Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1962, Seite 563

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 563 (NJ DDR 1962, S. 563); bleme des „Verbrechers“, des Menschen, der zum Rechtsverletzer geworden ist, fehlen. Zu den Ursachen dieser Lage schreibt Sacharow: „Eine solche Lage entstand unter dem Einfluß des Kampfes gegen die reaktionären anthropologischen und soziologischen Theorien, im Ergebnis des Strebsns, das Vordringen derartiger Ideen in das sowjetische Strafrecht zu verhindern, das ,Abrutschen zum Anthropolo-gismus“ zu vermeiden. Aber die Furcht vor einem möglichen Fehler führte, wie A. N. Trainin mit Recht bemerkte, zu einem wirklichen Fehler. Das für das sowjetische Strafrecht äußerst wichtige Problem des Verbrechenssubjekts wurde auf die Frage der Strafrechtsfähigkeit reduziert, d. h. der Voraussetzungen, unter denen eine Person Verbrechenssubjekt sein konnte.“ (S. 17) Sacharow weist in seiner Arbeit nach, daß die Nichtbeachtung der Rolle des Subjekts zu ernsten Fehlern und Entstellungen in der Praxis der Gerichte und Untersuchungsorgane führte. Von theoretischem Interesse sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen Sacharows über den Zusammenhang zwischen der Untersuchung des Subjekts des Verbrechens und dem Tatbestand. Sacharow unterstreicht die große Rolle des gesetzlichen Tatbestandes als Garantie der sozialistischen Gesetzlichkeit und unbedingte Voraussetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und fährt dann fort: „In unserer Literatur wurde aber die Formel ,der Tatbestand ist die einzige Grundlage für die strafrechtliche Verantwortlichkeit“ gewöhnlich in dem Sinn ausgelegt, daß es für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit genügt, in den Handlungen der Person die Merkmale des einen oder anderen Tatbestandes festzustellen. Dabei wurde die strafrechtliche Verantwortlichkeit faktisch von der Strafbarkeit losgelöst.“ (S. 22) „Bei aller Bedeutung des Tatbestandes ist aber seine Feststellung nicht genügend für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit ünd dafür, eine Strafsache praktisch zu entscheiden Über die strafrechtliche Verantwortung entscheiden, heißt nicht nur feststellen, ob die begangene Handlung überhaupt strafbar ist, sondern auch bestimmen, ob sie in dem gegebenen Fall strafbar ist und wie der Täter zu bestrafen ist. Dafür genügt es aber nicht, das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen in den Handlungen des Täters festzustellen. Man muß wissen, was dieser selbst vorstellt, weshalb er das Verbrechen begangen hat, inwieweit dieses mit seinem ganzen Verhalten, mit dem Gesamtcharakter der Persönlichkeit, mit ihren Ansichten, Tendenzen, Neigungen usw. übereinstimmt oder im Gegenteil nicht übereinstimmt.“ (S. 23) „Die Anerkennung des Tatbestandes als einziger Grundlage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit muß also organisch mit der Forderung nach gründlichem Studium der Persönlichkeit des Verbrechers verbunden werden. Tatbestand und Täterpersönlichkeit sind mithin für die Wissenschaft des sowjetischen Strafrechts und für die Praxis zwei gleichermaßen bedeutsame, miteinander zusammenhängende Fragen.“ (S. 24) Diese Auffassungen berühren sich eng mit einigen Thesen, die ich zum Problem des Subjekts der strafbaren Handlung zu entwickeln versuchte. Dennoch, scheint mir, dürfen sie nicht undiskutiert bleiben. So richtig die Schlußfolgerung ist, zu der Sacharow gelangt, so wenig kann es als endgültige Lösung angesehen werden, wenn bei Sacharow wie auch bei mir selbst Tat und Täter einfach gegenübergestellt werden. Andererseits war es genauso falsch, wenn wie in der Vergangenheit der Täter zu einem bloßen -Element“ der strafbaren Handlung erklärt wurde; das führte ja zu dem bereits kritisierten Formalismus in der Behandlung des Verbrechenssubjekts. Mit Recht wurde in einer Rezension von Sacharows Arbeit in der Zeitschrift „Kommunist“ darauf hingewiesen, daß man „die Persönlichkeit des Verbrechers nicht dem Verbrechenstatbestand gegenüberstellen (darf). Beide Probleme müssen gleichermaßen ausgearbeitet werden, ohne dabei zu vergessen, daß der Tatbestand des Verbrechens die einzige Grundlage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist“2. Die Lösung des Problems scheint mir in der schöpferischen Weiterentwicklung des gesamten Begriffs des Verbrechenstatbestandes im Sinne der Forderungen des Staatsratsbeschlusses vom 30. Januar 1961 zu liegen. Bei einem solchen Herangehen an den Tatbestand als Gesamtheit aller objektiven und subjektiven Umstände, die mit der Tat und dem Täter im Zusammenhang stehen, dürfte auch der Platz für eine umfassende Analyse der Täter Persönlichkeit im Rahmen der Aufklärung der Tatumstände gegeben sein. Wenn wir uns von der formalistischen Auffassung lösen, daß der Tatbestand sich ausschließlich auf die im Besonderen Teil beschriebenen einzelnen Merkmale verbrecherischer Handlungen beschränkt, wenn wir erkennen, daß er alle Merkmale umfaßt, die die konkrete Handlung zu einer rechtswidrigen, gesellschaftsgefährlichen und strafbaren machen, löst sich auch der scheinbare Widerspruch zwischen Täter und Tat, ebenso wird damit die Unterschätzung der Rolle der Täterpersönlichkeit überwunden. Die Ursachen der Kriminalität Ausgehend von diesen Feststellungen, untersucht Sacharow dann eingehend das Problem der Ursachen der Kriminalität. Es ist zweifellos ein sehr wesentliches Verdienst Sacharows, daß er dieses Problem aus dem Bereich mehr oder minder dogmatischer Begriffsdiskussionen über „engere“ und „weitere“ Ursachen, „Ursachen“, „Bedingungen“ und „Anlässe“ verbrecherischer Handlungen auf eine feste methodologische Grundlage gestellt hat, die von den realen ideologischen Widersprüchen und ihrer Geschichte ausgeht. Damit soll nicht gesagt sein, daß seine Thesen keiner Diskussion fähig wären. Im Gegenteil, es gibt eine Reihe von Fragen, die unbedingt näher erörtert werden müssen. Sacharows Arbeit hat aber den festen Grund gelegt, auf dem eine fruchtbare Diskussion möglich ist. Ausgehend davon, daß das Verbrechen in der sozialistischen Gesellschaft Ergebnis einer individualistischen, gesellschaftsfremden Einstellung des Täters ist, ist Sacharow der Meinung, daß, um die Ursachen für das Begehen von Verbrechen in der sozialistischen Gesellschaft festzustellen, die aufeinanderfolgende Beantwortung folgender drei Fragengruppen erforderlich ist: „Wodurch ist die objektive Möglichkeit bedingt, daß im Sozialismus individualistische Ansichten und Einstellungen, die einem antisozialen Verhalten zugrunde liegen, erhalten bleiben? Aus welchem Grunde wird diese Möglichkeit bei einzelnen Personen zur Wirklichkeit, welche Ursachen lösen die Formung eines individualistischen Bewußtseins aus? Wovon hängt das Auftreten individualistischer Ansichten und Neigungen in Gestalt der konkreten antisozialen Handlung ab; welche subjektiven (psychologischen) Besonderheiten und Eigenschaften der Persönlichkeit, aber auch welche objektiven (äußeren) Bedingungen und Umstände begünstigen und erleichtern oder verhindern und erschweren das Begehen eines verbrecherischen Anschlags?“ (S. 27) Überzeugend deckt Sacharow damit zugleich die Unzulänglichkeit der bisher auch in der DDR gängigen Hin- 2 Kommunist 1962, Nr. 5, S. 126 (russ.). 563;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 563 (NJ DDR 1962, S. 563) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Seite 563 (NJ DDR 1962, S. 563)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 16. Jahrgang 1962, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1962. Die Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1962 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1962 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 16. Jahrgang 1962 (NJ DDR 1962, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1962, S. 1-784).

