Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 647

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 647 (NJ DDR 1964, S. 647); länglichen Methoden der Erforschung der Ursachen der Jugendkriminalität und der Wege zu ihrer gesetzmäßigen Überwindung sei ebenso erforderlich wie die Anwendung neuer, beispielsweise mathematischer und kybernetischer Methoden, weil nur dadurch bisher ungenutzte Potenzen freigesetzt würden, die zu einer tiefen und umfassenden Kenntnis der Wurzeln der Jugendkriminalität führten. Zu methodologischen Problemen der Erforschung von Ursachen der Jugendkriminalität sprach auch Frau Prof. Dr. Vodopivec (Direktor des Instituts für Kriminologie an .der Universität Ljubljana). Sie berichtete, daß man in Jugoslawien bemüht sei, die Unterschiede zwischen den straffälligen und den nicht straffälligen Jugendlichen mit Hilfe von Vergleichsgruppen zu erforschen, um so zu Schlußfolgerungen hinsichtlich der Persönlichkeitsstruktur und der Lebensbedingungen zu gelangen. Die Eingruppierung der Täter werde nach dem gesellschaftlichen Schutzobjekt vorgenommen, weil davon auszugehen sei, daß bei verschiedenen Straftaten nicht die gleiche negative Symptomatik gleichartiger negativer Bedingungen zum Ausdrude komme. Da die Ursachenforschung jedoch Untersuchungen mehrerer Wissenschaftszweige erfordere und jeder einzelne Fall sehr intensiv, allseitig und eingehend zu behandeln sei, könne auf diese Weise jeweils nur eine relativ kleine Anzahl von Personen untersucht werden, und man müsse sich zwangsläufig auf kleine Stichprobengruppen beschränken. Die Erscheinungen, die es zu vergleichen gelte, könnten nicht nur an Hand von Fragebogen, durch Tests und Messungen erfaßt, sondern sie müßten durch Beobachtungen vervollständigt werden, wobei es insbesondere darauf ankomme, die Unterschiede in den subjektiven Auswertungen weitestgehend auszuschalten. Zwar sei es möglich, mit Hilfe der mathematisch-statistischen Methode bei der Auswertung jene Symptome abzusondem, welche für die Gruppe von Tätern charakteristisch seien, keineswegs dürfe jedoch auf Grund der aus' der Statistik nicht ersichtlichen Unterschiede gefolgert werden, daß tatsächlich keine Unterschiede bestünden. Mit Hilfe der Vergleichsgruppen könnten jeweils nur die ausgeprägten, keineswegs aber alle Spezifika erfaßt werden. Wenn auch mit Hilfe dieser Vergleichsgruppen Symptome festgestellt werden konnten, die häufiger bei Straffälligen als bei nicht Straffälligen zu finden sind mindere Intelligenz, undifferenzierte Interesseneinstellung, Störungen im Bildungsprozeß, emotionale Unausgeglichenheit, schlechte Lebensbedingungen u. ä. . so bleibe doch die Frage offen, was die Ursache und was die Folge sei. Das sei eine Frage der theoretisch-logischen Interpretation, welche die Wechselwirkungen zwischen der Persönlichkeit und der Umwelt in Betracht ziehen müsse und so die gesellschaftliche Determiniertheit eines kriminellen Fehl Verhaltens festzustellen habe. Dr. S z ä b ö (wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Staats- und Rechtswissenschaften an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften) sprach zu den Erscheinungsformen der Jugendkriminalität und den methodologischen Problemen ihrer Erforschung. Als häufigste Erscheinungsformen der Jugendkriminalität in Ungarn nannte er Diebstähle gegen persönliches und gesellschaftliches Eigentum, vorsätzliche Körperverletzungen und groben Unfug. Er betonte, die ungarischen Soziologen-Kriminologen hätten sich, bevor sie zu der gesicherten Erkenntnis gelangten, daß die Jugendkriminalität als gesellschaftliche Massenerscheinung gesellschaftlich determiniert sei, sowohl mit dem voluntari-stischen Dogmatismus, der das automatische Aufhören der Jugendkriminalität verkündete, als auch mit dem Neo-Freudismus, der den gesellschaftlichen Charakter der Kriminalität verneinte, auseinandersetzen müssen. Szäbö wies ferner die methodologische Fehlerhaftigkeit des Empirismus und der leeren theoretischen Spekulation nach und betonte, daß es darauf ankomme, Forschungsmodelle auszuarbeiten, wenn man nicht im Niveau der Faktoren-Theorie und der Beschreibung steckenbleiben wolle. Schließlich erhebe die sozialistische Kriminologie Anspruch auf eine erklärende theoretische Methode. Von den ungarischen Kriminologen wurde folgendes Modell ausgearbeitet: Die ungünstige Gestaltung oder Auflösung der Erziehungssituation deren Funktion die Sicherung der normalen Entwicklung ist deformiert die Persönlichkeit im An-eignungsprozeß des gesellschaftlichen Verhaltens und ruft in der Persönlichkeit des jugendlichen Täters eine sogenannte anomale innere Beziehungsstruktur hervor. Die Untersuchungen waren also im Kern darauf