Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 539

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 539 (NJ DDR 1965, S. 539); Die in dieser Gruppe untersuchten verurteilten Mädchen unterscheiden sich davon grundlegend. Ihre Interessen werden begrenzt von Schlagermusik, Tanzen, Kino und' Männerbekanntschaften. Ihr Müßiggang führt sie zum Bummeln, zu häufigen Gaststätten besuchen und zu nächtlichen Streifzügen. Sie treffen sich in ihren freien Stunden mit Freundinnen und Bekannten auf der Straße, in Lokalen oder Klubhäusern, besuchen Tanzveranstaltungen, die sie auch in sehr jungem Alter (15 Jahre) erst spät in der Nacht verlassen, oder sie halten sich an schlecht beleumdeten Orten auf, um männliche Jugendliche kennenzulernen. In der Auswahl ihrer Freunde und Bekannten sind sie nicht wählerisch. Sie schließen sich jungen Leuten an, die ähnlich wie sie haltlos und dazu bereit sind, ihnen ihre Vergnügungen zu bezahlen. Müssen sie sich während der Ar-beits- und Schulzeit einer festen, genau abgesteckten Disziplin beugen, so entschädigen sie sich in der Freizeit reichlich dafür, und ihr Hang zur Unabhängigkeit von jeder Verantwortung und Pflicht, zum willkürlichen, nur den eigenen Wünschen folgenden Leben verführt sie zur Zügellosigkeit. Dabei stellen sich oft schon im frühen Jugendalter solche Gewohnheiten wie Rauchen, Trinken,' nächtliches Umherstreifen und häufig wechselnde intime Beziehungen zu jungen oder älteren Männern ein. In krassen Fällen verlassen die Mädchen öfter für einige Tage das Elternhaus oder entweichen aus Heimen und vagabundieren herum. Von 165 verurteilten weiblichen Jugendlichen haben allein 60 ihre Freizeit ausschließlich dafür benutzt, sich herumzutreiben und häufig wechselnde Jungen- und Männerbekanntschaften zu suchen. 25 davon vagabundierten zeitweise. 44 weitere Mädchen füllten ihre freien Stunden mit Bummeln, Kinobesuchen und Tanzveranstaltungen aus. Auch sie halten sich in ihrer Freizeit meistens außerhalb der elterlichen Wohnung auf und gehen keinen wertvollen Beschäftigungen nach, aber sie können nicht, wie die obengenannten 60 Jugendlichen, in die Kategorie der moralisch Haltlosen eingereiht werden. Nur 54 von 165 Mädchen haben sich den für ihr Alter typischen Freizeitbeschäftigungen (Schularbeiten, Lesen, Sport, Hausarbeiten, Veranstaltungen) zugewandt. Bei sieben Mädchen konnte die Freizeitbeschäftigung nicht festgestellt werden. Für viele Mädchen dieser Gruppe besteht außerdem die Gefahr, die Freizeit als Ausgleich für Mißerfolge auf anderen Gebieten zu benutzen. Ihr schlechter Platz im Klassen- oder Lehrlingskollektiv, ihr Bedürfnis, nicht nur im Elternhaus, sondern auch unter Gleichaltrigen Mittelpunkt zu sein, und die Möglichkeit einer zügellosen Freizeitgestaltung führen sie dazu, mit Jungen-und Männerbekänntschaften zu renommieren und mit ihren außergewöhnlichen Freizeiterlebnissen andere Mädchen in den Schatten zu stellen. So urteilen die Arbeitskollegen über ein straffällig gewordenes Mädchen folgendermaßen: „Innerhalb des Kollektivs (der Lehrlinge) spielt sie eine negative Bolle, was sich besonders darin äußert, daß sie Erlebnisse mit Männern am anderen Tage jedem erzählt und sich dabei noch sehr wichtig vor-kommt. Bei diesen Gesprächen bringt sie dabei nicht selten zum Ausdruck, daß sie bei den jungen Männern übernachtet hat und auch von diesen allerlei Geschenke erhalten haben will. Sie sprach schon mehrmals von Schokolade und Pralinen, und auch eine Armbanduhr will sie geschenkt bekommen haben.“ Oder: „Sie ist ständig bestrebt, im Vordergrund zu stehen. Da ihr Leistungsvermögen dazu nicht ausreicht, nimmt sie es mit der Wahrheit nicht genau und ver- sucht außerdem, sich mit ihren Männerbekanntschai-ten interessant zu machen.“ Hier zeigt sich deutlich das Bestreben, sich Anerkennung zu verschaffen und sich damit gleichsam selbst die Überlegenheit über die anderen Mädchen zu beweisen. Dieser Gruppe' gegenüber steht eine zweite Gruppe von 31 Mädchen (19 %), deren Persönlichkeit nicht durch die bisher dargestellten negativen Züge gekennzeichnet ist. Sie haben eine positive Einstellung zum Lernen, eine gute Arbeitsmoral und kameradschaftliche Beziehungen zu ihren Mitschülerinnen und Kollegen. Die Schul- und Betriebsbeurteilungen dieser Mädchen lassen erkennen, daß sie sich in ihrem Gesamlverhalten nicht von der weiblichen Jugend in unserer Republik unterscheiden. Sie wurden meistens straffällig, weil sie zeitweilig negativen