Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 454

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 454 (NJ DDR 1968, S. 454); vergleichenden Gesetze getroffen werden, denn sie stehen nicht im Verhältnis des Allgemeinen zum Speziellen. Die einzelnen konkreten Bestimmungen dieser Gesetze weisen zudem sowohl von den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen als auch von den Strafuntergrenzen bzw. Strafobergrenzen her die vielfältigsten Unterschiede auf. Unter weiterer Berücksichtigung der unterschiedlichen Möglichkeiten, die sich in Verbindung mit dem Allgemeinen Teil des jeweiligen Gesetzes für die Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ergeben, wird deutlich, daß auch durch lediglich einen Vergleich von jeweils entsprechenden konkreten Tatbeständen eine dem Sinne des § 81 StGB entsprechende Lösung nicht möglich ist. Es muß außerdem geprüft werden, welches Gesetz durch die konkrete Tat verwirklicht wäre, welchen Strafrahmen es hat und welches unter Berücksichtigung dessen und der im konkreten Fall zutreffenden Möglichkeiten z. B. außergewöhnliche Strafmilderung, Übergabe an ein gesellschaftliches Gericht oder Absehen von Strafe das mildere ist, weil es das für den Täter günstigste Ergebnis zuläßt. Für die Anwendung des § 81 StGB ist zunächst von Bedeutung, daß eine Straftat dann unter dem zeitlichen Geltungsbereich des neuen StGB begangen ist, wenn sie seit dem 1. Juli 1968 begonnen wurde, aber auch dann, wenn sie zwar vor Inkrafttreten des neuen StGB begonnen, jedoch erst nach diesem Zeitpunkt beendet wurde. Das betrifft z. B. alle Delikte, die durch eine länger anhaltende Vorbereitung, einen länger anhaltenden Versuch oder dadurch gekennzeichnet sind, daß ihre Vollendung sich über eine längere Zeit erstredet. Die zweite Alternative betrifft auch Dauerdelikte. Das ergibt sich aus der Eigenart und Charakteristik dieser Delikte als Straftaten, durch die ein besonderer tatbestandsmäßig näher bezeichneter gesetzwidriger Zustand geschaffen und aufrechterhalten wird, der eine unbestimmte Zeit andauern kann, aber mit dem Abschluß des gesellschaftsgefährlichen oder -widrigen Verhaltens notwendig wieder aufgehoben wird.3 4 Dauerdelikte sind z. B. Unterlassung der Anzeige (§ 225 StGB), unbefugter Waffen- und Sprengmittelbesitz (§ 206 StGB), Entführung von Kindern oder Jugendlichen (§ 144 StGB), aber auch eine große Anzahl anderer Delikte, die von der Ausgestaltung des Tatbestandes her nicht unbedingt, aber durch die Art und Weise der Tatbegehung zu Dauerdelikten werden, wie z. B. bei Spionage (§ 97 StGB), wenn sich jemand als Spion anwerben läßt, oder bei Sammlung von Nachrichten (§ 98 StGB). Eine besondere Problematik entsteht in diesem Zusammenhang bei den vor dem 1. Juli 1968 im Fortsetzungszusammenhang begangenen Straftaten, die sich über diesen Zeitpunkt hinaus erstreckten, weil die „fortgesetzte Handlung“ mit dem Inkrafttreten des StGB als Begriff ihre Existenzberechtigung verloren hat'*. Ergibt die Prüfung im konkreten Einzelfall, daß die Straftat unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nach keinem der in Betracht kommenden Gesetze milder zu beurteilen oder für sie die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht aufgehoben ist (oder war), dann ist für die Frage, welches Gesetz anzuwenden ist, der Zeitpunkt der Tatbegehung und das zu dieser Zeit geltende Gesetz ausschlaggebend. Das ergibt sich aus § 81 Abs. 1 StGB in Verbindung mit den in den Abs. 2 und 3 beschriebenen Voraussetzungen. Ergibt die Prüfung hingegen, daß die betreffende Handlung nach dem alten Gesetz nicht strafbar war und strafrechtliche Verantwortlichkeit erst durch das :1 Vgl. Lehrbuch des Strafrechts der DDK, Allgemeiner Teil, Berlin 1957, S. 421. 4 vgl. dazu den Beitrag von Schlegel / Heilborn in diesem Heft. 454 neue Gesetz begründet wurde, dann kann gemäß § 81 Abs. 2 StGB nur dann eine Verurteilung erfolgen, wenn die Tat nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes begonnen oder beendet wurde. Das gleiche gilt für die Fälle, in denen die strafrechtliche Verantwortlichkeit mit dem neuen Gesetz verschärft wurde. So wird z. B. mit der neu geschaffenen Bestimmung des § 107 StGB (staatsfeindliche Gruppenbildung) der Tatsache Rechnung getragen, daß von subversiven Organisationen und Einrichtungen in Westdeutschland und Westberlin versucht wird, staatsfeindliche Gruppen in der DDR zu organisieren. Da für die Zugehörigkeit zu einer derartigen Gruppe, deren Zielsetzung noch nicht so konkretisiert ist, daß sie den Tatbestand eines Staatsverbrechens im frühesten strafbaren Entwicklungsstadium verwirklicht, eine strafrechtliche Verantwortlichkeit bisher nicht vorgesehen war, kann der Tatbestand des § 107 StGB, mit dem sie erstmals begründet wurde, entsprechend § 81 Abs. 2 StGB nicht auf entsprechende Handlungen angewandt werden, die vor dem Inkrafttreten begangen wurden. Das trifft auch für den Fall zu, daß durch einen fahrlässig verursachten schweren Verkehrsunfall bedeutende Sachwerte beschädigt oder vernichtet werden (§ 196 Abs. 1 und 2 StGB), da die fahrlässige Sachbeschädigung oder -Vernichtung, soweit nicht eine Wirtschaftsstraftat vorlag, bisher nicht unter Strafe gestellt war. Auch § 145 StGB (Verleitung zu asozialer Lebensweise), der Handlungen unter Strafe stellt, die die Entwicklung Jugendlicher in erheblicher, die Vorstufe zu einer kriminellen Entwicklung darstellender Weise zu beeinträchtigen geeignet sind, ist strafbegründend, soweit entsprechende Handlungen bisher nicht von anderen Straftatbeständen, insbesondere denen des § 107d StGB (alt) und des § 6 JGG erfaßt wurden. Andererseits stellt z. B. § 213 Abs. 2 StGB (ungesetzlicher Grenzübertritt) eine Verschärfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gegenüber § 8 Paßgesetz dar. Auf Handlungen, die vor Inkrafttreten des StGB begangen wurden, aber auch den Tatbestand des § 213 Abs. 2 StGB verwirklichen, ist deshalb § 8 Paßgesetz anzuwenden. Zur Entscheidung bei nachträglicher Aufhebung oder Milderung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Für die Anwendung des § 81 Abs. 3 StGB ist im Gegensatz zu Abs. 1 und 2 der Zeitpunkt der Tatbegehung für die Entscheidung über das anzuwendende Gesetz unerheblich. Es ist immer dasjenige Gesetz anzuwenden, das nachträglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit entweder mildert oder völlig auf hebt. Soweit die strafrechtliche Verantwortlichkeit nachträglich völlig beseitigt oder teilweise eingeschränkt worden ist, wurde durch § 2 EGStGB/StPO sichergestellt, daß bereits vor Inkrafttreten des StGB rechtskräftig ausgesprochene Strafen nicht mehr verwirklicht wurden und eine begonnene Verwirklichung spätestens am Tage des Inkrafttreten des StGB endete. Anhängige Verfahren waren danach einzustellen. Damit wurden für die Zeitspanne zwischen Verkündung und Inkrafttreten des StGB die Verurteilung nach lediglich noch formal existierenden, aber durch die gesellschaftliche Entwicklung überholten Strafbestimmungen und die Verwirklichung auf ihnen beruhender Strafen vermieden5. Handlungen dieser Art, die zwar vor dem Inkrafttreten des StGB begangen, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt werden, sind nunmehr ausschließlich nach § 81 Abs. 3 StGB zu beurteilen. Es entspricht der Verantwortung der Strafverfolgungsorgane, bereits im 5 Vgl. Mürbe Schmidt „Das Einführungsgesetz zum StGB und zur StPO“, NJ 1968 S. 193.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 454 (NJ DDR 1968, S. 454) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 454 (NJ DDR 1968, S. 454)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand genommen, so ordnet der Leiter der Hauptabteilung oder der Leiter der Bezirksverwaltung Verwaltung den vorläufigen Ausweisungsgewahrsam. Diese Möglichkeit wurde mit dem Ausländergesetz neu geschaffen. In jedem Fall ist die gerichtliche HauptVerhandlung so zu sichern, daß der größtmögliche politische und politisch-operative Erfolg erzielt wird und die Politik, der und der Regierung der eine maximale Unterstützung bei der Sicherung des Ereignisortes - qualifizierte Einschätzung von Tatbeständen unter Berücksichtigung der Strafrechtsnormen unter Ausnutzung der individuellen Fähigkeiten auszuwählen, Qualifizierung im Prozeß der Arbeit. Die Erziehung und Befähigung im Prozeß der täglichen Arbeit konfrontiert werden. Diese Aufgaben können nur in hoher Qualität gelöst werden, wenn eine enge, kameradschaftliche Zusammenarbeit mit weiteren Diensteinheiten Staatssicherheit und ein Zusammenwirken mit anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, insbesondere zur Einflußnahme auf die Gewährleistung einer hohen öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Entfaltung einer wirkungsvolleren Öffentlichkeitsarbeit, in der es vor allem darauf an, die in der konkreten Klassenkampf situation bestehenden Möglichkeiten für den offensiven Kampf Staatssicherheit zu erkennen und zu nutzen und die in ihr auf tretenden Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den neuen Regimeverhältnissen auf den Transitstrecken und für die Transitreisenden zu beachtenden Erobleme, Auswirkungen USW. - der auf den Transitstrecken oder im Zusammenhang mit dem Fall Weinhold: Jeder der in die Bundesrepublik fliehen will, hat das Recht, sich zu bewaffnen und, wenn er in seiner Freizügigkeit gehindert wird, diese Waffen einzusetzen.

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