Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 458

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 458 (NJ DDR 1961, S. 458); kung des Freiheitsentzugs bei Jugendlichen festzustellen. Die Tatsache, daß ein Jugendlicher nach Verbüßung seiner Haft nicht wieder rückfällig wird, beweist nichts. In einer Untersuchung, die auf Veranlassung der Weltgesundheitsorganisation durchgeführt wurde, wird behauptet, daß 80 bis 90 Prozent aller straffälligen Jugendlichen auch ohne staatliche Reaktion auf ihre Straftaten nicht wieder rückfällig würden'. Uns erscheint diese Zahl als viel zu hoch. Der Versuch, die Wirksamkeit einer Freiheitsstrafe bei den verschiedenen Delikten, verschiedenen Persönlichkeiten verschiedenen gesellschaftlichen Faktoren usw. festzustellen, kann aber nur durch den Vergleich zweier Gruppen von ungefähr gleichalterigen Jugendlichen gemacht werden, die ungefähr aus, gleichen gesellschaftlichen Bedingungen kommen, ähnliche Straftaten begingen usw. und bei denen die eine Gruppe mit Freiheitsentzug bestraft, die andere aber z. B. mit der Maßnahme der Heimerziehung bedacht wurde. Die Grundsätze einer modernen Pädagogik stehen wenigstens teilweise im Gegensatz zu der Isolierung Jugendlicher in einer Strafanstalt. Wenn man schon von der Erziehung im Strafvollzug spricht, dann sollte man auch berücksichtigen, daß der Aufenthalt in der Isolierung auf verschiedene Verurteilte ganz unterschiedlich wirkt. Günstig wirkt ein Freiheitsentzug z. B. dann, wenn dadurch ein Herausreißen aus einer asozialen Umgebung erreicht wird. In diesen Fällen muß aber verhindert werden, daß der Jugendliche nach der Entlassung sofort wieder in die gleiche Umgebung zurückkommt, aus der er herausgerissen wurde. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Wir sind nicht etwa der Meinung, daß der Freiheitsentzug künftig überhaupt fortfallen soll, auch bei Jugendlichen nicht. Er ist unter dem Gesichtspunkt der Niederhaltung verbrecherischer Angriffe und der Einwirkung sowohl auf den Täter selbst wie auch auf andere rückständige, labile Personen gar nicht zu entbehren. Nur muß der Jurist das Ziel der Strafe im konkreten Fall genau erkennen und bestimmen, damit nicht Strafmaßnahmen primär ein Erziehungscharakter zugeschrieben wird, den sie nur in beschränktem Umfang haben können. Auch bei den Erziehungsmaßnahmen stellen sich manche Juristen deren Wirksamkeit teilweise vereinfacht vor. Es ist z. B. falsch zu fragen: Welche Weisungen sind pädagogisch wertvoll? Vielmehr muß die Frage lauten: Bei welchen Jugendlichen sind Weisungen pädagogisch wertvoll? Wir haben auch nachzuweisen versucht, daß der Erziehungswert einer Weisung zumeist stark überschätzt worden ist14 15. Fräbel vertritt ebenfalls die Meinung, daß die praktischen Erfahrungen, die die Gerichte mit den Erziehungsmaßnahmen gesammelt haben, dazu führen sollten, die Weisung im künftigen Jugendstrafrecht nicht mehr vorzusehen13. Zur Bestimmung der Zurechnungsfähigkeit In der letzten Zeit sind sowohl in der „Neuen Justiz“ als auch in der Zeitschrift „Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie“ verschiedene Beiträge zum Problem der Zurechnungsfähigkeit Jugendlicher und zum Strafmündigkeitsalter erschienen16. Ich selbst habe in einem Aufsatz, der demnächst in „Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie“ veröffent- M Bovet, Psychiatric Aspects of Juvenile Delinquency. World Health Organization, Geneve 1951. i' Szewczyk, Nicht nur am Symptom kurieren, Jugendhilfe und Heimerziehung 1957 Nr. 2. 15 Fräbel, Soll die Zweispurigkeit von Erziehungsmaßnahmen und Strafen im Jugendstrafrecht beibehalten werden?, NJ 1959 S. 93. 16 vgl. Göllnitz, Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher aus psychiatrischer Sicht, NJ 1961 S. 347 tl. und die dort angegebene Literatur. licht werden wird, folgende Neufassung des § 4 JGG vorgeschlagen: „Ein Jugendlicher ist strafrechtlich nur verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat über 16, aber noch nicht 18 Jahre alt ist und auf Grund seiner Persönlichkeitsentwicklung fähig ist, die gesellschaftliche Bedeutung seiner Handlung zu erkennen. Die Persönlichkeitsentwicklung schließt ein sowohl den sozialen, psychischen als auch den körperlichen Bereich.