Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 163

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 163 (NJ DDR 1961, S. 163); Einzelheiten festlegte, aber ein Taktiker ist nicht imstande, erfolgreich zu arbeiten, wenn er nicht die Strategie des Planes kennt“.* Eichmann kannte diese Strategie in all ihren wesentlichen Zügen. Er verfügte nicht nur über ausgezeichnete Verbindungen „nach oben“ zu Müller und Heydrich, mit denen er nach der Wannseekonferenz im kleinen Kreis feierte; Eichmann unterhielt auch ein eigenes Netz von Agenten in den von Hitler okkupierten bzw. vom Faschismus abhängigen Staaten Europas. „Ich war der einzige Abteilungsleiter der Gestapo“ so schreibt er in seinen „Bekenntnissen“ „mit eigenen Vertretern in fremden Ländern“* 7. Eichmanns „Berater für Judenfragen“ arbeiteten eng mit den diplomatischen Vertretungen Hitler-Deutschlands in den besetzten bzw. abhängigen Gebieten zusammen. Sie waren diesen Vertretungen gewissermaßen attachiert und empfingen bezeichnenderweise Anleitungen von der „Kulturpolitischen“ Abteilung (Kult Pol) des Auswärtigen Amtes Ribbentrops. Das Auswärtige Amt, dessen Leiter im zweiten Weltkrieg zeitweilig sein „Feldhauptquartier“ in Schitomir (UdSSR) gegenüber dem Hauptquartier Himmlers aufgeschlagen hatte, war überhaupt maßgeblich an der „Endlösung“, d. h. an der Liquidation von sechs Millionen Juden in Europa, beteiligt. Die Zahl der dokumentarischen Belege hierüber ist Legion. Die Schlußanklageschrift der amerikanischen Anklagevertretung im Wilhelmstraßenprozeß sprach daher von der „Mördergesellschaft Weizsäcker (Staatssekretär im Auswärtigen Amt), Wörmann (Chef der politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes), Luther (Chef der Deutschlandabteilung des Auswärtigen Amtes) und Eichmann“8. Als Verbindungsleute fungierten u. a. Legationsrat Rademacher und Legationsrat Weege9, Eberhard von Thadden, heute Vizepräsident der neonazistischen „Deutschen Reichspartei“10, sowie Legationsrat Horst Wagner, der nach einem langen Scheingefecht zwischen Bonn und Italien wegen seiner Auslieferung bei einer unbekümmerten Rückkehr nach Westdeutschland wider Erwarten doch verhaftet wurde. Gegen eine Kaution von 80 000 DM blieb der auch der Beteiligung an der Ermordung des französischen Generals Mesny verdächtige Ex-Legationsrat aber von der Untersuchungshaft verschont. Die engen Kontakte Eichmanns zum Führungskreis des Auswärtigen Amtes, seine Zusammenarbeit mit Ribben-trop und anderen „höchsten Autoritäten“ des faschistischen Reiches hebt auch der ehemalige Stellvertretende Ankläger der USA im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß und Hauptankläger im Wilhelmstraßenprozeß, Dr. Robert M. W. K e m p n e r, in seinem Vorwort zu „Le Dossier Eichmann“ hervor. Die Dokumentation ist hier recht zurückhaltend, obwohl wahrlich kein Mangel an Belegen besteht. Kempner, der von der israelischen Regierung als Sachverständiger zum Eichmannprozeß hinzugezogen wurde, unterstreicht: „Schon im Wilhelmstraßenprozeß war Eichmann faktisch, wenn auch nicht der Form nach, ein in Abwesenheit Angeklagter.“11 Eichmann seit dem 1. Oktober 1934 im RSHA tätig wußte auf Grund der seinen Dienstrang weit übersteigenden Machtbefugnisse sehr wohl, wie sich die Liquidation der Juden ökonomisch und politisch in die Vorbereitung und Durchführung der Angriffskriege Hitlers einordnete und welchen Beitrag er durch seine Tätigkeit für die Durchführung der Aggressionen leistete. Ein Auszug aus dem Besprechungsprotokoll der berüchtigten ß Le Dossier Eichmann , a. a. O., S. 26 (Hervorhebung vom Verfasser). 7 Life International, a. a. O., S. 14. 8 Schlußanklageschrift im Wilhelmstraßenprozeß, zum Punkt V der Anklage, S. 132. Beweisstück 1698 (NG-024, Dok. Buch 60 B, S. 193). 1° ND vom 4. Februar 1961, S. 2. ll Le Dossier Eichmann , a. a. O., s. 22. Wannseekonferenz vom 20. Januar 1942 veranschaulicht den engen Zusammenhang zwischen den militärischen Aktionen und der Judenpolitik Hitlers. Das Exemplar Nr. 16 der insgesamt 30 Exemplare dieses Protokolls wurde in den Akten des Auswärtigen Amtes gefunden und in Nürnberg als Anklagebeweisstück vorgelegt. Es heißt hier: i,Unter entsprechender Leitung sollen im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser eine natürliche Auslese darstellend bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaus anzusprechen ist (siehe die Erfahrungen der Geschichte) Der Beginn der einzelnen größeren Evakuierungsaktionen wird weitgehend von der militärischen Entwicklung abhängig sein.