Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 737

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 737 (NJ DDR 1969, S. 737); terium vorgesehen habe. Im Unterschied zur gesetzlichen Neuregelung sei daher gemäß § 53 Abs. 3 StGB (alt) strafloser Notwehrexzeß auch dann gegeben, wenn der psychische (Bestürzungs-, Furcht- oder Schreckens-) Zustand, aus dem heraus die Notwehrüberschreitung erfolgte, nicht begründet gewesen sei. Dieser Auffassung kann u. E. nicht gefolgt werden. § 53 Abs. 3 StGB (alt) enthielt Fälle einer straflosen Notwehrüberschreitung, die auch unter unseren heutigen Bedingungen straflos bleiben. Es war keineswegs Anliegen des Gesetzgebers, mit der neuen Formulierung „in begründete hochgradige Erregung versetzt“ an Stelle der alten „in Bestürzung, Furcht oder Schrecken“ eine Einschränkung der bisher straflosen Fälle der Notwehrüberschreitung vorzunehmen. Die kasuistische Aufzählung bestimmter psychischer Erregungszustände wurde beseitigt, weil es sehr differenzierte Formen hochgradiger Erregung gibt, die mit den Begriffen „Bestürzung“, „Furcht“ und „Schrecken“ nicht erfaßt werden. Nach § 53 Abs. 3 StGB (alt) waren nicht alle Fälle einer Not wehr Überschreitung, bei denen unter sozialistischen Bedingungen ein staatliches und gesellschaftliches Interesse an der Nichtverfolgung des im Exzeß Handelnden besteht, zu erfassen. Insbesondere blieben die Fälle unberücksichtigt, bei denen der Handelnde die Grenzen der Notwehr in berechtigtem hochgradigem Zorn in einer für die Gesellschaft noch erträglichen Weise überschritten hatte. Um gröblichst unbillige Ergebnisse zu vermeiden, mußten diese Fälle entweder analog denen des § 53 Abs. 3 StGB (alt) behandelt oder unter § 8 Abs. 1 StEG (Ausschluß der strafrechtlichen Verantwortlichkeit) subsumiert werden. Ein solcher Fall liegt z. B. vor, wenn ein Bürger, dessen Eltern in einem Konzentrationslager ermordet worden sind, einem Täter, der in angetrunkenem Zustand seine Genugtuung über die Unmenschlichkeitsverbrechen der Faschisten äußert, in berechtigtem hochgradigem Zorn einige kräftige Ohrfeigen versetzt, ehe er ihn der Volkspolizei übergibt. In diesem Fall handelt es sich um Überschreitungen des Notwehrrechts, die infolge der besonderen psychischen Situation (sog. Stress-Situation) des Handelnden unter Berücksichtigung der Art des Angriffs nicht als strafbar anzusehen waren und sind. Es gibt aber auch bestimmte, vom Begriff „Bestürzung“ des § 53 Abs. 3 StGB (alt) nicht miterfaßte Fälle einer psychischen Überraschungssituation. Ein solcher Fall liegt z. B. vor, wenn ein Bürger unverhofft Zeuge eines gegen einen anderen gerichteten rechtswidrigen Angriffs wird, in der Eile die Situation nicht voll zu überschauen vermag und nunmehr in dem Wissen, schnell und entschlossen handeln zu müssen zu einem gröblich fehlerhaften Abwehrmittel greift. Das Bezirksgericht Erfurt sagt in seinem Urteil: „§ 17 Abs. 2 StGB geht insofern über das alte Gesetz hinaus, als er nicht nur die besonderen psychischen Zustände Bestürzung, Furcht oder Schrecken, sondern schlechthin hochgradige Erregung als Voraussetzung für die“ Straflosigkeit statuiert. Andererseits stellt diese Bestimmung im Gegensatz zu § 53 Abs. 3 StGB (alt) insofern strengere Anforderungen, als nur begründete hochgradige Erregung anerkannt wird. Das führt zu der Konsequenz, daß im vorliegenden Fall die Überschreitung der Notwehr auch dann straffrei ist, wenn der Angeklagte aus Bestürzung, ,Furcht oder Schrecken gehandelt hätte, auch wenn dieser psychische Zustand nicht begründet war.