Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 287

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 287 (NJ DDR 1965, S. 287); als auch zu einer Erhöhung der strafrechtlichen Ver- Iantwortlichkeit führen. Hier geht es um die Prüfung, welche der bewußtseinsmäßigen und psychischen Faktoren im tatbestandsmäßigen Verhalten zum Ausdruck gekommen sind und wie sie den Grad der Schuld beeinflussen3 4. So hat z. B. das BG Magdeburg in seinem Urteil vom 24. Januar 1964 - II BSB 95/63 - (NJ 1964 S. 446) das Motiv der Bereicherungssucht bei einer Täterin, die fortgesetzt handelnd sozialistisches Eigentum unterschlagen hat, um weit über ihre Verhältnisse leben und sich einen Pkw anschaffen zu können, als den Grad der individuellen Verantwortlichkeit erhöhend angesehen. In diesem Fall wurde das Motiv der Täterin zu Recht als erschwerend für die strafrechtliche Verantwortlichkeit angesehen. Zu einem anderen Ergebnis muß man in folgenden Fällen kommen: In gerichtlichen Verfahren gegen Handelsmitarbeiter haben sich die Rechtspflegeorgane des öfteren mit Erscheinungen auseinanderzusetzen wie Gewährung eines unentgeltlichen Essens oder anderer Vergünstigungen an Mitarbeiter, unentgeltlichem Verbrauch von Lebens- und Genußmitteln, Entnahme von Waren beim Vorliegen von Plusdifferenzen u. ä. Dabei vertreten die verantwortlichen Mitarbeiter der Handelsorgane oftmals die Auffassung, das sei gerechtfertigt, minder verwerflich oder füge dem Handel keinen Schaden zu. Straftaten gegen das sozialistische Eigentum, die auf derartigen Anschauungen beruhen, treten im sozialistischen Binnenhandel häufig auf, weil es sich um weitverbreitete „handelsübliche“ Vorstellungen handelt. Nicht nur mangelnde Wachsamkeit, sondern auch die häufige Duldung und Sanktionierung solcher Anschauungen und Verhaltensweisen führen zu derartigen Erscheinungen. Die Hervorhebung solcher Anschauungen und das Bestreben, sie zu überwinden, hat jedoch teilweise dazu /geführt, sie als straferschwerend zu werten und ungerechtfertigt hohe Strafen auszusprechen, auch wenn kein krasses Bereicherungsstreben und keine tiefe Mißachtung des sozialistischen Eigentums Vorlagen'1. Aber i gerade in diesen Fällen würden die Täter zum Teil in keiner anderen als der geschilderten Weise sozialistisches Eigentum antasten. Die Handlungen erklären sich vor allem daraus, daß die Täter, obwohl sie die Unzulässigkeit ihres Handelns kennen, in überlebten, durch ihren Werdegang bedingten oder durch ihre Umwelt vermittelten Anschauungen befangen sind, die '■ zu ihrem Bewußtsein insgesamt und ihrem sonstigen Verhalten in Widerspruch stehen. Ist die subjektive Seite in der geschilderten oder in ähnlicher Weise strukturiert, so wird sich hieraus nicht selten ableiten lassen, daß eine geringere Schuld vorliegt und bei den Tätern weitgehende erzieherische Voraussetzungen gegeben sind. Die vorstehenden Beispiele zeigen, daß die verschiedenen Anschauungen, Motive und Ziele des Täters (natürlich neben weiteren subjektiven Umständen) zu einer Differenzierung der Schuld führen. Für diesen Einfluß der subjektiven Umstände kann kein Schema gegeben werden. So vielfältig diese sind, so verschieden ist auch ihre Wertung. 3 In dieser Hinsicht äußern sich auch Buchholz/Hartmann, „Zur Theorie von den Ursachen und Bedingungen der Kriminalität in der Deutschen Demokratischen Republik“, Schriftenreihe der Deutschen Volkspolizei 1965, Heft 4, S. 329 bis 331. Vgl. hierzu auch Hinderer/Lehmann, „Zum Nachweis der Schuld als Grundlage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit“, NJ 1963 S 786 ff. 4 Hierauf verweisen auch Thielert/Riedel, „Kriterien für die Anwendung des schweren Falles bei Straftaten gegen gesellschaftliches Eigentum“, NJ 1964 S. 700. Zur Berücksichtigung der begünstigenden Bedingungen bei der Strafzumessung Aus der bloßen Existenz von begünstigenden Bedingungen lassen sich keine Schlußfolgerungen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit ableiten. Konsequenzen lassen sich nur ziehen, wenn ein Zusammenhang zwischen den begünstigenden Bedingungen und der Strafrechtsverletzung besteht, wenn Auswirkungen der I begünstigenden Bedingungen auf die Straftat vorhan- ! den sind. Ein wesentlicher Zusammenhang besteht oft zwischen ,i den begünstigenden Bedingungen und der Entstehung j des Tatentschlusses, indem begünstigende Bedingungen häufig zur Entstehung des Tatentschlusses beitragen, j In solchen Fällen kann der Grad der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemindert werden. Eine besonders günstige Situation kann z. B. zur Begehung eines Diebstahls oder einer Unterschlagung verleiten. In solchen Situationen kommt es vor, daß sich auch Menschen, deren Bewußtsein schon weitgehend gefestigt ist, zu einer strafbaren Handlung verleiten lassen. Der Tatentschluß ist innerhalb von Sekunden gefaßt und die Tat verwirklicht. Auch nachträgliche Reue kann dann die Strafrechtsverletzung nicht ungeschehen machen. Richtig hat deshalb das BG Dresden in seinem Urteil vom 5. August 1964 - 3 BSB 260a/64 - (NJ 1964 S. 731) folgenden Rechtssatz aufgestellt: „Straftatbegünstigende Umstände (wie die Übertragung der Funktion eines Verkaufsstellenleiters trotz fehlender Qualifikation, falsche Inventuren u. a.) können den Grad der Schuld verringern und für die Art \ und Höhe der Strafe mit entscheidend sein, wenn ( diese Umstände auf die Entstehung des Tatentschlus- ■ ses Einfluß gehabt haben.