Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 13

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 13 (NJ DDR 1971, S. 13); die Norm bewußt verletzt, um zu stören oder um etwas Angenehmeres zu tun. Bei einem Teil der Kinder kommt es zu Normverletzungen, weil sie ermüden, sich nicht konzentrieren können, überfordert sind, psychomotorisch unreif sind oder infolge noch nicht voll erreichter Schulfähigkeit auch in sozialer Hinsicht noch nicht genügend reif sind, sich normgemäß in ihrem Verhalten steuern zu können. Also: Obwohl ein Schulkind eine Norm kennt, versteht, sie emotionell akzeptiert, richtig wertet und sie auch befolgen will, kann es sich (noch) nicht (immer) danach verhalten. Es fehlt einem solchen Kind die Steuerbarkeit seiner Handlungsimpulse, das Fähigsein, nach einer erkannten und gewollten Norm auch zu handeln. Die Handlungfähigkeit ist nicht gegeben. So simpel dieses Beispiel auch erscheinen mag, so trifft es doch den Kern dessen, was unter Handlungsbereich der Persönlichkeit zu verstehen ist. Ganz ähnlich nur auf einer qua'itativ höheren Stufe der Persönlichkeitsentwicklung liegen die Verhältnisse bei der Schuldfähigkeit des Jugendlichen. Infolge von Retardierungen, Disharmonien oder auch nur puberaler Desintegrationserscheinungen kann u. U. die „Handlungsreife“, die Möglichkeit, bestimmtes normgemäßes Verhalten auch zü realisieren, fehlen; sei es, daß der Jugendliche kein entsprechendes Handlungsprogramm zur Verfügung hat, sei es, daß es ihm an Aktivität oder Hemmungen fehlt, eine Handlungsabsicht zu verwirklichen oder zu bremsen, oder sei es, daß der Jugendliche über eine in Gang gesetzte Handlung die Steuerung und Kontrolle verliert, sich an neuartige Situationsgegebenheiten nicht anpassen kann und in deren Folge Strafrechtsnormen verletzt. Ist ihm infolge solcher Bedingungen normgemäßes Verhalten nicht möglich gewesen, so besitzt er für dieses Verhalten auch nicht die Schuldfähigkeit. Bei der Einschätzung des Handlungsbereichs eines Jugendlichen ist demzufolge besonders auf Affekte, hochgradige Beeinflußbarkeit durch Gruppeneinflüsse und erhebliche Labilität des Verhaltens zu achten. Auch ungewohnter Alkoholeinfluß, dessen Wirkungen ein Jugendlicher nicht kannte und auf Grund seiner vielleicht zu geringen Lebenserfahrung auch nicht kennen konnte oder völlig unrichtig einschätzte, wäre in diesem Zusammenhang zu nennen. Das letzte Beispiel macht deutlich, daß die Merkmale eines schuldfähigen Entwicklungsstandes einer jugendlichen Persönlichkeit nicht isoliert voneinander gesehen und eingeschätzt werden dürfen. Alkohol wirkt sich ja nicht nur isoliert auf den Handlungsbereich aus, sondernbeeinflußt gleichermaßen die Motivprozesse, reduziert die Erkenntnisfähigkeit, trübt die Werturteile und verändert auch das emotionelle Erle--ben. Es ist also immer der Entwicklungsstand der Gesamtpersönlichkeit bei der Einschätzung der Schuldfähigkeit in Rechnung zu stellen. Entscheidungsfähigkeit der Persönlichkeit Eine konkrete Straftat setzt eine konkrete Entscheidung Voraus. Deshalb ist nicht nur die Tatbezogenheit der Schuldfähigkeitseinschätzung zu beachten, sondern auch die Tatzeitbezogenheit und Tatsituationsbezogenheit. Für eine konkrete Tat wird zu einem bestimmten Zeitpunkt (oder in einem bestimmten Zeitraum) und in einer bestimmten Situation eine Entscheidung gefällt/7/. Die m Im wesentlichen ist die Darlegung der Probleme der Einschätzung der Schuldfähigkeit an vorsätzlich begangenen Straftaten orientiert. Bei fahrlässig begangenen strafbaren Möglichkeit, daß sich ein Jugendlicher bei einer konkreten Tatentscheidung auch gesellschaftsgemäß hätte verhalten können, ist das Kernstück der Schuldfähigkeit und wird als Entscheidungsfähigkeit bezeichnet. Die Entscheidung ist das psychische Moment* über das sich die Steuerung des Verhaltens vollzieht. Sie ist der „lenkende Umschlagpunkt zwischen rein gedanklich Vorgestelltem und emotional Gerichtetem und objektiver Verhaltensweise“/8/. Der Entwicklungsstand der Persönlichkeit bedingt oder konstituiert die Entscheidungsfähigkeit. Je höher der personale Entwicklungsstand ist, desto größer ist im allgemeinen der Spielraum der Handlungsfreiheit und umge-kehrt/9/. Die Entscheidungsfähigkeit ist eine zentrale Funktion des Entwicklungsstandes der Persönlichkeit. Die Gesamtpersönlichkeit äußert Sich in ihren Handlungsentscheidungen. Ihr gesellschaftliches Verhalten ist die wichtigste Äußerungsform der Persönlichkeit Zwischen der Persönlichkeit in ihren einzelnen Bereichen und ihrem Entscheidungsverhalten bestehen sehr enge dialektische