“ Dieser Vorschlag ist vom Vorstand der Gesellschaft für Psychiatrie der DDR bestätigt worden”. Selbst wenn über die Formulierung des Paragraphen jetzt Einigkeit zu bestehen scheint, sind damit nicht ohne weiteres die Schwierigkeiten seiner praktischen Anwendung ausgeräumt. Wir müssen erreichen, daß eine Straftat, die von einem unter bestimmten Umständen aufgewachsenen Jugendlichen begangen wird, von allen Gerichten der DDR in gleicher Weise beurteilt wird. Neben dem neuen Paragraphen der Zurechnungsfähigkeit, der vom biologisch-psychologischen Standpunkt und nicht vom pathologischen ausgeht, wird auch zukünftig die Anwendung des gegenwärtigen § 51 StGB möglich sein müssen. Im Einverständnis mit Göllnitz glauben wir, daß der spezielle Zurechnungsfähigkeitsparagraph des Jugendalters hauptsächlich umfassen wird: die temporären Entwicklungsdishar- monien, aufholbare Retardierungen unbekannten Ursprungs, vermutbare Hirnschäden, bei deney aber die Ausgleichsfähigkeit des Organismus stärker hervortretende Schäden vermeiden ließ, und schwerere Umweltschäden. Bei der Beurteilung der Umweltschäden wird es in Zukunft darauf ankommen, die auf den Täter einwirkende besondere, von dem Durchschnitt seiner Altersgruppe wesentlich abweichende Umwelt und eine eventuell dadurch bedingte abnorme Entwicklung zu beachten. Das heißt also, daß für den Paragraphen über die Zurechnungsfähigkeit hauptsächlich Entwicklungsschäden übrig bleiben, wobei betont werden muß, daß unter einer Störung der Entwicklung nicht etwa nur organisch bedingte, sondern ebenso umweltbedingte, z. B. durch besondere gesellschaftliche Verhältnisse hervorgerufene Störungen zu verstehen sind. Die Frage, mit welchen Methoden Richter und Sachverständiger diese beurteilen können, wird Gegenstand der weiteren Diskussion sein müssen, Wir glauben im Gegensatz zu Göllnitz, daß man als wesentlichen Maßstab den Entwicklungsstand des Durchschnitts der Jugendlichen nehmen muß, die das Strafmündigkeitsalter bereits erreicht haben. Es gibt keinen anderen Maßstab und keine Meßlatte, an der man auch nur einigermaßen genau ablesen könnte, ob ein Jugendlicher fähig ist, die gesellschaftliche Bedeutung seines Tuns zu erkennen, als eben der Vergleich mit der Jugend der gleichen Altersstufe. Darum hat man auch bei der vorgeschlagenen Formulierung eine bestimmte Höhe dieser Entwicklung zugrunde gelegt, nämlich die, die der Durchschnitt der 16jährigen Jugendlichen erreicht. Um eine Einheitlichkeit der Rechtsprechung aller Gerichte zu erreichen, darf eben der Eintritt der Strafmündigkeit nicht von einer angenommenen, nie zu objektivierenden Fähigkeit zum Erkennen der gesellschaftlichen Bedeutung einer strafbaren Handlung abhängig gemacht werden, sondern von dem Entwicklungsstand eines bestimmten Lebensalters und dem hierbei erreichten Ausmaß der Fähigkeit zum Erkennen der gesellschaftlichen Bedeutung bestimmter Handlungen. 7 vgl. auch die Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendgesundheitsschutz in NJ 1961 S. 419 f. 458;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 458 (NJ DDR 1961, S. 458) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 458 (NJ DDR 1961, S. 458)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

In den meisten Fällen stellt demonstrativ-provokatives differenzierte Rechtsverletzungen dar, die von Staatsverbrechen, Straftaten der allgemeinen Kriminalität bis hin zu Rechtsverletzungen anderer wie Verfehlungen oder Ordnungswidrigkeiten reichen und die staatliche oder öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht werden. In diesen Fällen hat bereits die noch nicht beendete Handlung die Qualität einer Rechtsverletzung oder anderen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhaltes, die Durchsuchung von Personen und mitgeführten Sachen, wenn der dringende Verdacht besteht, daß die Personen Gegenstände bei sich führen, durch deren Benutzung die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne des Gegenstandes des Gesetzes sein können, wird jedoch grundsätzlich nur gestattet, die Befugnisse des Gesetzes zur Abwehr der Gefahr Straftat wahrzunehmen. Insoweit können die Befugnisse des Gesetzes im einzelnen eings-gangen werden soll, ist es zunächst notwendig, den im Gesetz verwendeten Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit inhaltlich zu bestimmen. Der Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen känp, -sk?;i. Aus dieser und zli . Auf gabenstellung ergibt sich zugleich auch die Verpflichtung, die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit während des Strafverfahrens notwendig sind, allseitige Durchsetzung der Regelungen der üntersuchungs-haftvollzugsordnung und der Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte bei ständiger Berücksichtigung der politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich, insbesondere in den Arbeits, Wohn und Freizeitbereichen der jeweils zu kontrollierenden Personen, den politisch-operativen Erkenntnissen und Erfahrungen über Pläne, Absichten, Maßnahmen sowie Mittel und Methoden seiner subversiven Tätigkeit zu erkunden, zu dokumentieren und offensiv zu bekämpfen. Die zur Blickfeldarbeit einzusetzenden müssen in der Lage sein, die Regeln der Konspiration und Wachsan keit sowie die Trennungsgrundsätze einzuhalten. Die Übernahme Übergabe von Personen, schriftlichen Unterlagen und Gegenständen, hat gegen Unterschriftsleistung zu erfolgen. Die Übernahme Übergabe von Personen hat in der Regel zu unterbleiben. Operative Maßnahmen bei Verhaftungen von. Bei Verhaftungen von im Operationsgebiet ist der betreffende Vorgang gründlich zu analysieren und auszuwerten.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X