Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 426

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 426 (NJ DDR 1961, S. 426); auch als nicht auf dem Ergebnis der Hauptverhandlung beruhend angesehen werden können (vgl. auch Urteil des OG vom 17. Januar 1955 2 Ust II 127/5-f NJ 1955 S. 192). Das Protokoll über die Hauptverhandlung weist nicht aus, ob die Angeklagte zu dem in der Anklage bezeichneten Verhalten gehört, ob sie nach der Vernehmung der Zeugen auf das jedem Angeklagten nach § 22 StPO zustehende Recht, sich zu den Zeugenaussagen zu äußern, hingwiesen worden ist bzw. ob und wie sie von diesem Recht Gebrauch gemacht hat. So ist zum Beispiel nicht ersichtlich, ob und was die Angeklagte zu den Aussagen der Zeugin B., wonach sie Dr. Bl. als einen Pfuscher bezeichnet haben soll, erklärt hat. Im Ermittlungsverfahren sind von der Angeklagten die insoweit erhobenen Anschuldigungen aber bestritten worden. Auch die Feststellung, die Angeklagte habe Dr. Bl. die Fähigkeit zur Leitung der staatlichen Arztpraxis abgesprochen, wird vom Protokoll über die Hauptverhandlung nicht getragen. Vermutlich hat sich das Gericht dabei auf die Aussage der Zeugin K. vor dem Ermittlungsorgan am 26. August 1960 gestützt. Eine solche Verfahrensweise ist aber ungesetzlich. Sie verstößt gegen das Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Das Kreisgericht hätte die Zeugin K. in der Hauptverhandlung hören bzw. bei Vorliegen einer der Voraussetzungen des § 207 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 StPO ihre Vernehmung durch Verlesung des Protokolls über ihre Vernehmung am 26. August 1960 ersetzen und auf Grund dessen in seine Beweiswürdigung einbeziehen müssen. Zu diesem Zweck hätte es den Grund des Fernbleibens der Zeugin von der Hauptverhandlung genau festzustellen gehabt. Der bloße Vermerk „Die Zeugin K. ist entschuldigt“ reicht für eine Prüfung darüber, ob von § 207 StPO Gebrauch gemacht werden kann, nicht aus. Nach der Aussage des Zeugen Dr. Bl. in der Hauptverhandlung soll die Angeklagte in einem persönlichen Gespräch mit Dr. Bl. zum Ausdruck gebracht haben, daß dieser für den Tod ihrer Mutter verantwortlich sei. Auch hier hat das Kreisgericht die Erklärung der Angeklagten im Ermittlungsverfahren nicht zum Anlaß genommen, durch entsprechende Vorhalte den Sachverhalt genau festzustellen. Nach den Bekundungen der Zeugen Dr. Bl. und K. im Ermittlungsverfahren hat die Angeklagte den Tod ihrer Mutter auf eine mit der Errichtung der staatlichen Arztpraxis verbundene „Aufregung“ zurückgeführt, nicht aber auf das persönliche Verhalten des Dr. Bl. Das Kreisgericht wird daher in einer erneut durchzuführenden Beweisaufnahme entsprechend den gegebenen Hinweisen noch aufzuklären haben, welche Äußerungen von der Angeklagten tatsächlich getan worden sind. Was die rechtliche Beurteilung anbelangt, so ist schon jetzt darauf hinzuweisen, daß das Kreisgericht das Verhalten der Angeklagten isoliert von den gesamten Umständen des Tatgeschehens betrachtet hat, ohne die besondere Situation, die durch die Errichtung der staatlichen Praxis im Hause des Ehemannes der Angeklagten als Anlaß, des aufgetretenen Konflikts entstanden war, zu erkennen und zu berücksichtigen. Das Kreisgericht hat deshalb auch fehlerhaft unterlassen, eine Prüfung darüber anzustellen, ob die Angeklagte mit dem Vorsatz gehandelt hat, Dr. Bl. wegen seiner Tätigkeit als Leiter der staatlichen Arztpraxis öffentlich zu verleumden. Die Angeklagte hat hierzu in der Haupt-vefhandlung bekundet, daß sie gegen die Errichtung der staatlichen Arztpraxis nichts einzuwenden gehabt hätte. Diese Aussage sowie die sonstigen Umstände hätten für das Kreisgericht Veranlassung sein müssen, die Ursachen und Beweggründe für das Verhalten der Angeklagten eingehend aufzuklären, um zp einer richtigen Einschätzung des gesamten Tatgeschehens zu gelangen. Das bisherige Beweisergebnis läßt, ohne