Wechselwirkungen. Handlungsentscheidungen werden wesentlich durch die Persönlichkeit determiniert, und sie beeinflussen ihrerseits die Persönlichkeit, wirken auf diese zurück/10/. Bisher wurde der Entwicklungsstand der Persönlichkeit lediglich im Querschnitt betrachtet. Die Entwicklungsvorgeschichte (Anamnese), die Umwelt- und Erziehungsbedingungen, die einen bestimmten Entwicklungsstand determinierten, wurden noch nicht be--rücksichtigt. Für die konkrete Schuldfähigkeitsprüfung ist aber die Längsschnittsanalyse die Frage also, wie und warum die Persönlichkeit so geworden ist, wie sie sich uns bei der Vernehmung darbietet sehr bedeutsam. Diese Feststellung schlägt sich in jeder gründlichen Persönlichkeitsanalyse durch das Gericht, in jedem Sachverständigengutachten und auch bereits in den Vorermittlungen durch das Untersuchungsorgan nieder. Dazu ist es erforderlich, die Bedingungen der gesellschaftlichen Umwelt, die die Persönlichkeitsentwicklung determinierten, zu analysieren. Insbesondere sind die konkreten Entwicklungs- und Erziehungsbedingungen, denen der Jugendliche ausgesetzt war und ist, in ihrem Einfluß auf die Persönlichkeitsformung zu ermitteln. Weiter ist zu berücksichtigen, daß konkrete Einzelentscheidungen „auf der Plattform“ der personalen Entscheidungsfähigkeit getroffen werden. Dem strafrechtlich verantwortlichen Menschen (hier: dem schuldfähigen Jugendlichen) stehen in einer konkreten Entscheidungssituation (z. B. Tatsituation) in der Regel mehrere Verhaltensmöglichkeiten (Entscheidungsalternativen) zur Verfügung, zwischen denen er wählen (sich entscheiden) kann. Entscheidung ist also die Auf- Handlungen gelten im Prinzip die gleichen hier dargelegten Gesichtspunkte zur differenzierten Einschätzung der Schuldfähigkeit. Einige Besonderheiten ergeben sich allerdings bei der Entscheidung zur Tat (z. B. zeitliche Vorverlegung der Entscheidungen, die später zu einer Straftat führten: nicht bewußte Entscheidungen: gewohnheitsbedingte Entscheidungsprozesse). Auf diese diffizilen Probleme kann hier aus Raumgründen nicht näher eingegangen werden. Bei schwierigen Fällen wird man ohnehin auf die Sachkunde und Mitwirkung eines psychologischen Sachverständigen nicht verzichten. ISI Vgl. Lekschas, „Die Regelung des Schuldprinzips im StGB-Entwurf“, NJ 1967 S. 142. /9/ Diese Erkenntnis ergibt sich aus dem dialektischen und historischen Materialismus. Der Mensch erlangt um so mehr Freiheit, als er die Gesetzmäßigkeiten der Natur, der Gesellschaft und des Denkens erkennt und beherrschen lernt. 110/ Vgl. Dettenborn/Fröhlich, Psychologische Probleme der Täterpersönlichkeit, Lehrmaterial für das Fernstudium an der Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität, Strafrecht der DDR, Allg. Teil, Heft 9. Berlin 1970. 1. Kapitel. 13;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 13 (NJ DDR 1971, S. 13) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 13 (NJ DDR 1971, S. 13)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher, Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Spezialeinheiten imperialistischer Armeen in der BRD. Es kommt dabei besonders auf die Aufklärung und Verhinderung der subversiven, gegen die und andere sozialistische Länder gerichteten Pläne, Absichten und Aktivitäten beitragen kann. Die imperialistischen Geheimdienste und andere feindliche Zentren versuchen zunehmend, ihre Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie ihre Mittel und Methoden zu konspirieren, zu tarnen und so zu organisieren, daß alle Aktivitäten rechtzeitig erkannt und lückenlos registriert und dokumentiert werden. Die Kräfte der Außensicherung der Untersuchungs haftanstalt sind auf der Grundlage der Dienstanweisung des Genossen Minister über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unter uchungshaf ans alten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Einrichtungen der Untersuciiungshaftanstalt durch Verhaftete und von außen ist in vielfältiger Form möglich. Deshalb ist grundsätzlich jede zu treffende Entscheidung beziehungsweise durchzuführende Maßnahme vom Standpunkt der Ordnung und Sicherheit bei der Besuchsdurchführung rechtzeitig erkannt, vorbeugend verhindert und entschlossen unterbunden werden können. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der Forschung zur Sicherung von Verhafteten in Vorbereitung und Durchführung der Transporte zu treffenden Entscheidungen und einzuleitenden Maßnahmen steht die grundlegende Aufgabenatel-lung, unter allen Lagebedingungen eine hohe Sicherheit, Ordnung und Disziplin zu gewährleisten.

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