Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 172

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 172 (NJ DDR 1964, S. 172); lieh ist, wenn die gesellschaftlichen Kräfte in ihrer ganzen Breite in die Bekämpfung dieser Verbrechen einbezogen werden. Sachaufklärung und Beweisführung Die Sachaufklärung bei Tötungsverbrechen entspricht den Anforderungen des Rechtspflegeerlasses. In der Mehrzahl aller Entscheidungen sind die Ursachen und begünstigenden Bedingungen der einzelnen Straftaten ohne daß sie immer als solche direkt bezeichnet wurden richtig herausgearbeitet worden. Das ist u. E. mit darauf zurückzuführen, daß die Ermittlungen bei diesen Delikten sehr exakt, ausführlich und umfangreich durch die Mordkommissionen geführt werden. Im Gegensatz dazu sind die Verfahren bei Raub, Sittlichkeitsverbrechen und Körperverletzungen oft noch ungenügend aufgeklärt. Es gibt insbesondere bei Sittlichkeitsverbrechen Beweisschwierigkeiten. So konnte festgestellt werden, daß Schwierigkeiten bei der Aufklärung des Sachverhalts in den Fällen bestehen, in denen Kinder als einzige Zeugen auftreten. Der Mangel liegt nicht in einer fehlerhaften Arbeit der Gerichte, sondern in aller Regel darin, daß die Kinder zunächst von Angehörigen der Volkspolizei vernommen werden, die nicht über psychologische Fachkenntnisse verfügen. Bei den Vernehmungen ist die Fragestellung oftmals so, daß die Kinder auf die Antwort direkt hingewiesen werden. Wird dann über die Glaubwürdigkeit bzw. Zeugenfähigkeit der Kinder ein Gutachten beigezogen, so ist der Gutachter oftmals nicht in der Lage, die Glaubwürdigkeit der Aussage der Kinder zu bestätigen. Die nicht sachgemäße Vernehmung durch die Volkspolizei läßt nicht mit Sicherheit den Nachweis zu, ob das Kind nur unmittelbar Erlebtes berichtet oder das Erlebte ausschmückt (kindliche Phantasie), weil es in der Vernehmung auf diese Fragen gelenkt wurde. Es ist deshalb dringend erforderlich, auf die Ermittlungsorgane einzuwirken, daß die Vernehmungen von Kindern sehr sorgfältig durchzuführen und stets Sachverständige hinzuzuziehen sind, um zuverlässige Aussagen zu erhalten. Verschiedene Kreisgerichte haben den im Beschluß des Obersten Gerichts enthaltenen Hinweis, daß die Verantwortung für die Tatsituation nicht ungerechtfertigt den durch das Sittlichkeitsverbrechen Geschädigten auferlegt werden darf, insoweit mißverstanden, als sie überhaupt nicht mehr geprüft haben, welche Zusammenhänge zwischen dem Verhalten der Geschädigten und dem der Täter bestehen, so daß die Möglichkeit ungerechtfertigter Verurteilungen gegeben ist. So hat z. B. ein Kreisgericht einen Angeklagten wegen Notzucht verurteilt, obwohl es in seiner Entscheidung darlegt, es sei möglich, daß die Geschädigte den Angeklagten ihren ehemaligen Verlobten aufgefordert habe, sich zu ihr ins Bett zu legen. Die rechtliche Beurteilung von Tötungsverbrechen Tötungsverbrechen werden im allgemeinen rechtlich fehlerfrei beurteilt. Gleichwohl gibt es aber noch einzelne Verfahren, die erkennen lassen, daß die Gerichte nicht mit der erforderlichen Sorgfalt die Frage prüfen, ob ein Tötungsverbrechen vorliegt. So hat das Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt einen Angeklagten wegen Unzucht mit Kindern zur Höchststrafe von zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Der u. a. wegen eines Sexualverbrechens vorbestrafte Angeklagte hatte zwei Tage nach seiner Haftentlassung in einem Park 2 Vgl. hierzu Blumenthal, „Kinder als Opfer von Sittlichkeitsdelikten im Strafverfahren“, NJ 1963 S. 247 fl.; W. Schmidt, „Engere Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Juristen“, NJ 1963 S. 237/238. ein Kind an sich gelockt und an diesem mehrfach unzüchtige Handlungen vorgenommen. Um sich noch ein drittes Mal zu befriedigen und weil er inzwischen Angst bekam, daß das Kind sich wehren oder schreien könnte, entschloß er sich, es zu würgen, um es bewußtlos zu machen. Daß er die Folgen dieses Würgens erkannt und in seinen Vorsatz aufgenommen hatte, ergibt sich nicht nur aus der von ihm aufgewendeten erheblichen Intensität, sondern auch aus seinen eigenen Aussagen, daß ihm der Tod des Kindes gleichgültig gewesen sei. Nachdem er das Kind eih drittes Mal im Zustand der Bewußtlosigkeit mißbraucht hatte, entfernte er sich vom Tatort. Nur durch den Umstand, daß das Kind alsbald aufgefunden wurde und in ärztliche Behandlung kam, konnte es am Leben erhalten werden. Das Bezirksgericht hat nicht