Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 755

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 755 (NJ DDR 1965, S. 755); sich daran anschließenden wissenschaftlichen Untersuchungen wurde klar, daß es einerseits um echte Kriminalität und andererseits um Kriminalität schauerlichsten Ausmaßes und besonderer Art geht. Die Erkenntnis des sozialen Charakters und der Struktur dieser Kriminalität wurde zur notwendigen Voraussetzung gerechter Rechtsprechung. In jeder ernstzunehmenden Literatur der neueren Zeit, die sich mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für diese Verbrechen befaßt und nicht nur in der aus den sozialistischen Staaten, sondern auch in solch beachtlichen Arbeiten aus Westdeutschland wie den von Karl S. Bader, Jürgen B a u m a n n, Dietrich Goldschmidt, Reinhard H e n k y s, Herbert Jäger, Karl. Peters und anderen , wird mit wachsender Klarheit herausgearbeitet, daß die Nazi-Verbrechen keineswegs irgendwelche extremen Auswüchse oder Ausschreitungen und schon gar nicht die Ausgeburt eines oder mehrerer krankhafter Gehirne, sondern die Herrschaftsmethode eines besonders blutrünstigen und aggressiven Regimes waren. Sie waren Verbrechen, die durch den gesamten Mechanismus der Nazi-Diktatur verwirklicht wurden. Ihre Ausführung konnte niemals durch eine einzelne Person geschehen. Dazu bedurfte es des sorgfältig aufgebauten Mechanismus des nazistischen Machtapparates. In die Verwirklichung derartiger Verbrechen war notwendig eine Vielzahl von Einzelpersonen verstrickt, deren einzelne Handlungen und Verhaltensweisen sich gegenseitig bedingten und erst in ihrer aufeinander abgestimmten Gesamtheit den verbrecherischen Gesamterfolg herbeiführten. Die Nazi-Verbrechen waren staatliche gelenkte Organisations-Verbrechen. Ihre Durchführung war zentral geplant, geleitet, organisiert und durch Gesetz, Verordnung, Anweisung oder Befehl angeordnet. Sie wurden gewissermaßen arbeitsteilig auf den verschiedensten Ebenen der staatlichen Hierarchie und in den verschiedensten Bereichen staatlichen, gesellschaftlichen und individuell menschlichen Lebens in eine grauenvolle Wirklichkeit umgesetzt. Sie erfuhren mit dem Aufbau und der Festigung der Nazi-Herrschaft sowie mit der fortschreitenden Verwirklichung der aggressiven Absichten des Nazi-Regimes, die in das Inferno des zweiten Weltkrieges und den schließlichen katastrophalen Untergang dieses Regimes umschlugen, eine von Jahr zu Jahr zunehmende Steigerung, bis es zu einem wahren Amoklauf des Todes kam. Die einzelnen Täter dieser Verbrechen waren teils geistige Urheber, teils Befehlsgeber, teils fanatische Vollstrecker der Ziele des Regimes, teils sture, empfindungslose Befehlsausführer, teils Personen, die nur unter Gewissenskonflikten, aber immerhin trotz aller inneren Bedenken aus den unterschiedlichsten Erwägungen „mitmachten“! In den Nazi-Verbrechen verschmolzen staatliche Betätigung und individuell verbrecherisches Handeln zu einer mörderischen Identität. Diese Verbrechen waren rechtlich nur zu überwinden, wenn durch die Verurteilung der einzelnen Verbrecher zugleich und unmißverständlich die strafrechtlichen Grenzen staatlicher Gewaltausübung gegenüber dem solcher Herrschaft unterworfenen Volk und fremden Völkern aufgezeigt wurden. Der gegen Nürnberg und die auf Nürnberg aufbauende Rechtsprechung erhobene Einwand, daß hier die „staatliche Souveränität nach innen und außen“ und die „Staatsautorität“ mißachtet worden seien, konnte und durfte nicht durchgreifen, weil die Logik dieses Einwandes zur Rechtfertigung der „Souveränität des Verbrechens“ geführt hätte. Jeder Versuch, sich auf die staatliche Autorität, Gesetz, Befehl oder Anordnung oder darauf zu berufen, daß man „nur ein Rädchen“ in der Maschinerie des Todes gewesen sei, mußte in Nürnberg, im Prozeß gegen Eichmann, im Globke-Prozeß und in vielen anderen Prozessen aus rechtlichen Gründen notwendig scheitern, wie er auch im Auschwitz-Prozeß oder anderen Verfahren hinsichtlich der grundsätzlichen Strafbarkeit auch nicht andeutungsweise hätte Beachtung finden dürfen. Um Gerechtigkeit walten zu lassen und Lehren für das Verhalten in der Gegenwart zu ziehen, heißt es nicht nur die Struktur der begangenen Verbrechen aufdecken und die sidi daraus ergebenden Grundsätze der Verantwortlichkeit ableiten, sondern auch die sozialen Ursachen der Verbrechen bloßlegen oder um mit Goldschmidt zu sprechen „den Zusammenhang zwischen gesellschaftlichem System und Tätern“ finden. Wie wichtig dies ist, demonstriert uns Hans-Ulrich Evers in seinem Buch „Der Richter und das unsittliche Gesetz“. Ihm erscheinen die Nazi-Verbrechen als ein schreckliches