gerichtet, eine Antwort auf den individuellen Prozeß des verbrecherischen Werdeganges, auf die Gestaltung der gesellschaftlich determinierten Verhaltensdisposition zu erhalten. Szäbö nannte folgende Forschungsmittel, die bei der kriminologischen Untersuchung der Jugendkriminalität Anwendung fanden: Beobachtung, statistische Analyse, Fragebogen, Einblick in die Akten, Exploration, pädagogische Experimente, psychologische Testuntersuchungen, Milieustudium, Biographie-Analyse, Exploration in Gruppen, Soziogramm. Dabei unterschied der Referent zwischen kriminologischen Grundforschungen und operativen Aufnahmen. Während die Grundforschungen die theoretischen Erklärungen erbrächten, bestehe die Aufgabe der operativen Aufnahme in einer informativen Unterstützung der Verwaltungsmaßnahmen. Beide Methoden könnten zusammen verwendet werden und seien geeignet, ergänzende spezifische Aussagen zu erbringen. Ebenfalls über methodologische Fragen der Erforschung der Ursachen der Jugendkriminalität referierte Dr. Svancar (Institut für kriminologische Forschung beim Generalstaatsanwalt der CSSR). Er vertrat die Auffassung, daß die Jugendkriminalität nicht durch einzelne Faktoren, sondern durch die gegenseitige Einwirkung und das Zusammenwirken mehrerer Faktoren determiniert sei. Man müsse zwischen inneren (Persönlichkeit) und äußeren Faktoren (Milieu) unterscheiden und die ununterbrochene Wechselbeziehung beider Gruppen beachten. Als ein wichtiges methodologisches Problem der Ursachenforschung sieht Svancar die Festsetzung der Struktur der Gruppe an. Für eine der letzten Forschungen in der CSSR habe man das sogenannte vollständige Muster verwandt, d. h. in die Untersuchung alle Jugendlichen einbezogen, die an einem bestimmten Tag auf dem gesamten Gebiet der CSSR wiederholt eine vorsätzliche Straftat begangen hatten. Mit dieser Methode sollen zufällige Faktoren weitestgehend ausgeschlossen und das Typische sichtbar gemacht werden. Als eine weitere wichtige methodologische Frage befrachtet Svancar die Art der Sammlung der Informationen über die ausgewählte Gruppe. Bei der obengenannten Untersuchung seien Fragebogen mit einem System von kurzformulierten numerierten Fragen und von vorausgesetzten möglichen Antworten verwandt worden. Des weiteren habe man Informationen durch das Interview mit dem Täter sowie durch dessen psychologische und psychiatrische Untersuchung gewonnen: Diese Methoden schätzte er jedoch als zeitraubend ein. Schließlich sei die Methode des „gemeinsamen Interviews“ zur Ansammlung von Informationen angewandt worden. Diese Methode bestehe darin, eine Reihe von schriftlich ausgearbeiteten Fragen von den Probanden schriftlich beantworten zu lassen. Interessante Ausltihrungen machte der Referent im Hinblick 647;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 647 (NJ DDR 1964, S. 647) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 647 (NJ DDR 1964, S. 647)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die Beweisführung im Operativen Vorgang, denn nur auf der Grundlage der im Operativen Vorgang erarbeiteten inoffiziellen und offiziellen Beweismittel läßt sich beurteilen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht vorliegen. Die beweismäßigen und formellen Anforderungen an Verdachtshinweise auf Straftaten sowie an Hinweise auf die Gefährdung oder Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einhergeht. Fünftens ist in begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung von diesen Grundsätzen aus politischen oder politisch-operativen, einschließlich untersuchungstaktischen Gründen möglich, wenn die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen für die konkret bilanzierten Maßnahmen gegeben sind und den betreffenden Personen ein, diese Maßnahmen begründender informationsstand glaubhaft vorgewiesen werden kann. Diese und andere Probleme bei der Gewährleistung der territorialen Integrität der sowie der Unverletzlichkeit ihrer Staatsgrenze zur und zu Westberlin und ihrer Seegrenze Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher durch den Gegner wird nachfolgend auf ausgewählte Problemstellungen näher eingegangen. Zu einigen Problemen der Anlässe Voraussetzung für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie zu unterstützen, zürn Beispiel in Form konsequenter Kontrolle der Einnahme von Medizin, der Gewährung längeren Aufenthaltes im Freien und anderen. Bei verhafteten Ehepaaren ist zu berücksichtigen, daß die Durchsetzung dieser Maßnahmen auf bestimmte objektive Schwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Baumaßnahmen, Kräfteprobleme stoßen und nur schrittweise zu realisieren sein wird.

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