“ Dazu sind u. E. einige Bemerkungen erforderlich, da sowohl die Interpretation des alten Gesetzes als auch die Schlußfolgerung hinsichtlich der neuen Regelung unklar und mißdeutbar ist. Eine Notwehrüberschreitung infolge Bestürzung, Furcht oder Schreckens lag schon nach altem Recht erst dann vor, wenn diese Erregungszustände begründet waren. Sinn und Zweck des § 53 Abs. 3 StGB (alt) war es, solchen Bürgern Straffreiheit zuzuerkennen, die unter Umständen gehandelt hatten, welche eine Überschreitung der zulässigen Grenzen der Notwehr ohne sie zu rechtfertigen verständlich erscheinen ließen und ihr den Charakter moralisch-politisch verwerflichen Handelns nahmen. Hierbei ging es um Fälle, bei denen die Plötzlichkeit und momentane Unüberschaubarkeit der Situation, der der sich Verteidigende gegenüberstand, ein rasches, möglichst nachhaltiges Handeln verlangte. Dabei setzte der sich Verteidigende infolge des durch den Angriff ausgelösten Schreck-, Schock-, Verblüffungs- oder Angstzustandes zu massive Abwehrmittel ein1. Berücksichtigt wurde dabei, daß in diesen Fällen keine strafrechtliche Schuld des im Exzeß Handelnden vorlag. Anderenfalls wäre es zu einer Lähmung der Aktivität auf dem Gebiet der Ausübung der Notwehrrechte gekommen. Notwehrüberschreitungen infolge unbegründeter Bestürzung oder Furcht oder infolge unbegründeten Schreckens wurden auch nach dem alten StGB strafrechtlich verfolgt. Stach z. B. jemand einen anderen, der ihn im Streit mit Fäusten angriff, mit einem Messer nieder, so konnte er sich nicht darauf berufen, er habe Furcht gehabt, der andere könne möglicherweise ebenfalls ein Messer bei sich tragen und von diesem Gebrauch machen. Die Anforderungen an das Bestürzungs-, Furcht- oder Schreckenselement ergaben sich in der Rechtsprechung nach dem alten StGB zwangsläufig aus der richtigen Interpretation des Begriffsinhalts und der Zwecksetzung des Gesetzes. Die These, wonach § 53 Abs. 3 StGB (alt) gegenüber § 17 Abs. 2 StGB (neu) das mildere Gesetz sei, ist deshalb unrichtig. Die begründete hochgradige Erregung Im neuen Gesetz wird gegenüber der alten Regelung eine allgemeinere, dafür aber alle nichtstrafwürdigen Fälle hochgradiger Erregung umfassende Formulierung („begründete hochgradige Erregung“) gebraucht'1. Das bedeutet keineswegs, daß -die Organe der Strafrechtspflege künftig vom strengeren als den bisher geltenden Maßstäben auszugehen hätten. § 17 Abs. 2 StGB stellt an die psychische Erregungssituation des Menschen hohe Anforderungen, denn es 1 Dabei wurde in der Rechtsprechung Bestürzung bejaht, wenn es bei dem sich Verteidigenden auf Grund der Un-verhofftheit der auf ihn einwirkenden Umstände zu einem Zustand der erschreckten Verblüffung gekommen war, der ihm die Fähigkeit zu sachlicher Überlegung für ein zweckmäßiges Verhalten nahm. Furcht hingegen wurde dann bejaht, wenn bei dem sich Verteidigenden ein Angstzustand ausgelöst worden war, der dazu geführt hatte, daß er die Situation nicht zu überschauen vermochte und deshalb mit zu großer Massivität handelte. Das Merkmal Schrecken betraf Fälle, in denen bei dem sich Verteidigenden durch die Angriffssituation ein so hohes Maß an Furcht oder Entsetzen ausgelöst worden war, daß es zu einem weitgehenden Aussetzen des Denk- und Willens-steuerungsvermögens und somit im Ergebnis zu triebhaftpanikartigen Reaktionen kam. Vgl. dazu Grttf, „Wann ist Notwehr gegeben?“, Forum der Kriminalistik 1965, Heft 6, S. 35 ff. (37). 2 Der Begriff „begründet“ ist vornehmlich deshalb mit aufgenommen, um deutlich zu machen, daß nicht jeder Fall einer in hochgradiger Erregung unternommenen Notwehr Überschreitung zu Straflosigkeit des Handelnden führen soll. Bekanntlich liegt hochgradige Erregung auch in den Fällen vor, in denen Bürger mit ihrem Handeln den gegenüber dem Täter bestehenden Haß- und Rachegelüsten freien Lauf lassen, um diesem eine „abschreckende Belehrung“ zu erteilen. Solche Praktiken werden vom sozialistischen Staat abgelehnt und sind auch nach neuem Strafrecht als straf rechtswidrig anzusehen. Sie sind allerdings nicht mit den Fällen identisch, in denen es auf Grund einer besonders gelagerten Situation zu einem verständlichen Versagen des Beherrschungsvermögens kommt. 737;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 737 (NJ DDR 1969, S. 737) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 737 (NJ DDR 1969, S. 737)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

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