Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 722

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 722 (NJ DDR 1965, S. 722); \ Bei der Einbeziehung der gesellschaftlichen Kräfte wird häufig nur an ihr Auftreten in der Hauptverhandlung und ihre Vorbereitung darauf gedacht. Bei der Auswahl eines Kollektivvertreters, eines gesellschaftlichen Anklägers oder Verteidigers muß aber beachtet werden, daß sie auch noch nach der Hauptverhandlung verantwortungsvolle Aufgaben bei der weiteren Erziehung des Verurteilten zu erfüllen haben. Dieser Erziehungsprozeß kann und muß zwar vom Gericht organisiert werden; die erzieherische Einwirkung auf den Verurteilten selbst ist aber Sache des ihn umgebenden Kollektivs. Das Gericht selbst ist dazu nicht in der Lage, und es ist auch nicht seine Aufgabe, in dieser Richtung tätig zu werden. Das Oberste Gericht hat bereits im Januar 1965 darauf hingewiesen, daß es der Aufgabenstellung der Gerichte widerspricht, wenn unabhängig vom konkreten Fall für jeden bedingt Verurteilten eine sog. Kontrollkarte geführt wird. Das Gericht muß sich bei der Kontrolle über die Wirksamkeit seines Strafausspruchs vielmehr auf solche Täter konzentrieren, deren Erziehung dem Kollektiv für eine bestimmte Zeit noch erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird. In diesen Fällen ist es denkbar, daß das Gericht, insbesondere mit Hilfe der Schöffen aus dem jeweiligen Betrieb oder Wohnbezirk, das Kollektiv während eines längeren Zeitraums bei der inhaltlichen Gestaltung des Erziehungsprozesses unterstützt. Jeder Schematismus ist hier aber fehl am Platz, weil sonst die Wirksamkeit der gerichtlichen Tätigkeit durch eine Zersplitterung der Kräfte beeinträchtigt wird. Werden die Kollektive unter diesen Gesichtspunkten sowohl von den Ermittlungsorganen als auch von den Gerichten für ihre Mitwirkung in und nach der Hauptverhandlung angeleitet, dann werden sie eigenverantwortlich die Form ihrer Teilnahme bestimmen und diejenigen Vertreter benennen können, die den an sie zu stellenden Anforderungen entsprechen. Die Auswahl des Kollektivvertreters und seine Vorbereitung durch Ermittlungsorgan und Gericht Im Bezirk Potsdam wurde festgeslellt, daß in den Beratungen der Kollektive oft nur in der Person des Beschuldigten liegende Umstände erörtert werden und es nicht gelingt, Ursachen und begünstigende Bedingungen der Straftat aufzudecken1. Nach Auffassung des Präsidiums des Bezirksgerichts liegt der Grund dafür in der oft ungenügenden Unterrichtung des Kollektivs durch die Mitarbeiter der Ermittlungsorgane, die es nicht ermöglicht, eine tatbezogene Einschätzung vorzunehmen. Es fehlt auch noch an Auseinandersetzungen in den Kollektiven über Mißstände, die die Tat maßgeblich begünstigt haben. Das macht es den Kollektiven unmöglich. die eigene Verantwortung zu erkennen und Maßnahmen festzulegen, die sowohl dem Kollektiv in seiner weiteren Entwicklung nützen als auch den Beschuldigten aus seiner in der Straftat zum Ausdruck kommenden Isolierung von der Gesellschaft herauszuführen. Es ist daher erforderlich, daß das Kollektiv vom Ermittlungsorgan in jedem einzelnen Fall über die festgestellten Tatsachen informiert wird und daraus Schlußfolgerungen für sein weiteres Tätigwerden zieht. Daß bei dieser Information u. U. die Geheimhaltung bestimmter Umstände zu beachten ist, versteht sich von selbst. Das Kollektiv muß auch berücksichtigen, daß das Ermittlungsorgan von Feststellungen ausgeht, die erst in der gerichtlichen Hauptverhandlung bestätigt werden müssen. Im Bezirk Rostock führen die Ermittlungsorgane in 1 Vgl. hierzu den Beitrag von Dähn in diesem Heft. allen Verfahren gegen berufstätige Täter Aussprachen im Arbeitskollektiv durch. Dabei werden die Persönlichkeit des Täters, die Tat selbst sowie deren Ursachen und begünstigende Bedingungen eingeschätzt. Durch eine umfassende Information wird das Kollektiv in die Lage versetzt, selbst zu entscheiden, in welcher Form es sich am Verfahren beteiligen wird und ob es eine Bürgschaft übernehmen will. Durch diese eigenverantwortliche Prüfung ist es möglich, dem Gericht den geeignetsten Kollegen zur Teilnahme an der Hauptverhandlung vorzuschlagen, der eine exakte, durchdachte Meinung des Kollektivs vermitteln und Schlußfolgerungen für die weitere Erziehung des Täters darlegen kann. Die Kollektivvertreter werden auch von den Gerichten sehr unterschiedlich auf ihre Funktion vorbereitet. Bei einigen Gerichten im Bezirk Rostock werden die vom Kollektiv benannten Vertreter zur Vorbereitung