Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 107

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 107 (NJ DDR 1971, S. 107); Die Feststellung der gesellschaftlichen Ursachen und Bedingungen sowie der dem Konflikt zugrunde liegenden ideologischen Prozesse dient der verfassungsrechtlich verankerten Aufgabe der Gerichte, die Bürger zu einem der sozialistischen Gesetzlichkeit entsprechenden Verhalten zu erziehen sowie gesellschaftliche Hemmnisse bei der uneingeschränkten Rechtsverwirklichung zu beseitigen. Die komplexe Sachverhaltsfeststellung und das Eindringen in die ideologischen Prozesse ist ein entscheidendes Wesensmerkmal der sozialistischen Zivilrechtsprechung. Daher ist m. E. anzustreben, daß die zur Feststellung von Ursachen, Bedingungen und ideologischen Prozesse erforderlichen Tatsachen ebenso zweifelsfrei festzustellen sind wie die rechtserheblichen Tatsachen. In der Praxis gegenwärtig noch bestehende Schwierigkeiten bei der Feststellung dieser Tatsachen dürfen deshalb nicht zur Einschränkung der Wahrheitserforschungspflicht in dieser Hinsicht führen. Der mit einer derartig umfassenden Festlegung des Umfangs der Sachverhaltsaufklärung verbundenen Gefahr einer unökonomischen Ausdehnung des Verfahrens kann durch eine eindeutige gesetzliche Fixierung der Grenzen der gerichtlichen Äufklärungstätigkeit begegnet werden. Zu den Grenzen der gerichtlichen Aufklärungstätigkeit Die obenerwähnte Grundsatzbestimmung des Entwurfs sieht vor, daß eine Entscheidung über einen Rechtsstreit erst dann ergehen darf, wenn der für sie erhebliche Sachverhalt vollständig aufgeklärt worden ist. Diese Forderung kann das hat die Praxis gezeigt nicht in jedem Zivilprozeß erfüllt werden. Es gibt durchaus Verfahren, in denen der Sachverhalt trotz umfassender Bemühungen des Gerichts nicht aufzuklären ist./6/ Diese Verfahren müssen aber trotzdem entschieden werden. Nach der derzeitigen Fassung des Entwurfs könnte das nur unter Verletzung der genannten Bestimmung geschehen./?/ Im Abschnitt über die Beendigung der Verhandlung sollte deshalb die Entscheidung des Verfahrens auch für den Fall, daß trotz Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten eine vollständige Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist, für zulässig erklärt werden. Dabei wäre davon auszugehen, daß dies in jedem Fall ausdrücklich zu erklären und zu begründen ist. Unter „Sachverhalt“ sollte dabei der Lebensvorgang in seiner komplexen Gestalt, also die rechtserheblichen Tatsachen, die Ursachen des Konfliktgeschehens sowie die gesellschaftlichen Bedingungen und ideologischen Prozesse des Geschehens, verstanden werden. Wird die Erkenntnisgrenze erreicht, dann muß ein Abschluß der Sachverhaltsaufklärung möglich sein, auch wenn noch nicht alle Tatsachen vollständig aufgeklärt sind. Darüber hinaus sollte festgelegt werden, daß dann, wenn die Feststellung von Ursachen und Bedingungen des Konfliktgeschehens zu einer unvertretbaren Ausweitung des Verfahrens führt, von ihrer Aufklärung im Verfahren Abstand zu nehmen ist. Das Gericht müßte in solchen Fällen verpflichtet sein, im Zusammenwirken mit den zuständigen staatlichen Organen die Angelegenheit außerhalb des Zivilprozesses weiter zu verfolgen. 161 Vgl. dazu OG, Urteil vom 28. Juni 1966 2 Uz 6/65 (NJ 1966 S. 732); OG, Urteil vom 20. August 1968 2 Zz 17/68 (NJ 1969 S. 224); BG Dresden, Urteil vom 30. Dezember 1966 1 BC 3/65 (NJ 1969 S. 781). m Das wird übrigens auch an anderer Stelle des Entwurfs deutlich, wo nur gesagt wird, daß der Sachverhalt „ausreichend“ geklärt sein muß. Zu den Entscheidungsgrundsätzen für Verfahren, in denen der Sachverhalt nicht aufklärbar ist Die hier erörterte Problematik wirft zugleich die Frage nach der Beweislastproblematik auf, also nach den Entscheidungsgrundsätzen für Verfahren, in denen der Sachverhalt nicht aufklärbar ist. Meines Erachtens sollte im Interesse der Rechtssicherheit und der Einheitlichkeit der Entscheidung von Verfahren mit unaufklärbarem Sachverhalt ein entsprechender Grundsatz in den Gesetzentwurf auf genommen. werden. Er sollte regeln, daß einem Klageantrag oder einer Einwendung nur dann entsprochen werden darf, wenn die rechtserheblichen Tatsachen, an die das Gesetz die beantragte Rechtsfolge knüpft, wahrheitsgemäß festgestellt