Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 568

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 568 (NJ DDR 1968, S. 568); jedoch alles Umstände, die jhre Auswirkungen auf das Ausmaß der strafrechtlichen Schuld haben können, ohne zugleich die Persönlichkeitsentwicklung der Angeklagten schwerwiegend abnorm zu gestalten. Aber auch nicht jede abnorme Entwicklung eines Täters kann zu den Voraussetzungen des § 16 StGB gezählt werden. Eine schwerwiegende abnorme Entwicklung einer Täterpersönlichkeit mit Krankheitswert im Sinne von § 16 Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn sie durch erhebliche Veränderungen im Persönlichkeitsbereich gekennzeichnet ist und sich auf dieser Grundlage Verhaltensweisen und Einstellungen beim Täter herausbilden, die es ihm erheblich erschweren, sich von den Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens leiten zu lassen. Als schwerwiegend wird dabei ein bestimmtes Ausmaß der Fehlentwicklung bezeichnet. Der gesetzliche Hinweis auf den Krankheitswert dieser schwerwiegenden abnormen Persönlichkeitsentwicklung besagt, daß die Auswirkungen dieser Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Täters einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit oder einer Bewußtseinsstörung gleichkommen müssen. Das muß sich konkret in der Straftat ausdrücken und die erhebliche Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit erkennen lassen. Nur dann rechtfertigt sich die Konsequenz, diesen psychischen Zustand eines Täters zur Zeit der Tat und in bezug auf die konkreten Tatbedingungen als die strafrechtliche Verantwortlichkeit mindernd zu betrachten. Wird an die Persönlichkeitsentwicklung und das konkrete Verhalten der Angeklagten dieser durch das Strafgesetz selbst gestellte hohe Maßstab angelegt, so zeigen die mit dem psychiatrischen Gutachten dargelegten Befunde, daß eine schwerwiegende abnorme Fehlentwicklung mit Krankheitswert bei der Angeklagten nicht vorliegt. Sie ist für das von ihr begangene Verbrechen gegen ihr Kind im vollem Umfange strafrechtlich verantwortlich. Entgegen der bisherigen Strafbestimmung des Mordes läßt § 112 Abs. 1 StGB eine weitgehende Differenzierung im Stratmaß auch bei diesen Verbrechen zu, die zu den schwersten Kriminalitätserscheinungen in unserer Republik zählen. Es sind daher alle diese Faktoren, die insbesondere vom psychiatrischen Gutachter zutreffend angeführt wurden, mit den konkreten Tatumständen für die Beurteilung des Ausmaßes der Schuld der Angeklagten maßgebend. Auf den Tatentschluß der Angeklagten haben zweifellos viele Umstände mit eingewirkt. Sie war schweren Belastungen ausgesetzt, die sie jedoch in keiner Phase der in Betracht kommenden Zeit voll getragen hat. Sie hat sich diesen Aufgaben auch weitgehend und auf Kosten der Betreuung der Kinder entzogen. Sicher ist dieses Verhalten mit auf die Lebensweise ihres Mannes zurückzuführen, der sie mit allen Sorgen allein ließ und sich um nichts kümmerte. Wie bedrückend diese' Situation auf sie wirkte und wie sehr sie ihr täglich enteilen wollte, zeigt sich z. B. in ihrer Erklärung, sie sei mit Vorliebe zur Arbeit gegangen und heilfroh gewesen, wenn sie die Wohnungstür hinter sich zugemacht habe. Dennoch erreichte diese schwere Lage nicht ein solches Ausmaß auf ihre psychische Verfassung, daß von einer psychischen Zwangslage als besonderem Tatumstand im Sinne des § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB beim Tatentschluß gesprochen werden könnte. Das gute Verhältnis zu ihren Arbeitskollegen hätte die Angeklagte bewegen sollen, sich mit ihren Sorgen den Kollegen anzuvertrauen. Statt dessen faßte sie den unmenschlichen Entschluß, das jüngste Kind zu töten. Der Sachverständige hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Durchführung der Tötungshandlung durch Einflößen der giftigen Politur wiederholt geschah und das Dahinsiechen des Kindes längere Zeit andauerte. Die Angeklagte wurde folglich täglich erneut vor die Entscheidung gestellt, dem Kind zu helfen oder es sterben zu lassen. Sie hat darüber hinaus sogar gehofft, der Sohn Michael werde der Sylke aus der Flasche mit dem giftigen Mittel aus Versehen zu trinken geben. Sie nahm die Qualen des Kindes längere Zeit wahr und hätte es durch rechtzeitige Vorstellung beim Arzt noch retten können. Das Leben des Kindes löschte sie rücksichtslos aus. Sie nahm auch die Hilfe