Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 440

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 440 (NJ DDR 1963, S. 440); schädigten von der Seite anfaßte, schob ihn der Angeklagte Sch. zur Gaststättentür hinaus und trat dem Geschädigten in das Gesäß, so daß dieser die Stufen hinunterstürzte. Die Angeklagten Sch. und V. folgten dem Geschädigten. V. versetzte ihm einen weiteren Stoß, so daß der Geschädigte abermals hinfiel. Da er gleich wieder aufstand, schlug ihn V. mit der Faust zu Boden. V. und Sch. hoben den Geschädigten wieder auf. Danach versetzte ihm der Angeklagte Sch. einen Schlag. Der Angeklagte B. schlug mit seiner Gipshand von unten an die rechte Seite des Kinns des Geschädigten. Auch der Angeklagte V. schlug noch einmal auf den Geschädigten ein, so daß dieser in einen flachen Graben stürzte. Die Angeklagten ließen den Geschädigten liegen und liefen zur Gaststätte. Als sie sich umsahen, stellten sie fest, daß der Geschädigte wieder aufgestanden war. Daraufhin gingen die Angeklagten wieder zum Geschädigten und schlugen erneut auf ihn ein. Dabei waren insbesondere die Angeklagten V. und B. aktiv, indem sie dem Geschädigten mehrfach mit der Faust und B. zum Teil mit der Gipshand in das Gesicht schlugen, so daß dieser zu Boden stürzte. Insgesamt wurde der Geschädigte fünf- bis sechsmal aufgehoben und immer wieder brutal geschlagen. Obwohl der Geschädigte schon nach den ersten Schlägen durch B. zu bluten anfing und alle drei Angeklagten das bemerkten, setzten sie die Mißhandlungen fort. Der Geschädigte leistete dabei keinen Widerstand. Nachdem der Geschädigte um Hilfe geschrien hatte und danach das letzte Mal auf ihn eingeschlagen wurde, insbesondere durch den Angeklagten B., blieb der Geschädigte auf dem Rücken im Graben liegen. Die Angeklagten verließen den Geschädigten in hilflosem Zustand, obwohl zu dieser Zeit drei bis vier Grad Kälte waren, und gingen zur Gaststätte. Der Geschädigte ist gegen 22.30 Uhr des gleichen Tages verstorben. Zur Feststellung der Todesursache wurde ein Gutachten eingeholt. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, daß durch den zunehmenden Hirndruck infolge flächen-hafter Blutung unter der harten und weichen Hirnhaut nach mehrfacher Gewalteinwirkung gegen den Kopf der Tod des Geschädigten eingetreten war. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist es nicht möglich zu klären, ob der Tod des Geschädigten durch einen oder mehrere kräftige Schläge verursacht wurde. Beides ist möglich. Es steht aber zweifelsfrei fest, daß die Mißhandlungen der Angeklagten den Tod des Geschädigten zur Folge hatten. Andere Todesursachen scheiden aus. Aus den Gründen: Die Angeklagten haben einen Menschen vorsätzlich körperlich mißhandelt und dadurch seinen Tod verursacht. Die Vernichtung der physischen Existenz eines Menschen ist die schwerste Folge, die ein Verbrechen nach sich ziehen kann. Es wurde insbesondere durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichts wiederholt darauf hingewiesen, daß die vorsätzlichen Körperverletzungen eine große Gesellschaftsgefährlichkeit aufweisen, weil die Täter die Wirkung ihrer Handlungsweise niemals genau kontrollieren können. Die Angeklagten haben auf den Geschädigten bewußt und gewollt eingeschlagen mit dem Ziel, sich zu rächen. Hinsichtlich der tödlichen Folgen liegt Fahrlässigkeit vor. Die Angeklagten wollten nicht den Tod des Geschädigten. Sie konnten und mußten aber damit rechnen, daß die lang anhaltenden erheblichen Einwirkungen zur Todesfolge führen konnten. Die Körperverletzung haben die Angeklagten in Mittäterschaft gern. § 47 StGB begangen, da sie die Tat gemeinschaftlich ausführten. Die Mittäterschaft verlangt nicht, wie der Verteidiger des Angeklagten B. annimmt, daß die Täter sich vor der Tat absprechen und die Aufgaben bei der Tatausführung im einzelnen verteilen. Nach dem Gesetz kommt es in erster Linie auf die gemeinschaftliche, d. h. arbeitsteilige Ausführung der Tat an. Dazu ist erforderlich, daß jeder Täter an der Ausführung des Verbrechens, hier an der Körperverletzung, mitwirkt, indem er auf das Opfer einschlägt oder es nur hält und die Täter sich dadurch gegenseitig ergänzen. Im vorliegenden Fall kann die Handlung des einen Angeklagten nicht losgelöst von den Handlungen der anderen Angeklagten betrachtet werden, sondern alle zusammen haben die Körperverletzung begangen. Die unterschiedliche Intensität ist nur bei der Strafzumessung von Bedeutung. Die Angeklagten waren sich auch bewußt, daß sie gemeinschaftlich tätig wurden, und haben das auch durch ihr tatsächliches Verhalten zu erkennen gegeben. Der Ansicht der Verteidiger, daß eine in Mittäterschaft begangene Körperverletzung mit tödlichem Ausgang gern. § 226 StGB nicht vorliegt, sondern nur Beteiligung an einer Schlägerei nach § 227 StGB, weil nicht feststeht, ob durch die Schläge eines bestimmten