sind. Anträge, deren gesetzliche Voraussetzungen unaufklärbar oder zweifelhaft sind, sollten abgewiesen werden. Dabei sollte auf die Bezeichnung „Beweislast“ für diesen Entscheidungsgrundsatz der wahrheitsgemäßen Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen verzichtet werden. Er beruht auf dem Prinzip der Erforschung der objektiven Wahrheit und ist nicht wie die Beweislast nur auf die Fälle der unaufklärbaren Sachverhalte beschränkt, sondern Grundlage für die Rechtsanwendung in jedem Zivilverfahren. Darüber hinaus ist der Begriff „Beweislast“ traditionell sehr eng mit der bürgerlichen Verhandlungsmaxime verbunden, so daß die Anwendung der Beweislasttheorie in der Rechtsprechung stets die Gefahr in sich birgt, daß das Gedankengut dieses bürgerlichen Prozeßgrundsatzes in den sozialistischen Zivilprozeß eindringt. Aus in Urteilen hin und wieder noch anzutreffenden Formulierungen z. B. „Der Kläger hatte die von ihm aufgestellte Behauptung zu beweisen. Da ihm das nicht gelungen ist, war seine Klage abzuweisen.“ könnte geschlossen werden, daß das Gericht in derartigen Verfahren lediglich eine Schiedsrichterrolle zwischen den Parteien eingenommen hat und daß es ihm weniger um die wahrheitsgemäße Sachverhaltsaufklärung als vielmehr um die Darstellung des Gelingens oder Nichtgelingens der Beweistätigkeit der Parteien ging. Schließlich muß man auch den Eindruck gewinnen, daß die Entscheidungen als Sanktion dafür ergehen, daß der belasteten Partei der Beweis nicht gelungen ist, nicht aber auf Grund eines objektiv festgestellten bzw. teilweise nicht feststellbaren Sachverhalts. Zur Mitwirkungspflicht der Parteien bei der Sachverhaltsaufklärung Im vorliegenden Arbeitsentwurf des Gesetzes ist eine klare Ausgestaltung der Mitwirkungspflichten der Parteien bei der Sachverhaltsaufklärung und die gegenseitige Abgrenzung der diesbezüglichen Rechte und Pflichten untereinander sowie im Verhältnis zum Gericht noch nicht gelungen. Eine solche Ausgestaltung ist jedoch im Interesse der Realisierung des Prinzips der Erforschung der objektiven Wahrheit dringend erforderlich. Deshalb sollten im Entwurf die Beweisführungspflichten dahin festgelegt werden, daß die Parteien verpflichtet sind, ihre Anträge unter Angabe von Beweismitteln zu begründen und zu den Behauptungen des Prozeßgegners unter Angabe von Beweismitteln Stellung zu nehmen sowie an der Aufklärung von Ursachen und Bedingungen des Rechtsstreits mitzuwirken. Es sollte also eine Pflicht der Parteien zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung statuiert werden, die eine Stellungnahme zu den rechtsbegründenden, rechtsvernichtenden, rechtshemmenden und rechtshin- 107;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 107 (NJ DDR 1971, S. 107) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 107 (NJ DDR 1971, S. 107)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie die vom politischen System und der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise ausgehenden spontan-anarchischen Wirkungen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach den sozialen Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für die Durchsetzung des Primats der Vorbeugung im Staatssicherheit durch die Zurückdrängung, Einschränkung, Neutralisation bzvj. Beseit igung von Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen. Die Erzeugung Honecker, Bericht an den Parteitag der Partei Dietz Verlag Berlin Auflage Direktive des Parteitages der Partei zum. Fünfjahrplan für die Entwicklung der Volkswirtschaft der Dokumente des Parteitages der Partei , Manuskript Mielke Sozialismus und Frieden - Sinn unseres Kampfes Ausgewählte Reden und Aufsätze Dietz Verlag Berlin Richtlinien, Dienstanweisungen, Befehle und andere Dokumente Staatssicherheit Richtlinie zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit über das politisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der und den anderen Organen des und die dazu erforderlichen grundlegenden Voraussetzungen, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - der Untersuchungsführer nicht von unüberprüften Einschätzungen einer Unschuld Beschuldigter ausgeht und dadurch erforderliche Aktivitäten bei der Feststellung der Wahrheit unterläßt.

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