Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 621

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 621 (NJ DDR 1963, S. 621); 4 die kapitalistischen Produktionsverhältnisse als materielle Ursache der Kriminalität voll zuzustimmenr. Die Schlußfolgerung jedoch, die Buchholz daraus zieht, daß damit „für die Masse der Kriminalität ( ) die noch nachwirkenden ideologischen Folgeerscheinungen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse (Eigentümerideologie und andere, letzlich bürgerliche Denk- und Lebensgewohnheiten) gesamtgesellschaftlich gesehen die Ursachen wenn man so will die allgemeine Ursache der Kriminalität in unserer Republik geworden“ sind, kann nicht befriedigen. Diese in der allgemeinsten Form richtige Feststellung, daß die Kriminalität in der DDR letzten Endes „Überbleibsel“ der alten, kapitalistischen Ordnung ist, hat insofern Bedeutung, als man sich damit von der bürgerlichen Faktorentheorie abgrenzt, die den gesellschaftlichen Boden der Kriminalität verschleiert. Zum anderen wird damit unterstrichen, daß die sozialistischen gesellschaftlichen Verhältnisse keine Kriminalität hervorbringen. Die Charakterisierung der bürgerlichen Überreste im Bewußtsein der Menschen mit dem Begriff der „allgemeinen Ursache“ der Kriminalität kann die Rechtspflegeorgane im besten Falle zu einer deklaratorischen Feststellung veranlassen, ihnen aber auch den Weg verlegen, die Widersprüche aufzudecken und so deutlich zu machen, in welchen Beziehungen die objektive Realität in unserer sozialistischen Ordnung zu den einzelnen strafbaren Handlungen steht. Aber nur wenn diese Beziehungen klar erkannt und zur Grundlage der festzulegenden Maßnahmen gemacht werden, können die Rechtspflegeorgane die Ursachen für Straftaten sichtbar machen und die entsprechenden Ansatzpunkte finden, die deren Beseitigung garantieren. Es geht also nicht schlechthin darum, festzustellen, daß es noch Überreste aus der kapitalistischen Vergangenheit im Bewußtsein der Rechtsverletzer gibt7. Vielmehr muß die Frage beantwortet werden, warum es in unserer sozialistischen Ordnung noch Kriminalität gibt, wie sie im Einzelfall entstehen kann und welche Maßnahmen die Gesellschaft zu ihrer schrittweisen Zurück-drängung und schließlichen Beseitigung einleiten muß. In dieser umfassenden Weise muß die Frage nach den Ursachen, die maßgeblich für die Entstehung der einzelnen strafbaren Handlungen waren, und nach den Bedingungen, die sie begünstigten, gestellt werden. Um auf diese Ursachen zu stoßen, muß davon ausgegangen werden, daß alles, was die Menschen bewegt, durch ihren Kopf hindurch muß; aber welche Gestalt es in diesem Kopf annimmt, hängt sehr von den Umständen ab9. Es muß also untersucht werden, was auf die Entwicklung des Bewußtseins des Täters bestimmenden Einfluß gehabt .hat, was ihn zu seiner individualistischen Denkweise und Einstellung gebracht hat und welche Umstände letzten Endes dafür bestimmend waren, daß er zu einer strafbaren Handlung kam. Die Aufdeckung der inneren, treibenden Kraft für die Begehung der Straftat erfordert dabei nicht nur die Feststellung des Motivs als der „nächsten, unmittelbaren Ursache“, wie es von Buchholz vorge- 5 6 7 8 9 5 vgl. Buchholz, a. a. O-, S. 271. 6 Vgl. ebenda. 7 Vgl. Romaschkin, „Uber die Aufgaben des Instituts für Staat und Recht jt der gegenwärtigen Periode“, Staat und Recht 1961. Heft 7, S. 1363. Daß es völlig unzureichend ist, bei dieser Feststellung stehenzubieiben, zeigte sich auch in den Untersuchungen einer Forschungsgruppe der Staatsanwaltschaft im Bezirk Erfurt, Uber deren Ergebnisse im folgenden berichtet wird. 8 Deshalb ist die Fragestellung, wie sie bei M. Benjamin zu finden ist und die im wesentlichen auf A. B. Sach a row aufbaut, überzeugend und zeigt den richtigen Weg. Vgl. M. Benjamin, „Wie können die Ursachen der Kriminalität erforscht werden?“, NJ 1963 S. 49. 9 Vgl. F. Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, Ausgewähite Werke, Bd. H, S. 366. schlagen wird19, sondern die Aufdeckung derjjnigan Bedingungen, die den Täter zu seiner individualistischen Denkweise und Einstellung geführt haben, die seiner Straftat zugrunde liegen. Richtig ist hier dar Gedanke von Buchholz, daß das Motiv der Schlüssel (richtiger müßte es heißen, einer der Schlüssel) zur Aufdeckung der weiteren Gründe und Ursachen ist. Bei der Frage nach den Ursachen der strafbaren Handlungen ergibt sich also die Notwendigkeit, zu untersuchen, wie der Täter im konkreten Fall zu der individualistischen Denkweise und Einstellung, die der Straftat zugrunde lag, gekommen ist. Es geht auch darum, die spezifischen Erscheinungsformen solcher individualistischen Denkweisen und Einstellungen festzustellen und deren Beziehungen zu bestimmten Delikten sichtbar zu machen. Der nächste Schritt ist dann die Aufdeckung der Umstände, die den Täter veranlaßten, die Straftat zu begehen. Um tiefer in die Problematik der Entstehungsbedingungen für strafbare Handlungen in der DDR ein-dringen zu können, wurde auf Vorschlag des Generalstaatsanwalts der DDR und unter Leitung des Staatsanwalts des Bezirks Erfurt eine Forschungsgruppe in diesem Bezirk tätig11, die an Hand von etwa 100 Strafverfahren aus dem dritten Quartal 1962 exakte Kriminalitätsuntersuchungen durchführte. Die Untersuchung wurde im wesentlichen nach drei Komplexen vorgenommen: 1. Die objektiven Möglichkeiten in unserer sozialistischen Ordnung, die zur Erhaltung und Entwicklung solcher individualistischen Einstellungen und Anschauungen führen können, die einer Straftat zugrunde liegen; 2. die Bedingungen in der Persönlichkeitsentwicklung und in der Lebenssphäre des Rechtsbrechers, die zur Herausbildung und Erhaltung individualistischer Einstellungen und Anschauungen führen; 3. die unter den subjektiven Besonderheiten zusammenzufassenden intellektuellen, willens- und gefühlsmäßigen Eigenheiten, die unterschiedlichen charakterlichen Eigenarten und physische ijnd psychische Besonderheiten der Rechtsbrecher. Die Untersuchung dieser drei Komplexe zwang dazu, in das Wirken der in unserer sozialistischen Ordnung vorhandenen objektiven Widersprüche auf die Bewußtseinsentwicklung, in die dialektischen Beziehungen zwischen Bewußtseinsentwicklung und subjektiven (inneren) Besonderheiten des Täters einzudringen. Die objektiven Möglichkeiten in unserer Ordnung, die zu individualistischen Einstellungen und Anschauungen führen können Die ökonomischen Verhältnisse der sozialistischen Gesellschaft enthalten keine Bedingungen, die gesetzmäßig Kriminalität hervorbringen18. Vielmehr sind durch die Beseitigung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und den Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse alle Möglichkeiten geschaffen, die Kriminalität schrittweise zurückzudrängen.' Hier zeigt sich das Zusammenwirken von Möglichkeit und Wirklichkeit als zweier untrennbar miteinander zusammenhängender Momente der Bewegung und Entwicklung der Erscheinungen. Die in unserer sozialistischen Ordnung gesetzmäßig geschaffenen notwendigen M vgl. Buchholz, a. a. O., S. 272. Zweifellos bedarf es noch gründlicher Forschungsarbeiten zur Rolle des Motivs bei der Begehung strafbarer Handlungen. Da diese Arbeiten noch am Anfang stehen, kann in diesem Beitrag noch nicht 'näher dazu Stellung genommen werden, fl Es handelt sich hier um dieselbe Forschungsgruppe, die im Beitrag von Funk/Winkelbauer/Windisch, „Welche Aufgaben ergeben sich aus den Grundsätzen des Staatsratserlasses für die staatsanwaltschaftliche Leitung des Ermittlungsverfahrens?“, NJ 1963 S. 68. erwähnt wird. 12 Vgl. Streit, NJ 1963 S. 2. 611;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 621 (NJ DDR 1963, S. 621) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 621 (NJ DDR 1963, S. 621)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Bezirksverwaltungen gewissenhaft untersuchen, welche, wesentlichen Handlungen, Vorkommnisse und Erseheinungen - natürlich unter Berücksichtigung der bisher vorliegenden Erkenntnisse absehbaren Entwicklungen - auf den jeweiligen Transitstrecken auftreten können.

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