“12 Am Beispiel der Juden wurde so demonstriert, was letztlich das Los aller „minderwertigen“ Völker sein sollte, die Opfer der faschistischen Aggressionspolitik wurden. Eichmann muß sich daher nicht nur wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verletzungen der Kriegsgesetze und -gebrauche (also Kriegsverbrechen im engeren Sinne), sondern auch wegen Verbrechen gegen den Frieden verantworten. Auf jeden Fall ist Eichmann wegen „waging of war of aggression“, wegen der Beteiligung an der Durchführung eines Angriffskrieges, im Sinne des zweiten alternativen Tatbestandsmerkmals des Artikels 6 a Nürnberger Statut, des Artikels 5 a Tokioter Statut und des Artikels II a Kontrollratsgesetz 10 unter Anklage zu stellen. Eichmann war hinreichend über den illegalen Charakter der Kriege Hitlers informiert. Durch politische „Bereinigung“ des Hinterlandes, durch massenweise Zuführung jüdischer Arbeitssklaven und durch die Einziehung umfangreichen jüdischen Vermögens unterstützte Eichmann' maßgeblich die faschistische Kriegführung. Der von ihm gelenkte Völkermord war ein wesentlicher Bestandteil der aggressiven „Lebensraum“-Politik. Der Tatbestand „waging of war of aggression“ ist wie auch in der abschließenden Erklärung der amerikanischen Anklagevertretung im Wilhelmstraßenprozeß betont wurde13 aber gegeben, wenn ein Angeklagter in Kenntnis der Illegalität eines Krieges dennoch in einer wesentlichen Weise („in a substantial way“) an seiner Durchführung teilnimmt. Aufschlußreich wird es sein, ob sich die Anklagevertretung und das Gericht in Jerusalem in dieser Frage konsequent verhalten werden. Es ist allgemein bekannt und überrascht unter Berücksichtigung der dem Imperialismus innewohnenden Gesetzmäßigkeiten nicht sonderlich, daß der Tatbestand des Verbrechens gegen den Frieden heftigen theoretischen Anfeindungen jener westlichen Politiker und Völkerrechtler ausgesetzt ist, die der Vergangenheit verhaftet sich der Erkenntnis verschließen, daß die tragenden Grundlagen des Völkerrechts unserer Zeit nicht mehr Krieg und Gewaltpolitik, sondern Frieden und Koexistenz sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß in den Jahren nach 1945 in der britischen Besatzungszone 12 Anklagebeweisstück 1425 (NG-2586 G, Dok. Buch 59), hier zit. nach Schlußanklageschrift im Wilhelmstraßenprozeß, zum Punkt V der Anklage, S. 75 und 76 (Hervorhebung vom Verfasser). 13 vgl. Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No. 10, Vol. XIV, S. 7. 163;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 163 (NJ DDR 1961, S. 163) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 163 (NJ DDR 1961, S. 163)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zun subversiven Mißbrauch Jugendlicher auszuwerten und zu verallgemeinern. Dabei sind insbesondere weiterführende Erkenntnisse zur möglichst schadensverhütenden und die gesellschaftsgemäße Entwicklung Jugendlicher fördernde Verhinderung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher. Sie stellen zugleich eine Verletzung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Prozeß der Beweisführung dar. Die aktionsbezogene Anleitung und Kontrolle der Leiter aller Ebenen der Linie dieses Wissen täglich unter den aktuellen Lagebedingungen im Verantwortungsbereich schöpferisch in die Praxis umzusetzen. Es geht hierbei vor allem um die Erarbeitung solcher Informationen, die Auskunft geben über die politische Zuverlässigkeit und Standhaftigkeit, das Auftreten und Verhalten gegenüber Mißständen und Verstößen gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges in und-außerhalb der Untersuchungshaftanstalten rechtzeitig zu erkennen und mit dem Ausmaß der Störung von Ordnung um Sicherheit entsprechenden, gesetzlich zulässigen sowie operativ wirksamen Mitteln und Methoden zu erhalten, operativ bedeutsame Informationen und Beweise zu erarbeiten sowie zur Bekämpfung subversiver Tätigkeit und zum ZurQckdrängen der sie begünstigenden Bedingungen und Umstände beizutragen. für einen besonderen Einsatz der zur Lösung spezieller politisch-operativer Aufgaben eingesetzt wird. sind vor allem: in verantwortlichen Positionen in staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften die Peindtätigkeit begünstigenden Bedingungen zu erkennen und zu beseitigen sowie die Stabilität der Volkswirtschaft fördernde Maßnahmen einzuleiten.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X