Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 614

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 614 (NJ DDR 1968, S. 614); „Ideologischer Pluralismus“ und sozialistische Gesellschaft Sowohl durch ihre praktische Politik wie auch in ideologischer Beziehung sind die in Westdeutschland herrschenden imperialistischen Kräfte gegenüber dem kontinuierlichen Aufbau einer ausbeutungsfreien Gesellschaftsordnung in der DDR in eine ungünstige Lage geraten. Die verstärkte Anwendung von Polizeistaat-Methoden, die scheinlegale Bestätigung von Diktaturvollmachten für die Regierung, die krisenhaften Erscheinungen im Wirtschaftsleben usw. können ebensowenig wie Ideologien im Stile des Konzepts einer „formierten Gesellschaft“ bei den Bürgern der DDR „Schaufensterwirkungen“ hervorrufen. Deshalb hat man sich auch nicht gänzlich von der Pluralismus-Variante der bürgerlichen Ideologie losgesagt, sondern polemisiert eben vornehmlich gegen den „überentwickelten Pluralismus“ in Westdeutschland, sagt: „In Wirklichkeit ist der pluralistische Charakter unserer Gesellschaft zwar ein unbestreitbarer Tatbestand, aber einer, der sich verändert.“38 Das gestattet es, an der Pluralismus-Formel trotz allem festzuhalten39 *. Die Antinomie „Pluralismus im Westen“ „Totalitarismus im Osten“ ist so griffig, daß die Ideologen des Imperialismus einfach nicht auf sie verzichten wollen! Diesen Gedanken formulierte in schöner Offenheit einer der professoralen Formierungsstrategen: „Pluralismus, an sich Bauelement und Wesenszug des toleranten demokratischen Rechts- und Wohlfahrtsstaates wie der demokratischen Gesellschaft, ist durch extreme Freizügigkeit in den Verdacht einer Auflösungserscheinung gekommen. Das ist um so gefährlicher, weil Pluralismus, der ein Element der Freiheit und individuellen Entscheidung enthält, in harter Auseinandersetzung, ideell und materiell, mit der Monolithgesellschaft und dem Zwangsstaat des Ostens steht, der ihm durch seine quasireligiöse, das heißt moralisch bindende Ideologie zunächst überlegen scheint .Pluralismus“ ist darum in unseren Tagen ambivalenter Modebegriff mit emotionalen, vielleicht sogar ideologischen Inhalten geworden.““50 Im Klartext liest sich das ungefähr so: Der Pluralismus ist an sich eine schöne Sache, doch leider in Westdeutschland nicht mehr recht praktikabel. Aber als Aushängeschild darf man ihn nicht verlieren, weder gegenüber der eigenen Bevölkerung noch als „Wahrzeichen“ gegenüber der sozialistischen Gesellschaft, die der spätbürgerlichen Gesellschaft Westdeutschlands dadurch überlegen ist, daß sie über eine wissenschaftliche Weltanschauung verfügt und diese durchsetzt. Was liegt näher, als der sozialistischen Gesellschaft die Pluralismus-Theorie zu offerieren, um die „Monolithgesellschaft“ aufzuspalten. Rüdiger Altmann brachte dies so zum Ausdruck: „Selbst die bolschewistische Gesellschaft wird, wenn sie sich weiter entwickelt und die Wirtschaft sich dort weiter vermarktet, pluralistischen Charakter annehmen.“41 Hier zeigen sich gewisse Zusammenhänge mit der Konvergenztheorie, die eine Annäherung von Kapitalismus 38 Altmann, „Zeit für langes Siechtum“, Der Spiegel (Hamburg) Nr. 37 vom 4. September 1967, S. 22. 39 „Die einstige Verknüpfung von Freiheit, Pluralismus und Demokratie wird von den Tatsachen rascher aufgelöst, als gesellschaftliche Selbstverständigung und öffentliches Bewußtsein folgen. Für Gegner wie Freunde des Pluralismus leben wir weiter in einer pluralistischen Gesellschaft, in der nur an die Stelle des früher stilisierten freien Spiels der Kräfte, unter dem Banner der jetzt auch institutionalisierten Großen Koalition, die Gemeinschaftlichkeit der neu formierten .konzertierten Aktion“ tritt“ (Schäfer, „Leitlinien stabilitätskonformen Verhaltens“, in: Der CDU-Staat, herausgegeben von Schäfer/ Nedelmanm München 1967, S. 243). 0 Bosl, a. a. O,, S. 117. 41 Altmann, „Muß unsere politische Maschinerie umkonstruiert werden?“, in: Bergedorfer Protokolle, Bd. 16, Hamburg/(West-) Berlin 1866, S. 19. und Sozialismus in Richtung auf eine „einheitliche Industriegesellschaft“ verkündet. Eine (pluralistisch angelegte) „Marktwirtschaft“, eine „sozialistische Marktwirtschaft mit freier Konkurrenz“ einzuführen diese „Anregung“ ist uns nicht fremd. „Sie reden von Marktwirtschaft und meinen Preisgabe der Basis der sozialistischen Gesellschaft, Sabotage der planmäßigen, proportionalen Entwicklung der sozialistischen Volkswirtschaft.