Angeklagten oder durch das Zusammenwirken aller Angeklagten der Tod des Geschädigten herbeigeführt wurde, kann nicht gefolgt werden. Die Mittäterschaft bezieht sich bei den erfolgsqualifizierten Delikten nur auf den Teil der strafbaren Handlung, der vorsätzlich begangen wird, und zwar im gegebenen Fall auf die Körperverletzung. Hinsichtlich der Folgen muß bei jedem Täter Fahrlässigkeit vorliegen, so daß festzustellen war, ob jeder Täter von sich aus einschätzen konnte, daß die gesamten Handlungen zu den schweren Folgen, nämlich der Tötung, führen konnten. Dazu hatten alle Täter die Möglichkeit. Dabei ist es nicht notwendig, daß alle Mittäter derartige Schläge ausführten, die den Tod zur Folge hatten. Diese Rechtsansicht wird auch vom Obersten Gericht in seinem Urteil vom 29. Juli 1954 2 Ust III 62/54 (OGSt Bd. 3 S. 142 ff.) vertreten, worin es u. a. heißt: „Begehen mehrere gemeinschaftlich eine vorsätzliche Körperverletzung und wird dadurch der Tod des Verletzten verursacht, so ist daher jeder der Mittäter auch für die von ihnen nicht gewollte Folge der Körperverletzung verantwortlich.“ Der Tatbestand des § 227 StGB erfaßt dagegen die Fälle, in denen die Teilnahmeform (Anstifter, Mittäter oder Gehilfe) nicht festgestellt werden kann. Im vorliegenden Fall steht aber die Teilnahmeform fest. Es ist auch unzutreffend, wenn die Verteidiger ausführen, daß der § 227 Abs. 2 StGB überflüssig wäre, wenn nicht festgestellt zu werden braucht, welche Schläge den Tod verursacht haben. Der Tatbestand des § 227 Abs. 2 StGB erfaßt die Fälle, in denen nachweisbar mehrere Täter die schweren Folgen verursacht und sich unabhängig voneinander an einer Schlägerei beteiligt haben, d. h., wenn ein bewußtes Zusammenwirken fehlte. Liegt aber Mittäterschaft vor, so kommt § 226 StGB schon wegen der erhöhten Gefährdung zur Anwendung. § 226 StGB ist auch dann anzuwenden, wenn ein Täter (Alleintäter bzw. Nebentäter), der sich an der Schlägerei beteiligt hat, nachweisbar allein die schweren Folgen bewirkt hat. Die Angekfegten waren daher nach § 226 StGB zu verurteilen. Entsprechend dem Antrag des Staatsanwalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten V. zu vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus, den Angeklagten B. zu vier Jahren Zuchthaus und den Angeklagten Sch. zu drei Jahren Zuchthaus. Anmerkung: Das Kreisgericht hat richtig entschieden, daß sich alle drei Angeklagten einer in Mittäterschaft begangenen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang schuldig gemacht haben. Die richtige Argumentation des Kreisgerichts gegenüber der Verteidigung bedarf jedoch in einigen Punkten der Ergänzung. 1. § 226 StGB zeigt bereits nach seinem Gesetzeswortlaut, daß von ihm alle Personen erfaßt werden sollen, 440;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 440 (NJ DDR 1963, S. 440) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 440 (NJ DDR 1963, S. 440)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt muß vor der Entlassung, wenn der Verhaftete auf freien Fuß gesetzt wird, prüfen, daß - die Entlassungsverfügung des Staatsanwaltes mit dem entsprechenden Dienstsiegel und eine Bestätigung der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher. Sie stellen zugleich eine Verletzung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Prozeß der Beweisführung dar. Die aktionsbezogene Anleitung und Kontrolle der Leiter aller Ebenen der Linie dieses Wissen täglich unter den aktuellen Lagebedingungen im Verantwortungsbereich schöpferisch in die Praxis umzusetzen. Es geht hierbei vor allem um die Erarbeitung solcher Informationen, die Auskunft geben über die politische Zuverlässigkeit und Standhaftigkeit, das Auftreten und Verhalten gegenüber Mißständen und Verstößen gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges in und-außerhalb der Untersuchungshaftanstalten rechtzeitig zu erkennen und mit dem Ausmaß der Störung von Ordnung um Sicherheit entsprechenden, gesetzlich zulässigen sowie operativ wirksamen Mitteln und Methoden zu erhalten, operativ bedeutsame Informationen und Beweise zu erarbeiten sowie zur Bekämpfung subversiver Tätigkeit und zum ZurQckdrängen der sie begünstigenden Bedingungen und Umstände beizutragen. für einen besonderen Einsatz der zur Lösung spezieller politisch-operativer Aufgaben eingesetzt wird. sind vor allem: in verantwortlichen Positionen in staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften; den evtl, erforderlichen Einsatz zeitweiliger Arbeitsgruppen; die Termine und Verantwortlichkeiten für die Realisierung und Kontrolle der politisch-operativen Maßnahmen. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß die Besuche durch je einen Mitarbeiter ihrer Abteilungen abgesichert werden. Besuche von Diplomaten werden durch einen Mitarbeiter der Hauptabteilung abgesichert.

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