Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 607

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 607 (NJ DDR 1965, S. 607); daß es bei der strafrechtlichen Verantwortlichkeit „in letzter Instanz um die Förderung der Einsicht in die Notwendigkeit gesellschaftsgemäßen Verhaltens, um die Hebung des Verantwortungsbewußtseins des einzelnen und aller anderen Gesellschaftsmitglieder“ gehe (S. 42), scheint uns damit beim im Affekt handelnden Menschen durchbrochen zu sein. Was verstehen wir überhaupt unter Affekt und Affekthandlungen? Nach Rubinstein ist ein Affekt „ein ungestüm und stürmisch verlaufender emotionaler Prozeß explosiven Charakters“4, und Giljarowski definiert die Affekte als „emotionelle Ausbrüche, die für kurze Zeit den Menschen völlig beherrschen“5. Der Affekt ist Jilso eine das Bewußtsein beeinträchtigende GefühisaufwaTTühg~und damif~eIh~~Scnuiamude-~ TUngsgrund, nicht aber eine besondere Schuldart. Leksdias'Loose 'Rehneberg sägen selbst, daß Vorsatz und Fahrlässigkeit die psychischen Erscheinungsformen der Schuld sind (S. 79). Diese richtige These steht jedoch in Widerspruch zu ihrer späteren Ansicht, der Affekt sei eine „besondere Sdiuldart“. Weder die Juristen noch die Psychiater oder Psychologen haben bisher in einer Bewußtseinsstörung oder in subjektiven Umständen in der Täterpersönlichkeit besondere Schuldarten gesehen. Trunkenheit, Rauschzustände oder andere Bewußtseinsstörungen oder abnorme Persönlichkeitsentwicklungen können das Handeln sowohl bei vorsätzlichen als auch bei fahrlässigen Tätern beeinträchtigen. Sie wurden und werden jedoch nur als Schuldminderungsgründe angesehen, nicht aber als besondere Schuldarten. Daß der Affekt zu einer Bewußtseinsstörung führen kann, ist unbestritten. Er muß demzufolge ebenso wie Trunkenheit usw. als Schuldminderungsgrund ausgestaltet werden. Folgt man der Auffassung von Lekschas/Loose/Renneberg, so wäre die Konsequenz, auch zL B. die Trunkenheit als besondere Schuldart anzusehen und gesetzlich gesondert zu regeln. Das wird aber niemand ernsthaft fordern. Auch der im Affekt handelnde Täter entscheidet sich zu einem Handeln. Es kommt bei der Schuldfeststellung lediglich darauf an zu prüfen, wie weit diese Entscheidung von ihm zu verantworten ist. Rubinstein geht davon aus, daß der Affekt beherrscht werden kann: „Wenn man oft sagt, daß der Mensch im Zustand des Affekts den Kopf verliert und darum unverantwortliche Taten begeht, so ist in gewissem Sinne auch das Umgekehrte richtig: Der Mensch verliert darum den Kopf, weil er, der Macht des Affekts hingegeben, eine unverantwortliche Handlung begeht“. Darum muß nach Rubinstein die Forderung so gestellt werden: „Laßt den entstehenden Affekt nicht in die Sphäre des Handelns einbrechen, und ihr werdet ihn überwinden und dem in euch entstehenden emotionalen Zustand seinen affektiven Charakter nehmen.“6 Eine Entscheidung zum Handeln im Erregungszustand braucht zwar noch lange nicht zu einer Straftat zu füh-. ren; sie ist jedoch verantwortungslos, wenn dadurch ureigene Interessen des Handelnden oder Interessen eines anderen oder der gesamten Gesellschaft verletzt werden. Das ist z. B. der Fall, wenn jemand aus Zorn oder Wut seine eigenen Möbel zertrümmert7 oder sich selbst verletzt. Erst recht ist es verantwortungslos, wenn der Handelnde in diesem Erregungszustand sich zu einer Straftat entscheidet. Zwar liegt eine ver- 4 Hubinstein, Grundlagen der allgemeinen Psychologie, Berlin 1961, S. 612. 5 Giljarowski, Lehrbuch der Psychiatrie, Berlin 1960, S. 65. .6 Rubinstein, a. a. O., S. 613. 7 Selbstverständlich mit Ausnahme der Fälle des § 170 a StGB. minderte Fähigkeit zur verantwortlichen Entscheidung und damit auch eine verminderte Verantwortung vor, aber es ist eben immer noch eine vom Täter zu verantwortende Entscheidung. Diese Auffassung wird auch gestützt durch Giljarowski, der davon ausgehl, daß physiologische Affekte „den Menschen nicht so aus dem Gleichgewicht bringen, daß er jede Macht über sich verliert und mit einer inadäquaten Handlung reagiert“. Dagegen sei bei den pathologischen „der Mensch nicht imstande, seine Handlungen zu lenken und sich über sie Rechenschaft zu geben“. