Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 95

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 95 (NJ DDR 1959, S. 95); über situationsgestaltende Erziehungsmaßnahmen den Volksbildungsorganen zu übertragen, zum Teil nicht richtig verstanden worden sind. Manche Richter und Staatsanwälte wollen in ihnen die Tendenz nach einer generellen Verschärfung der staatlichen Reaktionen auf strafbare Handlungen Jugendlicher erkennen. In Wirklichkeit gibt es jedoch keinerlei Bestrebungen, etwa die sozialistischen Erziehungsgrundsätze bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität oder die Vielgestaltigkeit und Elastizität des gesamten staatlichen Maßnahmensystems einzuschränken. Nach wie vor soll an dem Prinzip festgehalten werden, die Jugendkriminalität von den verschiedensten Seiten vorrangig mit erzieherischen Mitteln weiter einzudämmen. In dieser Linie bewegt sich auch der Vorschlag, die strafrechtliche Verantwortlichkeit grundsätzlich erst mit der Vollendung des 16. Lebensjahres eintreten zu lassen. Nur bei bestimmten schweren Verbrechen Jugendlicher dieser Altersgruppe soll der Staat zur schwersten Maßnahme, der gerichtlichen Bestrafung, greifen. Im übrigen sollen außergerichtliche Erziehungsmaßnahmen Anwendung finden. Bei leichten Vergehen der 16-bis 18jährigen sollen die Jugendgerichte durch eine entsprechende Bestimmung im StGB ermächtigt werden, das Verfahren zwecks Einleitung erzieherischer Maßnahmen an die zuständigen Verwaltungsorgane zu überweisen. Diese Regelung wird eine klare Abgrenzung des Jugendstrafrechts vom Jugenderziehungsrecht herbeiführen. Zur Zeit ist die Lage so, daß die speziellen Aufgaben des Jugendgerichts nicht deutlich genug von den Aufgaben der Jugendhilfe unterschieden werden. In den letzten Jahren haben verschiedene. Jugendgerichte in zunehmendem Maße Aufgaben übernommen, die völlig im Zuständigkeitsbereich der Erziehungsorgane liegen und mit der Strafgerichtsbarkeit überhaupt nichts mehr zu tun haben. Die Übernahme rein erzieherischer Aufgaben durch die Gerichte birgt aber mehrerlei Gefahren in sich: Erstens wird dadurch die Eigenverantwortlichkeit der Jugendhilfe geschwächt. Manche Mitarbeiter der Jugendhilfe betrachten sich schließlich nur noch als Helfer oder ausführende Organe der Jugendgerichte und Jugendstaatsanwälte. Zweitens führt bei den meisten Erziehungsmaßnahmen die Trennung von Beschlußfassung und Durchführung zu vermeidbaren praktischen Schwierigkeiten. Manche Gerichte ordnen Erziehungsmaßnahmen an, ohne genügend zu bedenken, ob ihre Realisierung gewährleistet ist. Vereinzelt werden auch bei bestimmten Weisungen stark übertriebene Forderungen an die Kontrolltätigkeit der Jugendhilfe gestellt. Drittens wird die allgemein-erzieherische Wirkung der gerichtlichen Verurteüungen mit der Zeit abgestumpft, wenn im Ergebnis eines großen Teils der Strafverfahren nur pädagogische Maßnahmen angeordnet werden. Außerdem löst es vor allem auch bei den Eltern nicht ganz unberechtigte Verbitterung aus, wenn eine im Strafverfahren angeordnete erzieherische Maßnahme in ihrer Schwere außer Verhältnis zur Schwere der begangenen Tat steht Obwohl die Erziehungsmaßnahmen weitaus überwiegend mit außerhalb der Straftat liegenden Umständen begründet werden, erscheinen sie im Urteil als Ausdruck und Bewertungsmaßstab der gesellschaftlichen Mißbilligung der begangenen Tat. Um dies für die Zukunft bei den weiterhin zulässigen gerichtlichen Heimeinweisungen zu vermeiden, ist vorgesehen, die Anordnung dieser Erziehungsmaßnahme im Urteil auch äußerlich vom Strafausspruch zu trennen und gegenüber strafrechtlich verantwortlichen Jugendlichen nur noch neben der Bestrafung zuzulassen. Selbständig soll auf Heimerziehung oder Einweisung in ein Jugendwohnheim nur dann erkannt werden dürfen, wenn der Jugendliche freigesprochen werden muß, weil er auf Grund seiner Entwicklung nicht fähig war, die gesellschaftliche Bedeutung seines Handelns zu erkennen und entsprechend dieser Erkenntnis sein Verhalten zu bestimmen. Einer besonderen Betrachtung bedarf in diesem Zusammenhang die Rolle des Jugendstaatsanwalts. Nach der jetzigen Regelung im § 35 JGG besteht eine seiner Aufgaben darin, am Schluß des Ermittlungsverfahrens gegen einen Jugendlichen darüber zu entscheiden, ob in Anbetracht bereits beschlossener oder noch zu beschließender Erziehungsmaßnahmen der Jugendhilfe die Anklageerhebung vor dem Jugendgericht überflüssig ist. Wegen der weit verbreiteten Gleichstellung der Aufgaben des Jugendgerichts mit denen der Jugendhilfe haben nicht alle Jugendstaatsanwälte in ausreichendem Maße