlich eingestellten Personen oder faschistisches bzw. militaristisches Gedankengut als Hauptquellen dieser Verbrechen müssen ebenso herausgearbeitet werden wie mangelnder Kontakt zur Umwelt, charakterliche Mängel, Fehleinschätzungen äußerer Umstände und deren Ursachen. Einzelfragen der staatsfeindlichen Zielstellung Eine im Zusammenhang mit dem Zielstellungsproblem auftauchende Frage besteht darin, ob die Vorstellung des Täters dahin gehen muß, mit seiner Handlung auf die Gesamtheit der die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung charakterisierenden politischen, ökonomischen oder kulturellen Verhältnisse unmittelbar negativ einzuwirken, bevor ihr die Qualität der im § 106 StGB beschriebenen Schuld beigemessen werden kann. Das ist zu verneinen. Richtig ist zwar, daß es dem staatsfeindlichen Hetzer um die Schädigung der sozialistischen Gesellschaft als Ganzes bzw. um die Aufwiegelung gegen sie geht. In der Regel aber wird er dieses Ziel auf dem Wege über das hetzerische Vorgehen gegen bestimmte Grundlagen oder Elemente des die sozialistischen gesellschaftlichen oder staatlichen Verhältnisse repräsentierenden Systems angreifen, so daß das Ziel unmittelbarer negativer Einwirkung insoweit begrenzt sein kann. Das Zielstellungsproblem ist auch nicht, wie zuweilen angenommen wird, mit besonderen Intelligenzanforderungen an den Täter verknüpft. Das ergibt sich schon daraus, daß die tatbestandliche Zielstellungsanforderung nichts anderes ist als die Beschränkung der subjektiven Anwendungsvoraussetzungen des § 106 StGB auf ein bestimmtes Tatziel, im übrigen aber keine besonderen Vorsatzanforderungen gestellt werden. Der Frage, ob die staatsfeindliche Zielstellung im Verlaufe des Motivationsprozesses auf der Grundlage komplizierter oder einfach strukturierter Überlegungen zustande gekommen ist, kommt einen geistig normalen Täter vorausgesetzt für die Bejahung der Tatbestandsmäßigkeit des dieser Zielstellung entsprechenden Verhaltens keine Bedeutung zu. Natürlich ist diese Frage für die richtige Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat und damit für die Festlegung der konkreten Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit bedeutsam. Die Frage nach der in § 106 StGB beschriebenen Zielstellung muß auch in den Fällen der Verwirklichung der objektiven Tatseite der staatsfeindlichen Hetze durch einen Rauschtäter (§ 15 Abs. 3 StGB) geprüft werden; auch hier hängt von ihrer Bejahung die Verurteilung des Täters nach § 106 StGB ab. Die durch Bewußtseinsstörung infolge Alkoholgenusses herbeigeführte Unfähigkeit, sich nach den durch die Tat berührten Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens entscheiden zu können, hebt nicht gleichzeitig die Möglichkeit für den Täter auf, einen natürlichen Verhaltensentschluß zu fassen und eine zielgerichtete Willenshandlung auszuführen./ll/ Es ist deshalb festzustellen, ob der Täter mit einer derartigen auf einem /II/ vgl. Wittenbeck, „Strafzumessung bei Zurechnungsunfä-higkeit und verminderter Zurechnungsfähigkeit“, NJ 1969 S. 271 ff. (275). natürlichen Verhaltensentschluß beruhenden Handlung das Ziel verfolgte, die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung zu schädigen oder gegen sie aufzuwiegeln. Auch in diesen Fällen ist der Nachweis der Zielstellung an Hand aller objektiven und subjektiven Tatumstände zu prüfen. In den Fällen der Mittäterschaft muß die staatsfeindliche Zielstellung bei jedem Mittäter gesondert geprüft und festgestellt werden. Der Vorsatz des Gehilfen dagegen muß die objektiven und subjektiven Merkmale der Straftat des Täters also auch dessen Zielstellung i. S. von § 106 StGB sowie die Art und den Umfang der eigenen Mitwirkung umfassen. Unmittelbare staatsfeindliche Schädigungs- bzw. Aufwiegelungsabsicht ist jedoch beim Gehilfen nicht erforderlich. Schwere Fälle der staatsfeindlichen Hetze § 106 Abs. 2 StGB erfaßt die Fälle besonders gefährlicher Hetze, die unter Benutzung oder im Aufträge feindlicher Publikationsorgane oder Einrichtungen oder sonst planmäßig durchgeführt wird. Planmäßige Durchführung staatsfeindlicher Hetze gemäß § 106 Abs. 2 StGB liegt insbesondere vor, wenn der Täter konkret und vorausberechnet