Unglück, das niemand abwenden konnte und für das es insbesondere mit Rücksicht auf die Justizverbrechen deshalb auch keine Verantwortlichkeit geben könne. Evers hielt bereits 1956 die Möglichkeit für gegeben, daß das Grundgesetz der Bundesrepublik von skrupellosen Machthabern hinweggefegt und die Justiz erneut in verbrecherische Tätigkeit getrieben werden könne, ohne daß es für den einzelnen einen Ausweg gebe, da er letztlich auf das unsichere und irrationale Phänomen des Gewissens angewiesen sei. Ist das Irrationale, dem wir in so vielen, teils recht gutwilligen, aber offensichtlich hilflosen Arbeiten begegnen, wirklich das einzige, was uns an Erkenntnis verbleibt? Wir meinen: Nein. Die Verbrechen, die in Nürnberg verhandelt wurden und noch bis auf den heutigen Tag die Gerichte und die Öffentlichkeit in Bewegung halten und halten müssen, waren keineswegs typisch „deutsche“ Verbrechen in dem Sinne, daß sie der deutschen Nation wesenseigen sind und nur von ihr begangen werden könnten. Sie waren Verbrechen eines bestimmt gearteten Regimes, das sich unter Anwendung brutalster Mittel zum Herrscher über die Nation aufgeworfen hatte, sie und wenig später die europäischen Völker ins Verderben stürzte. Dieses Regime kam nicht wie ein unvorhergesehenes Ungewitter über Deutschland. Es hat seine Geschichte und diese Geschichte vermittelt viele Lehren. Die Dokumente des Nürnberger Prozesses und die Arbeiten der Historiker aus Ost und West haben unumstößlich bewiesen: Das deutsche Großkapital, der deutsche Militarismus' und das Junkertum hatten das Nazi-Regime in den Sattel gehoben. Die Lehren, die Nürnberg uns für unser Handeln in der Gegenwart vermittelt, sind folgende: 1. Bezogen auf den Gegenstand des Nürnberger Prozesses bleibt nach wie vor die Forderung auf gerechte und uneingeschränkte Verfolgung und Bestrafung der Nazi-Verbrechen bestehen. Dem wird entgegengehalten, daß es bis auf den heutigen Tag nicht gelungen sei, weder das Verbrechen des Angriffskrieges noch die verbrecherische Kriegführung noch die bestialischen Verbrechen gegen die Menschheit, wie sie sich besonders im Wüten des Kolonialismus und Neo-Kolonialismus und in diesen Tagen im Überfall der USA auf Vietnam gezeigt habe, endgültig aus dem Leben der Gesellschaft zu verbannen. Darum müsse man die Verfolgung der Nazi-Verbrechen als einmalig und deshalb ungerecht einstellen. Aber würden wir einem überführten und ergriffenen Mörder gestatten, die Notwendigkeit und Gerechtigkeit seiner Bestrafung in Zweifel zu ziehen, nur weil es nicht gelungen ist, andere Mörder vor die Schranken des Gerichts zu bringen? Sollte wahres Gerechtigkeitsdenken uns nicht vielmehr verpflichten, die Forderung zu erheben, daß diesen Verbrechen unverzüglich ein Ende bereitet wird und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden? 755;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 755 (NJ DDR 1965, S. 755) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 755 (NJ DDR 1965, S. 755)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen. Die Zusammenarbeit das Zusammenwirken der Leiter der Abteilungen mit den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen ist vorrangig auf die Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei der Durchführung der Strafverfahren zu konzentrieren. Die erforderlichen Maßnahmen, die sich aus der Durchführung des jeweiligen Strafverfahrens für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung und der Leiter des Bereiches Koordinie rung haben eine materiell-technische und operativ-technische Einsatzreserve im Zuführungspunkt zu schaffen, zu warten und ständig zu ergänzen. Der Leiter der Abteilung hat sicherzustellen, daß die Angehörigen zielgerichtet und wirksam zur Erfüllung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes eingesetzt werden. Er veranlaßt die Organisation und Planung des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes haben gegenüber den Inhaftierten und Strafgefangenen Weisungsrecht. Das Weisungsrecht bezieht sich auf - die Durchsetzung dieser Dienstanweisung, die Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung und - die Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln sowie die Nichtbefolgung der Weisungen der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten, zürn Beispiel das Nichtauf-stehen nach der Nachtruhe, das Nichtverlassen des Verwahrraumes zur Vernehmung, zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß ständig eine angemessene Anzahl von Bekleidung für Zugänge im Aufnahmeraum und im Bereitstellungsraum - Station - zur Verfügung stehen.

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