der sozialistischen Gesellschaft nicht in Anspruch. Dem stehen das Versagen ihres Mannes und seine Drohungen ihr gegenüber, sich ja nicht scheiden zu lassen, angesichts der Verletzung elementarer Mutterpflichten nicht entgegen. Nur weil sie sich in den Zustand der Verwahrlosung selbst hineintreiben ließ, wollte sie einen anderen als den verbrecherischen Weg nicht mehr gehen. Die Zustände im Haushalt und bei der Betreuung der anderen Kinder gefährdeten auch deren Lage, so daß die Tat gegenüber dem Kind Sylke keine isolierte, zufällige Erscheinung war. Aus diesen Gründen ist eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren das gerechte Strafmaß für dieses schwere Verbrechen gegen das Leben. Der durch §112 Abs. 1 StGB erforderliche Ausspruch einer Freiheitsstrafe an Stelle bisherigen Zuchthauses war in den Tenor der Rechtsmittelentscheidung aufzunehmen. §§ 151, 81 StGB. § 151 StGB (sexueller Mißbrauch von Jugendlicher gleichen Geschlechts) ist wegen der Einengung des Schutzalters der Geschädigten und der in Art und Höhe milderen Strafandrohung gegenüber § 175a Ziff. 3 StGE (alt) das mildere Gesetz, auch wenn der Begriff „sexuelle Handlung“ jetzt solche Verhaltensweisen umfaßt die nach dem alten StGB nur Versuchshandlungen darstellten. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn der Täter den Jugendlichen zu den homosexuellen Handlungen nicht verführt hat, da § 151 StGB das Tatbestandsmerkmal „Verführung“ nicht enthält. In diesem Fall ist der Täter gemäß § 81 Abs. 2 StGB auf der Grundlage des § 175a Ziff. 3 StGB (alt) freizusprechen. OG, Urt. vom 5. Juli 1968 5 Zst 10 68. Der 24jährige Angeklagte unterhielt mit den Jugendlichen F. und M. enge Freundschaft. Im Januar 1966 nahm er den damals 17jährigen F. mit in seine Wohnung zum Übernachten. Am anderen Morgen legte sich der Angeklagte zu F. auf die Couch, betastete ihn, faßte an dessen Geschlechtsteil und onanierte bei ihm. F. setzte sich gegen die Belästigungen zur Wehr und warf den Angeklagten von der Couch. Mitte April 1966 belästigte der Angeklagte den Jugendlichen. F. erneut. Er faßte an dessen Geschlechtsteil, berührte mit seinem Geschlechtsteil die Oberschenkel des Jugendlichen und machte geschlechtsverkehrsähnliche Bewegungen. F. setzte sich zur Wehr und schlug auf den Angeklagten ein. Das Angebot des Angeklagten, dem Jugendlichen Geld zu geben, wies dieser zurück. Am 9. Juli 1967 übernachtete der Angeklagte mit dem 15jährigen M. in einem Zimmer. Er legte sich zu diesem ins Bett, betastete ihn, griff an dessen Geschlechtsteil und onanierte bei dem Jugendlichen. Ende August 1967 schliefen sie erneut gemeinsam in einem Zimmer. Der Angeklagte legte sich wieder zu dem Jugendlichen und begann mit gleichartigen sexuellen Handlungen. Dabei machte er beischlafsähnliche Bewegungen und forderte den Jugendlichen auf, bei ihm zu onanieren. Dieser fügte sich schließlich und faßte an das Geschlechtsteil des Angeklagten, was diesem sexuelle Befriedigung verschaffte. Als der Angeklagte einige Tage später wiederum die gleichen Handlungen vornehmen wollte, warf ihn der Zeuge M. aus dem Bett und gab ihm zu ver- 568;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und dabei zu gewährleisten, daß jeder Schuldige entsprechend den Gesetzen zur Verantwortung gezogen wird und kein Unschuldiger bestraft wird. Daraus erwachsen für die Arbeit Staatssicherheit zugleich höhere Anforderungen an die Persönlichkeit der an ihre Denk- und Verhaltensweisen, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie an ihre Bereitschaft stellt. Es sind deshalb in der Regel nur erfahrene und im politisch-operativen UntersuchungsVollzug bewährte Mitarbeiter betraut werden, Erfahrungen belegen, daß diese Ausländer versuchen, die Mitarbeiter zu provozieren, indem sie die und die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der insbesondere im Zusammenhang mit schweren Angriffen gegen die GrenzSicherung. Gerade Tötungsverbrechen, die durch Angehörige der und der Grenztruppen der in Ausführung ihrer Fahnenflucht an der Staatsgrenze zur Polen und zur sowie am Flughafen Schönefeld in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Schaffung einer eindeutigen Beweislage, auf deren Grundlage dann VerdächtigenbefTagungen oder gar vorläufige Festnahmen auf frischer Tat erfolgen können, genutzt werden.

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