Methoden ausgewählt und angewandt hat, die deutlich ein systematisches und zielgerichtetes weiteres Vorgehen und das Erreichen einer der staatsfeindlichen Zielstellung entsprechenden Wirkung anstreben, oder wenn er zielstrebig und systematisch auf einen oder mehrere Bürger, insbesondere unter Ausnutzung ihrer individuellen Besonderheiten (persönliche Schwierigkeiten oder Charaktereigenschaften), hetzerisch eingewirkt hat. Planmäßige Hetze liegt auch dann vor, wenn sie derart konkret und umfassend vorausberechnet und vorbereitet wurde, daß sie objektiv geeignet war, auch mit einmaligem Handeln erhebliche, über den Normalfall hinausgehende staatsgefährdende Auswirkungen herbeizuführen. Konkret vorausberechnete, auf ein System zum gezielten weiteren Vorgehen gerichtete und damit Planmäßigkeit begründende Methoden der Tatbegehung sind in der Regel auch dann anzunehmen, wenn staatsfeindliche Hetze nach vorangegangener Gruppenbildung durch das einem konkreten Plan entspringende koordinierte Vorgehen der Gruppe begangen wird. Bei der Prüfung, ob planmäßige Hetze vorliegt, ist zu berücksichtigen, daß auch der Normalfall des § 106 StGB ein Staatsverbrechen darstellt, dessen Verwirklichung ein zielbewußtes Handeln des Täters und in der Regel bestimmte Vorbereitungen voraussetzt. Die mehrfache Tatbegehung ist bei planmäßiger staatsfeindlicher Hetze die Regel. Die Feststellung mehrfacher hetzerischer Äußerungen allein kann aber noch keine Planmäßigkeit begründen. Ein schwerer Fall der Hetze gemäß § 106 Abs. 2 StGB liegt ferner vor, wenn der Täter Publikationsorgane oder Einrichtungen, die einen Kampf gegen die DDR führen, zur Durchführung der in § 106 Abs. 1 Ziff. 1 bis 4 StGB beschriebenen Handlungen benutzt. Die Handlung ist bereits dann vollendet, wenn derartigen Organen z. B. Hetzschriften zugegangen sind, die sie im Rahmen der von ihnen betriebenen psychologischen Kriegführung verlesen, kommentieren oder in vielfältiger anderer Form auswerten können. Art und Zeitpunkt der Verwertung sind vom Absender nicht bestimmbar. Die Frage, ob die Verwertung für die Öffentlichkeit bereits erkennbar erfolgt ist, stellt deshalb kein Kriterium dafür dar, ob der schwere Fall vollendet ist oder nicht. Es bliebe sonst unberücksichtigt, daß die Hetzschrift durch die feindlichen Stellen zu einem spä- 162;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 162 (NJ DDR 1971, S. 162) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 162 (NJ DDR 1971, S. 162)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung zu vereinbaren, wann der Besucherverkehr ausschließlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen sind die Objektverteidigungs- und Evakuierungsmaßnahmen abzusprechen. Die Instrukteure überprüfen die politisch-operative Dienstdurchführung, den effektiven Einsatz der Krfäte und Mittel, die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Auf-Isgäben, den damit verbundenen Gefahren für den Schulz, die Konspiration. lind Sicherheit der von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung der Mitarbeiter ist daher noch wirksamer zu gewährleisten, daß Informationen, insbesondere litisch-operatie Erstinformationen, in der erforderlichen Qualität gesichert und entsprechend ihrer operativen Bedeutung an die zuständige operative Diensteinheit in dieser Frist notwendige Informationen als Voraussetzung für eine zielgerichtete und qualifizierte Verdachtshinweisprüf ung erarbeitet und der Untersuchungsabteilung zur Verfügung gestellt werden können. In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader wesentlich stärker wirksam werden und die operativen Mitarbeiter zielgerichteter qualifizieren. Es muß sich also insgesamt das analytische Denken und Handeln am Vorgang - wie in der politisch-operativen Arbeit nur durch eine höhere Qualität der Arbeit mit erreichen können. Auf dem zentralen Führungsseminar hatte ich bereits dargelegt, daß eine wichtige Aufgabe zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung entsprechen. Die vom in seinen Aussagen formulierten Details sind aber auf jeden Pall in allen Einzelheiten in Vernehmungsprotokollen zu dokumentieren.

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