von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Jugendhilfe in leichten Fällen die Anordnung erzieherischer Maßnahmen zu empfehlen und auf die gerichtliche Verfolgung zu verzichten. Es läßt sich also bereits nach geltendem Recht durch eine Verbesserung der Arbeit der Jugendhilfe und eine dementsprechende Anklagepraxis der Jugendstaatsanwälte erreichen, daß die Mehrzahl der Fälle, in denen rein erzieherische Maßnahmen genügen, nicht erst vor Gericht gebracht werden. In dieser Richtung sollte schon in nächster Zeit die Zusammenarbeit zwischen Jugendstaatsanwalt und Jugendhilfe auf eine höhere Stufe gehoben werden. Es gehört zweifellos zum sozialistischen Arbeitsstil der Richter und Staatsanwälte, die hauptamtlichen Mitarbeiter der Jugendhilfe in ihrer massenpolitischen Arbeit zur Gewinnung ehrenamtlicher Helfer tatkräftig zu unterstützen. Das Niveau der pädagogischen Arbeit und damit auch die Wirksamkeit erzieherischer Maßnahmen gegenüber straffälligen Jugendlichen hängt in erster Linie davon ab, in welchem Umfang fortschrittliche Betriebsarbeiter und andere Werktätige an ihr beteiligt sind und ihren ideologischen Inhalt bestimmen. In dem Maße, in dem es gelingt, in vielfältigen organisatorischen Formen den Einfluß der Arbeiterklasse auf die Erziehung moralisch und kriminell gefährdeter Jugendlicher zu sichern, wird die Bedeutung der außergerichtlichen Erziehungsmaßnahmen wachsen und in einer zunehmenden Zahl von Verfahren gegen straffällig gewordene Jugendliche die Anklageerhebung entbehrlich werden. Es sollte in Erwägung gezogen werden, ob es nicht ratsam ist, die rechtliche Stellung des Staatsanwalts gegenüber der Jugendhilfe stärker auszubauen. Zu denken wäre etwa an folgende Bestimmungen: In all den Verfahren, die der Jugendhilfe vom Gericht oder vom Staatsanwalt zwecks Anordnung erzieherischer Maßnahmen überwiesen werden, ist die Entscheidung dem Staatsanwalt schriftlich mitzuteilen. Der Staatsanwalt sollte zur Teilnahme an den Verhandlungen der Jugendhilfe berechtigt sein und gegen ihre Entscheidung bei der Vorgesetzten Dienststelle Beschwerde ein-legen können. Die Notwendigkeit einer solchen Regelung ergibt sich m. E. daraus, daß es sich um staatliche Formen der Kriminalitätsbekämpfung handelt, über die der Staatsanwalt jederzeit einen Überblick haben und für die er mitverantwortlich bleiben muß. In allen bisher zu der hier behandelten Problematik durchgeführten Aussprachen haben die Praktiker der Justiz, der Jugendhilfe, des Jugendstrafvollzuges und der Volkspolizei übereinstimmend hervorgehoben, daß die Übertragung der Erziehungsmaßnahmen für straffällige Jugendliche in die ausschließliche Zuständigkeit der Jugendhilfe nur dann unseren Staatsinteressen dienlich sein kann, wenn vorher eine grundlegende Verbesserung der Arbeitsweise dieses Organs erreicht wird. Diese Forderung gilt jedoch keinesfalls nur für die mit der Jugenderziehung betrauten staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen. Wir werden im Zuge der Ausarbeitung des sozialistischen Strafrechts ernsthafte Anstrengungen unternehmen müssen, die Arbeit aller unmittelbar und mittelbar an der Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität beteiligten Staatsorgane auf ein höheres, der gesellschaftlichen Entwicklung unserer Republik entsprechendes politisches und fachliches Niveau zu heben. 9 5;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 95 (NJ DDR 1959, S. 95) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 95 (NJ DDR 1959, S. 95)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen schenhande angefallenen Bürger intensive Kon- takte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland einschließlich spezieller sozialistischer Länder, der Wiedereingliederung Kaltentlassener sowie einer umfassenden vorbeugenden Tätigkeit gemäß Artikel Strafgesetzbuch durch die Leiter dieser Organe und Einrichtungen sowie die Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage positiver gesellschaftlicher Überzeugungen ist auf den bei den Kandidaten bereits vorhandenen weltanschaulichen, moralischen und politischen Überzeugungen aufzubauen und daraus die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit resultieren. Diese objektiv gegebenen Besonderheiten, deren Nutzung die vemehmungstaktischen Möglichkeiten des Untersuchungsführers erweitern, gilt es verstärkt zu nutzen. Im Prozeß der Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsführer diesen ständig zur erforderlichen, auf die kritische .,-ertung erzielter Untersuchungsergebnisse und der eigenen Leistung gerichteten Selbstkontrolle zu erziehen. uc-n.

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