Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 329

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 329 (NJ DDR 1966, S. 329); Vor dem Kreisgericht Potsdam (Land) hatte sich der noch junge, bereits zweimal vorbestrafte Angeklagte N. wegen Einbruchsdiebstahls zu verantworten. Er hatte ein Schaufenster zertrümmert und aus dem Geschäft konservierte Nahrungsmittel gestohlen. Zur Zeit der Tat war N. stark angetrunken. Die Entscheidung zur Tat wurde durch das Zusammenwirken folgender subjektiver und objektiver Bedingungen wesentlich beeinflußt: Mangelndes Verständnis im Elternhaus und fehlendes Familienleben führten dazu, daß er sich in seiner Freizeit kaum zu Hause aufhielt. Ein Abendstudium an der Betriebsakademie hatte er wieder aufgegeben. Sein Arbeitskollektiv beachtete das nicht, wie es sich überhaupt um die Freizeitgestaltung seiner Mitglieder kaum kümmerte. N. bemühte sich unter diesen Bedingungen, Kontakt zu anderen jungen Menschen zu finden, die ihre Freizeit ebenfalls plan- und ziellos verbrachten. Solche Gleichgesinnten fand er bald, und in ihrer Umgebung wandte er sich schon nach kurzer Zeit dem übermäßigen Alkoholgenuß zu. Es traten dann zwangsläufig Interesselosigkeit gegenüber seiner Arbeit, Fehlstunden, mangelnde Initiative sowie Fehlverhalten in den verschiedensten Formen während der Freizeit auf. Zur Überwindung dieser objektiven und subjektiven Bedingungen, die in ihrem Zusammenwirken für die Willensbildung des N. von wesentlicher Bedeutung waren, hat das Kollektiv dem Verurteilten und sich selbst konkrete Aufgaben gestellt: So verpflichtete es den N., sein Abendstudium an der Betriebsakademie wieder aufzunehmen und erfolgreich abzuschließen. Um dies zu gewährleisten, wurde N. gleichzeitig die Auflage erteilt, sich den negativen Einflüssen seines Freundeskreises zu entziehen. (Ihm die Aufgabe zu stellen, seine Freunde ebenfalls an eine sinnvolle Freizeitgestaltung heranzuführen, war wegen seiner Labilität und seiner nicht' genügenden Autorität in dieser Gruppe nicht möglich. Eine derartige Aufgabe sollte jedoch im allgemeinen in Betracht gezogen werden.) Auch die Beziehungen des N. zu seinen Eltern mußten eine vernünftige Grundlage erhalten. Da aber die Haltung der Eltern zunächst abweisend war, bemühte sich das Kollektiv, N. ein anderes Zimmer zu beschaffen, um weitere Differenzen im täglichen Zusammenleben des N. mit seinen Eltern zu verhüten. Auf Empfehlung des Kollektivs schloß N. einen Sparvertrag über monatlich 150 MDN ab, um geordnete finanzielle Verhältnisse herzustellen. Gleichzeitig erklärte aber das Kollektiv in seiner Bürgschaft, daß N., wenn er erneut straffällig wird oder den an ihn gestellten Forderungen nicht nachkommt, aus der Brigade ausgeschlossen werden wird. In dieser Bürgschaft kommt das Streben des Kollektivs nach Überwindung der wichtigsten objektiven und subjektiven Bedingungen der Straftat sehr deutlich zum Ausdruck. Vielfach fehlt es aber an der Festlegung solcher konkreten Maßnahmen, oder es werden nur solche Aufgaben gestellt, die nicht unmittelbar auf die Überwindung der Ursachen und Bedingungen der Straftat gerichtet sind. Wenn es in dem angeführten Beispiel zu einem positiven Ergebnis kam, so u. a. deshalb, weil das Kollektiv umfassend über die Tat, über die Schuld und die Motive des Täters sowie über die besonders hiermit im Zusammenhang stehenden Faktoren im persönlichen Leben des Täters informiert worden war. Die häufig noch anzutreffende Praxis, die Kollektive nur sehr allgemein bzw. nur am Rande mit der Straftat vertraut zu machen, ist nicht selten der Grund dafür.daß es zu keiner ursachenbezogenen Ausgestaltung der Bürgschaft kommt. Eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit der Bürgschaft hängt wesentlich davon ab, welche Anforderungen an den Rechtsverletzer entsprechend den subjektiven Möglichkeiten und den objektiven Bedingungen und Erfordernissen gestellt werden. Es ist ein Grundsatz der marxistischen Erziehungstheorie, daß die Erziehung „vor allem ein Problem der gesellschaftlichen Aktivität der Menschen, ihrer Rolle im Leben und ihrer konkreten Beziehungen zueinander ist“5. In Anwendung dieses Grundsatzes auf die sozialistische Strafentheorie schrieb Polak: „Die .gesellschaftliche Erziehung“ ist die Erziehung des Menschen durch die sozialistische Gesellschaft selbst die Einordnung in ihre Organisiertheit und Disziplin Denn wenn wir von Erziehung sprechen, so geht es dem Wesen der Sache nach nicht um eine subjektiv-individuelle Belehrung einzelner oder gar um schulmeisterliche Bevormundung, sondern es geht vielmehr um die Durchsetzung dieses objektivgeschichtlichen Entwicklungsprozesses, des von der Partei und der Staatsmacht geführten revolutionären Umwälzungsprozesses der menschlichen Praxis um die Heranführung seines Handelns an die Gesellschaft selbst, um seine bewußte Vergesellschaftung.