“ Jedoch nicht alle begünstigenden Bedingungen, die auf die Entstehung des Tatentschlusses Einfluß gehabt haben, mindern den Grad der individuellen Verantwortlichkeit. So ist es z. B. denkbar, daß ein Täter, der die Begehung einer strafbaren Handlung plant, nur ( noch auf das Eintreten günstiger Bedingungen wartet. Sobald diese vörliegen, "nimmt "001 Tatentschluß konkrete Gestalt an. Der Täter nutzt die begünstigenden Bedingungen für die Begehung seiner Tat aus. Zweifellos hat hier die begünstigende Bedingung auf den \ Tatentschluß Einfluß gehabt, wenn man ihn auf die konkrete Tat bezieht. In diesem Fall kann man jedoch nicht von einer Minderung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit sprechen. Dieses Beispiel zeigt, wie kompliziert die Zusammenhänge zwischen den sehr differenziert auftretenden begünstigenden Bedingungen und der Fassung des Tatentschlusses sind. Insbesondere ist auch zu beachten, daß die Auswirkungen der begünstigenden Bedingungen nicht strafmildernd berücksichtigt werden können, wenn es sich um Täter handelt, die eine besondere Verantwortung haben und von denen ver-langt werden kann, daß" sie" zur Beseitigung der be-günstigenden Bedinguneen beitragen. Es gibt weitere, vielfältige Auswirkungen von begünstigenden Bedingungen auf die verschiedensten Seiten einer strafbaren Handlung, die zu einer Minderung oder einer Erhöhung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit führen können. Die Begehung einer Strafrechts-verletzung ohne eingehende Planung und als Ausdruck eines momentanen Schwankens das ist z. T. eine Aus-Avirkunl/'VörrbegürRtigenden Bedingungen kann z. B. von einer geringeren Gefährlichkeit sein als die Ausführung einer Straftat, die eingehend geplant, in ihren Einzelheiten durchdacht und vorbereitet wurde. Enge Zusammenhänge bestehen weiter zwischen begünstigenden Bedingungen und derBeeehungsweise einer Straftat. Beim Vorhandensein entsprechender be- 287;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Diensteinheiten der Linie sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründen zu können. Es ist erforderlich, daß die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der die Gefahr bildende Zustand jederzeit in eine tatsächliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu deren Gefährdung oder Störung und gebietet ein Einschreiten mit den Mitteln des Gesetzes. Die oben charakterisierte Vielschichtigkeit der vom Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet ist. Die Einziehung von Sachen gemäß besitzt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann Bedeutung, wenn nach erfolgter Sachverhaltsklärung auf der Grundlage des des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR. Mit der ausdrücklichen Fixierung von Aufträgen des Staatsanwalts sowie eigenen Feststellungen der Untersuchungsorgane als jeweils eigenständige Anlässe zur Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dar. Sie erfordern im besonderen Maße eine enge und kameradschaftliche Zusammenarbeit zwischen operativer Diensteinheit und der Untersuchungsabteilung, insbesondere unter dem Aspekt der Offizialisierung von inoffiziellen Beweismitteln bei der Bearbeitung und beim Abschluß operativer Materialien Vertrauliche Verschlußsache - Meinhold Ausgewählte Probleme der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten das Zusammenwirken mit anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, die Nutzung zuverlässiger, überprüfter offizieller Kräfte, die auf der Grundlage gesetzlich festgelegter Rechte und Befugnisse unter strikter Wahrung der Geheimhaltung und Konspiration zu organisieren. Im politisch-operativen sind die Potenzen der anderen Organe, über die diese zur Lösung ihrer Aufgaben verfügen, für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit und die Hauptvvege ihrer Verwirklichung in Zusammenhang mit der Dearbeitung von Ermittlungsverfahren. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit erfordert, daß auch die Beschuldigtenvernehmung in ihrer konkreten Ausgestaltung diesem Prinzip in jeder Weise entspricht.

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