Einflüssen unterlagen oder mit vorübergehenden Konflikten wie sie besonders im Jugendalter auftreten können nicht fertig wurden. Die dritte Gruppe weist nicht die Geschlossenheit der beiden anderen auf. In ihr finden sich 48 Mädchen (29%) zusammen, die in ihrer Haltung zu wichtigen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und im sozialistischen Zusammenleben der Menschen noch Schwankungen unterworfen sind. Diese Gruppe ist sehr uneinheitlich, die Mädchen stehen auf einem unterschiedlichen Niveau gesellschaftlicher und sozialer Reife, aber ihnen gemeinsam ist, daß sie Ansatzpunkte positiver Verhaltensweisen zeigen und sich in einem starken Kollektiv bei verständnisvoller Lenkung zu verantwortungsbewußten, die sozialistische Moral achtenden, politisch aufgeschlossenen Mädchen entwickeln können. Die große Differenziertheit dieser Gruppe macht es schwer, sie nach einheitlichen Gesichtspunkten einzuschätzen. Es finden sich hier Mädchen, die charakterlich gefestigt sind und deren Pflichtbewußtsein gut entwik-kelt ist. In der Mehrzahl sind sie aber noch leicht beeinflußbar und labil, ohne klare Vorstellungen über die Zukunft ihres Lebens, aber auch ohne moralisch haltlos und ihrem Leben gegenüber gleichgültig zu sein. Ihre Beziehungen zu anderen Menschen sind unausgeglichen. Sie sind zum Teil diszipliniert und aufrichtig. Es zeigen sich aber ebenso Eigenwilligkeit, Hang zur Opposition und Willkür. In ein Kollektiv ordnen sich die meisten ein. Sie mißachten nicht die Interessen der Gemeinschaft, sie fügen sich, und einige sind auf dem Wege zur bewußten Einordnung ihrer persönlichen Wünsche in gesellschaftliche Interessen. Ihre Beziehungen zur Arbeit und zur Schule sind in der Mehrzahl insoweit nicht gestört, als die Mädchen regelmäßig die Schule besuchen und einer Arbeit nachgehen. Damit kann man ihre Lern- und Arbeitshaltung aber noch nicht als gut beurteilen. Ihre Leistungen schwanken zwischen der Erfüllung von Minimalanforderungen und durchschnittlichen Lern- und Arbeitsergebnissen. Eine sozialistische Einstellung zur Arbeit und zum Lernen, das Streben nach Qualifizierung und bewußter Verwirklichung ihrer Gleichberechtigung fehlen hier noch völlig. Diese Zusammenhänge sind den Mädchen auch nicht klar. Sie stehen überhaupt der gesellschaftlichen Entwicklung im wesentlichen noch passiv gegenüber. Ihr Denken und Handeln wird von ihrem persönlichen Lebenskreis bestimmt. Nur bei wenigen zeigt sich Aufgeschlossenheit und Initiative. Sie sind dann einsatzbereit im NAW und arbeiten in der FDJ und in der Pionierorganisation in verschiedenen Funktionen mit. Zusammenfassung Faßt man diese Resultate zusammen und versucht, sie auf ein gemeinsames Ergebnis zurückzuführen, so fällt / 5 39;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 539 (NJ DDR 1965, S. 539) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 539 (NJ DDR 1965, S. 539)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die tschekistischen Fähigkeiten der Mitarbeiter und Leiter. In Abhängigkeit vom konkret zu bestimmenden Ziel ist es zeitlich und hinsichtlich des Einsatzes spezifischer Kräfte, Mittel und Methoden in der weiteren Bearbeitung auf jene Komplexe zu konzentrieren, bei deren Aufklärung der Beweisführungsprozeß entscheidend voran gebracht wird. Die Bestimmung des Gegenstandes der Beweisführung ist die Festlegung des Zieles der Bearbeitung des jeweiligen Vorganges, weil damit die Potenzen des konkreten Ermittlungsverfahrens - zur Durchsetzung der Politik der Parteiund Staatsführung zu leisten. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben ihre Führungs- und Leitungstätigkeit auf die Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge zu konzentrieren und zu gewährleisten, daß die Rechte der Verhafteten, Angeklagten und Zeugen in Vorbereitung und Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung präzise eingehalten, die Angeklagten Zeugen lückenlos gesichert und Gefahren für die ordnungsgemäße Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit nach-kommen. Es sind konsequent die gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen, wenn Anzeichen vorliegen, daß erteilten Auflagen nicht Folge geleistet wird. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft weit gehendst vermieden werden, wie es unter den konkreten Bedingungen der Verwahrung Verhafteter in einer staatlichen medizinischen Einrichtung möglich ist.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X