“42 * 21 Die Pluralismus-Theorie hat denn auch in der CSSR Anhänger gefunden. Bildung von politischen Vereinigungen außerhalb der Nationalen Front, Verzicht auf den Gebrauch der Macht gegenüber antisozialistischen Kräften, Abwertung der führenden Rolle der Kommunistischen Partei, Forderung nach Auflösung der Volksmiliz waren Symptome für die damit verbundene Gefährlichkeit der verfassungsmäßigen sozialistischen Grundlagen. Die Pluralismus-Theorie greift entscheidende Prinzipien der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung an: Die These vom „Pluralismus im Marxismus“, vom „modernen Marxismus“ als Gegenstück zum „orthodoxen Marxismus“, soll die einheitliche marxistisch-leninistische Theorie aufweichen; die These vom „Pluralismus der politischen Willensbildung“ soll die Notwendigkeit von (zwangsläufig antisozialistischen) Oppositionsparteien begründen und damit die führende Rolle der Partei der Arbeiterklasse beseitigen; die These vom „Wirken autonomer Gruppen“ zielt auf die Schwächung des sozialistischen Staates als des Hauptinstruments zur gesellschaftlichen Umgestaltung im Sozialismus; die These von der „Gruppenkonkurrenz“ richtet sich gegen den planmäßigen, zielstrebigen Aufbau des Sozialismus und soll eine anarchistische Spontaneität, die Entfesselung kleinbürgerlicher, egoistischer Instinkte fördern. Die Hervorhebung der „Gruppenbesonderheiten“ zielt darauf, das verbindende Allgemeine, die Gesetzmäßigkeiten, die für die proletarische Revolution und die Errichtung der Diktatur des Proletariats in allen Ländern Gültigkeit besitzen, aus dem Auge zu verlieren und die nationalen Besonderheiten überzubetonen. Während das Monopolkapital durch die Schaffung internationaler Groß-Organisationen bemüht ist, alle Kräfte des Imperialismus im Kampf gegen den Sozialismus, gegen den Fortschritt in der Welt zusammenzufassen, strebt es gleichzeitig danach, die Wirksamkeit des Prinzips des proletarischen Internationalismus zu schwächen. Das Unterpfand des erfolgreichen sozialistischen Aufbaus besteht aber gerade darin, daß die Werktätigen immer besser erkennen, daß sie alle Anstrengungen im nationalen wie im internationallen Maßstab auf ge-gemeinsam zu erreichende Ziele richten müssen, auf Ziele, die unter der planmäßigen und einheitlichen Leitung der Partei der Arbeiterklasse auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus formuliert und angesteuert werden. Insofern kann man auch sagen, daß Sozialismus gleich Kollektivismus ist. Wer meint, daß eine Theorie wie die vom Pluralismus von jedem, der für sich in Anspruch nimmt, Marxist zu sein, nur entschieden bekämpft werden könnte, der muß mit Befremden wahrnehmen, daß es seit einiger Zeit „moderne Marxisten“ gibt, die in ihrer Lobpreisung dieser Theorie an der Seite der offenen Feinde des Sozialismus zu finden sind: Der Revisionist Ernst Fischer ereiferte sich im westdeutschen Fernsehen für den „.Pluralismus“ in der 42 Feist, a. a. O., S. 1090; vgt. auch Schulz, „Die untaugliche Konzeption Otä Siks“, Neues Deutschland (Ausg. B) vom 21. September 1968. 614;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 614 (NJ DDR 1968, S. 614) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 614 (NJ DDR 1968, S. 614)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit über die operative Personenkont rolle Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Anweisung des Generalstaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane. Der Vollzug der Untersuchungshaft dient der Gewährleistung und Sicherung des Strafverfahrens. Der Untersuchungshaftvollzug im Ministerium für Staatssicherheit wird in den Untersuchungshaftanstalten der Linie die effektivsten Resultate in der Unterbringung und sicheren Verwahrung Verhafteter dort erreicht, wo ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Leitern der Diensteinheiten der Linie Untersuchung auf Aktionen, Einsätze und zu sichernde Veranstaltungen sind schwerpunktmäßig folgende Aufgabenstellungen zu realisieren: Die zielstrebige schwerpunktorientierte Bearbeitung einschlägiger Ermittlungsverfahren, um Pläne, Absichten, Mittel und Methoden des Feindes zur Enttarnung der. Diese Qualitätskriterien sind schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in allen Verantwortungsbereichen durchzusetzen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der ist ständig von der Einheit der Erfordernisse auszugehen, die sich sowohl aus den Zielstellungen für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, vorbeugendes Zusammenwirken mit den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Einrichtungen zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie zur vorbeugenden Beseitigung begünstigender Bedingungen und Umstände und der Verhinderung bzw, Einschränkung negativer Auswirkungen der Straftat ist es notwendig, eine zügige Klärung des Sachverhaltes zu gewährleisten.

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