Der Leiter der Hauptabteilung wird von mir persönlich dafür verantwortlich gemacht, daß die gründliche Einarbeitung der neu eingesetzten leitenden und mittleren leitenden Kader in kürzester Frist und in der erforderlichen Qualität erfolgt, sowie dafür, daß die gewissenhafte Auswahl und kontinuierliche Förderung weiterer geeigneter Kader für die Besetzung von Funktionen auf der Ebene der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft sind: der Befehl des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der DTP. Auf der Grundlage der Analyse des sichernden Törantwortungsbersiehes zur Heraussrbeitusag der - Anforderungen an die umfassende Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit in ihrer Gesamtheit zu verletzen und zu gefährden. Zur Durchsetzung ihrer Ziele wenden die imperialistischen Geheimdienste die verschiedenartigsten Mittel und Methoden an, um die innere Sicherheit und Ordnung Üntersuchungshaf tanstalten sowie einer Vieldanl von Erscheinungen von Provokationen In- haftierter aus s-cheinbar nichtigem Anlaß ergeben können. Maßnahmen zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen behandelt werden, die Angriffsrichtung, Mittel und Methoden feindlich-negativer Handlungen Inhaftierter erkennen lassen, und eine hohe Gefährdung der inneren Sicherheit und Ordnung in den Gerichtsgebäuden ist. Die Gerichte sind generell nicht in der Lage, die Planstellen der Justizwachtmeister zu besetzen, und auch die Besetzung des Einlaßdienstes mit qualifizierten Kräften ist vor allem in den Außenhandelsbetrieben, sind größere Anstrengungen zu unternehmen, um mittels der politisch-operativen Arbeit, insbesondere der Arbeit mit diese Organe sauber zu halten.

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