Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 220

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 220 (NJ DDR 1967, S. 220); jemand „sich jeden Augenblick über sich, seine Handlungen und Motive Rechenschaft zu geben imstande ist“18. Die Handlungsweisen eines solchen Menschen können als ich-bewußt charakterisiert werden. Bewußtsein als Handlungsregulator, als hemmende Kontrollinstanz des Ich (Selbstbeherrschung). Das Bewußtsein kann somit als „oberstes Regulationssystem des Menschen“19 auch energetische, volitive Eigenschaften zugesprochen bekommen. In diesem Sinne spricht man von imbewußten Handlungen als von ungewollten. („Das wollte ich nicht, ich habe es ganz imbewußt getan.“) Eine andere Realitätsform oder Betrachtungsebene des Bewußtseins wird auch in der Wachheit (Vigilanz) gesehen. Diese vor allem physiologische Auffassung vom Bewußtsein reicht in ihren möglichen Ausprägungsgraden von gespanntester Bewußtseinshelligkeit und konzentrierter Aufmerksamkeit über alle Grade der Bewußtseinstrübung, Müdigkeit und Umdämmerung bis zur völligen Bewußtlosigkeit. Juristisch findet sich diese Form in der „Bewußtseinsstörung“ des geltenden § 51 StGB. Für die Zurechnungsfrage sind also zwei verschiedene Bewußtseinsbegriffe im §51 StGB bedeutsam: 1. der Bewußtseinsbegriff, der auf die Bewußtseinsstörung abgestellt ist; 2. der Bewußtseinsbegriff, der auf die Einsichtsfähigkeit abgestellt ist. Nach dieser Aufzählung20 erhebt sich die Frage, welchen Bewußtseinsbegriff wir für die juristische Bestimmung des Vorsatzes wählen sollten oder welche Elemente der hier beschriebenen Merkmale für das für den Vorsatz geforderte Bewußtsein gewählt und zu einem neuen Bewußtseinsbegriff kombiniert werden sollten. Zweifelsohne bleibt zweierlei: Einmal ist eine „Exaktheit“ schwierig zu erreichen, weil der „Widerspruch“ zwischen der allgemeinen Information und dem konkreten Sachverhalt stets auf treten wird; und zum anderen können wir ohne „Interpretation“ des angezielten Sachverhalts (Bewußtsein) keinesfalls auskommen. Tatsächlich bestehen in bezug auf das bei der individuellen Verantwortlichkeit zu fordernde „Bewußtsein“ selbst noch große Probleme oder Fragen. Wir wollen einige nennen: Muß ein Täter wie Friebel schreibt „alle objektiven Tatumstände in sein Bewußtsein“ (S. 687 Sperrung von uns D. Verf.) aufgenommen haben? Muß er die verbrecherischen Umstände seines Handelns in sein bewußtes Ziel aufgenommen haben? Oder muß das Bewußtsein uneingeschränkt auf die Verwirklichung des Verbrechens gerichtet sein? Die mit dem Bewußtseinsbegriff verknüpften Probleme und Schwierigkeiten vermehren sich noch aus sachlichen Gründen, wenn wir die Tatsache der Bewußtseinsenge21 und die „große Bedeutung unbewußter Prozesse bei der Verhaltensdetermination“22 in Rechnung 18 Gruhle, „Die Weisen des Bewußtseins“, in: Verstehen und Einfühlen, (West-)Berlin-Göttingen-Heidelberg 1953, S. 55. 19 Mülier-Hegemann, Die Psychotherapie bei schizophrenen Prozessen, Leipzig 1952, S. 93. 29 Möglich wäre noch eine weitere Differenzierung oder Klassifizierung nach bestimmten Gesichtspunkten (z. B. nach Formen, Inhalten, Graden und genetischen Stufen des Bewußtseins), die hier jedoch nicht bezweckt und auch gar nicht möglich ist. 21 Unter Bewußtseinsenge wird die Begrenzung der Anzahl der gleichzeitig klar und deutlich erlebten Bewußtseinsinhalte verstanden. 22 Friedrich, „Einige Aspekte der Verhaltensdetermination“, Deutsche Zeitschrift für Philosophie 1966, Heft 1, S. 55. stellen. Letzteres gilt besonders für die Motive der Handlungen. Wenn der Schuldgedanke wirklich konsequent in Theorie und Praxis durchgesetzt werden soll, so geraten wir bei der einseitigen Orientierung auf das „Bewußtsein“ in die Gefahr einer Ausdehnung der Verantwortlichkeit bei Straftaten aus rationalistisch-psychologisierenden Erwägungen oder klammern andere erlebte Straftaten als vorsätzliche Handlungen aus. Friebel meint, die Entschlußfassung hebe „sich im Bewußtsein des Täters nicht als besondere Phase ab“ (S. 684). Die Entscheidung erfolge „erst nach einem Prozeß der inneren Auseinandersetzungen, der Überwindung vorhandener Hemmungen und Bedenken, der Bewertung des eigenen Verhaltens, der Abwägung der Vorteile und Nachteile, wobei der Täter die .optimale Tatvariante1 gedanklich auswählt“ (S. 685/686). Dazu ist zu sagen, daß die innere Auseinandersetzung und die Überwindung von Hemmungen und Bedenken sowie die Abwägung von Vor- und Nachteilen auch bei der Entscheidung vorhanden sein können. Sie müssen aber nicht alle und nicht in Gestalt umfangreicher, zeitraubender Denkabläufe vorangehen. Keineswegs kann gerade bei der oftmals unzureichenden Intelligenz der jugendlichen Kriminellen von kontrollierender Tätigkeit aller Seiten des Bewußtseins gesprochen werden. Das sind die Ausnahmen, die nur einen geringen Teil vorsätzlicher Straftaten, vor allem bei Jugendlichen, übriglassen würden. Die Forderung nach der kontrollierenden Tätigkeit aller Seiten des Bewußtseins widerspricht außerdem den Minimal anforderungen an die Verantwortungsfähi'gkeit der Straftäter. Damit deutet sich zugleich die entscheidende Fehlauslegung des Bewußtseinsbegriffs für unsere Problematik an. Wenn man verlangt, daß sich die Entschlußfassung im Bewußtsein des Täters als besondere Phase abhebt und daß der Täter sein eigenes Verhalten bewertet, so spricht man nicht mehr vom Bewußtsein im üblichen Sinne, sondern von Bewußtheit im oben genannten Sinne. Es geht dann um die Bespiegelung der eigenen psychischen Abläufe eine Anforderung, der selbst nur ein geringer Teil von erwachsenen Straftätern gerecht wird. Wenn man bedenkt, daß unter unseren gesellschaftlichen Verhältnissen der Anteil der Minderintelligenten unter den Menschen, die ihre Probleme durch kriminelles Verhalten lösen wollen, relativ immer größer wird, so wird deutlich, daß diese hohen Anforderungen nicht der Realität von Verantwortung und Schuld entsprechen. Darüber hinaus würde aber der Begriff der Entscheidung auch im gesamten übrigen gesellschaftlichen Bereich des Alltagsverhaltens eine nur geringe Anwendung finden können. Denn nur in den seltensten Fällen kommt es zur Selbstreflexion in der Form von Fragen wie: „Wie ist mein Entschluß oder meine Handlung zu bewerten?“, und noch weniger zu Feststellungen wie: „Jetzt habe ich mich entschlossen.“ Aus diesen und noch weiter darzulegenden Gründen plädieren wir für den wesentlich umrisseneren und was besonders betont werden soll gegenstandsspezifischeren Begriff der „Entscheidung“, wie wir ihn im Schuldgrundsatz des StGB-Entwurfs vorfinden. Wille und Entscheidungsbegriff Neben einer theoretischen Vorbelastung des Willensbegriffs durch die idealistische Philosophie (Schopenhauer, Nietzsche, Adler) macht sich für die wissenschaftliche Verwendung auch die unterschiedliche Fassung dieses Begriffs störend bemerkbar. Im weiteren Sinn wird er „gefaßt als Inbegriff der Antriebe unter Einschließung aller Strebungen, Triebregungen, Instinkte 220;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels in den vom Gegner besonders angegriffenen Zielgruppen aus den Bereichen. des Hoch- und Fachschulwesens,. der Volksbildung sowie. des Leistungssports und. unter der Jugend in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen in einer Vielzahl von Betrieben und Einrichtungen der entsprechende Untersuchungen und Kontrollen über den Stand der Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung an in der Untersuehungshaf tanstalt der Abteilung Unter Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftvollzugseinrichtungen -ist ein gesetzlich und weisungsgemäß geforderter, gefahrloser Zustand zu verstehen, der auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister und dos belters der Diensteln-heit, so besonders der gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltоs der des Ministers für Staatssicherheit sowie des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zur. In Übereinstimraung mit dem Minister für Staatssicherheit und dem GeneralStaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik, in Abweichung von der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft bzw, des StrafVollzugsgesetzes,Angehörige von Betrieben, staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen, die auf der Grundlage der Ziffer der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die PerehrdLiohkeit des Beschuldigten dazu geeignet ist, ein umfassendes, überprüftes Geständnis vorliegt oder die vorhandenen Beweismittel überzeugend die begangenen Verbrechen dokumentieren.

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