geprüft, ob der Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt hat3. Zur Abgrenzung der Tatbestände der §§ 211, 212 StGB hat das Präsidium des Obersten Gerichts in einer Entscheidung Stellung genommen und die bisherige fehlerhafte Auslegung des Merkmals Heimtücke durch den 5. Strafsenat korrigiert4 * *. Unklarheiten bestehen bei einigen Gerichten jedoch noch hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale „niedrige Beweggründe“ und „Grausamkeit“. So hat das Bezirksgericht Halle die Angeklagte G. wegen versuchten Totschlags verurteilt. Sie ist Mutter von drei Kindern im Alter von ein bis fünf Jahren. Weil ihr das dreijährige Kind für die bevorstehende Heirat ein Hindernis war, faßte sie den Entschluß, es zu beseitigen. An einem kalten Wintertag des Jahres 1963 begab sie sich mit dem Kind an einen Fluß, zog es völlig aus und warf es von einer vier Meter hohen Brücke in .eine eisfreie Stelle. Vorher hatte sie das Kind kurz gewürgt. Das Kind konnte durch Bürger gerettet werden. Im Gegensatz zum Antrag des Staatsanwalts verneinte das Bezirksgericht das Vorliegen niedriger Beweggründe. Ob die Angeklagte grausam gehandelt hat, hat es überhaupt nicht geprüft. In einem anderen vom Bezirksgericht Halle verhandelten Fall hat die Angeklagte ihrem Kind zwei Wochen lang die Nahrungszuführung nahezu völlig versagt und die Pflege vernachlässigt. An sechs Tagen bekam es eine mangelhaft zubereitete Nahrung in flüssiger Form, und in den weiteren acht Tagen wurde sie ihm ganz entzogen. Die Todesursache war hochgradige Abzehrung in Verbindung mit einer Stoffwechselvergiftung. Auch in diesem Falle wurde das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale „niedrige Beweggründe“ und „Grausamkeit“ nicht geprüft und die Täterin wegen Totschlags verurteilt. Das Oberste Gericht hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß niedrige Beweggründe dann vorliegen, wenn in den Motiven des Täters ein besonders großer Widerspruch zu den gesellschaftlichen Anschauungen über die Achtung des menschlichen Lebens zum Ausdruck kommt, und daß eine solche besonders verwerfliche Einstellung dann gegeben ist, wenn ausschließlich aus krassem Egoismus ein Menschenleben vernichtet wird (z. B. Urteil in NJ 1964 S. 86). Deshalb verurteilte das Oberste Gericht einen in außerordentlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Angeklagten wegen Mordes, weil er sein neugeborenes Kind tötete, um sich mit ihm finanziell nicht zu belasten. Zu bejahen ist u. E. aber auch, daß das Verhungernlassen eines Kindes grausam im Sinne des § 211 StGB ist. 3 Das Urteil ist inzwischen aufgehoben und das Bezirksgericht angewiesen worden, den Angeklagten wegen versuchten Mordes in teilweiser Tateinheit mit Unzucht an einem Kinde zu einer höheren Strafe zu verurteilen. NJ 1964 S. 22. 172;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 172 (NJ DDR 1964, S. 172) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 172 (NJ DDR 1964, S. 172)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung - vom Streit. Der Minister für. Der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Gastssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten aber auch der staatlichen Ordnung ist der jederzeitigen konsequenten Verhinderung derartiger Bestrebungen Verhafteter immer erst- rangige Sedeutunq bei der Gestaltung der Führunqs- und Leitungstätigkeit zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit Sicherungsmaßnahmen. Die Ordnung und Sicherheit in der Diensteinheit ist jederzeit zu gewährleisten. Die Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte sind durchzusetzen. Erfordert die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit bei der Besuchsdurchführung rechtzeitig erkannt, vorbeugend verhindert und entschlossen unterbunden werden können. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der Forschung zur Sicherung von Verhafteten in Vorbereitung und Durchführung von Auslandsreisen führender Repräsentanten sind durch die zuständigen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit konkrete Koordinierungsfestlegungen zu deren Schutz zu treffen. Unter besonderen politischen und politisch-operativen Bedingungen haben die Leiter der Abteilungen kameradschaftlich mit den Leitern der das Strafverfahren bearbeitenden Untersuchungsabteilungen zusammenzuarbeiten und die für das Strafverfahren notwendigen Maßnahmen zu koordinieren.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X