der Hauptverhandlung in Aussprachen durch Richter oder Schöffen mit den Rechten und Pflichten, die sich aus ihrer Mitwirkung im Strafverfahren ergeben, vertraut gemacht. Diese Methode hat den Vorteil, daß der Kollektivvertreter die ihn im Zusammenhang mit seinem Auftreten vor Gericht bewegenden Fragen unmittelbar mit Richtern oder Schöffen erörtern kann, so daß er sicherer wird. Erfahrungen im Bezirk Gera haben die Richtigkeit einer solchen Arbeitsmethode bestätigt. Teilweise erfolgt die Vorbereitung der Kollektivvertreter aber auch noch schriftlich, wobei die Informationen qualitativ sehr unterschiedlich sind. Die Kreisgerichte Grimmen, Ribnitz-Damgarten und Stialsund weisen auf wichtige Probleme des einzelnen Verfahrens hin, um eine bessere Mitwirkung zu gewährleisten; andere Kreisgerichte laden die Kollektivvertreter nach Formular. Das letztere widerspricht der Verantwortung der'Gerichte für die individuelle Anleitung der Kollektivvertreter und hat keinerlei Nutzen. In solchen Fällen besteht immer die Gefahr, daß die vom Kollektiv Beauftragten dem Gericht nicht die erforderlichen Erkenntnisse vermitteln können. Es gibt zwar erfahrene Kollektivvertreter, für die bei einfachen Sachverhalten eine solche Aussprache nicht nötig ist. Jedoch muß vermieden werden, daß die Wirksamkeit des Auftretens der gesellschaftlichen Kräfte dem Selbstlauf überlassen wird. Eine gründliche, auf den Einzelfall bezogene Anleitung des Kollektivvertreters, die das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vorwegnimmt und den Kollektivvertreter nicht unzulässig beeinflußt, bietet die Gewähr dafür, daß die Mitwirkung der gesellschaftlichen Kräfte in der Hauptverhandlung sich positiv auf die Erforschung der objektiven Wahrheit, insbesondere auf die Aufdeckung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Straftaten, auswirkt und dadurch den erzieherischen Wert der Hauptverhandlung erhöht. Die sachkundige Mitwirkung der gesellschaftlichen Kräfte zwingt die Gerichte, sich eingehend mit den Auffassungen und Anträgen der Kollektive auseinanderzusetzen und überzeugende Entscheidungen auszusprechen. Die Bemühungen der Gerichte, die Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Straftat aufzudecken, werden durch die Vertreter der Kollektive meist wirksam unterstützt. Einige Gerichte widmen aber der Erforschung solcher Ursachen und begünstigenden Bedingungen, die nicht unmittelbar mit der Tat Zusammenhängen, viel Aufmerksamkeit Häufig wird durch ungeschickte Fragestellung des Gerichts der Eindruck erweckt, daß den Kollektiven die Verantwortung für solche Umstände auferlegt und die strafrechtliche Verantwortlichkeit und individuelle Schuld des Täters in den Hintergrund gerückt werden soll. Eine derartige Verhandlungsführung fördert nicht die Bereitschaft der gesellschaftlichen Kräfte, an der Aufdeckung der Ur- 722;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 722 (NJ DDR 1965, S. 722) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 722 (NJ DDR 1965, S. 722)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren durch zusetzen sind und welche Einflüsse zu beachten sind, die sich aus der spezifischen Aufgabenstellung Staatssicherheit und der Art und Weise der Unterscheidung wahrer und falscher Untersuchungsergebnisse detailliert untersucht und erläutert. An dieser Stelle sollen diese praktisch bedeutsamen Fragen deshalb nur vom Grundsätzlichen her beantwortet werden. Die entscheidende Grundlage für die Erfüllung der ihr als poiitG-operat ive Dienst einheit im Staatssicherheit zukomnenden Aufgaben. nvirkiehuna der gewechsenen Verantwortung der Linie ifür die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu den Möglichkeiten der Nutzung inoffizieller Beweismittel zur Erarbeitung einer unwiderlegbaren offiziellen Beweislage bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren! Die Beratungen vermittelten den beteiligten Seiten jeweils wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für die Untersuchungsarbeit, Es zeigte sich wiederum, daß im wesentlichen gleichartige Erfahrungen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? führten objektiv dazu, daß sich die Zahl der operativ notwendigen Ermittlungen in den letzten Jahren bedeutend erhöhte und gleichzeitig die Anforderungen an die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung sowie ein konkretes, termingebundenes und kontrollfähiges Programm der weiteren notwendigen Erziehungsarbeit mit den herauszuarbeiten.

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