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal des pathologischen Affekts sei „die Bewußtseinstrübung mit nachfolgender Amnesie für alles oder fast alles, was sich während des affektiven Erlebnisses ereignet hat“8 9. Der Unterschied zwischen dem allgemeinen physiologischen und dem pathologischen Affekt „hat nicht nur theoretische, sondern auch praktische Bedeutung, da der pathologische Affekt einer psychischen Störung gleichkommt. So muß im Falle einer strafbaren Handlung in diesem Zustand die Schlußfolgerung der Unzurechnungsfähigkeit und der Notwendigkeit medizinischer, nicht aber gerichtlicher Maßnahmen gezogen werden“8. Außergewöhnliche objektive und subjektive Umstände, welche die Entscheidungsfähigkeit des Täters erheblich beeinflußt haben, mindern sein Verschulden und können strafmildernd berücksichtigt werden bzw. bei Vergehen das Absehen von Strafe rechtfertigen. Es wurde deshalb während der weiteren Arbeiten am StGB-Entwurf vorgeschlagen, unter den außergewöhnlichen objektiven s und subjektiven Umständen der Tat, die strafmildernd : zu berücksichtigen sind, auch den unverschuldeten Affekt als einen besonderen Fall solcher Umstände aus- j drücklich mit zu erfassen. Der neue Vorschlag für die I Strafgesetzgebung lautet10 11: „Ist das Verschulden des Täters infolge unverschuldeten Affekts oder anderer außergewöhnlicher objektiver und subjektiver Umstände, die seine Entscheidungsfähigkeit beeinflußt haben, nur gering, kann die strafrechtliche Verantwortlichkeit nach den Grundsätzen der Strafmilderung gemildert und bei Vergehen von strafrechtlicher Verantwortlichkeit abgesehen werden.“ Lekschas/Loose/Renneberg sind mit Recht davon ausgegangen, daß nur ein hochgradiger Erregungszustand strafrechtlich relevant sein kann und daß alle anderen Gefühlsaufwallungen von diesem strafrechtlich bedeutsamen Affekt auszuschließen seien. Dieser Gesichtspunkt ist in dem obigen Gesetzgebungsvorschlag noch nicht enthalten. Er müßte also entsprechend ergänzt werden, damit nicht künftig jede unverschuldete Gefühlserregung als strafrechtlich bedeutsamer Affekt anerkannt wird. Das ist um so notwendiger, als teilweise auch unter Affekt jede „relativ kurz dauernde Gefühlserregung“11 verstanden wird. Im menschlichen Leben gibt es Gefühlserregungen unterschiedlicher Intensität, nicht jede Gefühlsaufwallung ist jedoch ein affektiver Ausbruch. Soweit neben dem unverschuldeten hochgradigen Affekt noch andere außergewöhnliche objektive und subjektive Umstände strafmildernd oder sogar -ausschließend berücksichtigt werden können, sind jedoch davon weitere, in ihrer Intensität unterschiedliche Gefühlserregungen nicht als außergewöhnliche Schuldmilderungs- oder -aufhebungsgründe erfaßt, weil von „andere n“, also nicht affektiven Umständen ge- 8 Giljarowski, a. a. O., S. 65. 9 Giljarowski, a. a. O., S. 66. 10 vgl. die alte Fassung bei Lekschas/Loose/Renneberg, a. a. O., S. 71 (Ziff. 3). 11 Meyers Neues Lexikon, Leipzig 1961, Bd. 1 Stichwort: „Affekt“. 0 60 7;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 607 (NJ DDR 1965, S. 607) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 607 (NJ DDR 1965, S. 607)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt sowie ins- besondere für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter der Linie verbunden. Durch eine konsequente Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unter uchungshaf ans alten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung trägt die Verantwortung für die schöpferische Auswertung und planmäßige Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, der Befehle und Weisungen der Dienstvorgesetzten zur Lösung der politisch-operativen Aufgaben befugt, den ihm unterstellten Angehörigen Weisungen zu erteilen sowie die Kräfte und Mittel entsprechend der operativen Situation einzuteilen und einzusetzen. Der Transportoffizier ist verantwortlich für die - materielle und finanzielle Bedarfsplanung und die rechtzeitige Waren- und Materialbereitstellung; Erarbeitung von Vorlagen für den Jahreshaushaltsplan und Richtwerten für die Perspektivplanung auf der Grundlage von Rücksprachen mit den Mitarbeitern der operativen Diensteinheit beziehungsweise an Hand des Vergleichs mit den mitgeführten Personaldokumenten. Bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt sind inhaftierte Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände sowie für die Sicherstellung von eweismat.eriäi V-? während des Aufnahmeprozess in den UntersuchungshafthJisalten des Mini- Rechtliche Grundlagen der Aufnahme und Durchsuchung inhaftierter Personen, deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände sowie die Sicherung von Beweismitteln während des Aufnahmeprozesses in den Untersuchungshaftanstalton Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die innere Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft sowie der Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaf tanstalt rechtlich zulässig, in begründeten Fällen von den Trennungsgrundsätzen abzuweichen.

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