“1 Diesen Grundgedanken werden zahlreiche Bürgschaften noch nicht gerecht. Sie sind einseitig auf die Unterstützung des Rechtsverletzers durch das Kollektiv gerichtet. Es wird nicht konkret festgelegt, welche Forderungen das Kollketiv an das zukünftige Verhalten des Rechtsverletzers stellt, welchen Beitrag er selbst zur Ausräumung aller objektiven und subjektiven Bedingungen zu leisten hat. So sah z. B. die FDJ-Gruppe eines Betriebes, die eine Bürgschaft übernahm, ihre Aufgabe darin, dem Rechtsverletzer, dessen Arbeitsleistungen in der Vergangenheit mangelhaft gewesen waren, den Sinn der Arbeit im Sozialismus zu erklären, ihm bei seiner Qualifizierung zu helfen, ihn an einer sinnvollen Freizeitgestaltung zu interessieren sowie bisher Versäumtes bei seiner Eingliederung in das Kollektiv schnellstens nachzuholen. Selbstverständlich ist es ein wesentlicher Bestandteil jeder Bürgschaft, dem Rechtsverletzer Hilfe, Anleitung und Unterstützung zuteil werden zu lassen. Das Kollektiv trägt eine große Verantwortung für die Herausbildung und Festigung umfassender sozialistischer Beziehungen in der sozial-kollektiven Umwelt des Täters. Es muß seinen Beitrag zur Herstellung solcher Bedingungen leisten, die es dem Täter ermöglichen und die ihn auch dazu veranlassen, seine Verantwortung zu erkennen und wahrzunehmen. Alle diese Maßnahmen werden jedoch zumindest auf den Täter ohne Wirkung bleiben, wenn er selbst im Prozeß der kollektiven Arbeit passiv bleibt. Viele Bürgschaften zeigen, daß der Selbständigkeit und Selbsterziehung des Täters bereits entsprechende Bedeutung zugemessen wird. So wurde beispielsweise einem Rechtsverletzer, der sich wegen Diebstahls von Elektromaterial zu verantworten hatte, durch das Kollektiv die Aufgabe gestellt, zu prüfen, inwieweit „Abfälle“ wie Elektrokabel, Teile von Schaltvorrichtun-gen usw. , die bis dahin auf den Schuttplatz kamen, noch verwendet werden können. Die Aufgabe wurde erfolgreich gelöst; heute wird ein nicht unerheblicher Teil der „Abfälle“ im Reparaturdienst des Betriebes verwendet. In verschiedenen Bürgschaften forderten Kollektive die Rechtsverletzer mit allem Nachdruck auf, den übermäßigen Alkoholgenuß zu unterlassen. Andere Kollek- 3 4 * 3 Suchodolski, Grundlagen der marxistischen Erziehungstheorie, Berlin 1961, S. 253. 4 Polak, „Die Rolle der Arbeiter-und-Bauern-Macht und Ihrer Justiz bei der Verwirklichung des 7-Jahrplanes“ in: Beiträge zum Strafrecht, Heft 4, Berlin 1960, S. 14/15. 329;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 329 (NJ DDR 1966, S. 329) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 329 (NJ DDR 1966, S. 329)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Absicherung, der Kräfte, Mittel und Methoden, die zur Anwendung kommen, die gewissenhafte Auswertung eigener Erfahrungen und die Nutzung vermittelter operativer Hinweise. Der Leiter der Abteilung hat sicherzustellen, daß die Angehörigen zielgerichtet und wirksam zur Erfüllung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes eingesetzt werden. Er veranlaßt die Organisation und Planung des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen ergebenen Aufgabenstellung, Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst beim Vollzug der Untersuchungshaft Bestimmungen für die operative Durchführung und Organisation des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen ergebenen Aufgabenstellung, Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst beim Vollzug der Untersuchungshaft Bestimmungen für die operative Durchführung und Organisation des Wach- und Sicherungsdienstes haben gegenüber den Inhaftierten und Strafgefangenen Weisungsrecht. Das Weisungsrecht bezieht sich auf - die Durchsetzung dieser Dienstanweisung, die Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung und - die Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln sowie die Nichtbefolgung der Weisungen der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten, zürn Beispiel das Nichtauf-stehen nach der Nachtruhe, das Nichtverlassen des Verwahrraumes zur Vernehmung, zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren an das Gericht weiterzuleiten. Dem Verhafteten ist die Weiterleitung mitzuteilen. Der Verhaftete kann gegen die Verfügung von Disziplinär- und Sicherung smaßnahmen Beschwerde einlegen.

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