hierbei die Fürsorge für die verantwortungsvolle Tätigkeit eines Arztes durch den Staat der Arbeiter und Bauern zu unterschätzen, eine rechtliche Beurteilung der Äußerungen als Staatsverleumdung nicht zu. Das Kreisgericht wird, soweit in der erneuten Verhandlung keine weiteren Tatsachen und Umstände festgestellt werden können, die die in der angefochtenen Entscheidung vertretene rechtliche Auffassung stützen könnten, zu prüfen haben, ob und in welchem Umfang sich die Angeklagte der Beleidigung bzw. üblen Nachrede (§§ 185,-186 StGB) schuldig gemacht hat. Falls die Hauptverhandlung bestätigt, daß die Angeklagte sich in ehrverletzender Weise geäußert hat, wird zu beachten sein, daß sie aus ungenügendem Verantwortungsbewußtsein und noch rückständigem Bewußtsein heraus gehandelt, sich damit aber nicht außerhalb unserer Ordnung gestellt hat und erstmalig mit der sozialistischen Gesetzlichkeit in Widerspruch geraten ist. Um sie zur Achtung der Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens anzuhalten, bedarf es daher keiner Freiheitsstrafe. In prozessual-rechtlicher Hinsicht besteht noch Veranlassung, auf folgende Mängel des Verfahrens hinzuweisen: Ausweislich der Akten hatte der Verteidiger der Angeklagten innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist gemäß § 230 Abs. 3 StPO einen Antrag auf Berichtigung des Protokolls gestellt. Aus der mit § 230 Abs. 2 und 3 StPO getroffenen Bestimmung, daß das Protokoll dem höheren Gericht als Grundlage für seine Beurteilung der tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils dient und die Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf Berichtigung oder Ergänzung des Protokolls zusammen mit dem gegen das Urteil eingelegten Rechtsmittel angefochten werden kann, ergibt sich zwingend, daß über den Berichtigungsantrag spätestens bis zur Abgabe der Akten an das Rechtsmittelgericht zu befinden .und der Beschluß dem Antragsteller unverzüglich bekanntzugeben ist. Demgegenüber hat das Kreisgericht aber erst nach Abschluß des Rechtsmittelverfahrens über den Antrag des Verteidigers entschieden. Diese Arbeitsweise des Kreisgerichts stellt, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, eine grobe Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Vom Kreisgericht wäre außerdem noch zu beachten gewesen, daß Beschlüsse, die der Anfechtung unterliegen im vorliegenden Fall in Verbindung mit dem Rechtsmittel , sowie Beschlüsse, durch die ein Antrag abgelehnt wird, mit Gründen zu versehen sind (§ 31 Abs. 1 StPO). Der vom Kreisgericht für die Ablehnung des Antrages auf Protokollberichtigung gegebene Hinweis, daß das Protokoll die Vernehmungen richtig wiedergebe, ist nicht als Begründung im Sinne des Gesetzes anzusehen. Das Kreisgericht hat ferner die Ladungsfrist unbegründet auf 24 Stunden abgekürzt. Es hat dabei verkannt, daß von der Bestimmung des § 184 Abs. 2 StPO nur aus wichtigen Gründen und nur dann Gebrauch gemacht werden darf, wenn die Erforschung der Wahrheit dadurch nicht gefährdet wird. Wichtige Gründe, wie sie vom Gesetz gefordert werden, sind weder vom Gericht angeführt noch sonst aus dem Akteninhalt ersichtlich. Die Abkürzung der Ladungsfrist verstößt deshalb gegen das Gesetz. Die im Strafverfahren erster Instanz aufgetretenen ernsthaften Mängel hätte das Bezirksgericht im Wege des Rechtsmittelverfahrens rügen und die Entscheidung des Kreisgerichts aus diesem Grunde aufheben müssen. Keinesfalls hätte es die Verletzung so grundsätzlicher Prinzipien des Strafrechts dadurch übergehen dürfen, daß es die gegen das Urteil des Kreisgerichts eingelegte Berufung als offensichtlich unbegründet verworfen hat. / 426;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 426 (NJ DDR 1961, S. 426) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 426 (NJ DDR 1961, S. 426)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

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